TE Vwgh Erkenntnis 1998/3/24 96/05/0201

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Veröffentlicht am 24.03.1998
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Index

L37153 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Niederösterreich;
L81703 Baulärm Niederösterreich;
L82000 Bauordnung;
L82003 Bauordnung Niederösterreich;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §8;
BauO NÖ 1976 §9;
BauRallg;
B-VG Art18 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde 1. der Gertraud Polterauer in Wien, und 2. des Dr. Helmut Polterauer in Klosterneuburg, beide vertreten durch Dr. Karl Schleinzer, Rechtsanwalt in Wien I, Führichgasse 6, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 20. Juni 1996, Zl. R/1-V-95157/02, betreffend Einwendungen in einem Bauverfahren (mitbeteiligte Parteien: 1. Stadtgemeinde Klosterneuburg, vertreten durch den Bürgermeister, 2. Augmenta Bauplanungsgesellschaft mbH in Wien, vertreten durch Dr. Christian Ebert und Dr. Thomas Huber, Rechtsanwälte in Wien I, Hegelgasse 6/4), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der zweitmitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren der zweitmitbeteiligten Partei wird abgewiesen.

Begründung

Mit Eingabe vom 28. April 1993 beantragte die zweitmitbeteiligte Bauwerberin die Erteilung der Baubewilligung zur Errichtung eines Wohnhauses auf dem Grundstück Nr. 2542/2 der Liegenschaft EZ 6006, KG Klosterneuburg.

Der Gemeinderat der Stadtgemeinde Klosterneuburg erließ in der Folge aufgrund seines Beschlusses vom 7. Mai 1993 gemäß § 9 NÖ Bauordnung 1976 durch Verordnung eine Bausperre für die als Bauland-Wohngebiet gewidmeten Flächen in allen Katastralgemeinden des Gemeindegebietes der Stadtgemeinde Klosterneuburg. Darunter fällt auch das vorgenannte Grundstück. Diese Verordnung trat am 10. Mai 1993 in Kraft.

Im von der Stadtgemeinde Klosterneuburg eingeholten Ortsbildgutachten vom 15. Juli 1993 führte der beauftragte Sachverständige aus, daß das beantragte Bauvorhaben (Errichtung eines Wohnhauses mit sechs Wohneinheiten) nach den Bestimmungen des § 61 der NÖ Bauordnung 1976 dann keine erhebliche Störung oder Verunstaltung des vorhandenen Baubestandes bewirkt, wenn die vorgesehene Aneinanderreihung der sechs Wohneinheiten (Reihenhäuser) auf wenigstens zwei Gruppen getrennt und eine Differenzierung der Aneinanderreihung durch Versetzung der Einheiten gegenüber der Straßenfluchtlinie vorgenommen wird.

Aufgrund dieses Ortsbildgutachtens forderte die Behörde die Bauwerberin mit Schreiben vom 28. Juli 1993 gemäß § 98 Abs. 1 NÖ Bauordnung 1976 auf, "die Hindernisse die der Erteilung einer Baubewilligung entgegenstehen binnen einer Frist von sechs Wochen" zu beseitigen.

Am 24. August 1993 wurde von der mitbeteiligten Bauwerberin ein abgeänderter Einreichplan mit Baubeschreibung vorgelegt, der unter Berücksichtigung des Ortsbildgutachtens die Errichtung zweier Wohngebäude mit je drei Wohneinheiten und integrierten Büros vorsah. Im April 1994 wurden "Auswechslungspläne" mit einer Baubeschreibung vorgelegt, welche - wie bereits im Einreichplan vom 24. August 1993 - die Errichtung zweier Wohngebäude mit je drei Wohneinheiten vorsehen, wobei jedoch nunmehr jede Wohneinheit zurückgesetzt gestaffelt angeordnet und die Errichtung von Büros nicht mehr vorgesehen ist.

Zu der über dieses Bauvorhaben am 30. Juni 1994 durchgeführten mündlichen Verhandlung wurden die Beschwerdeführer als Nachbarn persönlich geladen. Sie erhoben in der mündlichen Verhandlung folgende Einwendungen:

"1.) Das Gutachten (Ortsbild) ist unrichtig, die vorgesehene Verbauung des Grundstückes durch eine Reihenhausanlage stellt sehr wohl eine erhebliche Störung und Verunstaltung des vorhandenen Baubestandes und des Ortsbildes dar.

2.) Das zu bewilligende Projekt wurde mit einem "Auswechslungsplan" eingereicht, der am 19. April 1994 eingereicht wurde, das nunmehr beantragte Bauvorhaben weicht grundsätzlich und wesentlich von dem im April 1993 eingereichten Projekt ab, weshalb es sich im gegenständlichen Fall inhaltlich um eine Neueinreichung handelt. Es ist daher bei Beurteilung der Zulässigkeit der nunmehr beantragten Verbauung die Verordnung des Gemeinderates vom 4.5.1993 über die Erlassung einer Bausperre des § 9 der NÖ BO heranzuziehen, und aufgrund dieser Rechtslage die Baubewilligung zu versagen."

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Klosterneuburg vom 30. September 1994 wurde aufgrund des "Ansuchens vom 28.4.1993 sowie des Ergebnisses der Bauverhandlung vom 30.6.1994 die Bewilligung zur Ausführung des Vorhabens Errichtung eines Wohnhauses mit sechs Wohneinheiten und sechs Pkw-Abstellplätzen" auf dem Grundstück Nr. 2542/2 Gschwend 23-27, KG Klosterneuburg, unter Auflagen erteilt. Die Einwendungen der Beschwerdeführer, "welche sich auf die Wertung des Ortsbildgutachtens und die Planvorlage bezogen", wurden als unzulässig zurückgewiesen.

Mit Bescheid des Gemeinderates der Stadtgemeinde Klosterneuburg vom 8. Juni 1995 wurde die dagegen erhobene Berufung der Beschwerdeführer als unbegründet abgewiesen.

Mit Bescheid vom 22. September 1995 hob die NÖ Landesregierung den Bescheid der Baubehörde zweiter Instanz deshalb auf, weil die Baubehörde erster Instanz in ihrem Bescheid "die Errichtung eines Wohnhauses mit sechs Wohneinheiten" bewilligt hat, der Bauverhandlung jedoch ein Projekt mit "zwei Baukörpern mit je drei Wohneinheiten" zugrunde lag.

Mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 10. November 1995 wurde der erstinstanzliche Baubewilligungsbescheid dahingehend abgeändert, daß er in seinem Spruchpunkt 1. zu lauten hat:

"Auf dem Grundstück Gschwend 23-27, Grundstück Nr. 2542/2, EZ 6006, KG Klosterneuburg, wird die Bewilligung zur Errichtung zweier Wohnhäuser mit je drei Wohneinheiten und sechs Pkw-Abstellplätzen bewilligt."

Mit Bescheid der NÖ Landesregierung vom 23. Februar 1996 wurde der vorzitierte Bescheid über Vorstellung der Beschwerdeführer aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung zurückverwiesen, weil der Gemeinderat irrtümlich von einer Bindungswirkung an die Rechtsansicht der Aufsichtsbehörde ausgegangen war und dadurch seinen Bescheid mangelhaft begründet hat.

Mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 26. April 1996 wurde neuerlich wie im Bescheid vom 10. November 1995 abgesprochen, die Begründung im Bescheid im Sinne des Auftrages der Vorstellungsbehörde nachgeholt.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der NÖ Landesregierung vom 20. Juni 1996 wurde die dagegen erhobene Vorstellung der Beschwerdeführer als unbegründet abgewiesen. Die belangte Behörde führte in der Begründung entscheidungswesentlich aus, von demselben Projekt könne solange die Rede sein, als der Charakter bzw. das Wesen des Bauvorhabens nicht geändert werde. Das im April 1993 eingereichte Projekt unterscheide sich wesentlich vom nunmehr bewilligten. Im Hinblick auf die ursprüngliche Antragstellung im April 1993 sei jedoch eine neuerliche Antragstellung nicht erforderlich gewesen, weil aufgrund des Auftrages der Baubehörde gemäß § 98 Abs. 1 der NÖ Bauordnung 1976 nur allfällige Versagungsgründe aus der Welt geschafft werden sollten und durch die Vorlage des Änderungsplanes klargestellt worden sei, daß dieser nunmehr der erstinstanzlichen Entscheidung zugrunde gelegt werden solle. Es sei also nicht von Relevanz, ob ein anderes Projekt vorliege, zumal im erstinstanzlichen Verfahren eine weitgehende Projektsänderung zulässig und das bewilligte Projekt vom ursprünglichen Antrag umfaßt sei. Wollte man der Rechtsansicht der Beschwerdeführer folgen, daß bei jeder Projektsänderung ein neuer Antrag vorliege, wäre § 98 Abs. 1 letzter Satz NÖ Bauordnung 1976 sinnentleert. Die Anpassung eines geplanten Bauvorhabens an das Orts- und Landschaftsbild sei aufgrund der Orts- und Landschaftsbilder in Niederösterreich von Gemeinde zu Gemeinde verschieden und für einen Bauwerber im Zeitpunkt der Antragstellung noch nicht eruierbar. Aus § 66 Abs. 4 AVG könne keine Schranke dahingehend abgeleitet werden, daß ein Bauprojekt im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens auf Anordnung der Baubehörde nicht im Sinne des § 98 Abs. 1 letzter Satz NÖ Bauordnung 1976 den gesetzlichen Bestimmungen angepaßt werden könnte, zumal im erstinstanzlichen Verfahren eine Modifizierung bzw. Anpassung eines Projektes an die gesetzlichen Bestimmungen nicht derart eng ausgelegt werden dürfe, daß einem Bauwerber jede Projektsänderung verwehrt werde, und sei daher das bewilligte Projekt vom Antrag vom April 1993 umfaßt. Da somit die beiden gegenständlichen Bauvorhaben nicht dieselbe Sache im Sinne des § 66 Abs. 4 AVG sein müßten und die Behörde erster Instanz auch für die Erledigung des abgeänderten Bauvorhabens nicht zuständig gewesen sei, sei der Auftrag vom 28. Juli 1993 zu Recht erteilt worden. Daraus ergebe sich nun, daß das gegenständliche Bauvorhaben bereits zum Zeitpunkt der Kundmachung der gemäß § 9 NÖ Bauordnung 1976 verordneten Bausperre anhängig gewesen sei und daher durch die Bausperre nicht berührt werde.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführer erachten sich durch den angefochtenen Bescheid "in ihrem subjektiv-öffentlichen Recht im Sinne § 118 Abs. 9 NÖ BO auf Einhaltung des § 9 Abs. 4 NÖ BO" verletzt. Sie machen Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend. In Ausführung dieses Beschwerdepunktes tragen sie im wesentlichen vor, nach Inkrafttreten der Bausperre sei von der mitbeteiligten Bauwerberin ein neues Einreichprojekt vorgelegt worden, welches vom ursprünglichen vollkommen abweiche. Daraus sei nun abzuleiten, daß ein Verfahren vorliege, welches im Zeitpunkt der Kundmachung der Bausperrenverordnung des Gemeinderates der Stadtgemeinde Klosterneuburg noch nicht anhängig im Sinne des § 9 Abs. 4 NÖ BO gewesen sei. Der verfahrensgegenständliche Baubescheid hätte daher nicht erlassen werden dürfen. Dies umsomehr, als es gemäß der Präambel der Bausperrenverordnung vom 7. Mai 1993 Ziel dieser Verordnung sei, "eine detaillierte Gliederung des Wohnbaulandes in Abstimmung mit der Siedlungsstruktur, den naturräumlichen Gegebenheiten und Zielsetzungen des örtlichen Raumordnungsprogrammes zu ermöglichen sowie die Infrastruktur bzw. die Folgeeinrichtungen für das Wohnbauland ausreichend zu dimensionieren und lagerichtig zuzuordnen". Das verfahrensgegenständliche Bauprojekt stehe durch seine Lage und Dimensionen in auffallendem Widerspruch zu diesem Grundgedanken der Bausperre; seine Verwirklichung würde daher den Zweck der Bausperre gefährden bzw. dieser zuwiderlaufen. Im Zuge eines Verfahrens seien Projektsänderungen nur in einem bestimmten Rahmen als zulässig zu beurteilen; Projektsänderungen, die eine so umfangreiche Modifikation vorsehen, daß das Projekt nicht mehr als dieselbe Sache qualifiziert werden könne, seien im Rahmen dieses Verfahrens nicht zulässig, sondern bedürften einer Bewilligung in einem neuen Verfahren (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 27. Oktober 1992, Zl. 91/05/0207).

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen. Die mitbeteiligte Bauwerberin erstattete ebenfalls eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 118 Abs. 8 der im Hinblick auf die Erlassung des letztinstanzlichen Bescheides der Baubehörde anzuwendenden NÖ Bauordnung 1976 in der Fassung LGBl. 8200-12 (BO; vgl. hiezu die Übergangsbestimmung des § 77 Abs. 1 der am 1. Jänner 1997 in Kraft getretenen NÖ Bauordnung 1996) genießen als Anrainer alle Grundstückseigentümer Parteistellung gemäß § 8 AVG, wenn sie in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten berührt werden.

Gemäß Abs. 9 dieser Gesetzesstelle werden subjektiv-öffentliche Rechte der Anrainer durch jene Vorschriften begründet, welche nicht nur den öffentlichen Interessen dienen, sondern im Hinblick auf die räumliche Nähe auch dem Anrainer. Hiezu gehören insbesondere die Bestimmungen über

1.

den Brandschutz;

2.

den Schutz vor anderen Gefahren, die sich auf die Anrainergrundstücke ausdehnen können;

              3.              die sanitären Rücksichten wegen ihres Einflusses auf die Umgebung;

              4.              die Bebauungsweise, die Bebauungshöhe und die Abstände der Fluchtlinien zur Erzielung einer ausreichenden Belichtung.

Wenn ein Bauvorhaben außer der baubehördlichen auch einer gewerbebehördlichen Bewilligung bedarf, werden subjektiv-öffentliche Rechte nur durch die Bestimmung gemäß Ziffer 4 begründet.

Das Mitspracherecht der Nachbarn (Anrainer) im baurechtlichen Bewilligungsverfahren ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in zweifacher Hinsicht beschränkt. Es besteht einerseits nur insoweit, als den Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektiv-öffentliche Rechte zukommen, und andererseits nur in jenem Umfang, in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht hat (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Dezember 1990, Slg. Nr. 10.317/A, u.v.a.).

Die Beschwerdeführer erachten sich sowohl aufgrund der Formulierung des Beschwerdepunktes als auch aufgrund ihres Vorbringens in den Beschwerdegründen durch die beschwerdegegenständliche Baubewilligung in dem subjektiv-öffentlichen Recht auf Einhaltung der vom Gemeinderat der mitbeteiligten Stadtgemeinde im Grunde des § 9 Abs. 1 BO verordneten Bausperre nach § 9 Abs. 4 BO verletzt.

Gemäß § 9 Abs. 1 BO kann der Gemeinderat, wenn die Aufstellung oder die Änderung eines Bebauungsplanes beabsichtigt ist, zur Sicherung der Durchführung durch Verordnung eine Bausperre erlassen.

Gemäß Abs. 4 dieses Paragraphen hat die Bausperre die Wirkung, daß Bescheide nach den Bestimmungen der Abschnitte III und VII dieses Gesetzes nicht erlassen werden dürfen, wenn durch sie der Zweck der Bausperre gefährdet wird. Verfahren, die im Zeitpunkt der Kundmachung der Bausperre bereits anhängig waren, werden hiedurch nicht berührt.

Eine Bausperre im Sinne des § 9 ist eine zeitlich begrenzte Verordnung (siehe § 9 Abs. 3 BO). Die Frage, ob eine Bauführung die beabsichtigte Regulierung erschwert oder verhindert, also den Zweck der Bausperre gefährdet, gehört zum Sachverhalt, der von der Baubehörde im Wege eines Ermittlungsverfahrens festzustellen ist (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 27. Februar 1962, Slg. Nr. 5731/A). Der Nachbar kann sich zwar auf ein Bauverbot nach § 9 BO berufen, unter Berücksichtigung seines nur beschränkten Mitspracherechtes kann er dies jedoch nur insoweit mit Erfolg tun, als er aufgrund begründeter Einwendungen eine Erschwerung oder Verhinderung der künftigen Planungsmaßnahmen durch das Bauvorhaben in Bereichen behauptet, in denen diese Maßnahmen auch die Interessen der Nachbarschaft berühren. Der Nachbar kann somit eine Verletzung seiner subjektiv-öffentlichen Rechte in bezug auf die Bausperre nur unter Hinweis auf einen solchen Sachverhalt (Erschwerung oder Verhinderung der späteren Verwirklichung der Planungsabsichten) mit Erfolg geltend machen (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 19. März 1974, Slg. Nr. 8578/A).

In ihren Einwendungen in der Bauverhandlung vom 30. Juni 1994 haben die Beschwerdeführer bezüglich des in Verhandlung stehenden und in der Folge bewilligten Projektes in diesem Zusammenhang nur darauf hingewiesen, daß die Baubehörden bei der Beurteilung der Zulässigkeit des Bauvorhabens die Bausperrenverordnung des Gemeinderates der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 7. Mai 1993 heranzuziehen und aufgrund dieser Rechtslage die Baubewilligung zu versagen hätten. Diesem Vorbringen kann nicht entnommen werden, daß die Verletzung eines subjektiven Rechtes im Sinne des § 118 Abs. 9 BO geltend gemacht wird, weil weder eine Erschwerung oder Verhinderung der künftigen Planungsmaßnahmen durch das Vorhaben behauptet wird, noch solche Gründe in bezug auf Bereiche vorgebracht werden, in denen diese Maßnahmen auch die Interessen der Beschwerdeführer berühren können. Bezüglich der Anwendung des § 9 BO liegen daher keine tauglichen Einwendungen vor, weshalb die Beschwerdeführer in dem vom Beschwerdepunkt umfaßten subjektiven-öffentlichen Recht nicht verletzt sein können, weil gemäß § 42 Abs. 1 AVG anzunehmen ist, daß sie insoweit dem Vorhaben zugestimmt haben. Die nach § 42 AVG eingetretenen Rechtsfolgen hat auch der Verwaltungsgerichtshof zu beachten (vgl. hiezu die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, Seite 286, referierte hg. Rechtsprechung).

Bei diesem Ergebnis bedarf es keiner näheren Prüfung, ob und wann die Bausperrenverordnung des Gemeinderates der mitbeteiligten Stadtgemeinde bereits außer Kraft getreten ist, wie dies von der mitbeteiligten Bauwerberin in ihrer Gegenschrift behauptet wird; auch Erörterungen darüber, ob das Verfahren im Zeitpunkt der Kundmachung der Bausperre bereits anhängig war, erweisen sich als nicht mehr entscheidungserheblich, weil die Beschwerdeführer in dem vom Beschwerdepunkt umfaßten subjektiv-öffentlichen Recht nicht verletzt sind und der Verwaltungsgerichtshof zu einer rein abstrakten Prüfung der Rechtmäßigkeit eines Bescheides nicht berufen ist. Die belangte Behörde hat daher im Ergebnis zu Recht die Vorstellung der Beschwerdeführer als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Kostenmehrbegehrens der mitbeteiligten Bauwerberin betrifft die geltend gemachte Umsatzsteuer, welche bereits im pauschalierten Schriftsatzaufwand enthalten ist.

Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden. Art. 6 MRK steht dem nicht entgegen, da die für die Entscheidung wesentlichen Sachverhaltselemente feststanden, eine Erörterung von Sachverhaltsfragen nicht erforderlich war und die Rechtsfragen durch die Vorjudikatur geklärt und keiner Erörterung bedürftig waren (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 2. Oktober 1997, Zl. 97/07/0067).

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1996050201.X00

Im RIS seit

03.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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