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27 RechtspflegeNorm
B-VG Art144 Abs1 / VerfahrensanordnungLeitsatz
Zurückweisung der Beschwerde gegen eine Erledigung des Vorsitzenden eines Disziplinarsenates mangels Bescheidqualität des angefochtenen AktesSpruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
1.1. Der Beschwerdeführer ist Rechtsanwalt in Wien. Über die bei der Obersten Berufungs- und Disziplinarkommission für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter (im folgenden: OBDK) anhängige Berufung des Beschwerdeführers gegen das Erkenntnis des Disziplinarrates der Rechtsanwaltskammer Wien vom 27. Mai 1988, Z D 28/74 ua, wurde mit Verfügung vom 17. November 1995, Z Bkd 57/89-28, die Verhandlung auf den 15. Dezember 1995 anberaumt.
1.2. Mit Eingabe vom 4. Dezember 1995 stellte der Beschwerdeführer den Antrag, die Verhandlung vom 15. Dezember 1995 abzuberaumen, sowie ihm zur nächsten anzuberaumenden Verhandlung die "Mitglieder des richtigen Senates" bekanntzugeben. Zum Antrag auf Abberaumung der Verhandlung führte der Beschwerdeführer aus, daß die Zustellung der Ladung für die Verhandlung am 15. Dezember 1995 gesetzwidrig vor sich gegangen sei, weil er sich am Tag der Zustellung nachweislich im Ausland aufgehalten habe. Zum Antrag auf Bekanntgabe der "Mitglieder des richtigen Senates" brachte der Beschwerdeführer vor, daß er eine Liste der Mitglieder des Senates 1 erhalten habe, der für ihn jedoch - aufgrund des Anfangsbuchstabens des Zunamens - nicht zuständig sei.
2.1. Daraufhin erging zu Z Bkd 57/89-32 am 12. Dezember 1995 ein vom Präsidenten der OBDK unterfertigter "Beschluß", mit dem der Antrag des Beschwerdeführers auf Bekanntgabe der Senatsmitglieder der nächsten anzuberaumenden Verhandlung abgewiesen wurde. Zugleich wurde auf den unter einem gefaßten Beschluß auf Verlegung der Berufungsverhandlung auf den 26. Jänner 1996 verwiesen.
2.2. Gegen diese Erledigung richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, worin die Verletzung in näher bezeichneten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten sowie die Verletzung in Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung der (vom Beschwerdeführer als Bescheid qualifizierten) Erledigung begehrt wird.
3. Der Präsident der OBDK hat in seiner Eigenschaft als Vorsitzender des Senates 1 eine Gegenschrift erstattet, in der er den Antrag stellt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Hiezu wurde ausgeführt:
"Nach Ansicht der belangten Behörde handelt es sich bei dem bekämpften Beschluß nicht um einen Bescheid im Sinne des Art144 B-VG, sondern um eine prozeßleitende Verfügung (§58 DSt 1990) des Vorsitzenden des nach der Geschäftsverteilung zur Entscheidung über die Berufungen zuständigen Senates der OBDK. Wird doch darin zum einen auf die Verlegung des Termins der mündlichen Berufungsverhandlung verwiesen und zum anderen über die - im Verfahren vor der OBDK, anders als im Verfahren vor dem Disziplinarrat (vgl diesbezüglich §33 Abs1 DSt 1990), gar nicht ausdrücklich vorgeschriebene - Mitteilung der Namen der Mitglieder des zuständigen Senates der OBDK an den Beschuldigten abgesprochen. Nach der Praxis der OBDK erfolgt jedoch diese Mitteilung entweder schon anläßlich der Übersendung der Akten an den bestellten Berichterstatter oder aber, sofern sich die Senatszusammensetzung ändert, aus Anlaß der Anberaumung der Berufungsverhandlung, um den Beschuldigten in die Lage zu versetzen, rechtzeitig gegebenenfalls von seinem Ablehnungsrecht gemäß §64 Abs3 DSt 1990 Gebrauch machen zu können.
Damit diente der bekämpfte Beschluß bloß der zweckmäßigen Formung und Gestaltung des Ganges des Berufungsverfahrens, ohne daß damit prozessuale Rechtsverhältnisse geregelt wurden; als prozeßleitende Verfügung (Verfahrensanordnung) fällt er aber nicht unter den verfassungsrechtlichen Bescheidbegriff (vgl Walter/Mayer, Grundriß des Verwaltungsverfahrensrechts6 Rz 391)."
4. Die Beschwerde ist unzulässig.
4.1. Gemäß Art144 Abs1 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über Beschwerden gegen Bescheide der Verwaltungsbehörden einschließlich der unabhängigen Verwaltungssenate.
Nach der ständigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes liegt ein Bescheid im Sinn des Art144 Abs1 B-VG dann vor, wenn die Erledigung eine Verwaltungsangelegenheit gegenüber individuell bestimmten Personen in einer der Rechtskraft fähigen Weise normativ regelt, wenn sie also für den Einzelfall bindend die Gestaltung oder Feststellung von Rechtsverhältnissen zum Inhalt hat, ob sie nun in Form eines Bescheides nach den §§56 ff. AVG ergeht oder nicht.
4.2. Die hier angefochtene Erledigung besteht aus prozessualen Mitteilungen des Vorsitzenden des erkennenden Disziplinarsenates an den Beschuldigten, die der Vorbereitung der Verhandlung dienten; dem Beschwerdeführer wurden Ort, Tag und Stunde der mündlichen Verhandlung bekanntgegeben; seinem Begehren, ihm eine andere als die bereits zugemittelte Liste der Mitglieder des Senates dieser Berufungsverhandlung zuzustellen, wurde unter Hinweis auf die Übergangsbestimmungen der Geschäftsverteilung nicht entsprochen.
Derartige Enunziationen, die keine prozessualen Rechtsverhältnisse regeln, sind der Sache nach als bloße prozeßleitende Verfügungen zum Gang des Berufungsverfahrens einzustufen, nicht aber als Bescheid iS des Art144 B-VG zu werten.
4.3. Die Beschwerde gegen die zu 2.1. bezeichnete Erledigung war daher mangels Bescheidqualität des angefochtenen Verwaltungsaktes wegen Unzuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes als unzulässig zurückzuweisen.
4.4. Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lita VerfGG in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
Schlagworte
Rechtsanwälte, Disziplinarrecht Rechtsanwälte, Bescheidbegriff, VerfahrensanordnungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1996:B277.1996Dokumentnummer
JFT_10039383_96B00277_3_00