Entscheidungsdatum
07.10.2019Norm
AsylG 2005 §10Spruch
W241 2177156-1/33E
W241 2177156-2/15E
IM NAMEN DER REPUBLIK
I. Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Hafner als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geboren am
XXXX , Staatsangehörigkeit Afghanistan, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 19.10.2017, Zahl 1053373701/150261443, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 03.09.2018 zu Recht:
A) Die Beschwerde wird gemäß §§ 3, 8, 10 und 57 Asylgesetz 2005
sowie §§ 52 und 55 Fremdenpolizeigesetz 2005 als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
II. Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Hafner als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geboren am
XXXX , Staatsangehörigkeit Afghanistan, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.08.2018, Zl. 1053373701/150261443, wegen Abänderung des Bescheides vom 19.10.2017 gem. § 68 Abs. 2 AVG zu Recht:
A) Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid
ersatzlos behoben.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
1. Verfahrensgang:
1.1. Der Beschwerdeführer (in der Folge BF), ein afghanischer Staatsangehöriger, reiste nach seinen Angaben irregulär in Österreich ein und stellte am 14.03.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 13 Asylgesetz 2005 (in der Folge AsylG).
1.2. In seiner Erstbefragung am 14.03.2015 durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der BF im Beisein eines Dolmetsch für die Sprache Dari im Wesentlichen Folgendes an:
Er sei afghanischer Staatsbürger, Hazara, schiitischer Moslem und ledig.
Der BF sei im Iran geboren und aufgewachsen. Seine Eltern, zwei Brüder und eine Schwester lebten im Iran. Vor ca. sechs Monaten sei er schlepperunterstützt in die Türkei gelangt und von dort über Griechenland und Ungarn nach Österreich gereist.
Als Fluchtgrund gab der BF an, dass er im Iran illegal aufhältig gewesen sei. Sie hätten dort keine Rechte gehabt. Sein Vater wolle, dass er eine gute Ausbildung erhalte, daher habe er ihn fortgeschickt. Er sei noch nie in Afghanistan gewesen und habe dort keine Probleme. Sein Vater jedoch habe dort Probleme. Er wolle nicht nach Afghanistan, weil er dort getötet werde.
1.3. Am 05.07.2016 wurde der BF wegen öffentlicher geschlechtlicher Handlungen nach § 218 Abs. 1 Z 2 StGB zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen, davon 30 bedingt, verurteilt. Er hatte sich im März und im Mai 2016 in einem Zugabteil vor einem anwesenden weiblichen Fahrgast entblößt und onaniert.
1.4. Am 26.01.2017 wurde der BF wegen des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 1., 2. und 8. Fall, Abs. 2, Abs. 2a StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt. Der BF hatte Cannabiskraut verkauft und über einen längeren Zeitraum zum Eigengebrauch besessen.
1.5. Bei seiner Einvernahme am 13.04.2017 vor dem BFA, im Beisein eines Dolmetsch für die Sprache Dari, legte der BF Empfehlungsschreiben, eine Bestätigung über die Mitgliedschaft in einem Fußballverein, ein Deutschzertifikat A1 und Kursbestätigungen vor. Weiters wurden eine iranische Aufenthaltskarte und Kopien der Aufenthaltskarten und Dokumente der Familienmitglieder vorgelegt.
Danach gab der BF zu seinen Fluchtgründen im Wesentlichen Folgendes an (Auszug aus dem Einvernahmeprotokoll, Schreibfehler teilweise korrigiert):
F: Wissen Sie, wann Ihr Vater in den Iran gegangen ist?
A: Vor ungefähr 19 oder 20 Jahren.
F: Wissen Sie, wann Ihre Mutter nachgekommen ist?
A: Ich glaube zwei oder drei Jahre danach.
F: Woher aus Afghanistan stammt Ihre Familie?
A: Aus Daikundi.
F: Haben Sie in Daikundi noch jemanden?
A: Ich weiß es nicht, ich glaube nicht.
F. Waren Sie jemals in Afghanistan?
A: Nein.
F: Wissen Sie, warum Ihr Vater Afghanistan verlassen hat?
A: Es sind Erzählungen meines Vaters, angeblich war ein Ältester, dort wo mein Vater wohnte, der hatte nur mit Drogen zu tun, die Landwirtschaften dort waren Drogenplantagen, er erzählte, dass er jedes Mal beobachtet hätte, dass Drogen mitgenommen werden und er ging zur Polizei, die aber korrupt ist, diese Person bedrohte meinen Vater aber und riet ihm, zu gehen, sonst würde er umgebracht werden.
(...)
F: Hatten Sie oder Verwandte von Ihnen in ihrem Herkunftsstaat aufgrund Ihres Religionsbekenntnisses bzw. Ihrer Volksgruppenzugehörigkeit irgendwelche Probleme?
A: Ich selber nicht, aber mein Vater erzählte, dass es Probleme mit den Taliban gab.
F: Hatten Sie gröbere Probleme mit Privatpersonen (Blutfehden, Racheakte etc.), sowohl in Afghanistan, als auch im Iran?
A: Nein.
F: Nahmen Verwandte von Ihnen in Afghanistan an bewaffneten oder gewalttätigen Auseinandersetzungen aktiv teil?
A: Ich weiß es nicht.
F: Schildern Sie die Gründe, warum Sie Ihr Heimatland verlassen und einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt haben, von sich aus vollständig, detailliert und wahrheitsgemäß. Sie werden darauf hingewiesen, dass falsche Angaben die Glaubwürdigkeit Ihres Vorbringens beeinträchtigen können. Soweit Sie auf Ereignisse Bezug nehmen, werden Sie auch aufgefordert, den Ort und die Zeit zu nennen, wann diese stattfanden und die Personen, die daran beteiligt waren.
A: Im Iran als Afghane zu leben ist sehr schwierig, wir haben keine Rechte, die Iraner behandeln Afghanen unmenschlich, wir konnten keinen Beruf lernen, nicht die Schule besuchen, ich habe keine Chance dort.
Zusätzlich hatte ich auch Probleme mit meiner Familie, ich wurde öfters misshandelt, es war sehr oft, dass ich aufhörte zu zählen, wenn mein Vater oder die Mutter schlecht drauf war, dann haben sie mich geschlagen, ich kannte niemanden, der mir hilft, oft habe ich mit ihnen geredet und ich wollte sie verlassen und sie sagten mir, ich kann sie nicht verlassen, weil ich ein Kind wäre, ich war sogar zwei Tage weg von daheim. Als ich nach Hause zurück kam wurde ich nur geschlagen ohne dass sie fragten, warum ich das machte. Deshalb hatte ich zwei, drei Freunde, mit denen ich ausmachte, dass wir gemeinsam flüchten vor meiner Familie, vor der Situation im Iran.
F: Haben Sie sämtliche Gründe, die Sie veranlasst haben, Ihr Heimatland zu verlassen, vollständig geschildert?
A: Ja, und wir hatten kein Geld.
F: Was würde Sie konkret erwarten, wenn Sie jetzt nach Afghanistan zurückkehren müssten, da Sie ja Afghane sind und nicht in den Iran zurückgehen können?
A: Ich war noch nie in Afghanistan, deshalb kann ich nicht einmal den Dialekt, ich weiß nicht, wie die leben und ich kenne niemanden dort, ich habe niemanden dort.
Vertretung wird zu Wort gebeten: Es ist von asylrelevanter Verfolgung auszugehen, aufgrund es erhöhten Risikoprofils als junger alleinstehender Mann ohne Verankerung und im wehrfähigen Alter, zusätzlich wäre er als Iranrückkehrer schon aufgrund seiner Sprache erkennbar und Diskriminierungen ausgesetzt, die Asylrelevanz erreichen können, in jedem Fall fehlt ihm jedes soziale Netz und jegliche Lebensgrundlage.
(...)
F: Waren Ihre Eltern letztendlich mit Ihrer Ausreise einverstanden?
A: Ich habe meinen Eltern das nicht gesagt, erst in der Türkei.
F: Warum hat Ihre Familie dann die Reise bezahlt, wie Sie meinten?
A: Als ich in der Türkei war, habe ich meinen Eltern gesagt, ich will auf keinen Fall mehr zurück, am Anfang waren sie nicht einverstanden, erst später waren sie einverstanden, haben die Wohnung gewechselt und die Kaution hat er genommen und zu mir geschickt und ist in eine kleinere Wohnung gezogen und mit dem Geld konnte ich weiterreisen.
F: Warum gehen Sie davon aus, bzw. Ihre gesetzliche Vertretung, dass Sie aufgrund Ihres Dialektes in Afghanistan Probleme hätten?
A: Ich spreche Farsi, in Afghanistan sprechen sie Dari oder Paschtu, ich kann ein bisschen Dari oder Paschtu, aber nicht, dass ich dort leben könnte, am wichtigsten ist aber die Kultur, die ich nicht kenne.
F: Welche Eigenschaften haben Sie noch, die Ihnen in Afghanistan Probleme bereiten würden?
A: Es ist zu spät für mich, dass ich nach Afghanistan zurückkehren würde, ich würde Jahre brauchen, dass ich wieder dort leben könnte."
1.6. Am 26.04.2017 übermittelte die gesetzliche Vertretung des BF eine Stellungnahme zu den Länderberichten.
1.7. Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens wies das BFA mit Bescheid vom 19.10.2017 den Antrag des BF auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG ab (Spruchpunkt I.), erkannte ihm den Status eines Asylberechtigten ebenso wie gemäß § 8 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG den Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan nicht zu (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde ihm nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG in Verbindung mit § 9 BFA-VG wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Es wurde festgestellt, dass die Abschiebung des BF nach Afghanistan gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise des BF 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.).
In der Bescheidbegründung traf die belangte Behörde Feststellungen zur Person des BF und zur Lage in seinem Herkunftsstaat. Eine asylrelevante Verfolgung liege nicht vor, das Vorbringen des BF betreffend eine Verfolgung seiner Person in Afghanistan sei nicht asylrelevant. Er habe keine Verfolgung im Sinne des AsylG glaubhaft gemacht und es bestünden keine stichhaltigen Gründe gegen eine Abschiebung des BF nach Afghanistan. Im Falle der Rückkehr drohe ihm keine Gefahr, die eine Erteilung des subsidiären Schutzes rechtfertigen würde.
Der BF erfülle nicht die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG, der Erlassung einer Rückkehrentscheidung stehe sein Recht auf Achtung des Privat- oder Familienlebens angesichts der kurzen Aufenthaltsdauer und des Fehlens von familiären oder privaten Bindungen im Inland nicht entgegen. Angesichts der abweisenden Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz ergebe sich die Zulässigkeit einer Abschiebung des BF nach Afghanistan. Die Frist für die freiwillige Ausreise von 14 Tagen ergebe sich aus § 55 FPG, da besondere Umstände, die der BF bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen habe, nicht gegeben seien.
Beweiswürdigend führte das BFA (zusammengefasst) aus, dass der BF bezüglich seiner behaupteten Herkunftsregion, Volks- und Staatsangehörigkeit aufgrund seiner Sprach- und Lokalkenntnisse - im Gegensatz zu seinem Fluchtvorbringen - glaubwürdig wäre. Die Feststellungen zur Situation in Afghanistan wären glaubhaft, weil sie verlässlichen, seriösen, aktuellen und unbedenklichen Quellen entstammten, deren Inhalt schlüssig und widerspruchsfrei sei.
Konkrete Angaben bezüglich einer (asylrelevante) Verfolgungshandlung, die den BF persönlich betroffen hätte oder in Zukunft betreffen könnte, habe er nicht vorgebracht. Eine staatliche Verfolgung habe der BF verneint.
In der rechtlichen Beurteilung wurde ausgeführt, dass die Begründung des Antrages keine Deckung in der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) finde.
Subsidiärer Schutz wurde ihm nicht zuerkannt, da im Falle einer Rückkehr des BF in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 oder 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder 13 zur GFK oder eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt oder im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes aufgrund der derzeitigen, allgemeinen Lage in Afghanistan nicht drohe. Eine Niederlassung in Kabul sei möglich, da er erwachsen, gesund und erwerbsfähig sei, sodass er dort selbstständig durch die Ausübung einer Erwerbstätigkeit aus eigenen Kräften für die Deckung der grundlegendsten Bedürfnisse aufkommen könne.
Für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht (in der Folge BVwG) wurde den BF mit Verfahrensanordnung gemäß § 63 Abs. 2 AVG die ARGE Rechtsberatung gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG amtswegig als Rechtsberater zur Seite gestellt.
1.8. Gegen diesen Bescheid brachte der BF mit Schreiben vom 03.11.2017 fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde beim BVwG ein und beantragte die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung.
In der Beschwerdebegründung der Behörde eine mangelhafte Beweiswürdigung und unrichtige rechtliche Beurteilung vorgeworfen. Dem BF drohten als im Iran aufgewachsener schiitischer Hazara ohne familiäres Netz eine Zwangsrekrutierung oder sexuelle Übergriffe. Der Beschwerde lagen mehrere Berichte zur Sicherheitslage in Afghanistan bei.
1.9. Die Beschwerde samt Verwaltungsakten langte am 20.11.2017 beim BVwG ein.
1.10. Am 25.01.2018 wurde der BF wegen gefährlicher Drohung nach § 107 Abs. 1 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe verurteilt. Er hatte einer anderen Person mit dem Abschneiden des Kopfes gedroht.
1.11. Mit Bescheid des BFA vom 23.08.2018 änderte die belangte Behörde den Bescheid vom 20.02.2018 gemäß § 68 Abs. 2 AVG ab, erließ gegen den BF gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG (Spruchpunkt I.) und stellte fest, dass gemäß § 52 Abs. 9 FPG die Abschiebung nach § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt II.). Der BF habe gemäß § 13 Abs. 2 Z 1 AsylG sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem 26.01.2017 verloren (Spruchpunkt III.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG wurde ein auf fünf Jahre befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.). Einer Beschwerde gegen diese Entscheidung wurde gemäß § 18 Abs. 1 Z 2 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1a FPG bestehe keine Frist für eine freiwillige Ausreise (Spruchpunkt VI.).
Begründet wurde die Entscheidung im Wesentlichen mit den drei rechtskräftigen Verurteilungen des BF.
1.12. Das BVwG führte am 03.09.2018 eine öffentliche mündliche Verhandlung unter Beisein eines Dolmetsch für die Sprache Dari durch, zu der der BF im Beisein eines gewillkürten Vertreters und einer Vertrauenspersonen persönlich erschien. Die belangte Behörde verzichtete auf eine Teilnahme an der Verhandlung.
Dabei legte der BF einen Erfahrungsbericht der Wohnhausleitung des BF und eine Kurzanamnese eines klinischen Psychologen vor.
Daraufhin gab der BF auf richterliche Befragung im Wesentlichen Folgendes an (Auszug aus der Verhandlungsschrift):
"RI: Welcher ethnischen Gruppe bzw. Volks- oder Sprachgruppe gehören Sie an?
BF: Ich bin Hazara und meine Muttersprache ist Dari.
RI: Gehören Sie einer Religionsgemeinschaft an, und wenn ja, welcher?
BF: Ich bin schiitischer Moslem.
RI: Sind Sie verheiratet, oder leben Sie in einer eingetragenen Partnerschaft oder sonst in einer dauernden Lebensgemeinschaft?
BF: Ich bin in keiner Beziehung, ich lebe allein und bin ledig.
RI: Geben Sie bitte Anzahl und Aufenthaltsorte Ihrer näheren Angehörigen bekannt!
BF: Meine Eltern, meine zwei Brüder und meine Schwester leben in Teheran in XXXX . Ich habe einen Onkel mütterlicherseits, der im Iran in XXXX lebt.
R: Wie alt sind die Brüder circa?
BF: Mein Bruder XXXX ist 17 Jahre alt. Mein anderer Bruder XXXX ist 14 Jahre, meine Schwester XXXX ist 12 Jahre alt.
RI: Was arbeitet Ihr Vater?
BF: Mein Vater war Wachmann für ein Haus in XXXX . Seit 6 Monaten kann er wegen dem Alter und krankheitsbedingt nicht mehr arbeiten und liegt zuhause.
RI: Arbeitet der eine Bruder schon?
BF: Mein Bruder arbeitet in einem Geschäft an der Kasse und in der Regalschlichtung. Er hat Buchhaltung gelernt. Er hat mit der Schule aufgehört, weil er arbeiten muss.
RI: Was arbeitet der eine Onkel?
BF: Mein Onkel mütterlicherseits arbeitet als Landwirt in XXXX . Er ist ledig und verdient so viel, womit er seinen Lebensunterhalt decken kann.
RI: Haben Sie Kontakt zu diesen Angehörigen?
BF: Ja, ich spreche einmal in der Woche mit meiner Mutter.
R: Sind Ihre Angehörigen legal aufhältig im Iran?
BF: Irgendwie kann man das als Aufenthaltstitel bezeichnen. Sie haben einen Ausweis, womit sie die Schule besuchen dürfen und dass sie nicht nach Afghanistan abgeschoben werden.
RI: Haben Sie im Iran eine Schul- oder Berufsausbildung absolviert?
BF: Ich habe 6 Jahre die Schule besucht. Ab dem 9. Lebensjahr habe ich selber die Kosten für die Schule verdient. Ich habe auch als Mechanikerlehrling gearbeitet, sowohl für Autos als auch Motorräder. An Wochenenden und Feiertagen habe ich meinem Vater und meinem Onkel bei der landwirtschaftlichen Tätigkeit ausgeholfen. Damals haben wir auch in XXXX gelebt.
RI: Könnte es sein, dass Sie da schon ein bisschen älter waren, weil mit 8 Jahren, dass Sie Mechanikerlehrling waren, ist unglaubwürdig?
BF: Ich habe mit 8, 9 Jahren mit dem Arbeiten angefangen. Meine Tätigkeit war es, mit Benzin den Motorraum zu waschen.
RI: Womit haben Sie sich im Iran Ihren Lebensunterhalt verdient bzw. wer ist für Ihren Lebensunterhalt aufgekommen?
BF: Im Grunde war es der Vater, der das Sagen in der Familie hatte. Er hat gearbeitet und den Lebensunterhalt verdient, aber er hat uns auch so erzogen, dass wir auch selber Verantwortung tragen müssen. Die Reisekosten und Fluchtkosten hat er bezahlt.
RI: Wie stellte sich Ihre finanzielle Situation bzw. die Ihrer Familie dar?
BF: Wir haben in einer sehr schwachen wirtschaftlichen Lage gelebt. Man kann es als arm bezeichnen. Wir haben 25 Mio iranische Toman als Vorauszahlung für die Miete hinterlegt. Dieses Geld wurde für meine Reise ausbezahlt.
RI: Haben dort, wo Sie im Iran gelebt haben, noch andere Afghanen bzw. Hazara gelebt?
BF: Ja, es haben sehr viele Afghanen gelebt.
RI: Wurden Sie nach den afghanischen Sitten und Bräuchen erzogen? Wurden afghanische Feiertage zelebriert?
BF: Ja, wir haben unsere Tradition dort ausgelebt. Wir haben an afghanischen Hochzeiten teilgenommen. Wir haben die Sitten ausgelebt.
RI: Sind oder waren Sie Mitglied einer politischen Partei oder einer anderen politisch aktiven Bewegung oder Gruppierung?
BF: Nein.
RI: Wie viel hat Ihre Ausreise ungefähr gekostet?
BF: 21 Mio iranische Toman.
RI: Können Sie sagen, wieviel Euro oder Dollar das waren?
BF: Ich kann das nicht ganz genau sagen, aber ungefähr 7.000 bis 8.000€. Ich möchte mich korrigieren, 3.000 bis 4.000€ umgerechnet.
RI: Weil Sie jetzt sagen, Ihr Vater ist zuhause. Wer ernährt dann Ihre Familie? Wer verdient zurzeit den Lebensunterhalt?
BF: Bevor ich ausgereist bin, sind wir nach XXXX umgezogen. Dort haben wir ein Haus, eine Villa gefunden, dessen Besitzer im Ausland lebt. Wir durften im Keller der Villa einziehen und leben. Meine Mutter passt auf das Anwesen auf, baut im Garten Gemüse und Kräuter an, bekommt 1 Mio Toman für Reinigung und fürs Aufpassen auf das Anwesen. Wir brauchen auch keine Miete zu zahlen. Auf diese Weise halten sie sich über das Wasser.
R: Gehen die Schwester und der jüngste Bruder zur Schule?
BF: Ja.
R: Wer bezahlt das Schulgeld für sie?
BF: Meine Eltern.
Zur derzeitigen Situation in Österreich:
RI: Haben Sie in Österreich lebende Familienangehörige oder Verwandte?
BF: Ich habe gute Freunde, aber keine lebenden Verwandten.
RI ersucht D, die folgenden Fragen nicht zu übersetzen. RI stellt diverse Fragen.
RI: Sprechen Sie Deutsch? Haben Sie mich bis jetzt auch ohne Übersetzung durch den D verstehen können?
BF: Ja.
RI stellt fest, dass der BF die zuletzt gestellten und nicht übersetzten Fragen verstanden und auf Deutsch beantwortet hat.
RI: Besuchen Sie derzeit einen Deutschkurs oder haben Sie einen Deutschkurs bereits besucht?
BF: Ich habe am 27.09.2018 eine A2 Prüfung und ich habe vor, mich für die Schule anzumelden. Ich habe den A1 Abschluss und ich habe auch 9 Monate Kurse vom BFI besucht.
RI: Haben Sie Arbeit in Österreich? Gehen Sie einer regelmäßigen Beschäftigung nach?
BF: Nein.
RI: Wenn Sie in Österreich bleiben dürften, welchen Beruf würden Sie gerne ergreifen?
BF: Hauptsächlich interessiere ich mich für den Beruf Mechaniker, wenn das nicht geht, wahrscheinlich Tischler oder etwas im Baubereich.
RI: Besuchen Sie in Österreich bestimmte Kurse oder eine Schule, oder sind Sie aktives Mitglied in einem Verein? Gehen Sie sportlichen oder kulturellen Aktivitäten nach?
BF: Ich spiele Fußball, ich bin Mitglied der League Cupmannschaft. Ich bekomme 330€ für jede Saison. Alle drei Monate erhalte ich 330€
von der Mannschaft. Ich interessiere mich sehr für Musik, insbesondere für Piano und Gitarre.
R: Was sagen Sie zu Ihren drei Vorstrafen, die Sie erhalten haben in Österreich?
BF: Ich möchte mich entschuldigen für meine Vergangenheit. Es war naiv von mir. Meine Eltern waren nicht dabei, um auf mich aufzupassen. Ich war in schlechter Gesellschaft.
R: Haben Sie noch immer Probleme mit Frauen?
BF: Nein.
R: Wie schaut es mit Ihrem Drogenkonsum aus?
BF: Ich habe aufgehört. Ich rauche nur Zigaretten.
R: Wen haben Sie da gefährlich bedroht, was ist da passiert?
BF: Eines Abends bin ich mit einem Freund Zigaretten kaufen gegangen. Ich hatte noch eine einzige Zigarette. Da stand ein Mann.
Ich fragte ihn höflich, ob er mir Feuer geben könnte. Er sagte:
"Nein." Er hatte eine angezündete Zigarette in der Hand. Ich fragte ihn, ob er mir seine Zigarette zum Anzünden geben kann. Er weigerte sich und er beschuldigte mich, Dealer zu sein und hat sich als Polizist ausgegeben. Ich habe gesagt, dass ich kein Dealer sei. Ich sei neu hier in der Stadt. Er packte mich am Kragen und sagte, dass ich ihm alle Stoffe geben soll. Ich habe gesagt, dass ich nichts habe und er könne mich durchsuchen. Er bedrohte mich, mich mit seinen Freunden zu schlagen.
R: War das dann kein Polizist?
BF: Es hat sich herausgestellt, dass es kein Polizist war. Er nahm mich am Kragen. Ich habe gefragt, was er will und dass wir zur Polizei gehen. ich bin zur nächsten Polizeistelle gegangen. Als ich läutete, ging der Mann weg. Ich habe gesagt, warum er weggeht, und wenn er weggeht, gehe ich auch weg. Wir sind dann reingegangen. Die Polizisten haben mich durchsucht. Er sagte dem Polizisten, dass ich nicht alleine sei und einen Freund dabeigehabt habe. Er sagte, dass er gehe und er ihn suche und ihn herbringe. Dann nahmen mich die Polizisten im Auto mit, um meinen Freund zu suchen. Währenddessen habe ich ihm gedroht, wenn er mir das nächste Mal Probleme bereitet, werde ich seinen Kopf mit einem Messer vom Körper trennen bzw. darauf einstechen.
R: Sie sind schon mal angezeigt worden wegen Sachbeschädigung, Diebstahl, die sexuelle Belästigung von Frauen, wegen Drogen, wegen gefährlicher Drohung. Meinen Sie, das ist korrekt, wenn man in ein Land kommt, dass man sich so benimmt?
BF: Ich habe mich einmal entschuldigt. Ich weiß, dass es sich nicht so gehört. Ich war in schlechter Gesellschaft. Ich bin mit Hoffnung hierhergekommen. Ich habe sehr viel Schlechtes gemacht, aber ich habe auch sehr viel Gutes gelernt. Ich will einen Neuanfang machen, meine Eltern erwarten das von mir.
R: Haben Sie im Iran auch schon solche Dinge getan?
BF: So schlecht war ich im Iran nicht wie in Österreich, aber ich habe oft mit Kindern gestritten. Ich wurde sehr oft von Lehrern körperlich gezüchtigt. So schlimm war es im Iran nicht, so wie es hier gewesen ist. Ich wurde von den Eltern geschlagen.
R: Wie ist das jetzt eigentlich, wenn Sie hier in Österreich Enttäuschungen erfahren, werden Sie dann weiterhin aggressiv?
BF: Ja, weil es hart ist.
R befragt die Vertrauensperson zur Integration des BF.
R: In welcher Beziehung stehen Sie zum BF?
VP: Ich bin Betreuerin, wo der BF wohnhaft ist. Ich bin als Begleitperson mitgekommen, dass er nicht alleine nach Wien kommen muss. Wir wohnen in einem sehr großen Wohnhaus, die Bewohner verrichten auch kleine Arbeiten. Wir haben ein Gartenprojekt gehabt, wo er mitgefahren ist. Er engagiert sich selber, dass er sich ein Fahrrad herrichtet. Wir haben einen hausinternen Deutschkurs gehabt, wo er ab und zu teilgenommen hat. Wir haben eine bemerkenswerte Entwicklung gesehen, seitdem er bei uns ist. Er verbessert sich stetig. Auch beim Fußball zeigt er Fortschritte. Er findet immer mehr Strategien, sich hier in schwierigen Situationen zurechtzufinden und die Selbstkontrolle zu bewahren.
R: Hat es in letzter Zeit Vorfälle gegeben, wo er Wutanfälle gehabt hat?
VP: Ich war auf Urlaub, aber es ist nichts vorgefallen.
R: Wann war das letzte Mal, als etwas vorgefallen ist?
VP: Ich bin nicht immer bei ihm, nur ab und zu. Ich betreue ihn seit Jänner 2018. Mir ist nichts aufgefallen, dass sich Vorfälle ereignet haben, eher, dass es sich verbessert hat.
Zu den Fluchtgründen und zur Situation im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat:
RI: Nennen Sie jetzt bitte abschließend und möglichst umfassend alle Gründe, warum Sie den Iran verlassen haben bzw. warum Sie nicht mehr in Ihren Herkunftsstaat zurückkehren können (Fluchtgründe). Nehmen Sie sich dafür nun bitte ausreichend Zeit, alles vorzubringen.
BF: Ich fange an, mit meinen Eltern. Meine Eltern haben circa vor 20 Jahren geheiratet. Bevor mein Vater meine Mutter heiratete, war er mit einer anderen Frau zusammen. Zuerst hat er sich von der ersten Frau scheiden lassen und dann heiratete er meine Mutter. Mein Großvater väterlicherseits starb an einem Schlaganfall, aber meine drei Onkel väterlicherseits sind im Krieg ums Leben gekommen. Meine Großeltern mütterlicherseits sind auch tot. Ein Onkel mütterlicherseits ist auch in Afghanistan im Krieg gefallen. Meine Mutter wuchs bei ihrer Tante mütterlicherseits auf. Mein Vater hat bei der Tante meiner Mutter um ihre Hand angehalten. Damals gab es einen Bruderkrieg. Nachbar gegen Nachbar. Es herrschte ein Religionskrieg. Shiiten gegen Sunniten und umgekehrt. Es gab Grundstückstreitigkeiten. Es gab eine Dürre und wegen dem Wasser haben sich die Menschen gegenseitig bekämpft. Damals, als mein Vater sich von seiner ersten Frau trennte und meine Mutter heiratete, lebte er in Afghanistan. Er hat in DAIKUNDI gelebt. Er ist nicht wegen dem Krieg aus Afghanistan geflohen. Sein ganzes Hab und Gut war in Afghanistan. Er hatte aber keine Verwandten mehr, außer die Tante meiner Mutter. Danach ist die Tante auch gestorben. Es gab einen Kommandanten in dieser Region, der mit Rauschgift und Waffen Schmuggel betrieb. Mein Vater hat mit ihm Probleme gehabt. Er hat meinen Eltern Angst eingejagt. Mein Vater hat sich an die Polizei gewandt und erzählte über die Tätigkeiten des Kommandanten. Damals gab es kein fließendes Wasser in den Häusern. Meine Mutter musste das Wasser aus den Quellen holen. Meine Mutter hatte immer Angst, diesen Weg zu bestreiten. Die Polizisten versprachen meinem Vater, dass sie sich darum kümmern werden. Am Abend, als mein Vater nachhause kam, kamen zwei Männer dieses Kommandanten zu meinem Vater und warnten ihn, wenn er nicht von dort wegzieht, wird er Probleme bekommen. Zuerst haben sie das Wasser für die Bewässerung der Felder gesperrt. Mein Vater wartete ein bis zwei Monate und wollte schauen, was danach kommt, ob sich die Situation beruhigt oder nicht. Nachdem er sah, dass es keine Hoffnung mehr gibt, hat er die Gegend verlassen. Er ist nach Kabul-Stadt gezogen. Er hat dort einen Monat bei Bekannten verbracht. Dann ist er schlepperunterstützt in den Iran gefahren. Ein Onkel mütterlicherseits war im Iran. Als meine Eltern in den Iran kamen, geht der Onkel mit ihnen zu den Behörden und hat die Ausstellung eines Ausweises beantragt.
R: Wann waren diese Ereignisse?
BF: Circa vor 20 Jahren.
R: Hat Ihnen Ihr Vater irgendetwas erzählt, in den letzten 20 Jahren irgendetwas von dem Kommandanten gehört hat?
BF: Nein. Es gab keine Vorfälle.
R: Glauben Sie, dass wenn Sie nach Afghanistan zurückkehren würden, es erneut zu Bedrohungen durch diesen Kommandanten kommen würde?
BF: Ja, zu hundert Prozent. Ich habe noch nie dort gelebt und mein Großvater und meine Onkel väterlicherseits waren sehr wohlbekannte Menschen in dieser Region. Man wird wissen, wer ich bin und die Söhne des Kommandanten werden schon erfahren, wenn ich wieder da bin.
R: Sie glauben, dass wenn Sie nach Kabul kommen, die Söhne des Kommandanten in DAIKUNDI erfahren, dass Sie in Kabul sind?
BF: Ich glaube nicht, dass sie erfahren, dass ich wieder in Kabul bin.
BF fährt fort:
BF: Eine schulische Bildung im Iran zu bekommen, war sehr schlecht. Es gab keine Arbeit, nicht mal für die Iraner selbst, noch für Einwanderer. Für uns Einwanderer war es noch schwerer. Von Lehrern wurde ich geschlagen. Auf der Straße wurde ich immer als Afghane gesehen. Man konnte nie einheimisch werden, man blieb immer ein Einwanderer. Ich habe den Iran verlassen, um für mich und meine zukünftige Familie eine Zukunft aufbauen zu können. Ich will nicht so ein schweres Leben haben, so wie meine Eltern es gehabt haben. Das ist der Grund warum ich den Iran verlassen habe.
RI: Was würde Ihnen konkret passieren, wenn Sie jetzt wieder nach Kabul zurückkehren müssten?
BF: Erstens werde ich zu 50 Prozent umgebracht. Falls ich nicht umgebracht werde, werde ich in den Iran zurückkehren. Dann werde ich von meinen Eltern befragt, wieso so viele Menschen, die Nachbarn, gegangen sind und einen positiven Bescheid erhielten und über ein gutes und gesundes Leben verfügen, aber ich nicht. Ich bin sicher, dass ich nicht im Iran oder in Afghanistan leben kann, weil ich seit vier Jahren in Österreich lebe. Es gilt nicht nur für mich, sondern auch für jeden anderen, dass man mit dem Gedanken das ganze Leben noch einmal von 0 anzufangen wird nicht einfach sein und auch nicht möglich. Höchstwahrscheinlich, wenn ich in den Iran zurückkehre, wird es meinen Eltern stören. Sie werden für mich nichts machen können. Mein iranischer Ausweis ist nicht mehr gültig. Entweder muss ich zuhause schlafen oder ich muss einer Schwarzarbeit nachgehen und das nur wenn ich eine Schwarzarbeit finden kann. Das wird schwierig werden.
R: Weil Sie sagten, Sie werden in Kabul umgebracht. Befürchten Sie konkret auf Ihre Person Angriffe oder dass Sie zufällig bei einem Anschlag zu Tode kommen könnten?
BF: Ich meine damit, dass ich vielleicht bei einem Selbstmordanschlag bzw. bei einer Explosion ums Leben komme, weil ich dort keine Bleibe habe und muss mein Leben auf der Straße verbringen. Nach Daikundi kann ich nicht zurück, weil die Feinde meines Vaters dort leben.
R: Hat Ihnen Ihr Vater erzählt ob es in Daikundi noch Besitz gibt?
BF: Das steht fest, dass er von seinem Vater Grundstück und Haus geerbt hat. Er musste alles zurücklassen und fliehen. Vielleicht eines Tages, wenn es sich ergibt, dass ich zurückkehre und schaue, ob diese noch existieren, was unmöglich ist.
RI gibt RV die Möglichkeit, zu den bisherigen Angaben der Parteien eine mündliche Stellungnahme abzugeben oder Fragen zu stellen.
RV: Die Rechtsvertretung weist darauf hin, dass im bisherigen Verfahren im Sinne der VwGH Judikatur folgende besondere Gefährdungsmomente hervorgetreten sind. Der BF leidet an einer posttraumatischen Belastungsstörung. Es bestehen keine Möglichkeiten eine finanzielle Unterstützung der Familie zu erhalten und der BF ist als shiitischer Hazara besonders exponiert. Hinzu treten alte familiäre Feindschaften sowie das sehr junge Alter des BF. Die belangte Behörde hat ausschließlich auf eine IFA Kabul verwiesen. Aus den aktuellen UNHCR-Richtlinien geht dabei allerdings hervor, dass die allgemeine Sicherheitslage in Kabul und die humanitäre Versorgungslage derart schlecht ist, dass Kabul als IFA nicht mehr in Frage kommt."
1.13. Gegen den Abänderungsbescheid des BFA vom 23.08.2018 wurde am 18.09.2018 Beschwerde erhoben. Dieser Beschwerde wurde mit Beschluss des BVwG vom 26.09.2018 die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
1.14. In einer Stellungnahme vom 01.10.2018 wurde zu den in der Verhandlung ausgehändigten Länderberichten Stellung genommen und vorbegracht, dass der BF an einer posttraumatischen Belastungsstörung und einer emotional instabilen Persönlichkeitsstörung leide, weshalb er besonders vulnerabel sei.
1.15. Am 29.04.2019 wurde der BF wegen öffentlicher geschlechtlicher Handlungen nach § 218 Abs. 1 Z 2 StGB und Sachbeschädigung nach § 125 StGB zu zwei Monaten unbedingter Freiheitsstrafe verurteilt. Der BF hatte erneut vor einer ihm unbekannten weiblichen Person öffentlich onaniert. Darüber hinaus hatte er in einem Wutanfall in seiner Unterkunft einen Staubsauger beschädigt.
1.16. Am 15.05.2019 wurde ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten vom 11.03.2019 übermittelt. Dieses Gutachten war zur Erhebung der Diskretions- und Dispositionsfähigkeit des BF zum Zeitpunkt der ihm vorgeworfenen Straftaten im Auftrag gegeben worden. Aus dem Gutachten geht hervor, dass der BF an einer kombinierten Persönlichkeitsstörung (emotional-instabil und dissozial) und einer Verhaltensstörung durch Cannabinoide leidet. Zum Tatzeitpunkt sei er uneingeschränkt dispositionsfähig gewesen.
1.17. Am 26.07.2019 wurde der BF erneut von der Polizei im Besitz von Cannabis betreten und angezeigt.
1.18. Mit Schreiben des BVwG vom 03.09.2019 wurden dem BF das aktuelle Länderinformationsblatt zu Afghanistan (Stand 04.06.2019), Feststellungen zur Lage in der Stadt Mazar-e Sharif, eine ACCORD-Anfragebeantwortung zu Afghanistan - Folgen von Dürre in den Städten Herat und Mazar-e Sharif, eine Kurzzusammenfassung EASO "Afghanistan Key socio-economic indicators - Focus on Kabul City, Mazar-e Sharif and Herat City", April 2019, und eine Anfragebeantwortung vom 13.11.2018 betreffend die allgemeine Verfügbarkeit von Behandlungen bei psychischen Störungen und Depressionen und die Verfügbarkeit und Kosten von Medikamenten zur Stellungnahme übermittelt.
1.19. Eine Stellungnahme zur den Länderberichten langte am 30.09.2019 ein.
2. Beweisaufnahme:
Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch:
* Einsicht in den dem BVwG vorliegenden Verwaltungsakt des BFA, beinhaltend die Niederschriften der Erstbefragung am 14.03.2015 und der Einvernahme vor dem BFA am 13.04.2017 sowie die Beschwerden vom 03.11.2017 und vom 18.09.2018
* Einsicht in Dokumentationsquellen betreffend den Herkunftsstaat des BF im erstbehördlichen Verfahren (Auszug aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation)
* Einvernahme des BF im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem BVwG am 03.09.2018
* Einsicht in die vom BF vorgelegten Schriftstücke und Befunde
* Einsichtnahme in folgende vom BVwG zusätzlich eingebrachte Erkenntnisquellen zum Herkunftsstaat des BF:
o Feststellungen und Berichte über die allgemeine Lage im Herkunftsstaat (Auszüge aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 29.06.2018 samt Aktualisierung vom 04.06.2019)
o Zusammenfassung der UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des Internationalen Schutzbedarfs Afghanischer Asylsuchender vom April 2016 sowie Anmerkungen von UNHCR zur Situation in Afghanistan auf Anfrage des deutschen Bundesministerium des Innern vom Dezember 2016
o Feststellungen zu den ethnischen Minderheiten in Afghanistan (Hazara)
o Auszug aus einer Anfragebeantwortung von ACCORD zur Situation für AfghanInnen (insbesondere Hazara), die ihr ganzes Leben im Iran verbracht haben und dann nach Afghanistan kommen
o Festellungen zur Lage in der Stadt Mazar-e Sharif und zur Dürre in Herat und Mazar-e Sharif
o Kurzzusammenfassung EASO "Afghanistan Key socio-economic indicators - Focus on Kabul City, Mazar-e Sharif and Herat City", April 2019
o Anfragebeantwortung vom 13.11.2018, Allgemeine Verfügbarkeit von Behandlungen bei psychischen Störungen und Depressionen, Verfügbarkeit und Kosten von Medikamenten.
3. Ermittlungsergebnis (Sachverhaltsfeststellungen):
Folgende Feststellungen werden aufgrund des glaubhaft gemachten Sachverhaltes getroffen:
3.1. Zur Person des BF:
3.1.1. Der BF führt den Namen XXXX , geboren am XXXX , ist Staatsangehöriger der Islamischen Republik Afghanistan, Angehöriger der Volksgruppe der Hazara und bekennt sich zum schiitischen Islam. Die Muttersprache des BF ist Dari, er spricht aber auch Farsi und etwas Deutsch.
Der BF ist im Iran geboren und aufgewachsen. Seine Eltern stammen aus der Provinz Daikundi in Afghanistan.
Aktuell halten sich die Eltern und Geschwister des BF in Teheran, Iran, auf. Ein Onkel des BF lebt ebenfalls im Iran. Ein Bruder des BF ist berufstätig.
Der BF wurde laut eigenen Aussagen von seinen Eltern gemäß dem afghanischen Kulturkreis erzogen und lebte - in einem vornehmlich von Afghanen bewohnten Viertel in Teheran - nach den afghanischen Sitten. Er hat sechs Jahre eine Schule besucht und dabei schreiben und lesen gelernt. Der BF war auch als Mechanikerlehrling tätig.
Laut Angaben des BF besteht zur Familie im Iran regelmäßiger Kontakt.
3.1.2. Der BF ist jung und männlich. Der BF leidet an einer posttraumatischen Belastungsstörung, kombinierten Persönlichkeitsstörung (emotional-instabil und dissozial) und Cannabisabhängigkeit. Der BF wird derzeit weder psychologisch noch medikamentös behandelt. Hinweise auf lebensbedrohende oder schwerwiegende Krankheiten haben sich zum aktuellen Zeitpunkt keine ergeben.
Der BF hat sechs Jahre eine Schule besucht, dabei schreiben und lesen gelernt, und verfügt über Berufserfahrung als Mechanikerlehrling.
3.1.3. Der BF ist im Iran geboren und aufgewachsen. Er reiste nunmehr Ende 2015 vom Iran über die Türkei nach Europa und stellte am 14.03.2015 in Österreich den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.
3.1.4. Der BF hält sich seit März 2015 in Österreich auf und spricht Deutsch auf dem Niveau A1. Er geht keiner regelmäßigen Beschäftigung nach und ist nicht selbsterhaltungsfähig. Er ist Mitglied in einem Fußballverein. Verwandtschaftliche Beziehungen im Bundesgebiet bestehen nicht.
Der BF weist in Österreich vier rechtskräftige Verurteilungen auf:
-
Am 05.07.2016 wurde er wegen öffentlicher geschlechtlicher Handlungen nach § 218 Abs. 1 Z 2 StGB zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen, davon 30 bedingt, verurteilt.
-
Am 26.01.2017 wurde er wegen des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 1., 2. und 8. Fall, Abs. 2, Abs. 2a StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt.
-
Am 25.01.2018 wurde er wegen gefährlicher Drohung nach § 107 Abs. 1 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe verurteilt.
-
Am 29.04.2019 wurde er wegen öffentlicher geschlechtlicher Handlungen nach § 218 Abs. 1 Z 2 StGB und Sachbeschädigung nach § 125 StGB zu zwei Monaten unbedingter Freiheitsstrafe verurteilt.
3.2. Zu den Fluchtgründen des BF:
Der BF ist im Iran geboren und aufgewachsen und hat nie in Afghanistan gelebt. Dass dem BF im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan aktuell eine Gefahr durch einen Kommandanten der Provinz Daikundi drohen würde, konnte der BF nicht glaubhaft machen.
Der BF verließ den Iran aufgrund der schwierigen Lebensbedingungen für dort aufhältige Afghanen, insbesondere schiitische Hazara.
Es kann nicht festgestellt werden, dass dem BF wegen seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Hazara bzw. zur schiitischen Religion bei einer Rückkehr nach Afghanistan konkret und individuell physische und/oder psychische Gewalt droht. Ebenso wenig kann festgestellt werden, dass jeder Angehörige der Volksgruppe der Hazara bzw. der schiitischen Religion in Afghanistan physischer und/oder psychischer Gewalt ausgesetzt ist.
Es kann nicht festgestellt werden, dass dem BF bei einer Rückkehr nach Afghanistan allein auf Grund der Tatsache, dass er den Großteil seines Lebens im Iran verbracht hat bzw. dass jedem Rückkehrer aus dem Iran physische und/oder psychische Gewalt droht.
Der BF wurde nach eigenen Angaben in seinem Herkunftsstaat niemals inhaftiert, ist nicht vorbestraft und hatte mit den Behörden seines Herkunftsstaates weder auf Grund seines Religionsbekenntnisses oder seiner Volksgruppenzugehörigkeit noch sonst irgendwelche Probleme. Der BF war nie politisch tätig und gehörte nie einer politischen Partei an.
3.3. Zu einer möglichen Rückkehr des BF in den Herkunftsstaat:
3.3.1. Es konnte vom BF nicht glaubhaft vermittelt werden, dass er im Falle der Rückkehr in den Herkunftsstaat einer Verfolgung aus asylrelevanten Gründen ausgesetzt wäre.
3.3.2. Der BF ist im erwerbsfähigen Alter und männlich. Dass sein allgemeiner Gesundheitszustand erheblich beeinträchtigt wäre, hat der BF im Verfahren weder substantiiert behauptet, noch ist es dem erkennenden Gericht sonst bekannt geworden.
3.3.3. Dem BF ist eine Rückkehr in die Heimatprovinz seiner Eltern, Daikundi, möglich und zumutbar, da es sich um eine der sichersten Provinzen Afghanistans handelt.
Alternativ ist es dem BF auch möglich und zumutbar, sich in der Hauptstadt Kabul oder auch in Mazar-e-Sharif niederzulassen. Er ist mit den kulturellen Gepflogenheiten seines Herkunftsstaates - so wurde er von seinen Eltern nach afghanischen Sitten erzogen - und einer in Afghanistan gesprochenen Sprache (Dari) vertraut. Er ist in einem afghanischen Familienverband aufgewachsen und hat sechs Jahre lang eine Schule besucht und dabei lesen und schreiben gelernt. Der BF lebte bisher nicht in Kabul oder Mazar-e-Sharif, und es konnte nicht festgestellt werden, dass der BF dort über familiäre oder soziale Anknüpfungspunkte verfügt. Dem BF ist jedoch aus eigenem der Aufbau einer Existenzgrundlage in diesen Städten möglich. Der BF kann seine Existenz in Kabul oder Mazar-e-Sharif - zumindest anfänglich - mit Hilfs- und Gelegenheitsarbeiten sichern, wobei festzuhalten ist, dass der BF bereits über Berufserfahrung als Mechanikerlehrling verfügt. Zudem verfügt der BF über ein familiäres Netzwerk im Iran, mit dem er in Kontakt steht. Somit besteht die Möglichkeit, dass der Bruder in der Lage ist, dem BF - zumindest zu Beginn als Starthilfe - finanzielle Unterstützung zukommen zu lassen. Mit dieser Unterstützung ist ihm der Aufbau einer Existenzgrundlage in Kabul oder Mazar-e-Sharif möglich. Der BF ist auch in der Lage, in Kabul oder Mazar-e-Sharif eine einfache Unterkunft zu finden. Er hat auch die Möglichkeit, Rückkehrunterstützung in Anspruch zu nehmen und damit eine weitere finanzielle Hilfe zu erhalten. Als alleinstehender, im Wesentlichen gesunder und leistungsfähiger Mann im berufsfähigen Alter samt Berufserfahrung als Mechanikerlehrling ohne festgestellten besonderen Schutzbedarf liefe der BF auch nicht Gefahr, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten. Der BF leidet an keinen schwerwiegenden, lebensbedrohlichen Erkrankungen.
3.3.4. Der BF kann die Hauptstadt Kabul und die Stadt Mazar-e-Sharif - über Kabul - von Österreich aus sicher mit dem Flugzeug erreichen.
3.4. Zur Lage im Herkunftsstaat des BF:
Aufgrund der durch das BVwG zusätzlich in das Verfahren eingeführten aktuellen Erkenntnisquellen werden folgende entscheidungsrelevante Feststellungen zum Herkunftsstaat des BF getroffen:
3.4.1. Auszug aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation des BFA zu Afghanistan ("Gesamtaktualisierung am 29.06.2018, letzte Kurzinformation eingefügt am 04.06.2019", Schreibfehler teilweise korrigiert):
Neueste Ereignisse - Integrierte Kurzinformationen
KI vom 4.6.2019, politische Ereignisse, zivile Opfer, Anschläge in Kabul, IOM (relevant für Abschnitt 3/Sicherheitslage; Abschnitt 2/Politische Lage; Abschnitt 23/Rückkehr).
Politische Ereignisse:
Friedensgespräche, Loya Jirga, Ergebnisse Parlamentswahl
Ende Mai 2019 fand in Moskau die zweite Runde der Friedensgespräche zwischen den Taliban und afghanischen Politikern (nicht der Regierung, Anm.) statt. Bei dem Treffen äußerte ein Mitglied der Taliban, Amir Khan Muttaqi, den Wunsch der Gruppierung nach Einheit der afghanischen Bevölkerung und nach einer "inklusiven" zukünftigen Regierung. Des Weiteren behauptete Muttaqi, die Taliban würden die Frauenrechte respektieren wollen. Ein ehemaliges Mitglied des afghanischen Parlaments, Fawzia Koofi, äußerte dennoch ihre Bedenken und behauptete, die Taliban hätten kein Interesse daran, Teil der aktuellen Regierung zu sein, und dass die Gruppierung weiterhin für ein islamisches Emirat stünde. (Tolonews 31.5.2019a).
Vom 29.4.2019 bis 3.5.2019 tagte in Kabul die "große Ratsversammlung" (Loya Jirga). Dabei verabschiedeten deren Mitglieder eine Resolution mit dem Ziel, einen Friedensschluss mit den Taliban zu erreichen und den inner-afghanischen Dialog zu fördern. Auch bot Präsident Ghani den Taliban einen Waffenstillstand während des Ramadan von 6.5.2019 bis 4.6.2019 an, betonte aber dennoch, dass dieser nicht einseitig sein würde. Des Weiteren sollten 175 gefangene Talibankämpfer freigelassen werden (BAMF 6.5.2019). Einer weiteren Quelle zufolge wurden die kritischen Äußerungen zahlreicher Jirga-Teilnehmer zu den nächtlichen Militäroperationen der USA nicht in den Endbericht aufgenommen, um die Beziehungen zwischen den beiden Staaten nicht zu gefährden. Die Taliban nahmen an dieser von der Regierung einberufenen Friedensveranstaltung nicht teil, was wahrscheinlich u.a. mit dem gescheiterten Dialogtreffen, das für Mitte April 2019 in Katar geplant war, zusammenhängt. Dort wäre die Regierung zum ersten Mal an den Friedensgesprächen mit den Taliban beteiligt gewesen. Nachdem erstere jedoch ihre Teilnahme an die Bedingung geknüpft hatte, 250 Repräsentanten nach Doha zu entsenden und die Taliban mit Spott darauf reagierten, nahm letztendlich kein Regierungsmitarbeiter an der Veranstaltung teil. So fanden Gespräche zwischen den Taliban und Exil-Afghanen statt, bei denen viele dieser das Verhalten der Regierung öffentlich kritisierten (Heise 16.5.2019).
Anfang Mai 2019 fand in Katar auch die sechste Gesprächsrunde zwischen den Taliban und den USA statt. Der Sprecher der Taliban in Doha, Mohammad Sohail Shaheen, betonte, dass weiterhin Hoffnung hinsichtlich der inner-afghanischen Gespräche bestünde. Auch konnten sich der Quellezufolge die Teilnehmer zwar bezüglich einiger Punkte einigen, dennoch müssten andere "wichtige Dinge" noch behandelt werden (Heise 16.5.2019).
Am 14.5.2019 hat die unabhängige Wahlkommission (Independent Electoral Commission, IEC) die Wahlergebnisse der Provinz Kabul für das afghanische Unterhaus (Wolesi Jirga) veröffentlicht (AAN 17.5.2019; vgl. IEC 14.5.2019, IEC 15.5.2019). Somit wurde nach fast sieben Monaten (die Parlamentswahlen fanden am 20.10.2018 und 21.10.2018 statt) die Stimmenauszählung für 33 der 34 Provinzen vervollständigt. In der Provinz Ghazni soll die Wahl zusammen mit den Präsidentschafts- und Provinzialratswahlen am 28.9.2019 stattfinden. In seiner Ansprache zur Angelobung der Parlamentsmitglieder der Provinzen Kabul und Paktya am 15.5.2019 bezeichnete Ghani die siebenmonatige Wahl als "Katastrophe" und die beiden Wahlkommissionen, die IEC und die Electoral Complaints Commission (ECC), als "ineffizient" (AAN 17.5.2019).
Zivile-Opfer, UNAMA-Bericht
Die United Nations Assistance Mission in Afghanistan (UNAMA) registrierte im ersten Quartal 2019 (1.1