TE Bvwg Erkenntnis 2019/10/23 W218 1425377-2

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Veröffentlicht am 23.10.2019
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Entscheidungsdatum

23.10.2019

Norm

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §57
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §55

Spruch

W218 1425377-2/5E

W218 1425376-2/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. TAURER über die Beschwerde von 1) XXXX alias XXXX , 2) XXXX alias XXXX , geb. 1) XXXX , 2) XXXX , StA. Afghanistan, bevollmächtigt vertreten durch Dr. Helmut BLUM, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Oberösterreich vom 27.05.2019, Zl. 1) 810717100-1965306, 2) 810717710-1965381, wegen §§ 10, 57 AsylG und §§ 46, 52, 55 FPG, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Erstbeschwerdeführer XXXX (BF1) und sein Sohn XXXX (BF2), beide Staatsangehörige Afghanistans, reisten illegal in Österreich ein und stellten am 13.07.2011 einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. In der Erstbefragung vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der Erstbeschwerdeführer an, Staatsangehöriger von Afghanistan, verheiratet, Angehöriger der Volksgruppe der Tadschiken, mit muslimischem Glaubensbekenntnis, am

XXXX geboren und in Afghanistan wohnhaft gewesen zu sein. Er habe Afghanistan vor ca. elf Monaten mit seinem ältesten Sohn verlassen und sei anschließend schlepperunterstützt bis nach Österreich gelangt. Der Erstbeschwerdeführer habe bereits am 20.12.2007 in England einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt, wurde aber Ende 2009 nach Afghanistan abgeschoben. In England sei der Zweitbeschwerdeführer nicht dabei gewesen.

3. Mit den Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.02.2012 wurden die Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Den Beschwerdeführern wurde gemäß §§ 57 und 55 AsylG ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen sie eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und weiters gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung der Beschwerdeführer gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei. Weiters wurde innerhalb des Spruches ausgeführt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage.

4. Gegen diese ordnungsgemäß zugestellten Bescheide erhoben die Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde.

5. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 19.02.2015 wurden die Beschwerden gemäß §§ 3 Abs. 1 und 8 Abs. 1 AsylG 2005 idgF. als unbegründet abgewiesen. Der Spruchpunkt III. der angefochtenen Bescheide wurden aufgehoben und die Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an die belangte Behörde zurückverwiesen.

6. Mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 19.11.2015 wurde das angefochtenen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgericht hinsichtlich der Nichtzuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan und der Zurückverweisung betreffend des Verfahrens zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an die belangte Behörde aufgrund einer Verletzung eines verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichbehandlung unter Fremden aufgehoben.

Begründend wurde ausgeführt, dass das Bundesverwaltungsgericht es unterlassen habe, sich mit der Frage auseinanderzusetzen, wie die Beschwerdeführer von Kabul aus sicher in ihre Herkunftsprovinz im Norden Afghanistans gelangen könnten. Die Entscheidung betreffend der Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten sei dadurch mit Willkür belastet.

Im Übrigen wurde die Behandlung der Beschwerde abgelehnt.

Die Bescheide der belangten Behörde hinsichtlich der Abweisung der Anträge auf internationalen Schutz gem. § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 sind rechtskräftig.

7. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 14.06.2018 wurden die Beschwerden gemäß § 8 Abs. 1 AsylG als unbegründet abgewiesen. Der Spruchpunkt III. der angefochtenen Bescheide wurde aufgehoben und die Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an die belangte Behörde zurückverwiesen.

8. Im Rahmen einer niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 15.04.2019 gab der Erstbeschwerdeführer unter anderem an, dass er psychische Beschwerden habe, ansonsten gesund sei. Im Herkunftsstaat leben die Ehefrau und Kinder des Beschwerdeführers sowie eine Schwester. Die Familie lebe nach wie vor in Samangan, Afghanistan und besitze Grundstücke und Tiere.

In Österreich lerne er Deutsch, habe noch keine Deutschprüfung abgelegt und arbeite als Reinigungskraft bei der Caritas. Er wolle in Österreich arbeiten und seinen Lebensunterhalt selbst bestreiten.

Der Zweitbeschwerdeführer gab im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme am 15.04.2019 an, er sei gesund. Er habe insgesamt fünf Jahre die Schule in Österreich besucht und absolviere eine Lehre im zweiten Jahr, habe aber drei negative Noten im Abschlusszeugnis. Der Zweitbeschwerdeführer sei in einem Fußballverein. Er habe noch Kontakt zu seiner Familie in Afghanistan, welche er finanziell unterstütze. Er lebe gemeinsam mit seinem Vater in einer Unterkunft der Caritas.

9. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.06.2019 wurde gemäß §§ 57 und 55 AsylG den Beschwerdeführern ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen sie eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und weiters gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung der Beschwerdeführer gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei. Weiters wurde innerhalb des Spruches ausgeführt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage.

10. Gegen diesen ordnungsgemäß zugestellten Bescheid erhoben die Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde. Darin wurde zusammengefasst ausgeführt, dass sie sich seit acht Jahren in Österreich aufhalten würden und in die österreichische Gesellschaft integriert seien. Der BF2 sei mit zehn Jahren nach Österreich gekommen und habe den wichtigsten Teil seiner Jugend in Österreich verbracht. Er habe aufgrund seiner schlechten Noten den Lehrberuf als Konditor aufgeben müssen, dies habe aber nichts mit seiner Integration zu tun. Er spreche hervorragend Deutsch und würde als normaler Angestellter bei seinem ehemaligen Dienstgeber eine Stelle erhalten, wenn er eine Arbeitserlaubnis hätte. Er sei zudem ein wichtiges Mitglied eines Fußballvereins und sei überdies unbescholten.

Dem BF1 sei es aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich, die deutsche Sprache auf einem guten Niveau zu erlernen, er sei aber bemüht und könne in einfachen Sätzen sprechen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführer sind Staatsangehörige von Afghanistan und Angehörige der Volksgruppe der Tadschiken. Sie lebten bis zu ihrer Ausreise in der Provinz Samangan. Die Identitäten der Beschwerdeführer stehen nicht fest. Die Beschwerdeführer haben in Afghanistan weder eine Schul- noch eine Berufsausbildung bekommen; der Erstbeschwerdeführer war als Bauer tätig.

Die Beschwerdeführer machten keine substantiierten Anhaltspunkte ersichtlich, dass ihnen nach einer Abschiebung in den Herkunftsstaat ein Eingriff in die körperliche Unversehrtheit drohen würde oder sie Gefahr liefen, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten. Keiner der Beschwerdeführer leidet an einer schwerwiegenden Erkrankung. Die Beschwerdeführe sind zu einer eigenständigen Bestreitung ihres Lebensunterhalts grundsätzlich in der Lage. An den Erwägungen im Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 14.06.2018, mit dem der Antrag auf Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wurde, haben sich bis zum Entscheidungszeitpunkt keine maßgeblichen Änderungen ergeben. Solche wurden vom Beschwerdeführer auch nicht konkret behauptet.

Im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan könnten die Beschwerdeführer bei den im Heimatdorf in der Provinz Samangan lebenden Familienmitgliedern Unterkunft finden und von diesen unterstützt werden. Auch wäre es dem Erstbeschwerdeführer möglich, wieder als Bauer zu arbeiten. Durch die Abschiebung der Beschwerdeführer in den Heimatstaat würden diese - unter Beachtung der Lage im Herkunftsstaat und der individuellen Situation - nicht in den Rechten gemäß Artikel 2 oder 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 und Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt oder würde diese für sie als Zivilperson nicht eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts mit sich bringen.

Zur relevanten Erreichbarkeit der Provinz Samangan für die Beschwerdeführer:

Den Beschwerdeführern ist es möglich von Kabul mit dem Flugzeug nach Mazar-i Sharif zu gelangen und von dort über die AH 76 nach Aybak, der Hauptstadt der Provinz Heimatprovinz Samangan.

Es ist im Zeitraum ab 1.1.2017 bis 29.12.2017 entlang der Fernstraße AH 76 zwischen Mazar-i Sharif und Aybak / Samangan zu drei sicherheitsrelevanten Vorfällen gekommen, bei denen es auch Todesopfer gab. Drei weitere Vorfälle, teilweise mit Todesopfern sind der Quelle "Voice of Jihad" zu entnehmen [Anm. d.

Staatendokumentation: s. dazu die Quellenbeschreibung im untenstehenden Absatz]. Den Quellen ist weiters zu entnehmen, dass es an der Fernstraße drei Verkehrsunfälle mit Todesfolge gab.

Aufgrund der geringen Anzahl an Quellen wurden auch Meldungen der Nachrichtenseite "Voice of Jihad" verwendet. Diese Seite wird von den Taliban unter der Bezeichnung "Islamisches Kalifat Afghanistan" betrieben. Auf dieser Seite konnten einige Informationen zu Vorfällen an Straßen gefunden werden. Die dort veröffentlichten Nachrichten sind nicht von einem neutralen Standpunkt aus beschrieben und in der Wortwahl gegenüber Gegnern der Taliban meist sehr abfällig. Es kann auch nicht eingeschätzt werden, ob bei den veröffentlichten Meldungen eine redaktionelle Qualitätssicherung oder Verifizierung durchgeführt wurde. Aus diesen Gründen gehört die Seite "Voice of Jihad" nicht zu den Standardquellen der Staatendokumentation. Die Vorfälle, die auf dieser Seite angeführt sind, konnten durch eine gezielte, vertiefende Suche durch andere Quellen nicht bestätigt werden.

Den Beschwerdeführern steht zudem eine zumutbare innerstaatliche Flucht- bzw. Schutzalternative in der Stadt Kabul, Herat oder Mazar-i Sharif zur Verfügung.

Der Erstbeschwerdeführer hat zuvor bereits im Dezember 2007 in Großbritannien einen Asylantrag gestellt, der abgewiesen wurde, worauf der Erstbeschwerdeführer am 06.10.2009 nach Afghanistan abgeschoben wurde.

Der Erstbeschwerdeführer reiste 2011 gemeinsam mit dem Zweitbeschwerdeführer aus Afghanistan aus und stellte die verfahrensgegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz am 13.07.2011 in Österreich.

Der Zweitbeschwerdeführer ist bis zu seiner Ausreise im Jahr 2011 in Afghanistan in einem afghanischen Familienverband aufgewachsen und hat noch regelmäßigen Kontakt zu seiner Familie in Afghanistan, zu deren finanzieller Unterstützung er, wenn möglich, beiträgt. Im Alter von zehn Jahren verließ er gemeinsam mit seinem Vater Afghanistan und lebte seitdem gemeinsam mit seinem Vater in Österreich in einer Asylunterkunft. Der Zweitbeschwerdeführer ist bereits volljährig. Er spricht Dari als Muttersprache und ist mit den afghanischen Gebräuchen und der afghanischen Kultur vertraut, da er diese durch seinen Vater vermittelt bekommen hat und die Hälfte seines Lebens in Afghanistan verbracht hat.

Der Erstbeschwerdeführer hat bereits einen Alphabetisierungskurs besucht, aber bisher noch keine Deutschprüfung absolviert. Seine Deutschkenntnisse sind geringfügig vorhanden, obwohl er bereits seit acht Jahren in Österreich lebt. Er lebte bisher nur von der Grundversorgung und übernahm Reinigungsarbeiten in den Räumlichkeiten der Caritas, wofür er ca. € 20,00 bis € 30,00 alle zwei Wochen erhalten hat. Er war in den acht Jahren, die er bereits in Österreich verbrachte, nie selbsterhaltungsfähig und lebt gemeinsam mit seinem Sohn in einer Caritas-Flüchtlingswohngemeinschaft. Der Erstbeschwerdeführer ist jedenfalls arbeitsfähig. In seiner Freizeit geht er laufen und kocht für sich und den Zweitbeschwerdeführer. Er hat keine nennenswerten sozialen Kontakte in Österreich, er ist in keinem Verein Mitglied bzw. auch nicht als freiwilliger Helfer oder ehrenamtlich tätig. Da sich der größte Teil seiner Familie in Afghanistan befindet, ist seine emotionale Bindung nach Afghanistan ausgeprägter als nach Österreich.

Der Erstbeschwerdeführer ist in laufender psychiatrischer Therapie und leidet an einer schweren depressiven Episode mit ausgeprägter Somatisierungstendenz ohne psychotische Symptomatik und einer posttraumatischen Belastungsstörung. Er ist in medikamentöser Therapie mit Mirtazapin, Atarax (bei Bedarf), Velafaxin und Mefenabene (bei Schmerzen). Seine psychischen Symptome sind auf die Ungewissheit des Verfahrens zurückzuführen und die Sorge um seine Ehefrau, welche gesundheitliche Probleme hat.

Der Zweitbeschwerdeführer lebt seit seinem zehnten Lebensjahr in Österreich und besuchte insgesamt fünf Jahre die Schule. Er hat ab August 2017 eine Lehre zum Konditor gemacht, diese wurde aber abgebrochen, da er die erste Fachklasse der Berufsschule negativ abgeschlossen hat und er nicht zum Aufstieg in den zweiten Jahrgang berechtig war. Der Beschwerdeführer lebt von der Grundversorgung und wohnt mit seinem Vater in einer Caritas-Flüchtlingswohngemeinschaft bzw. wohnte er zwischenzeitlich in einem Internat. Der Zweitbeschwerdeführer ist arbeitsfähig, war in den acht Jahren des Aufenthaltes nie selbsterhaltungsfähig und geht derzeit keiner legalen Beschäftigung nach. Er ist in einem Fußballverein tätig. Er hat keine weiteren intensiven sozialen Kontakte in Österreich geknüpft.

Die Beschwerdeführer haben keine weiteren Verwandten in Österreich, die Ehefrau und die weiteren Kinder des Erstbeschwerdeführers leben nach wie vor im Heimatort der Beschwerdeführer.

Die Beschwerdeführer sind in Österreich strafrechtlich unbescholten.

Zur relevanten Situation in Afghanistan:

Hinsichtlich der relevanten Situation in Afghanistan wird zunächst prinzipiell auf die Länderfeststellungen der belangten Behörde zu Afghanistan verwiesen. Bis zum Entscheidungsdatum sind dem Bundesverwaltungsgericht keine entscheidungsmaßgeblichen Änderungen der Ländersituation bekannt geworden.

Ergänzend wird Folgendes festgestellt:

Neuste Ereignisse - Integrierte Kurzinformationen

KI vom 4.6.2019, politische Ereignisse, zivile Opfer, Anschläge in Kabul, IOM

Politische Ereignisse: Friedensgespräche, Loya Jirga, Ergebnisse Parlamentswahl

Ende Mai 2019 fand in Moskau die zweite Runde der Friedensgespräche zwischen den Taliban und afghanischen Politikern (nicht der Regierung, Anm.) statt. Bei dem Treffen äußerte ein Mitglied der Taliban, Amir Khan Muttaqi, den Wunsch der Gruppierung nach Einheit der afghanischen Bevölkerung und nach einer "inklusiven" zukünftigen Regierung. Des Weiteren behauptete Muttaqi, die Taliban würden die Frauenrechte respektieren wollen. Ein ehemaliges Mitglied des afghanischen Parlaments, Fawzia Koofi, äußerte dennoch ihre Bedenken und behauptete, die Taliban hätten kein Interesse daran, Teil der aktuellen Regierung zu sein, und dass die Gruppierung weiterhin für ein islamisches Emirat stünde. (Tolonews 31.5.2019a).

Vom 29.4.2019 bis 3.5.2019 tagte in Kabul die "große Ratsversammlung" (Loya Jirga). Dabei verabschiedeten deren Mitglieder eine Resolution mit dem Ziel, einen Friedensschluss mit den Taliban zu erreichen und den inner-afghanischen Dialog zu fördern. Auch bot Präsident Ghani den Taliban einen Waffenstillstand während des Ramadan von 6.5.2019 bis 4.6.2019 an, betonte aber dennoch, dass dieser nicht einseitig sein würde. Des Weiteren sollten 175 gefangene Talibankämpfer freigelassen werden (BAMF 6.5.2019). Einer weiteren Quelle zufolge wurden die kritischen Äußerungen zahlreicher Jirga-Teilnehmer zu den nächtlichen Militäroperationen der USA nicht in den Endbericht aufgenommen, um die Beziehungen zwischen den beiden Staaten nicht zu gefährden. Die Taliban nahmen an dieser von der Regierung einberufenen Friedensveranstaltung nicht teil, was wahrscheinlich u.a. mit dem gescheiterten Dialogtreffen, das für Mitte April 2019 in Katar geplant war, zusammenhängt. Dort wäre die Regierung zum ersten Mal an den Friedensgesprächen mit den Taliban beteiligt gewesen. Nachdem erstere jedoch ihre Teilnahme an die Bedingung geknüpft hatte, 250 Repräsentanten nach Doha zu entsenden und die Taliban mit Spott darauf reagierten, nahm letztendlich kein Regierungsmitarbeiter an der Veranstaltung teil. So fanden Gespräche zwischen den Taliban und Exil-Afghanen statt, bei denen viele dieser das Verhalten der Regierung öffentlich kritisierten (Heise 16.5.2019).

Anfang Mai 2019 fand in Katar auch die sechste Gesprächsrunde zwischen den Taliban und den USA statt. Der Sprecher der Taliban in Doha, Mohammad Sohail Shaheen, betonte, dass weiterhin Hoffnung hinsichtlich der inner-afghanischen Gespräche bestünde. Auch konnten sich der Quelle zufolge die Teilnehmer zwar bezüglich einiger Punkte einigen, dennoch müssten andere "wichtige Dinge" noch behandelt werden (Heise 16.5.2019).

Am 14.5.2019 hat die unabhängige Wahlkommission (Independent Electoral Commission, IEC) die Wahlergebnisse der Provinz Kabul für das afghanische Unterhaus (Wolesi Jirga) veröffentlicht (AAN 17.5.2019; vgl. IEC 14.5.2019, IEC 15.5.2019). Somit wurde nach fast sieben Monaten (die Parlamentswahlen fanden am 20.10.2018 und 21.10.2018 statt) die Stimmenauszählung für 33 der 34 Provinzen vervollständigt. In der Provinz Ghazni soll die Wahl zusammen mit den Präsidentschafts- und Provinzialratswahlen am 28.9.2019 stattfinden. In seiner Ansprache zur Angelobung der Parlamentsmitglieder der Provinzen Kabul und Paktya am 15.5.2019 bezeichnete Ghani die siebenmonatige Wahl als "Katastrophe" und die beiden Wahlkommissionen, die IEC und

die Electoral Complaints Commission (ECC), als "ineffizient" (AAN 17.5.2019).

Zivile-Opfer, UNAMA-Bericht

Die United Nations Assistance Mission in Afghanistan (UNAMA) registrierte im ersten Quartal 2019 (1.1.2019 - 31.3.2019) 1.773 zivile Opfer (581 Tote und 1.192 Verletzte), darunter waren 582 der Opfer Kinder (150 Tote und 432 Verletzte). Dies entspricht einem Rückgang der gesamten Opferzahl um 23% gegenüber dem gleichen Zeitraum des Vorjahres, welches somit der niedrigste Wert für das erste Jahresquartal seit 2013 ist (UNAMA 24.4.2019).

Diese Verringerung wurde durch einen Rückgang der Zahl ziviler Opfer von Selbstmordanschlägen mit IED (Improvised Explosive Devices - unkonventionelle Spreng- und Brandvorrichtung/Sprengfallen) verursacht. Der Quelle zufolge könnten die besonders harten Winterverhältnisse in den ersten drei Monaten des Jahres 2019 zu diesem Trend beigetragen haben. Es ist unklar, ob der Rückgang der zivilen Opfer wegen Maßnahmen der Konfliktparteien zur Verbesserung des Schutzes der Zivilbevölkerung oder durch die laufenden Gespräche zwischen den Konfliktparteien beeinflusst wurde (UNAMA 24.4.2019).

Die Zahl der zivilen Opfer aufgrund von Nicht-Selbstmord-Anschlägen mit IEDs durch regierungsfeindliche Gruppierungen und Luft- sowie Suchoperationen durch regierungsfreundliche Gruppierungen ist gestiegen. Die Zahl der getöteten Zivilisten, die regierungsfreundlichen Gruppierungen zugeschrieben wurden, übertraf im ersten Quartal 2019 die zivilen Todesfälle, welche von regierungsfeindlichen Elementen verursacht wurden (UNAMA 24.4.2019).

Kampfhandlungen am Boden waren die Hauptursache ziviler Opfer und machten etwa ein Drittel der Gesamtzahl aus. Der Einsatz von IEDs war die zweithäufigste Ursache für zivile Opfer: Im Gegensatz zu den Trends von 2017 und 2018 wurde die Mehrheit der zivilen Opfer von IEDs nicht durch Selbstmordanschläge verursacht, sondern durch Angriffe, bei denen der Angreifer nicht seinen eigenen Tod herbeiführen wollte. Luftangriffe waren die Hauptursache für zivile Todesfälle und die dritthäufigste Ursache für zivile Opfer (Verletzte werden auch mitgezählt, Anm.), gefolgt von gezielten Morden und explosiven Kampfmittelrückständen (UXO - unexploded ordnance). Am stärksten betroffen waren Zivilisten in den Provinzen Kabul, Helmand, Nangarhar, Faryab und Kunduz (in dieser Reihenfolge) (UNAMA 24.4.2019).

Anschläge in Kabul-Stadt

Ende Mai 2019 fanden in Kabul-Stadt einige Anschläge und gezielte Tötungen in kurzen Abständen zu einander statt: Am 26.5.2019 wurde ein leitender Mitarbeiter einer NGO in Kart-e Naw (PD5, Police District 5) durch unbekannte bewaffnete Männer erschossen (Tolonews 27.5.2019a). Am 27.5.2019 wurden nach der Explosion einer Magnetbombe, die gegen einen Bus von Mitarbeitern des Ministeriums für Hadsch und religiöse Angelegenheiten gerichtet war, zehn Menschen verletzt. Die Explosion fand in Parwana-e Do (PD2) statt. Zum Vorfall hat sich keine Gruppierung bekannt (Tolonews 27.5.2019b).

Des Weiteren wurden im Laufe der letzten zwei Maiwochen vier Kontrollpunkte der afghanischen Sicherheitskräfte durch unbekannte bewaffnete Männer angegriffen (Tolonews 31.5.2019b).

Am 30.5.2019 wurden in Folge eines Selbstmordangriffes nahe der Militärakademie Marshal Fahim im Stadtteil Char Rahi Qambar (PD5) sechs Personen getötet und 16 Personen, darunter vier Zivilisten, verletzt. Die Explosion erfolgte, während die Kadetten die Universität verließen (1 TV NEWS 30.5.2019). Der Islamische Staat (IS) bekannte sich zu dem Anschlag (AJ 30.5.2019).

Am 31.5.2019 wurden sechs Personen, darunter vier Zivilisten, getötet und fünf Personen, darunter vier Mitglieder der US-Sicherheitskräfte, verletzt, nachdem ein mit Sprengstoff beladenes Auto in Qala-e Wazir (PD9) detonierte. Quellen zufolge war das ursprüngliche Ziel des Angriffs ein Konvoi ausländischer Sicherheitskräfte (Tolonews 31.5.2019c).

Am 2.6.2019 kam nach der Detonation von mehreren Bomben eine Person ums Leben und 17 weitere wurden verletzt. Die Angriffe fanden im Westen der Stadt statt, und einer davon wurde von einer Klebebombe, die an einem Bus befestigt war, verursacht. Einer Quelle zufolge transportierte der Bus Studenten der Kabul Polytechnic University (TW 2.6.2019). Der IS bekannte sich zu den Anschlägen und beanspruchte den Tod von "mehr als 30 Schiiten und Mitgliedern der afghanischen Sicherheitskräfte" für sich. Die Operation erfolgte in zwei Phasen: Zuerst wurde ein Bus, der 25 Schiiten transportierte, angegriffen, und darauf folgend detonierten zwei weitere Bomben, als sich "Sicherheitselemente" um den Bus herum versammelten. Vertreter des IS haben u.a. in Afghanistan bewusst und wiederholt schiitische Zivilisten ins Visier genommen und sie als "Polytheisten" bezeichnet. (LWJ 2.6.2019).

Am 3.6.2019 kamen nach einer Explosion auf der Darul Aman Road in der Nähe der American University of Afghanistan fünf Menschen ums Leben und zehn weitere wurden verletzt. Der Anschlag richtete sich gegen einen Bus mit Mitarbeitern der Independent Administrative Reform and Civil Service Commission (Tolonews 3.6.2019)

US-Angaben zufolge ist die Zahl der IS-Anhänger in Afghanistan auf ca. 5.000 gestiegen, fünfmal so viel wie vor einem Jahr. Gemäß einer Quelle profitiert die Gruppierung vom "zahlenmäßigen Anstieg der Kämpfer in Pakistan und Usbekistan und von aus Syrien geflohenen Kämpfern". Des Weiteren schließen sich enttäuschte Mitglieder der Taliban sowie junge Menschen ohne Zukunftsperspektive dem IS an, der in Kabul, Nangarhar und Kunar über Zellen verfügt (BAMF 3.6.2019). US-Angaben zufolge ist es "sehr wahrscheinlich", dass kleinere IS-Zellen auch in Teilen Afghanistans operieren, die unter der Kontrolle der Regierung oder der Taliban stehen (VOA 21.5.2019). Eine russische Quelle berichtet wiederum, dass ca. 5.000 IS-Kämpfer entlang der Nordgrenze tätig sind und die Nachbarländer bedrohen. Der Quelle zufolge handelt es sich dabei um Staatsbürger der ehemaligen sowjetischen Republiken, die mit dem IS in Syrien gekämpft haben (Newsweek 21.5.2019).

Rückkehr

Die International Organization for Migration (IOM) gewährt seit April 2019 keine temporäre Unterkunft für zwangsrückgeführte Afghanen mehr. Diese erhalten eine Barzuwendung von ca. 150 Euro sowie Informationen über mögliche Unterkunftsmöglichkeiten. Gemäß dem Europäischen Auswärtigen Amt (EAD) nutzten nur wenige Rückkehrer die Unterbringungsmöglichkeiten von IOM (BAMF 20.5.2019).

Quellen:

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1 TV NEWS (30.5.2019): At least six killed in suicide blast near military academy in Kabul,

http://www.1tvnews.af/en/news/afghanistan/38366-breaking -blast-rocks-kabu l, Zugriff 3.6.2019

-

AAN - Afghanistan Analysts Network (17.5.2019): The Results of Afghanistan's 2018 Parliamentary Elections: A new, but incomplete Wolesi Jirga,

https://www.afghanistan-analysts.org/the-results-of-afghanistans-2018-parliamentary-elections-a-new-but-incomplete-wolesi-jirga/, Zugriff 22.5.2019

-

AJ - Al Jazeera (30.5.2019): Suicide bomber targets Afghan military training centre in Kabul, https://www.aljazeera.com/news/2019/05/suicide-bomber-targets-afghan-military-training-centrekabul-190530082719388.html, Zugriff 3.6.2019

-

BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (3.6.2019):

Briefing Notes, Afghanistan, per E-Mail

-

BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (20.5.2019):

Briefing Notes, Afghanistan, per EMail

-

BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (6.5.2019):

Briefing Notes, Afghanistan, per EMail

-

BFA - Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Staatendokumentation (13.2.2019): Kabul Police Districts Map, liegt im Archiv der Staatendokumentation auf

-

Heise (16.5.2019): Afghanistan: Wie viel Macht hat der Präsident?, https://www.heise.de/tp/features/Afghanistan-Wie-viel-Macht-hat-der-Praesident-4422023.html, Zugriff 3.6.2019

-

IEC - Independent Electoral Commission via Facebook (14.5.2019):

Press Declaration 24/2/1398,

https://www.facebook.com/AfghanistanIEC/posts/2361637283896572?__tn__=-R, Zugriff 4.6.2019

-

IEC - Independent Electoral Commission (15.5.2019): Kabul - Wolesi Jirga Final Results,

http://www.iec.org.af/results/en/home/finalresult_by_province/1/2, Zugriff 4.6.2019

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LWJ - Long War Journal (2.6.2019): Islamic State bombs bus, security personnel in western Kabul, https://www.longwarjournal.org/archives/2019/06/islamic-state-bombs-bus-securitypersonnel-in-western-kabul.php, Zugriff 3.6.2019

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Newsweek (21.5.2019): Russia Spy Chief warns 5,000 ISIS Foreign Fighters Threaten Borders of Former Soviet Union, https://www.newsweek.com/russia-spy-chief-warns-5000-isis-foreignfighters-threaten-borders-former-1431576, Zugriff 4.6.2019

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Tolonews (3.6.2019): Five Killed As Explosion Targets Govt Employees Bus In Kabul,

https://www.tolonews.com/afghanistan/explosion-targets-govt-bus-kabul, Zugriff 3.6.2019

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Tolonews (31.5.2019a): Taliban Wants An ‚Inclusive Post-Peace Govt',

https://www.tolonews.com/afghanistan/taliban-wants-inclusive-post-peace-govt, Zugriff 3.6.2019

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Tolonews (31.5.2019b): Concerns Mount Over Sharp Increase In Attacks In Kabul,

https://www.tolonews.com/afghanistan/concerns-mount-over-sharp-increase-attacks-%C2%A0kabul, Zugriff 3.6.2019

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Tolonews (31.5.2019c): Heavy Explosion Rocks Kabul; 4 Civilians Killed,

https://www.tolonews.com/afghanistan/heavy-explosion-rocks-kabul, Zugriff 3.6.2019

-

Tolonews (27.5.2019a): Seven Members Of One Family Murdered in Kabul,

https://www.tolonews.com/afghanistan/seven-members-one-family-murdered-kabul, Zugriff 3.6.2019

-

Tolonews (27.5.2019b): 10 Wounded As Blast Targets Govt Employees Bus In Kabul,

https://www.tolonews.com/afghanistan/10-wounded-blast-targets-govt-employees-bus-kabul, Zugriff 3.6.2019

-

TW - The Week (2.6.2019): Afghan officials: 3 bomb blasts in capital, 1 killed,

https://www.theweek.in/news/world/2019/06/02/afghan-officials-3-bomb-blasts-in-capital-1-killed.html, Zugriff 3.6.2019

-

UNAMA - United Nations Assistance Mission in Afghanistan (24.4.2019): Quarterly Report on the Protection of Civilians in Armed Conflict: 1 January to 31 March 2019, https://unama.unmissions.org/sites/default/files/unama_protection_of_civilians_in_armed_conflict_-_first_quarter_report_2019_english_.pdf, Zugriff 3.4.2019

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VOA - Voice of America (21.5.2019): Islamic State in Afghanistan Growing Bigger, More Dangerous, https://www.voanews.com/a/islamic-state-in-afghanistan-growing-bigger-moredangerous/4927406.html, Zugriff 4.6.2019

KI vom 26.3.2019, Anschläge in Kabul, Überflutungen und Dürre, Friedensgespräche, Präsidentschaftswahl

Anschläge in Kabul-Stadt

Bei einem Selbstmordanschlag während des persischen Neujahres-Fests Nowruz in Kabul-Stadt kamen am 21.3.2019 sechs Menschen ums Leben und weitere 23 wurden verletzt (AJ 21.3.2019, Reuters 21.3.2019). Die Detonation erfolgte in der Nähe der Universität Kabul und des Karte Sakhi Schreins, in einer mehrheitlich von Schiiten bewohnten Gegend. Quellen zufolge wurden dafür drei Bomben platziert: eine im Waschraum einer Moschee, eine weitere hinter einem Krankenhaus und die dritte in einem Stromzähler (TDP 21.3.2019; AJ 21.3.2019). Der ISKP (Islamische Staat - Provinz Khorasan) bekannte sich zum Anschlag (Reuters 21.3.2019). Während eines Mörserangriffs auf eine Gedenkveranstaltung für den 1995 von den Taliban getöteten Hazara-Führer Abdul Ali Mazari im überwiegend von Hazara bewohnten Kabuler Stadtteil Dasht-e Barchi kamen am 7.3.2019 elf Menschen ums Leben und 95 weitere wurden verletzt. Der ISKP bekannte sich zum Anschlag (AJ 8.3.2019).

Überflutungen und Dürre

Nach schweren Regenfällen in 14 afghanischen Provinzen kamen mindestens 63 Menschen ums Leben. In den Provinzen Farah, Kandahar, Helmand, Herat, Kapisa, Parwan, Zabul und Kabul, wurden ca. 5.000 Häuser zerstört und 7.500 beschädigt (UN OCHA 19.3.2019). Dem Amt für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten der Vereinten Nationen (UN OCHA) zufolge waren mit Stand 19.3.2019 in der Provinz Herat die Distrikte Ghorvan, Zendejan, Pashtoon Zarghoon, Shindand, Guzarah und Baland Shahi betroffen (UN OCHA 19.3.2019). Die Überflutungen folgten einer im April 2018 begonnen Dürre, von der die Provinzen Badghis und Herat am meisten betroffen waren und von deren Folgen (z.B. Landflucht in die naheliegenden urbanen Zentren, Anm.) sie es weiterhin sind. Gemäß einer Quelle wurden in den beiden Provinzen am 13.9.2018 ca. 266.000 IDPs vertrieben: Davon zogen 84.000 Personen nach Herat-Stadt und 94.945 nach Qala-e-Naw, wo sie sich in den Randgebieten oder in Notunterkünften innerhalb der Städte ansiedelten und auf humanitäre Hilfe angewiesen sind (IFRCRCS 17.3.2019).

Friedensgespräche

Kurz nach der Friedensgesprächsrunde zwischen Taliban und Vertretern der USA in Katar Ende Jänner 2019 fand Anfang Februar in Moskau ein Treffen zwischen Taliban und bekannten afghanischen Politikern der Opposition, darunter der ehemalige Staatspräsident Hamid Karzai und mehrere "Warlords", statt (Qantara 12.2.201). Quellen zufolge wurde das Treffen von der afghanischen Diaspora in Russland organisiert. Taliban-Verhandlungsführer Sher Muhammad Abbas Stanaksai wiederholte während des Treffens schon bekannte Positionen wie die Verteidigung des "Dschihad" gegen die "US-Besatzer" und die gleichzeitige Weiterführung der Gespräche mit den USA. Des Weiteren verkündete er, dass die Taliban die Schaffung eines "islamischen Regierungssystems mit allen Afghanen" wollten, obwohl sie dennoch keine "exklusive Herrschaft" anstrebten. Auch bezeichnete er die bestehende afghanische Verfassung als "Haupthindernis für den Frieden", da sie "vom Westen aufgezwungen wurde"; Weiters forderten die Taliban die Aufhebung der Sanktionen gegen ihre Führer und die Freilassung ihrer gefangenen Kämpfer und bekannten sich zur Nichteinmischung in Angelegenheiten anderer Länder, zur Bekämpfung des Drogenhandels, zur Vermeidung ziviler Kriegsopfer und zu Frauenrechten. Diesbezüglich aber nur zu jenen, "die im Islam vorgesehen seien" (z.B. lernen, studieren und sich den Ehemann selbst auswählen). In dieser Hinsicht kritisierten sie dennoch, dass "im Namen der Frauenrechte Unmoral verbreitet und afghanische Werte untergraben würden" (Taz 6.2.2019).

Ende Februar 2019 fand eine weitere Friedensgesprächsrunde zwischen Taliban und USVertretern in Katar statt, bei denen die Taliban erneut den Abzug der US-Truppen aus Afghanistan forderten und betonten, die Planung von internationalen Angriffen auf afghanischem Territorium verhindern zu wollen. Letzterer Punkt führte jedoch zu Meinungsverschiedenheiten: Während die USA betonten, die Nutzung des afghanischen Territoriums durch "terroristische Gruppen" vermeiden zu wollen und in dieser Hinsicht eine Garantie der Taliban forderten, behaupteten die Taliban, es gebe keine universelle Definition von Terrorismus und weigerten sich gegen solch eine Spezifizierung. Sowohl die Taliban- als auch die US-Vertreter hielten sich gegenüber den Medien relativ bedeckt und betonten ausschließlich, dass die Friedensverhandlungen weiterhin stattfänden. Während es zu Beginn der Friedensgesprächsrunde noch Hoffnungen gab, wurde mit Voranschreiten der Verhandlungen immer klarer, dass sich eine Lösung des Konflikts als "frustrierend langsam" erweisen würde (NYT 7.3.2019).

Die afghanische Regierung war weder an den beiden Friedensgesprächen in Doha noch an dem Treffen in Moskau beteiligt (Qantara 12.2.2019; vgl. NYT 7.3.2019), was Unbehagen unter einigen Regierungsvertretern auslöste und die diplomatischen Beziehungen zwischen den beiden Regierungen beeinträchtigte (Reuters 18.3.2019; vgl. WP 18.3.2019). Beispielsweise erklärte USUnterstaatssekretär David Hale am 18.3.2019 die Beendigung der Kontakte zwischen USVertretern und dem afghanischen nationalen Sicherheitsberater Hamdullah Mohib, nachdem dieser US-Chefunterhändler Zalmay Khalilzad und den Ausschluss der afghanischen Regierung aus den Friedensgesprächen öffentlich kritisiert hatte (Reuters 18.3.2019).

Verschiebung der Präsidentschaftswahl

Die Präsidentschaftswahl, welche bereits von April auf Juni 2019 verschoben worden war, soll Quellen zufolge nun am 28.9.2019 stattfinden. Grund dafür seien "zahlreiche Probleme und Herausforderungen" welche vor dem Wahltermin gelöst werden müssten, um eine sichere und transparente Wahl sowie eine vollständige Wählerregistrierung sicherzustellen - so die unabhängige Wahlkommission (IEC) (VoA 20.3.2019; vgl. BAMF 25.3.2019).

Quellen:

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AJ - Al Jazeera (21.3.2019): Blasts in Afghan capital Kabul kill six during new year festival,

https://www.aljazeera.com/news/2019/03/blasts-afghan-capital-kabul-kill-6-year-festival-190321064823472.html, Zugriff 26.3.2019

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AJ - Al Jazeera (8.3.2019): Death toll rises to 11 in attack on Shia gathering in Kabul,

https://www.aljazeera.com/news/2019/03/death-toll-rises-11-afghan-capital-attack-shia-gathering-190308102222870.html, Zugriff 26.3.2019

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BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (25.3.2019):

Briefing Notes Afghanistan, liegen im Archiv der Staatendokumentation auf

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NYT - The New York Times (7.3.2019): U.S. Peace Talks With Taliban Trip Over a Big Question: What Is Terrorism?, https://www.nytimes.com/2019/03/07/world/asia/taliban-peace-talksafghanistan.html, Zugriff 26.3.2019

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IFRCRCS - International Federation of Red Cross and Red Crescent Societies (17.3.2019): Emergency Appeal Afghanistan: Drought and Flash Floods,

https://reliefweb.int/report/afghanistan/afghanistan-drought-and-flash-floods

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Qantara (12.02.2019): Any deal will do, https://en.qantara.de/print/34493, Zugriff 26.3.2019

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Reuters (21.3.2019): Explosions in Afghan capital Kabul kills six during new year festival,

https://www.reuters.com/article/us-afghanistan-attack/explosions-in-afghan-capital-kabul-kill-6-during-new-year-festival-idUSKCN1R20GL, Zugriff 26.3.2019

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Reuters (18.3.2019): U.S. freezes out top Afghan official in peace talks feud: sources,

https://www.reuters.com/article/us-usa-afghanistan/us-freezes-out-top-afghan-official-in-peacetalks-feud-sources-idUSKCN1QZ2OU, Zugriff 26.3.2019

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Taz - Die Tagezeitung (6.2.2019): Auch Moskau spielt die Taliban-Karte,

https://www.taz.de/Gespraeche-zwischen-Taliban-und-Russland/!5568633/, Zugriff 26.3.2019

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TDP - The Defense Post (21.3.2019): Bomb blasts around Afghanistan capital kill 6 during Nowruz celebrations, https://thedefensepost.com/2019/03/21/afghanistan-kabul-bombings-nowruz/, Zugriff 26.3.2019

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UN OCHA - United Nations Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (19.3.2019): Afghanistan: Flash Floods, Update No. 7 (as of 19 March 2019),

https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/afg_flash_floods_update_7_19_mar_2019_web.pdf, Zugriff 26.3.2019

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VoA - Voice of America (20.3.2019): Afghanistan Again Postpones Presidential Election,

https://www.voanews.com/a/afghanistan-again-postpones-presidential-election/4840141.html, Zugriff 26.3.2019

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WP - The Washington Post (18.3.2019): Afghan government, shut out of U.S.-Taliban peace talks, running short on options, https://www.washingtonpost.com/world/afghan-government-shut-out-ofustaliban-peace-talks-running-short-on-options/2019/03/18/92cd6128-497d-11e9-8cfc-2c5d0999c21e_story.html?noredirect=on&utm_term=.ffa121b12dbc, Zugriff 26.3.2019

KI vom 01.03.2019

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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