TE Bvwg Erkenntnis 2019/10/30 W211 2192295-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 30.10.2019
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

30.10.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §15b Abs1
AVG §68 Abs1
BFA-VG §18 Abs5
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2 Z6
FPG §55 Abs1a
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W211 2192295-2/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a SIMMA als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , StA. Iran, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX , zu Recht:

A)

I. Der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wird zurückgewiesen.

II. Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger des Iran, stellte am

XXXX 2016 einen ersten Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Im Rahmen seiner Erstbefragung am selben Tag gab er zusammengefasst an, er sei Aseri, verfüge noch über seine Mutter und Geschwister im Iran und sei zum Christentum konvertiert, weswegen er in seinem Land verfolgt werde.

Bei der Einvernahme durch die belangte Behörde am XXXX 2018 gab der Beschwerdeführer soweit wesentlich an, Deutsch mithilfe von YouTube zu lernen, in den Taufvorbereitungskurs zu gehen und Tischtennis zu spielen. Er sei nicht krank und brauche keine Medikamente. Er habe die Schule 9 Jahre besucht und in einer Autowerkstatt und im Bazar gearbeitet. Als Fluchtgrund brachte der Beschwerdeführer vor, durch einen Freund das Christentum kennen gelernt zu haben. Er habe eine Bibel gelesen, die er eines Abends nicht versteckt habe, woraufhin er mit seinem Bruder gestritten habe. Jener Bruder sei sehr religiös und habe das Problem mit ihm, dem Beschwerdeführer, in der Moschee erzählt. Ein Hadschi, ein Mitglied der Basiji, sei dann in die Wohnung gekommen, woraufhin sich der Beschwerdeführer gefürchtet und den Iran verlassen habe. Vorgelegt wurden außerdem Empfehlungsschreiben, Sprachkursbesuchsbestätigungen sowie ein Schreiben einer pastoralen Mitarbeiterin der Diözese XXXX .

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX 2018 wurde der Antrag auf internationalen Schutz vom XXXX 2016 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen und der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Iran gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigenden Gründen wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Iran zulässig ist. Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde gemäß § 55 Abs. 1 - 3 FPG mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt.

Gegen diesen Bescheid wurde eine Beschwerde eingebracht.

Das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) führte am XXXX .2018 eine mündliche Beschwerdeverhandlung durch.

Mit Erkenntnis vom 28.01.2019, W241 2192295-1/12E, wurde die Beschwerde gegen den Bescheid vom XXXX 2018 als unbegründet abgewiesen. Das BVwG stellte dazu soweit wesentlich fest, dass der Beschwerdeführer den Asari angehören und ein wenig Deutsch sprechen würde. Seine Mutter, vier Brüder und drei Schwestern, sowie Onkel und Tanten würden noch im Iran leben. Mit seiner Mutter, den Schwestern und drei seiner Brüder stehe der Beschwerdeführer in Kontakt. Der Beschwerdeführer habe neun Jahre die Schule besucht und danach in einer Autowerkstätte gearbeitet. Hinweise auf lebensbedrohende oder schwerwiegende Krankheiten hätten sich keine ergeben. Der Beschwerdeführer sei im erwerbsfähigen Alter und habe eine mehrjährige Schulbildung genossen. Darüber hinaus habe er Berufserfahrung. Der Beschwerdeführer halte sich seit März 2016 in Österreich auf und spreche - obwohl er bereits Deutschkurse besucht habe - kaum Deutsch. Er gehe keiner Beschäftigung nach und beziehe Grundversorgung. Er betreibe in seiner Freizeit Sport, Mitglied in einem Verein sei er nicht. Der Beschwerdeführer habe in Österreich keine sonstigen Verwandten und sei strafrechtlich unbescholten. Zu den Fluchtgründen stellte das BVwG fest, dass der Beschwerdeführer nicht nach reiflicher Überlegung und aus innerer Glaubensüberzeugung zum Christentum konvertiert sei. Er sei am XXXX 2018 in einer katholischen Kirche in XXXX getauft worden. Es habe vom Beschwerdeführer nicht glaubhaft vermittelt werden können, dass er im Falle der Rückkehr in den Herkunftsstaat einer Verfolgung aus asylrelevanten Gründen ausgesetzt wäre. Er sei im erwerbsfähigen Alter. Dass sein allgemeiner Gesundheitszustand erheblich beeinträchtigt wäre, habe der Beschwerdeführer im Verfahren weder behauptet, noch ist es dem erkennenden Gericht sonst bekannt geworden. Beweiswürdigend führte das BVwG zusammengefasst aus, dass sich im Verfahren hinsichtlich des Vorbringens des Beschwerdeführers Widersprüche ergeben hätten, einerseits chronologischer Natur, aber auch zB betreffend das Finden der Bibel durch den Bruder und betreffend die Hausdurchsuchungen. Trotz der dokumentierten Taufe habe der Beschwerdeführer eine Hinwendung zum christlichen Glauben aus innerer Überzeugung nicht glaubhaft machen können.

2. Der Beschwerdeführer stellte am XXXX .2019 einen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Bei seiner Erstbefragung am selben Tag gab er zusammengefasst an, dass er sich in Deutschland aufgehalten habe. Nach den Gründen für die neuerliche Antragstellung befragt gab der Beschwerdeführer an, dass es seit 2016 keine Veränderung gegeben habe. Wenn er zurückgehe, wäre der Beschwerdeführer sicher, dass er ins Gefängnis kommen würde und sein Leben in Gefahr wäre. Er habe die Religion geändert, was mit der Todesstrafe in seinem Land verbunden wäre.

Am XXXX 2019 fand eine Einvernahme bei der belangten Behörde statt, in deren Rahmen der Beschwerdeführer soweit wesentlich angab, dass es ihm psychisch nicht gut gehe und er seit ca. 2 Jahren an Depressionen leide. Er lebe schon vier Jahre in Österreich und wisse nicht, was mit ihm geschehen würde. Er nehme Medikamente. Auf die Frage, warum er einen neuerlichen Antrag stelle, meinte der Beschwerdeführer, dass er die gleichen Fluchtgründe habe, wie im ersten Verfahren. Andere Fluchtgründe habe er nicht. Er halte die Asylgründe aus dem Erstverfahren aufrecht.

Am XXXX .2019 fand eine weitere Einvernahme statt, in der der Beschwerdeführer meinte, dass seine Angaben vom Vortag richtig seien und er diese aufrechterhalte.

Ins Verfahren eingebracht wurden zwei ärztliche Befunde.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag auf internationalen Schutz vom XXXX .2019 hinsichtlich des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigenden Gründen wurde nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Iran zulässig ist (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1a FPG wurde keine Frist für die freiwillige Ausreise festgesetzt (Spruchpunkt VI.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von 2 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VII.), und schließlich wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 15b Abs. 1 AsylG aufgetragen, vom XXXX .2019 in einem näher genannten Quartier Unterkunft zu nehmen (Spruchpunkt VIII.).

Die Behörde stellte zusammengefasst fest, dass der Beschwerdeführer im neuerlichen Asylverfahren keine asylrelevanten Gründe vorgebracht habe bzw. sich kein neuer objektiver Sachverhalt ergeben habe. Beweiswürdigend führte die belangte Behörde soweit wesentlich aus, dass sich auf Basis der im Verfahren vorgelegten medizinischen Unterlagen keine lebensbedrohliche Erkrankung ableiten ließe und eine entsprechende medizinische Versorgung im Iran erhältlich sei. Der Beschwerdeführer habe weiter im gegenständlichen Verfahren die gleichen Fluchtgründe vorgebracht wie schon im Vorverfahren.

Am XXXX 2019 wurde eine Beschwerde gegen den Bescheid eingebracht und zusammengefasst vorgebracht, dass eine Rückkehr in den Iran aufgrund der vorgebrachten Gründe nicht möglich sei. Die belangte Behörde verkenne die schwierige Lage der Christen im Iran. Eine Abschiebung würde der bereits gewonnenen westlichen Einstellung und Lebensweise des Beschwerdeführers widersprechen. In Österreich könne er seine christliche Überzeugung frei leben.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der Beschwerdeführer stellte am XXXX 2016 einen ersten Antrag auf internationalen Schutz, wobei eine Beschwerde gegen einen abweisenden Bescheid der belangten Behörde vom BVwG mit Erkenntnis vom XXXX 2019 abgewiesen wurde. Am XXXX .2019 stellte der Beschwerdeführer einen neuerlichen, den gegenständlichen, Antrag auf internationalen Schutz.

1.2. Der Beschwerdeführer stammt aus Teheran im Iran, besuchte dort neun Jahre lang die Schule und arbeitete unter anderem in einer Autowerkstatt. Im Iran leben die Mutter, vier Brüder und drei Schwestern, sowie weitere Verwandte des Beschwerdeführers; mit seiner Mutter, seinen Schwestern und drei seiner Brüder steht der Beschwerdeführer auch grundsätzlich in Kontakt.

Der Beschwerdeführer genoss damit im Iran eine Grundschulbildung, sammelte bereits Arbeitserfahrung und ist grundsätzlich in der Lage, sich seinen Lebensunterhalt durch Arbeit selbst zu erwirtschaften.

1.3. Beim Beschwerdeführer wurde in Deutschland eine Anpassungsstörung und eine kurze depressive Reaktion, F43.20 diagnostiziert. Er wurde am XXXX 2019 aufgrund einer Mischintoxikation in suizidaler Absicht stationär in einem Spital aufgenommen und nach Überwachung und 2-tägigem dortigen Aufenthalt auf freiwilliger Basis auf der geschützten Akut- und Kriseninterventionsstation der XXXX übernommen. Durch die Psychopharmaka war eine Verbesserung des psychischen Zustandes des Beschwerdeführers zu sehen, und konnte der Beschwerdeführer in einem gebesserten psychischen Zustand am XXXX .2019 entlassen worden. Die Medikation bei Entlassung war Mirtazpain 30mg, Seroquel 25mg und Seroquel prolong 100mg.

Die Klientenkarte in Österreich führt die Verschreibung der folgenden Medikamente an: Seroquel 100mg, Seroquel 25mg, Mirtazapin 30mg, Tramadol 150mg für 1 Woche und anschließend eventuell noch eine Woche Tramadol 100mg oder alternativ Novalgin.

1.4. Der Beschwerdeführer spricht und versteht etwas Deutsch und nahm im Jahr 2016 und 2017 in Österreich an drei Deutschkursen teil. Er nahm öfter am katholischen Gottesdienst in XXXX teil, besuchte regelmäßig den Sonntagsgottesdienst in XXXX und besuchte die persisch-sprachige Katechese. Diese Leistungen betreffend eine Integration in Österreich bzw. den Besuch der Gottesdienste lagen bereits dem Erkenntnis des BVwG vom XXXX 2019 zugrunde.

Der Beschwerdeführer hielt sich von XXXX .02. - XXXX .10.2019 in Deutschland auf. Nunmehr bezieht der Beschwerdeführer Leistungen aus der Grundversorgung und ist strafgerichtlich unbescholten. Der Beschwerdeführer hat in Österreich keine Familienangehörigen.

1.5. Die Beschwerde gegen die Abweisung des ersten Antrags des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz in Österreich wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom XXXX 2019 abgewiesen. Das Ermittlungsverfahren aufgrund des Folgeantrags vom XXXX .2019 ergab, dass keine neuen Fluchtgründe vorgebracht wurden, und sich die individuelle Situation für den Beschwerdeführer hinsichtlich des Herkunftsstaates Iran nicht in einem Umfang verändert hat, dass von einer wesentlichen Änderung des Sachverhalts, der einer Anwendung des § 68 AVG entgegenstünde, auszugehen ist. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX.2019 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz daher zu Recht gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen.

1.6. Die Situation im Iran hat sich seit dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom XXXX 2019 nicht wesentlich geändert und wird dazu festgestellt wie folgt (vgl. die Feststellungen dazu im angefochtenen Bescheid):

Religionsfreiheit/Christen: In Iran leben ca. 82 Millionen Menschen, von denen ungefähr 99% dem Islam angehören. Etwa 90% der Bevölkerung sind Schiiten, ca. 9% sind Sunniten und der Rest verteilt sich auf Christen, Juden, Zoroastrier, Baha'i, Sufis, Ahl-e Haqq und nicht weiter spezifizierte religiöse Gruppierungen (BFA Analyse 23.5.2018). Der Islam schiitischer Prägung ist in Iran Staatsreligion. Gleichwohl dürfen die in Art. 13 der iranischen Verfassung anerkannten "Buchreligionen" (Christen, Juden, Zoroastrier) ihren Glauben im Land relativ frei ausüben. In Fragen des Ehe- und Familienrechts genießen sie verfassungsrechtlich Autonomie. Jegliche Missionstätigkeit kann jedoch als "mohareb" (Krieg gegen Gott) verfolgt und mit dem Tod bestraft werden. Auch unterliegen Vertreter religiöser Minderheiten Beschränkungen beim Zugang zu höheren Staatsämtern. Nichtmuslime sehen sich darüber hinaus im Familien- und Erbrecht nachteiliger Behandlung ausgesetzt, sobald ein Muslim Teil der relevanten Personengruppe ist (AA 12.1.2019, vgl. ÖB Teheran 12.2018).

Anerkannte religiöse Minderheiten - Zoroastrier, Juden, (v.a. armenische und assyrische) Christen - werden diskriminiert. Nicht anerkannte religiöse Gruppen - Bahá'í, konvertierte evangelikale Christen, Sufi (Derwisch-Orden), Atheisten - werden in unterschiedlichem Ausmaß verfolgt. Sunniten werden v.a. beim beruflichen Aufstieg im öffentlichen Dienst diskriminiert. Vertreter von anerkannten religiösen Minderheiten betonen immer wieder, wenig oder kaum Repressalien ausgesetzt zu sein. Sie sind in ihrer Religionsausübung - im Vergleich mit anderen Ländern der Region - nur relativ geringen Einschränkungen unterworfen (religiöse Aktivitäten sind nur in den jeweiligen Gotteshäusern und Gemeindezentren erlaubt; christliche Gottesdienste in Farsi sowie missionarische Tätigkeiten sind generell verboten). Darüber hinaus haben sie gewisse anerkannte Minderheitenrechte, etwa - unabhängig von ihrer zahlenmäßigen Stärke - eigene Vertreter im Parlament sowie das Recht auf Alkoholkonsum bei religiösen Riten und im Privatbereich, wenn keine Muslime anwesend sind (ÖB Teheran 12.2018). Fünf von 290 Plätzen im iranischen Parlament sind Vertretern von religiösen Minderheiten vorbehalten (BFA Analyse 23.5.2018, vgl. FH 4.2.2019). Zwei dieser fünf Sitze sind für armenische Christen reserviert, einer für chaldäische und assyrische Christen und jeweils ein Sitz für Juden und Zoroastrier. Nichtmuslimische Abgeordnete dürfen jedoch nicht in Vertretungsorgane, oder in leitende Positionen in der Regierung, beim Geheimdienst oder beim Militär gewählt werden (BFA Analyse 23.5.2018).

Auch in einzelnen Aspekten im Straf-, Familien- und Erbrecht kommen Minderheiten nicht dieselben Rechte zu wie Muslimen. Es gibt Berichte von Diskriminierung von Nichtschiiten aufgrund ihrer Religion, welche von der Gesellschaft/Familien ausgeht und eine bedrohliche Atmosphäre kreiert. Diskriminierung geht jedoch hauptsächlich auf staatliche Akteure zurück (ÖB Teheran 12.2018).

Das Recht auf Religions- und Glaubensfreiheit wird sowohl durch Gesetze als auch im täglichen Leben systematisch verletzt. Die Behörden zwingen weiterhin Personen aller Glaubensrichtungen einen Kodex für Verhalten in der Öffentlichkeit auf, der auf einer strikten Auslegung des schiitischen Islams gründet. Muslime, die keine Schiiten sind, dürfen weder für das Amt des Präsidenten kandidieren noch andere hochrangige politische Ämter bekleiden. Das Recht, eine Religion zu wechseln oder aufzugeben, wird weiterhin verletzt. Personen, die zum Christentum übertreten, können hohe Gefängnisstrafen erhalten, die in einigen Fällen von zehn bis 15 Jahren reichen. Es gibt weiterhin Razzien in Hauskirchen (AI 22.2.2018).

Anerkannten ethnisch christlichen Gemeinden ist es untersagt, konvertierte Christen zu unterstützen. Gottesdienste in der Landessprache sind in Iran verboten, ebenso die Verbreitung christlicher Schriften. Teilweise werden einzelne Gemeindemitglieder vorgeladen und befragt. Unter besonderer Beobachtung stehen insbesondere auch hauskirchliche Vereinigungen, deren Versammlungen regelmäßig aufgelöst und deren Angehörige gelegentlich festgenommen werden (AA 12.1.2019).

Schiitische Religionsführer, die die Politik der Regierung oder des Obersten Führers Khamenei nicht unterstützen, können sich auch Einschüchterungen und Repressionen bis hin zu Haftstrafen gegenübersehen (US DOS 29.5.2018).

Laut der in den USA ansässigen NGO "United for Iran" waren 2017 mindestens 102 Mitglieder von religiösen Minderheiten aufgrund ihrer religiösen Aktivitäten inhaftiert, 174 Gefangene wegen "Feindschaft gegen Gott", 23 wegen "Beleidigung des Islam" und 21 wegen "Korruption auf Erden" (US DOS 15.8.2017).

Personen, die sich zum Atheismus bekennen, können willkürlich festgenommen, inhaftiert, gefoltert und anderweitig misshandelt werden. Sie laufen Gefahr, wegen "Apostasie" (Abfall vom Glauben) zum Tode verurteilt zu werden (AI 22.2.2018).

Glaubwürdige Schätzungen sprechen von 100.000 bis 300.000 Christen in Iran, von denen der Großteil den armenischen Christen angehört. Diese leben hauptsächlich in Teheran und Isfahan. Die armenischen Christen gehören zu den anerkannten religiösen Minderheiten, die in der Verfassung genannt werden. Ihnen stehen zwei der 290 Sitze im iranischen Parlament zu. Laut den konsultierten Quellen können armenische Christen - solange sie sich an die Gesetze der Islamischen Republik Iran halten - ihren Glauben relativ frei ausüben. Es gibt Kirchen, die auch von außen als solche erkennbar sind. Sie haben das Recht, religiöse Riten und Zeremonien abzuhalten, Ehen nach den eigenen religiösen Gesetzen zu schließen und auch Privatschulen zu betreiben. Persönliche Angelegenheiten und religiöse Erziehung können dem eigenen religiösen Kanon nach geregelt werden. Es gibt aber auch Einschränkungen, mit denen auch anerkannte religiöse Minderheiten zu leben haben, beispielsweise Nachteile bei der Arbeitssuche, islamische Bekleidungsvorschriften und Benachteiligungen insbesondere im Familien- und Erbrecht. Eine wichtige Einschränkung ist das Proselytismusverbot, das für alle religiösen Minderheiten gilt. Missionierung kann im Extremfall mit dem Tod bestraft werden (BFA Analyse 23.5.2018). Nicht einmal Zeugen Jehovas missionieren in Iran (DIS/DRC 23.2.2018).

Das Christentum ist in der iranischen Verfassung als Religion anerkannt. Den historisch ansässigen Kirchen, die vorwiegend ethnische Gruppierungen abbilden (die armenische, assyrische und chaldäische Kirche) wird eine besondere Stellung anerkannt. Religiöse Aktivitäten sind nur in den jeweiligen Gotteshäusern und Gemeindezentren erlaubt; christliche Gottesdienste auf Farsi sowie missionarische Tätigkeiten sind generell verboten (ÖB Teheran 2018), ebenso die Verbreitung christlicher Schriften (AA 12.1.2019). Sonstige zahlenmäßig bedeutende Gruppen stellen Katholiken und Protestanten, die ihren Ursprung in der Zeit des Schah-Regimes haben. Die Mitglieder sind meist Konvertiten aus dem Islam. Grundrechtlich besteht "Kultusfreiheit" innerhalb der Mauern der Gemeindezentren und der Kirchen. Jedoch haben Nichtmuslime keine Religionsfreiheit in der Öffentlichkeit, weder Freiheit der Meinungsäußerung noch Versammlungsfreiheit (Proselytismusverbot). Jegliche missionarische Tätigkeit inklusive des öffentlichen Verkaufs von werbenden Publikationen und der Anwerbung Andersgläubiger ist verboten und wird streng bestraft. Das Strafgesetz sieht für Proselytismus die Todesstrafe vor. Infolge des Proselytismusverbots wird gegen evangelikale Gruppen ("Hauskirchen") oft hart vorgegangen (Verhaftungen, Beschlagnahmungen, vor ein paar Jahren auch angeblich vollstreckte Todesurteile). Autochthone Kirchen halten sich meist penibel an das Verbot (ÖB Teheran 12.2018).

Da Konversion vom Islam zu einer anderen Religion verboten ist, erkennt die Regierung nur armenische oder assyrische Christen an [abgesehen von Juden und Zoroastriern], da diese Gruppen schon vor dem Islam im Land waren, bzw. es sich um Staatsbürger handelt, die beweisen können, dass ihre Familien schon vor 1979 [Islamische Revolution] Christen waren. Sabäer-Mandäer werden auch als Christen geführt, obwohl sie sich selbst nicht als Christen bezeichnen. Staatsbürger, die nicht den anerkannten Religionsgemeinschaften angehören, oder die nicht beweisen können, dass ihre Familien schon vor der Islamischen Revolution Christen waren, werden als Muslime angesehen. Mitglieder der anerkannten Minderheiten müssen sich registrieren lassen (US DOS 29.5.2018).

Im Weltverfolgungsindex 2019 von Christen von Open Doors befindet sich Iran auf dem neunten Platz. Im Beobachtungszeitraum wurden 67 Christen verhaftet (Open Doors 2019).

Apostasie (d.h. Religionswechsel weg vom Islam) ist im Iran zwar nicht im Strafgesetzbuch aber aufgrund der verfassungsrechtlich verankerten islamischen Jurisprudenz verboten und mit langen Haftstrafen (bis hin zur Todesstrafe) bedroht (ÖB Teheran 12.2018). Konvertierte werden jedoch zumeist nicht wegen Apostasie bestraft, sondern aufgrund anderer Delikte, wie zum Beispiel "mohareb" ("Waffenaufnahme gegen Gott"), "mofsid-fil-arz/fisad-al-arz" ("Verdorbenheit auf Erden"), oder "Handlungen gegen die nationale Sicherheit". In der Praxis sind Verurteilungen wegen Apostasie selten, bei keiner der Hinrichtungen in den letzten zehn Jahren gibt es Hinweise darauf, dass Apostasie ein bzw. der eigentliche Verurteilungsgrund war. Hingegen gab es mehrere Exekutionen wegen "mohareb" (ÖB Teheran 12.2018, vgl. DIS/DRC 23.2.2018). Die Todesstrafe ist bei Fällen, die mit Konversion zusammenhängen keine geläufige Bestrafung. Allein wegen Konversion werden keine Gerichtsverfahren geführt (DIS/DRC 23.2.2018). Schon seit vielen Jahren wurde kein Christ mehr vom Regime getötet, wahrscheinlich aus Angst vor den daraus resultierenden internationalen Folgen (Open Doors 2019). Anklagen lauten meist auf "Organisation von Hauskirchen" und "Beleidigung des Heiligen", wohl um die Anwendung des Scharia-Rechts und damit die Todesstrafe wegen Apostasie zu vermeiden (AA 12.1.2019). Konversion wird als politische Aktivität angesehen. Fälle von Konversion gelten daher als Angelegenheiten der nationalen Sicherheit und werden vor den Revolutionsgerichten verhandelt. Nach anderen Quellen wurden im Jahr 2017 gegen mehrere christliche Konvertiten hohe Haftstrafen (10 und mehr Jahre) verhängt [Anmerkung der Staatendokumentation: Verurteilungsgrund unklar] (AA 12.1.2019, vgl. AI 22.2.2018). Laut Weltverfolgungsindex 2019 wurden im Berichtszeitraum viele Christen, besonders solche mit muslimischem Hintergrund, vor Gericht gestellt und zu langen Gefängnisstrafen verurteilt bzw. warten noch auf ihren Prozess. Ihre Familien sind während dieser Zeit öffentlichen Demütigungen ausgesetzt (Open Doors 2019).

Missionstätigkeit unter Muslimen kann eine Anklage wegen Apostasie und Sanktionen bis zur Todesstrafe nach sich ziehen. Muslime dürfen daher nicht an Gottesdiensten anderer Religionen teilnehmen. Trotz des Verbots nimmt die Konversion weiter zu. Unter den Christen in Iran stellen Konvertiten aus dem Islam mit schätzungsweise mehreren Hunderttausend inzwischen die größte Gruppe dar, noch vor den Angehörigen traditioneller Kirchen (AA 12.1.2019). Laut der iranischen NGO Article 18 wurden von Jänner bis September 2018 37 Konvertiten zu Haftstrafen wegen "Missionsarbeit" verurteilt (HRW 17.1.2019). In Iran Konvertierte nehmen von öffentlichen Bezeugungen ihrer Konversion naturgemäß Abstand, behalten ihren muslimischen Namen und treten in Schulen, Universitäten und am Arbeitsplatz als Muslime auf. Wer zum Islam zurückkehrt, tut dies ohne besondere religiöse Zeremonie, um Aufsehen zu vermeiden. Es genügt, wenn die betreffende Person glaubhaft versichert, weiterhin oder wieder dem islamischen Glauben zu folgen. Es gibt hier für den Rückkehrer bestimmte religiöse Formeln, die dem Beitritt zum Islam ähneln bzw. nahezu identisch sind (ÖB Teheran 12.2018).

Einige Geistliche, die in der Vergangenheit in Iran verfolgt oder ermordet wurden, waren im Ausland zum Christentum konvertiert. Die Tragweite der Konsequenzen für jene Christen, die im Ausland konvertiert sind und nach Iran zurückkehren, hängt von der religiösen und konservativen Einstellung ihres Umfeldes ab. Jedoch wird von familiärer Ausgrenzung berichtet, sowie von Problemen, sich in der islamischen Struktur des Staates zurechtzufinden (z.B. Eheschließung, soziales Leben) (ÖB Teheran 12.2018).

Es liegen keine Daten bzw. Details zu Rechtsprechung und Behördenpraxis im Zusammenhang mit "Konversion" vom Schiitentum zum Sunnitentum vor. Diese "Konversion" ist auch nicht als Apostasie zu werten; bislang wurde noch kein solcher Fall als Apostasie angesehen. Aufgrund von Diskriminierung von Sunniten im Iran könnten öffentlich "konvertierte" Sunniten jedoch Nachteile in Beruf und Privatleben erfahren. Außerdem werden Personen, die vom schiitischen zum sunnitischen Glauben übertreten und dies öffentlich kundtun, zunehmend verfolgt. Im derzeitigen Parlament sind Sunniten (vorwiegend aus Sistan-Belutschistan) vertreten. Gewisse hohe politische Ämter sind jedoch de facto Schiiten vorbehalten. Keine besonderen Bestimmungen gibt es zur Konversion von einer nicht-islamischen zu einer anderen nicht-islamischen Religion, da diese nicht als Apostasie gilt (ÖB Teheran 12.2018).

Konvertierte Rückkehrer, die keine Aktivitäten in Bezug auf das Christentum setzen, werden für die Behörden nicht von Interesse sein. Wenn ein Konvertit schon vor seiner Ausreise den Behörden bekannt war, könnte dies anders sein. Wenn er den Behörden nicht bekannt war, dann wäre eine Rückkehr nach Iran kein Problem. Konvertiten, die ihre Konversion aber öffentlich machen, können sich Problemen gegenübersehen. Wenn ein zurückgekehrter Konvertit sehr freimütig über seine Konversion in den Social Media-Kanälen, einschließlich Facebook berichtet, können die Behörden auf ihn aufmerksam werden und ihn bei der Rückkehr verhaften und befragen. Der weitere Vorgang würde davon abhängen, was der Konvertit den Behörden erzählt. Wenn der Konvertit kein "high-profile"-Fall ist und nicht missionarisch tätig ist bzw. keine anderen Aktivitäten setzt, die als Bedrohung der nationalen Sicherheit angesehen werden, wird der Konvertit wohl keine harsche Strafe bekommen. Eine Bekanntgabe der Konversion auf Facebook allein, würde nicht zu einer Verfolgung führen, aber es kann durchaus dazu führen, dass man beobachtet wird. Ein gepostetes Foto im Internet kann von den Behörden ausgewertet werden, gemeinsam mit einem Profil und den Aktivitäten der konvertierten Person. Wenn die Person vor dem Verlassen des Landes keine Verbindung mit dem Christentum hatte, würde er/sie nicht verfolgt werden. Wenn eine konvertierte Person die Religion in politischer Weise heranzieht, um zum Beispiel Nachteile des Islam mit Vorteilen des Christentums auf sozialen Netzwerken zu vergleichen, kann das zu einem Problem werden (DIS/DRC 23.2.2018).

Ob eine Taufe für die iranischen Behörden Bedeutung hat, kann nicht zweifelsfrei gesagt werden. Während Amnesty International und eine anonyme Quelle vor Ort aussagen, dass eine Taufe keine Bedeutung habe, ist sich ein Ausländer mit Kontakt zu Christen in Iran darüber unsicher; Middle East Concern, eine Organisation, die sich um die Bedürfnisse von Christen im Mittleren Osten und Nordafrika kümmert, ist der Meinung, dass eine dokumentierte Taufe die Behörden alarmieren und problematisch sein könnte (DIS/DRC 23.2.2018).

Die Regierung schränkt die Veröffentlichung von religiösem Material ein, und christliche Bibeln werden häufig konfisziert. Auch Publikationen, die sich mit dem Christentum beschäftigen und schon auf dem Markt waren, wurden konfisziert, obwohl es von der Regierung genehmigte Übersetzungen der Bibel gibt. Verlage werden unter Druck gesetzt, Bibeln oder nicht genehmigtes nicht-muslimisches Material nicht zu drucken (US DOS 29.5.2018).

Grundversorgung: Die Grundversorgung ist in Iran gesichert, wozu neben staatlichen Hilfen auch das islamische Spendensystem beiträgt. Der Mindestlohn liegt bei ca. 14 Mio. IRR im Monat (ca. 97 Euro). Das durchschnittliche pro Kopf Einkommen liegt bei ca. 388 Euro (AA 12.1.2019).

Von 2016-2017 konnte sich die iranische Wirtschaft mit Wachstumsraten von 4-4,5% jährlich erholen. Das weitere Wachstum ist angesichts der im August 2018 in Kraft getretenen US-Sanktionen gegen Iran (Edelmetalle, Automobilsektor, Flugzeuge), des dramatischen Währungsverfalls und der importierten Inflation stark gefährdet. Mit den US-Sanktionen u.a. auf Ölexporte seit November 2018 ist mit einer weiteren Verschlechterung der Lage zu rechnen. Die Weltbank erwartet in den Jahren 2018-2021 eine anhaltende Rezession, der IWF einen Rückgang des BIP um 1,5% im Jahr 2019 und 3,6% im Jahr 2020. Das Budget wird durch die sinkenden Erdölexporte erheblich belastet werden, weshalb ein Sinken der öffentlichen Ausgaben zu erwarten ist (ÖB Teheran 12.2018).

Aufgrund der im Vergleich zu Europa extrem jungen Bevölkerung strömen jedes Jahr viele Berufseinsteiger auf den Arbeitsmarkt. Um diesen Menschen Arbeit zu geben, wäre die Schaffung von rund 1 Mio. Arbeitsplätzen pro Jahr erforderlich. Neben Arbeitslosigkeit spielt in Iran auch Unterbeschäftigung eine Rolle. Ausgebildete Arbeitskräfte (Facharbeiter, Uni-Absolventen) finden oft keine ihrer Ausbildung entsprechenden Jobs. Daraus folgen soziale Spannungen aber auch ein gewaltiger "brain drain", der die iranische Gesellschaft und Wirtschaft nachhaltig beeinträchtigen wird (ÖB Teheran 12.2018). Ende Dezember 2017 entstanden Proteste aufgrund der schlechten ökonomischen Lage in einigen Städten (FH 4.2.2019).

Die iranische Wirtschaft ist weitestgehend zentralisiert und steht zu großen Teilen unter staatlicher Kontrolle. So haben viele iranische Unternehmen neben wirtschaftlichen, auch politische Ziele zu erfüllen. Durch regelmäßige staatliche Eingriffe über Preisregulierungen und Subventionen, die in aller Regel politische Ursachen haben, konnte sich bisher eine eigenständige Wirtschaft nur bedingt entwickeln. Eine etablierte Privatwirtschaft gibt es vor allem auf dem Basar, in der Landwirtschaft und im Dienstleistungsgewerbe. Erst in den letzten eineinhalb Jahrzehnten wurden, vor allem durch die 2001 gegründete Iranian Privatization Organization, vermehrt Anstrengungen zur Privatisierung weiterer Teile der Wirtschaft unternommen. Der wichtigste Sektor der iranischen Wirtschaft ist die Erdöl- und Erdgasproduktion. Die Ölförderung ist durch die National Iranian Oil Company monopolisiert, 80-85% der staatlichen Einnahmen stammen aus dem Ölverkauf. Da zudem etwa 60% dieses Budgets in die Finanzierung staatlicher Unternehmen und Institutionen fließen, ist Iran nahezu komplett von den Einnahmen aus dem Ölexport abhängig. Nicht nur die Wirtschaft, auch der Lebensstandard vieler Iraner hängt vom Ölpreis ab. Hindernisse bei der Modernisierung iranischer Förderanlagen und Raffinerien führten nicht zuletzt dazu, dass in den letzten Jahren immer wieder große Mengen an Benzin importiert werden mussten, um den heimischen Bedarf zu decken. Da Benzin staatlich subventioniert ist, kostete dies den Staat in den letzten Jahren etwa 11% des BIP. Hob er den Benzinpreis an oder begrenzte die ausgegebenen Rationen, führte das immer wieder zu teils gewaltsamen Ausschreitungen (GIZ 3.2019b).

Ein wichtiger, in nicht wenigen Bereichen sogar zentraler Faktor der iranischen Wirtschaft sind die halbstaatlichen religiösen Stiftungen, die Bonyads. Heute gibt es etwa 120 davon. Hier verschmelzen Religion, Politik und Wirtschaft am deutlichsten. Entsprechend islamischer Grundsätze ist die Hauptaufgabe einer religiösen Stiftung die öffentliche Wohlfahrt, etwa in Form des Erhalts von Straßen oder der Pflege eines Pilgerzentrums. Daneben sind viele der Stiftungen heute jedoch international agierende Großkonzerne. Die größte Stiftung des Landes ist die Ostan-e Qods-e Rezavi, die Imam Reza Stiftung, die sich der Instandhaltung des religiösen Zentrums in Maschhad widmet. Daneben ist die Stiftung jedoch im (Teil-)Besitz zahlreicher Industrieunternehmen, wie etwa der Teheraner Busgesellschaft, und setzt jährlich geschätzte 14 Milliarden Dollar um. Zudem ist sie der größte Grundbesitzer des Landes. Die Bonyad-e Mostazafan wa Dschanbazan, die Stiftung der Unterdrückten und Kriegsveteranen, offiziell zuständig für die Versorgung der Kriegsversehrten und Armen, steht hingegen hinter der National Iranian Oil Company (GIZ 3.2019b).

Sozialhilfe: Dem Gesundheitsministerium ist auch die Verantwortung für Sozialhilfe und Versicherungswesen übertragen. Es gibt verschiedene Versicherungsträger, welche alle dem im Sozialministerium angesiedelten "Hohen Versicherungsrat" (HIC) unterstehen, der die Versicherungspolitik plant, koordiniert, durchführt und überwacht. Ein Hauptversicherer ist die "Organisation für Sozialversicherung" (SSIO). Alle Arbeitgeber und -nehmer zahlen in dessen System ein und erhalten dafür gewisse Unterstützungsleistungen (ÖB Teheran 12.2018). Alle angestellten Arbeitnehmer unterliegen einer Sozialversicherungspflicht, die die Bereiche Rente, Unfall und Krankheit umfasst. Der Rentenanspruch entsteht in voller Höhe nach 30 Einzahlungsjahren. Nachdem in die Sozialversicherungskasse zwei Jahre eingezahlt wurde, entsteht für Angestellte ein monatlicher Kindergeldanspruch in der Höhe von

1.111.269 IRR (ca. 7,70 Euro) pro Kind. Ebenfalls besteht ab diesem Zeitpunkt ein Anspruch auf Arbeitslosengeld in der Höhe von 70-80% des Gehaltes, das für mindestens ein Jahr gezahlt wird. Schließlich erhält ein geringer Teil der nicht oder gering verdienenden iranischen Bevölkerung zur Sicherung der Grundversorgung monatlich 450.000 IRR (ca. 3.10 Euro, sog. Yarane). Dabei handelt es sich jedoch um ein auslaufendes System, das keine Neuaufnahmen zulässt. Angesichts drängender Wirtschaftsnöte wurde im September 2018 zusätzlich die Ausgabe von 10 Millionen elektronischen Lebensmittelkarten beschlossen, ergänzt durch Nahrungsmittelpakete für die am meisten von Armut betroffenen Familien (AA 12.1.2019).

Aufnahmeeinrichtungen für Rückkehrer und ihre Familien sind nicht bekannt. Im Übrigen gibt es soziale Absicherungsmechanismen, wie z. B. Armenstiftungen, Kinder-, Alten-, Frauen- und Behindertenheime. Hilfe an Bedürftige wird durch den Staat, die Moscheen, religiöse Stiftungen, Armenstiftungen und oft auch durch NGOs oder privat organisiert (z.B. Frauengruppen) (AA 12.1.2019).

Kostenfreie Bildung und Gesundheitsversorgung sind als Teil des Sozialwesens für alle iranischen Bürger gewährleistet. Weitere Leistungen können vom Arbeitgeber angeboten werden (IOM 2018).

Eine staatliche Arbeitslosenhilfe gibt es nicht, es sei denn der Rückkehrer oder dessen Arbeitgeber haben monatliche Beiträge an eine entsprechende Versicherungsfirma gezahlt. Die Mitgliedschaft in der Sozialversicherung ist für alle Arbeitnehmer verpflichtend. Die Sozialsicherung schützt im Falle von Arbeitslosigkeit, Krankheit, Berufsunfällen und auch bei altersbedingtem Ausscheiden. Seit 2003 wurden die zuständigen Institutionen überholt und zusammengelegt, um Ineffektivität und Redundanzen zu vermeiden. Das System deckt alle Angestellten und FreiberuflerInnen ab, wobei letztere zwischen verschiedenen Sfufen wählen können. Freiwillige Abdeckung ist für vorher versicherte Personen bis 55 Jahre verfügbar (mindestens 30 Tage) sowie für die Gruppe der Berufskraftfahrer. Spezielle Systeme gibt es darüber hinaus für Staatsangestellte und Militärangehörige. Solange Rückkehrende für eine iranische Organisation/Firma arbeiten, übernehmen die Arbeitgeber den Großteil der Beiträge. Ansonsten muss (je nach gewähltem Angebot) selbst eingezahlt werden. Für Angestellte müssen 7% des monatlichen Gehalts abgegeben werden, während Selbstständige und Private einen individuell abgestimmten Beitrag in Gänze bezahlen (IOM 2018).

Für schutzbedürftige Gruppen im Iran gibt es zwei Arten von Zentren:

Öffentliche und private. Die öffentlichen Einrichtungen sind in der Regel überlaufen und es gibt lange Wartezeiten, weshalb Personen, die über die nötigen Mittel verfügen sich oft an kleinere spezialisierte private Zentren wenden. Die populärste Organisation ist BEHZISTI, welche Projekte zu Genderfragen, alten Menschen, Behinderten (inklusive psychischer Probleme) ethnischer und religiöser Minderheiten, etc. anbietet. Außerdem werden Drogensüchtige, alleinerziehende Mütter, Personen mit Einschränkungen etc. unterstützt. Zu den Dienstleistungen zählen unter anderem Sozio-psychologische Betreuung, Beratungsgespräche, Unterkünfte, Rehabilitationsleistungen etc. Es gibt einige Zentren unter Aufsicht der BEHZISTI Organisation, welche Personen in Not Hilfe gewähren. Solche Leistungen sind kostenfrei. Aufgrund der hohen Nachfrage und einiger Beschränkungen bevorzugen viele zahlungspflichtige private Zentren (IOM 2018).

Der Kampf gegen die Armut wird vor allem unter religiösen Vorzeichen geführt. Die großen religiösen Stiftungen haben hier theoretisch ihren Hauptaufgabenbereich. Außerdem liegt die Versorgung der Armen in der Verantwortung der Gesellschaft, das Almosengeben ist eine der Säulen des Islam. Die blauen Spendenbehälter, vom Staat aufgestellt um die sadeqe, die Almosen, zu sammeln, finden sich in jeder Straße. Ein Ansatz, gerade der Armut auf dem Land entgegenzuwirken, ist Bildung. Der Staat schickt beispielsweise Studenten, die als Pflichtteil des Studiums in Dörfern abgelegener Regionen unterrichten müssen. Viele weitere staatliche Anstrengungen zur Bekämpfung der Armut werden jedoch dadurch behindert, das der Staat selbst aufgrund des Verfalls des Ölpreises in finanziellen Schwierigkeiten steckt (GIZ 3.2019b).

Gesundheitswesen: Im Gesundheitswesen zeigt sich ein Stadt-Land-Gefälle. Zwar ist es fast flächendeckend - laut WHO haben 98% aller Iraner Zugang zu ärztlicher Versorgung (100% in Städten, 95% auf dem Land), aber die Qualität schwankt (GIZ 3.2019c). Die spezialisierte, medizinische Versorgung ist in weiten Landesteilen medizinisch, hygienisch, technisch und organisatorisch nicht auf der Höhe der Hauptstadt und nicht vergleichbar mit europäischem Standard. In Teheran ist die medizinische Versorgung in allen Fachdisziplinen meist auf einem recht hohen Niveau möglich (AA 29.4.2019a). Auch wenn der Zugang zu gesundheitlicher Erstversorgung größtenteils gewährleistet ist, gibt es dennoch gravierende Qualitätsunterschiede einzelner Regionen. Zum Beispiel liegt der Unterschied der Lebenserwartung im Vergleich mancher Regionen bei bis zu 24 Jahren. Folgende sieben Provinzen weisen eine niedrigere

Qualität als die Referenz-Provinz Teheran auf: Gilan, Hamadan, Kermanschah, Khuzestan, Tschahar Mahal und Bachtiyari, Süd-Khorasan sowie Sistan und Belutschistan. Politische Reformen wurden bereits unternommen, um einen gleichmäßigeren Zugang zu Gesundheitsdiensten zu schaffen. Nichtsdestotrotz gibt es noch eine Vielzahl an Haushalten, die sich keine ausreichende gesundheitliche Versorgung leisten können. Gesundheitsdienste sind geographisch nicht nach Häufigkeit von Bedürfnissen, sondern eher nach Wohlstand verteilt (ÖB Teheran 12.2018).

Seit der islamischen Revolution hat sich das iranische Gesundheitssystem konstant stark verbessert. Die iranische Verfassung sichert jedem Staatsbürger das Recht zu, den jeweiligen höchst erreichbaren Gesundheitszustand zu genießen. Die Verwirklichung dieses Zieles obliegt dem Ministerium für Gesundheit und medizinische Ausbildung. Jede Provinz beheimatet mindestens eine medizinische Universität. Neben dem zuständigen Ministerium und den Universitäten gibt es auch Gesundheitsdienstleister des privaten Sektors und NGOs. Diese bedienen jedoch eher die sekundäre und tertiäre Versorgung, während die Primär-/Grundversorgung (z.B. Impfungen, Schwangerschaftsvorsorge) staatlich getragen wird. Notfallhilfe bei Natur- oder menschlich verursachten Katastrophen wird durch den gut ausgestatteten und flächendeckend organisierten iranischen Roten Halbmond besorgt (ÖB Teheran 12.2018). In jedem Bezirk gibt es Ärzte sowie Kliniken, die dazu verpflichtet sind Notfälle zu jeder Zeit aufzunehmen. In weniger dringenden Fällen sollte der Patient zunächst sein Gesundheitscenter kontaktieren und einen Termin vereinbaren (IOM 2018).

Die medizinische Grundversorgung basiert auf ca. 19.000 ländlichen Gesundheitshäusern, die von jeweils einem männlichen und einer weiblichen "Behvarz" (Gesundheitspersonal, das nach der regulären elfjährigen Schulbildung zwei Jahre praktisch und theoretisch ausgebildet wird) geleitet werden. Jedes dieser Gesundheitshäuser ist für Gesundheitsvorsorge (u.a. Impfungen, Betreuung von Schwangerschaften) und für durchschnittlich 1.500 Personen zuständig, wobei die Qualität der Versorgung als zufriedenstellend beurteilt wird, und mehr als 85% der ländlichen Bevölkerung in dieser Weise "nahversorgt" werden (In Städten übernehmen sog. "Gesundheitsposten" in den Bezirken die Aufgabe der ländlichen Gesundheitshäuser) (ÖB Teheran 12.2018, vgl. IOM 2018). Auf der nächsten Ebene sind die ländlichen Gesundheitszentren (ca. 3.000 landesweit) zu finden, die jeweils von einem Allgemeinmediziner geleitet werden. Sie überwachen und beraten die Gesundheitshäuser, übernehmen ambulante Behandlungen und übergeben schwierigere Fälle an ca. 730 städtische, öffentliche Krankenhäuser, die in jeder größeren Stadt zu finden sind (ÖB Teheran 12.2018). 90% der Bevölkerung in ländlichen als auch ärmeren Regionen hat Zugang zu essenziellen Gesundheitsdienstleistungen (IOM 2018).

Dem Gesundheitsministerium ist auch die Verantwortung für Sozialhilfe und Versicherungswesen übertragen (ÖB Teheran 12.2018, vgl. IOM 2018). Es gibt verschiedene Versicherungsträger, welche alle dem im Sozialministerium angesiedelten "Hohen Versicherungsrat" (HIC) unterstehen, der die Versicherungspolitik plant, koordiniert, durchführt und überwacht. Ein Hauptversicherer ist die "Organisation für Sozialversicherung" (SSIO). Alle Arbeitgeber und -nehmer zahlen in dessen System ein und erhalten dafür gewisse Unterstützungsleistungen. Viele Kliniken und Spitäler dieser Organisation befinden sich in städtischen Gegenden. Die "Organisation für die Versicherung medizinischer Dienste" (MSIO) wurde 1994 gegründet, um Beamte und alle Personen, die nicht von anderen Versicherungsorganisationen berücksichtigt wurden, zu versichern. Dadurch stieg die Anzahl an Versicherten in Iran von 40% in 1994 auf 90% in 2010. Für anerkannte Flüchtlinge wurde eine eigene Versicherungsorganisation geschaffen. Daneben kümmern sich Wohltätigkeitsorganisationen, u.a. die "Imam Khomeini Stiftung", um nicht versicherte Personen, etwa Mittellose oder nicht anerkannte Flüchtlinge, wobei letztere kaum Chancen auf eine gute Gesundheitsversorgung haben (ÖB Teheran 12.2018). Die Kosten für Krankenhäuser werden unter anderem dadurch gesenkt, indem die Versorgung des Kranken mit Dingen des täglichen Bedarfs, etwa Essen, immer noch weitestgehend seiner Familie zufällt (GIZ 3.2019c).

Obwohl primäre Gesundheitsdienstleistungen kostenlos sind, und die Staatsausgaben für das Gesundheitswesen erheblich zugenommen haben, müssen durchschnittlich 55% der Gesundheitsausgaben von den versicherten Personen in bar direkt an die Gesundheitsdienstleister entrichtet werden ("Out-of-pocket expenditure" ohne staatliche oder von Versicherungen unterstützte Hilfeleistungen), sei es bei staatlichen oder größtenteils privaten sekundären oder tertiären Einrichtungen (ÖB Teheran 12.2018).

Die Regierung versucht kostenfreie medizinische Behandlung und Medikamentenversorgung für alle Iraner zu gewährleisten. Es gibt zwei verschiedene Krankenversicherungen: entweder durch die Arbeit oder privat. Beide gehören zur staatlichen iranischen Krankenversicherung TAMIN EJTEMAEI www.tamin.ir/. Kinder sind zumeist durch die Krankenversicherung der Eltern abgedeckt (IOM 2018).

Versicherung durch Arbeit:

Regierungsangestellte profitieren vom kostenfreien Zugang zur staatlichen Krankenversicherung. Private Firmen decken die Unfallversicherung für ihre eigenen Mitarbeiter.

Private Versicherung:

Mit Ausnahme von Regierungsangestellten müssen sich alle iranischen Bürger selbst privat versichern, wenn deren Arbeitgeber dies nicht bereits erledigen. Um die Versicherung zu erhalten, sind eine Kopie der iranischen Geburtsurkunde, ein Passfoto und eine komplette medizinische Untersuchung notwendig.

Salamat Versicherung:

Diese neue Versicherung wird vom Ministerium für Gesundheit angeboten und deckt bis zu 90% der Behandlungskosten. Die Registrierung erfolgt online unter:

http://www.bimesalamat.ir/isc/ISC.html. Die Registrierung erfordert eine geringe Gebühr (IRR20.000). Pro Jahr sollten 2,640.000 IRR vom Begünstigten eingezahlt werden. Es gibt Ärzte und private Zentren, die eine öffentliche und/oder SALAMAT-Versicherung akzeptieren, um einen Teil der Ausgaben zu decken. Um zu 90% abgedeckt zu sein, muss man sich auf staatliche bzw. öffentliche Krankenhäuser und Zentren beziehen. TAMIN EJTEMAEI Krankenhäuser decken 100% der versicherten Kunden ab (IOM 2018).

Zugang speziell für Rückkehrer

Alle iranischen StaatsbürgerInnen inklusive Rückkehrende haben Anspruch auf grundlegende Gesundheitsleistungen (PHC) sowie weitere Angebote. Es gibt, wie bereits oben beschrieben, zwei verschiedene Arten von Krankenversicherung: Versicherung über den Arbeitsplatz oder private Versicherung. Beide werden von der öffentlichen Versicherung im Iran TAMIN EJTEMAEI verwaltet. Die Anmeldung erfolgt über www.tamin.ir/. Die Leistungen variieren dabei je nach gewähltem Versicherungsschema. Informationen zu verschiedenen Varianten erhält man bei der Anmeldung. Notwendige Dokumente: Eine Kopie des iranischen Geburtszertifikats, ein Passfoto, und ein vollständiges medizinisches Check-up sind notwendig. Weitere Dokumente können noch verlangt werden. Zuschüsse hängen von der gewählten Versicherung des Klienten ab, über die er/sie während der Registrierung ausführlich informiert wird. Jegliche Kosten werden vom Arbeitgeber getragen, sobald die Person eine Arbeit in Iran aufnimmt. Andernfalls müssen die Kosten selber getragen werden (IOM 2018).

Im Zuge der aktuellen Sanktionen gegen den Iran ist es zu gelegentlichen Engpässen beim Import von speziellen Medikamentengruppen gekommen. Im Generellen gibt es aber keine ernsten Mängel an Medizin, FachärztInnen oder Equipment im öffentlichen Gesundheitssystem des Iran. Pharmazeutika werden zumeist unter Führung des Gesundheitsministeriums aus dem Ausland importiert. Zusätzlich gibt es einen privaten Sektor mit variierenden Preisen, für BürgerInnen die Privatkrankenhäuser und Spezialleistungen in Anspruch nehmen wollen. Diese finden sich vor allem in den größeren Städten. Die öffentlichen Einrichtungen bieten zwar grundsätzlich fast alle Leistungen zu sehr niedrigen Preisen an, aber aufgrund langer Wartezeiten und überfüllter Zentren, entscheiden sich einige für die kostenintensivere Behandlung bei privaten Gesundheitsträgern (IOM 2018).

Rückkehr: Allein der Umstand, dass eine Person einen Asylantrag gestellt hat, löst bei Rückkehr keine staatlichen Repressionen aus. In der Regel dürften die Umstände der Wiedereinreise den iranischen Behörden gar nicht bekannt werden. Trotzdem kann es in Einzelfällen zu einer Befragung durch die Sicherheitsbehörden über den Auslandsaufenthalt kommen.

Bisher wurde kein Fall bekannt, in dem Zurückgeführte im Rahmen der Befragung psychisch oder physisch gefoltert wurden. Personen, die das Land illegal verlassen und sonst keine weiteren Straftaten begangen haben, können von den iranischen Auslandsvertretungen ein Passersatzpapier bekommen und nach Iran zurückkehren (AA 12.1.2019).

Zum Thema Rückkehrer gibt es kein systematisches Monitoring, das allgemeine Rückschlüsse auf die Behandlung von Rückkehrern zulassen würde. In Einzelfällen konnte im Falle von Rückkehrern aus Deutschland festgestellt werden, dass diese bei niederschwelligem Verhalten und Abstandnahme von politischen Aktivitäten, mit Ausnahme von Einvernahmen durch die iranischen Behörden unmittelbar nach der Einreise, keine Repressalien zu gewärtigen hatten. Allerdings ist davon auszugehen, dass Rückkehrer keinen aktiven Botschaftskontakt pflegen, der ein seriöses Monitoring ihrer Situation zulassen würde. Auch IOM Iran, die in Iran Unterstützungsleistungen für freiwillige Rückkehrer im Rahmen des ERIN-Programms anbietet, unternimmt ein Monitoring nur hinsichtlich der wirtschaftlichen Wiedereingliederung der Rückkehrer, nicht jedoch im Hinblick auf die ursprünglichen Fluchtgründe und die Erfahrungen mit Behörden nach ihrer Rückkehr. Australien zahlt Rückkehrhilfe an eine bislang überschaubare Gruppe an freiwilligen Rückkehrern in Teheran in Euro aus (ÖB Teheran 12.2018).

Iranische Flüchtlinge im Nordirak können offiziell nach Iran zurückkehren. Dafür werden iranische Identitätsdokumente benötigt. Wenn Personen diese Dokumente nicht besitzen, können sie diese beantragen. Für die Rückkehr nach Iran braucht man eine offizielle Erlaubnis des iranischen Staates. Die Rückkehr wird mit den Behörden von Fall zu Fall verhandelt. Iranische Rückkehrer, die nicht aktiv kurdische Oppositionsparteien, wie beispielsweise die KDPI oder Komala unterstützen, werden nicht direkt von den Behörden ins Visier genommen werden. Sie können aber durchaus zu ihrem Leben im Nordirak befragt werden. Der Fall kann aber anders aussehen, wenn Rückkehrer Waffen transportiert haben, oder politisch aktiv sind und deshalb Strafverfolgung in Iran riskieren. Die Rückkehr aus einem der Camps in Nordirak kann als Zugehörigkeit zu einer der kurdischen Oppositionsparteien gedeutet werden und deshalb problematisch sein (DIS/DRC 23.2.2018).

In Bezug auf Nachkommen von politisch aktiven Personen wird berichtet, dass es solche Rückkehrer gibt, aber keine Statistiken dazu vorhanden sind. Es ist auch durchaus üblich, dass Personen die Grenze zwischen Irak und Iran überqueren. Auch illegale Grenzübertritte sind weit verbreitet. Nachkommen von politisch aktiven Personen riskieren nicht notwendigerweise Strafverfolgung, wenn sie nach Iran zurückkehren. Ob solch ein Rückkehrer Strafverfolgung befürchten muss, würde von den Profilen der Eltern und wie bekannt diese waren, abhängen. Befragungen durch Behörden sind natürlich möglich, aber wenn sie beweisen können, dass sie nicht politisch aktiv sind und nicht in bewaffneten Aktivitäten involviert waren, wird wohl nichts geschehen (DIS/DRC 23.2.2018).

Iraner, die im Ausland leben, sich dort öffentlich regimekritisch äußern und dann nach Iran zurückkehren, können von Repressionen bedroht sein (AA 12.1.2019). Wenn Kurden im Ausland politisch aktiv sind, beispielsweise durch Kritik an der politischen Freiheit in Iran in einem Blog oder anderen Online Medien, oder wenn eine Person Informationen an die ausländische Presse weitergibt, kann das bei einer Rückreise eine gewisse Bedeutung haben. Die Schwere des Problems für solche Personen hängt aber vom Inhalt und Ausmaß der Aktivitäten im Ausland und auch vom persönlichen Aktivismus in Iran ab (DIS/DRC 23.2.2018).

Das Verbot der Doppelbestrafung gilt nur stark eingeschränkt. Nach IStGB wird jeder Iraner oder Ausländer, der bestimmte Straftaten im Ausland begangen hat und in Iran festgenommen wird, nach den jeweils geltenden iranischen Gesetzen bestraft. Bei der Verhängung von islamischen Strafen haben bereits ergangene ausländische Gerichtsurteile keinen Einfluss. Insbesondere bei Betäubungsmittelvergehen drohen drastische Strafen. In jüngster Vergangenheit sind keine Fälle einer Doppelbestrafung bekannt geworden (AA 12.1.2019).

Zurückgeführte unbegleitete Minderjährige werden vom "Amt für soziale Angelegenheiten beim iranischen Außenministerium" betreut und in Waisenheime überführt, wenn eine vorherige Unterrichtung erfolgt (AA 12.1.2019).

Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 09.08.2017:

Mirtazapin ist im Iran verfügbar (BMA 9394). Alternativen sind beispielsweise Sertralin, Citalopram und Fluvoxamin (BMA 6295). Trotz diverser Recherchen durch MedCOI konnte kein Preis für Mirtazapin eruiert werden, da das Medikament scheinbar nicht offiziell lanciert wurde und somit nicht in der National Drug List aufscheint. Spezielle Apotheken können das Medikament aber importieren [daher scheint es auch als verfügbar auf]. Medikamente, die nicht in der National Drug List aufscheinen, werden von der Krankenversicherung nicht finanziell gestützt (BDA 6530). Die Kosten für die Alternativen entnehmen Sie bitte BDA 6198. In Bezug auf das Krankenversicherungssystem vergleichen Sie bitte das Kapitel 18. Medizinische Versorgung im LIB Iran.

2. Beweiswürdigung:

Die erkennende Einzelrichterin des Bundesverwaltungsgerichtes hat nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung über die Beschwerde folgende Erwägungen getroffen:

2.1. Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsakts der belangten Behörde und dem vorliegenden Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes.

2.2. Zum Beschwerdeführer:

Die getroffenen Feststellungen zum Beschwerdeführer selbst, seinem Leben im Iran und seinen Familienangehörigen dort beruhen auf seinen Angaben im Laufe der beiden Verfahren in Österreich; der Beschwerdeführer brachte weder im zweiten Verfahren noch in der gegenständlichen Beschwerde vor, dass die getroffenen Feststellungen nicht den Tatsachen entsprechen würden.

2.3. Zum Gesundheitszustand:

Die getroffenen Feststellungen zum Gesundheitszustand und zu den Therapiererfordernissen betreffend den Beschwerdeführer beruhen auf den beiden ärztlichen Unterlagen dazu in den Verwaltungsakten:

Vorläufiger Entlassungsbericht XXXX vom XXXX .2019 (AS 133) und Klientenkarte, XXXX , Fachärztin für Psychiatrie, XXXX 2019 und XXXX 2019 (AS 129).

2.4. Zum Privatleben in Österreich bzw. zum Fehlen eines Familienlebens:

Die getroffenen Feststellungen zum Leben des Beschwerdeführers in Österreich beruhen auf seinen eigenen Angaben in den Verfahren, auf den vorgelegten Dokumenten (vgl. Kopien AS 161 ff (Akt 1. Verfahren)) und den eingeholten Auszügen aus dem Zentralen Melderegister, dem Betreuungsinformationssystem und dem Strafregister. Dieser Sachverhalt wurde weiter nicht bestritten. Dass der Beschwerdeführer in Österreich über keine Familienangehörigen verfügt, bzw. dass sich bei seinem Familienleben in Österreich nichts geändert hat, gab er selbst in der Einvernahme vom XXXX 2019 so an (vgl. AS 123). Dass die Integrationsfaktoren bereits zum Zeitpunkt des ersten Verfahrens (und des ersten Beschwerdeverfahrens) vorlagen, ergibt sich aus den entsprechenden Datierungen der Unterlagen (vgl. AS 161 ff des 1. Aktes). Unterlagen für relevante Bemühungen und Ergebnisse, die seit dem Jänner 2019 stattgefunden haben, wurden nicht vorgelegt. Hinweise auf relevante Integrationsbemühungen oder Änderungen des Privatlebens des Beschwerdeführers seit dem XXXX 2019 haben sich auch nicht sonst aus dem Verfahren ergeben.

Die Feststellung zum Aufenthalt des Beschwerdeführers in Deutschland vom XXXX .02.2019 - XXXX .10.2019 beruht auf seinen eigenen diesbezüglichen Angaben.

2.5. Zum Vorbringen des Beschwerdeführers/Änderung des Sachverhalts:

Vom Bundesverwaltungsgericht ist im gegenständlichen Verfahren zu prüfen, ob zwischen der Rechtskraft des ersten abweisenden Erkenntnisses und der Zurückweisung des gegenständlichen Antrags wegen entschiedener Sache eine wesentliche Änderung der Sach- oder Rechtslage eingetreten ist.

Zuerst ist anzuführen, dass der Beschwerdeführer selbst keine neuen oder geänderten Umstände geltend macht, die seine neuerliche Antragstellung begründen sollen.

Er gibt im Rahmen seiner Erstbefragung am XXXX .2019 an, die Religion geändert zu haben, was in seiner Heimat mit der Todesstrafe verbunden sei. Es gäbe keine Veränderungen seit 2016 (vgl. AS 7). Auch im Rahmen der Einvernahme am XXXX 2019 gibt der Beschwerdeführer an, in Österreich einen negativen Bescheid bekommen zu haben und dann nach Deutschland gegangen zu sein, um dort einen Antrag zu stellen. Er sei nach Österreich überstellt worden. Er habe die gleichen Fluchtgründe wie im ersten Verfahren, andere habe er nicht (vgl. AS 123).

Am XXXX .2019 wurde der Beschwerdeführer erneut einvernommen, diesmal nach einem Rechtsberatungsgespräch, und brachte keine neuen Gründe für seine Antragstellung vor.

Auch aus der Beschwerde vom XXXX 2019 gehen keine neuen oder geänderten Gründe für eine Antragstellung hervor.

Damit bezieht sich jedoch der Beschwerdeführer ausschließlich auf Gründe für seine Antragstellung (auf einen Religionswechsel und damit verbundene Repressalien), die bereits Gegenstand des ersten Asylverfahrens in Österreich gewesen sind.

Unter diesen Umständen ist eine wesentliche Änderung der Sach- oder Rechtslage nicht erkennbar: neue Befürchtungen in Bezug auf das Heimatland wurden nicht vorgebracht; die Rechtslage hat sich nicht geändert, und e

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten