Entscheidungsdatum
28.01.2020Norm
AsylG 2005 §10 Abs2Spruch
W163 2134568-2/9E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Daniel LEITNER über die Beschwerde von Herrn XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.11.2019, Zl. XXXX , zu Recht:
A)
Der angefochtene Bescheid wird hinsichtlich der Spruchpunkte II. bis VI. gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG behoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang und Sachverhalt:
I.1. Verfahrensgang
1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) hat nach schlepperunterstützter und unrechtmäßiger Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 26.04.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 2 Abs. 1 Z 13 des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005) gestellt.
2. Am 27.04.2015 fand vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes die niederschriftliche Erstbefragung des BF statt.
3. Am 14.06.2016 wurde der BF vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Salzburg, Team 3 Salzburg (in Folge: BFA), im Asylverfahren niederschriftlich einvernommen.
4. Das BFA hat mit Bescheid vom 13.07.2016, Zl. XXXX , den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2500 (AsylG) idgF (Spruchpunkt I.), als auch bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem BF gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA- VG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z. 2 FPG erlassen. Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig ist (Spruchpunkt III.) und dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für seine freiwillige Ausreise vierzehn Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt (Spruchpunkt IV.).
5. Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 02.08.2019, GZ: W148 XXXX , als unbegründet ab.
6. Mit Schreiben vom 07.11.2019 wurde der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) darüber informiert, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) beabsichtige, eine Rückkehrentscheidung zu erlassen und ein Einreiseverbot zu verhängen. Der BF wurde vom Ergebnis der Beweisaufnahme informiert und ihm die Möglichkeit einer Stellungnahme binnen zwei Wochen ab Zustellung eingeräumt.
7. Mit Schriftsatz vom 14.11.2019 nahm der BF schriftlich Stellung und übermittelte die Kopie des Beschlusses des Verfassungsgerichtshofes vom 04.10.2019, Zl XXXX , demzufolge dem Antrag auf Verfahrenshilfe gegen den Bescheid des Bundesverwaltungsgerichts vom 02.08.2019, Zl. W148 XXXX stattgegeben wurde.
8. Mit im Spruch genannten Bescheid des BFA, zugestellt am 22.11.2019, wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt I.) und gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z. 1 erlassen (Spruchpunkt II.). Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig ist (Spruchpunkt III.) Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG wurde gegen den BF ein auf die Dauer von 18 Monaten befristetes Einreiseverbot erlassen. (Spruchpunkt IV.). Gemäß § 55 Abs. 4 FPG wurde eine Frist für eine freiwillige Ausreise nicht gewährt (Spruchpunkt IV.). Gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG wurde die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung aberkannt (Spruchpunkt V.).
9. Gegen die Spruchpunkte II. bis VI. dieses Bescheides richtet sich die fristgerecht beim BFA eingebrachte und mit 19.12.2019 datierte Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Mit der Beschwerde wurde beantragt, die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 BFA-VG zuzuerkennen.
10. Der Verwaltungsakt samt Beschwerde ist am 07.01.2020 beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt.
11. Mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 12.12.2019, eingelangt beim Bundesverwaltungsgericht am 10.01.2020, Zl. XXXX , wurde das oben unter Punkt 4. dargestellte Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 02.08.2019 soweit damit die Beschwerde gegen die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten, gegen die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels sowie gegen die erlassene Rückkehrentscheidung und den Ausspruch der Zulässigkeit der Abschiebung in den Herkunftsstaat Afghanistan unter Setzung einer 14-tägigen Frist für die freiwillig Ausreise abgewiesen wie, aufgehoben.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Beweiswürdigung
Der dargestellte Verfahrensgang ergibt sich aufgrund des unstrittigen Akteninhalts.
2. Rechtliche Beurteilung:
2.1. Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG), BGBl I 87/2012 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Zu A)
2.2. Gemäß § 57 Abs. 1 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:
1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,
2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder
3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.
2.3. Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels von Amts wegen, wenn sich der Fremde nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden."
Gemäß § 53 Abs. 1 FPG kann mit einer Rückkehrentscheidung ein Einreiseverbot erlassen werden.
Für den vorliegenden Fall bedeutet dies:
Mit im Verfahrensgang dargestellten Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 12.12.2019, Zl. XXXX , wurde das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 02.08.2019 soweit damit die Beschwerde gegen die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten, gegen die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels sowie gegen die erlassene Rückkehrentscheidung und den Ausspruch der Zulässigkeit der Abschiebung in den Herkunftsstaat Afghanistan unter Setzung einer 14-tägigen Frist für die freiwillig Ausreise abgewiesen wie, aufgehoben. Mit dieser Entscheidung ist das Beschwerdeverfahren zur abweisenden Entscheidung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl betreffend die Nichtzuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten beim Bundesverwaltungsgericht anhängig und kommt dem Beschwerdeführer im Beschwerdeverfahren ein Aufenthaltsrecht zu.
Da Voraussetzungen für die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 10 Abs. 2 AsylG (nicht rechtmäßiger Aufenthalt im Bundesgebiet) nicht mehr vorliegen und somit auch keine Grundlagen für die an das Bestehen einer Rückkehrentscheidung geknüpften Spruchpunkte (Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung nach Afghanistan, Erlassung eines Einreiseverbotes, Nichtgewährung einer Frist für die freiwillige Ausreise und Aberkennung der aufschiebenden Wirkung gegen die Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung) bestehen, waren die Spruchpunkte II. bis VI. des angefochtenen Bescheides mangels Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen zu beheben.
Die ersatzlose Behebung des angefochtenen Bescheides ist eine Entscheidung in der Sache selbst (vgl. E 25. März 2015, Ro 2015/12/0003). Als verfahrensrechtliche Grundlage für eine solche Entscheidung ist im Spruch daher § 28 Abs. 1 und Abs. 2 (bzw. Abs. 3 Satz 1) VwGVG 2014 zu nennen. § 28 Abs. 5 VwGVG 2014 regelt hingegen nur die Rechtsfolgen von Bescheidaufhebungen durch das VwG und bietet keine eigenständige Rechtsgrundlage für die Aufhebung selbst, sei es nach § 28 Abs. 3 Satz 2 und 3 (oder Abs. 4) VwGVG 2014, sei es nach § 28 Abs. 1 und 2 oder Abs. 3 Satz 1 VwGVG 2014 (VwGH 04.08.2016 2016/21/0162).
2.4. Entfall der mündlichen Verhandlung
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Im gegenständlichen Verfahren konnte eine mündliche Verhandlung unterbleiben, da das Bundesverwaltungsgericht die Voraussetzungen des § 24 Abs. 2 Z 1 Halbsatz VwGVG als gegeben erachtet, zumal bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit der Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist.
Zu Spruchteil B):
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen sind aufgrund der klaren Rechtslage nicht hervorgekommen.
Schlagworte
Anhängigkeit, Aufenthaltsrecht, Behebung der Entscheidung,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W163.2134568.2.01Zuletzt aktualisiert am
02.06.2020