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19/05 Menschenrechte;Norm
FrG 1993 §17 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Rigler, Dr. Handstanger und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Keller, über die Beschwerde des C in Wien, vertreten durch Dr. Wolfgang Berger, Dr. Christine Kolbitsch, Dr. Heinrich Vana und Dr. Gabriele Vana-Kowarzik, Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte in 1020 Wien, Taborstraße 10/2, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 15. Oktober 1997, Zl. SD 769/97, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 15. Oktober 1997 wurde der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger, gemäß § 17 Abs. 1 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ausgewiesen.
Der Beschwerdeführer sei nach seinen eigenen Angaben am 10. Dezember 1995 aus Ungarn kommend illegal nach Österreich eingereist und habe am 13. Dezember 1995 einen Asylantrag gestellt. Dieser sei mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 22. Jänner 1996 abgewiesen worden. Ein Wiedereinsetzungsantrag sowie die Berufung gegen diesen Bescheid seien ebenfalls abgewiesen bzw. zurückgewiesen worden. Der Beschwerdeführer verfüge weder über einen Sichtvermerk noch über eine Aufenthaltsbewilligung und halte sich seit seiner illegalen Einreise nicht rechtmäßig in Österreich auf.
Gemäß § 17 Abs. 1 FrG seien Fremde - unter Bedachtnahme auf § 19 FrG - mit Bescheid auszuweisen, wenn sie sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhielten.
Der Beschwerdeführer wohne bei seinem in Wien lebenden Onkel, weiters befänden sich zwei üder des Beschwerdeführers in Österreich; die belangte Behörde gehe daher von einem Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers im Sinn des § 19 FrG aus. Dieser Eingriff sei jedoch zur Verteidigung eines geordneten Fremdenwesens, somit also zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele, dringend geboten. Einem geordneten Fremdenwesen komme ein hoher Stellenwert zu. Der Beschwerdeführer sei seit seiner Einreise nicht zum Aufenthalt berechtigt und könne auch hier keine Aufenthaltsbewilligung "beantragen und erhalten". Die Ausweisung verfolge den Zweck, "den illegalen Zustand zu beenden". Die Tolerierung des weiteren Aufenthaltes würde dem Beschwerdeführer den tatsächlichen, jedoch rechtswidrigen Aufenthalt auf unbestimmte Zeit verschaffen, was einem geordneten Fremdenwesen zuwiderliefe.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Antrag, ihn als rechtswidrig aufzuheben.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Die Beschwerde wendet sich nicht gegen die Beurteilung der belangten Behörde, daß der Beschwerdeführer nicht zum Aufenthalt in Österreich berechtigt sei. Sie führt indes ins Treffen, daß dem Beschwerdeführer die "illegale Einreise" mit Rücksicht auf die (von der Beschwerde näher ausgeführten) Gründe für seine Flucht aus seinem Heimatland nicht vorwerfbar sei. Dieser Einwand geht fehl, stellt doch - zum einen- § 17 Abs. 1 FrG nicht auf die Frage einer unrechtmäßigen Einreise, sondern auf den unrechtmäßigen Aufenthalt eines Fremden in Österreich ab und kommt es doch - zum anderen - angesichts des administrativ-rechtlichen Charakters einer Ausweisung bei der Beurteilung der Frage der Rechtswidrigkeit des Aufenthaltes eines Fremden im Sinn des §17 Abs. 1 FrG nicht darauf an, aus welchem Grund sich dieser in Österreich unrechtmäßig aufhält oder ob ihm dieser unrechtmäßige Aufenthalt vorwerfbar ist. Auf dem Boden der unbestrittenen diesbezüglich maßgeblichen Sachverhaltsfeststellungen ist daher die in Rede stehende Auffassung der Behörde nicht als rechtswidrig zu erkennen. Die belangte Behörde hat damit das Vorliegen der Voraussetzung gemäß § 17 Abs. 1 erster Halbsatz FrG im Fall des Beschwerdeführers zutreffend bejaht.
2.1. Der Beschwerdeführer bekämpft den angefochtenen Bescheid im Lichte des § 19 FrG. Sowohl sein Onkel als auch seine Brüder hielten sich in Österreich auf, er habe bei seinem Onkel Unterkunft gefunden und die in Österreich lebenden Familienmitglieder seien die einzigen, mit welchen der Beschwerdeführer tatsächlich noch ein Familienleben unterhalten könne, zumal ihm eine Rückkehr in die Türkei nicht mehr möglich sei.
2.2. Dieses Vorbringen ist nicht zielführend. Die belangte Behörde hat vorliegend - im Hinblick auf die Dauer des Aufenthaltes des Beschwerdeführers und seine familiären Bindungen - zutreffend die Auffassung vertreten, daß die Ausweisung einen nach § 19 FrG relevanten Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers bewirke. Ebenso zutreffend hat die Behörde aber auf den hohen Stellenwert hingewiesen, welcher der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 MRK) zukommt (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes etwa das Erkenntnis vom 4. September 1997, Zl. 97/18/0373, mwH). Wenn die Behörde in Abwägung dieses öffentlichen Interesses gegenüber den vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten privaten Interessen zu dem Ergebnis gelangt ist, daß den genannten öffentlichen Interessen der Vorrang einzuräumen sei, so kann dies angesichts der beachtlichen Dauer seines -jedenfalls seit der rechtskräftigen Abweisung seines Asylantrags mit Bescheid vom 22. Jänner 1996 -unrechtmäßigen Aufenthaltes von etwa 19 Monaten nicht als rechtswidrig erkannt werden, zumal die gesamte Aufenthaltsdauer des Beschwerdeführers von lediglich etwa 20 Monaten und eine daraus (allenfalls) abzuleitende Integration nicht ein Ausmaß erreicht haben, das den persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich ein erhebliches Gewicht verleihen könnte. Was das eingehende Voringen des Beschwerdeführers betreffend die Lage in seinem Heimatland sowie die von ihm behauptete Unmöglichkeit, dort ein "ungestörtes Familienleben" zu führen, betrifft, vermag der Beschwerdeführer damit eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufzuzeigen, weil .- zum einen - mit der Ausweisung keine Aussage verbunden ist, daß der Fremde in ein bestimmtes Land auszureisen hat oder daß er (allenfalls) abgeschoben wird und - zum anderen - sich § 19 lediglich auf das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers in Österreich bezieht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 13. November 1997, Zl. 97/18/0532, mwH). Schon im Hinblick darauf gehen auch die Ausführungen des Beschwerdeführers betreffend den ihm gegenüber erlassenen "negativ ausgefallenen Asylbescheid" als auch betreffend den nach § 54 FrG erlassenen (von ihm mittlerweile ebenfalls in Beschwerde gezogenen) Bescheid ins Leere, weil "die maßgeblichen Gründe", die nach Auffassung des Beschwerdeführers "aus rechtlicher Sicht gegen seine zwangsweise Rückschaffung in seinen Heimatstaat sprechen", nicht die Frage der Erlassung einer Ausweisung gemäß § 17 Abs. 1 FrG betreffen.
3. Vor dem Hintergrund des Gesagten sind auch die Verfahrensrügen, die Behörde hätte den Sachverhalt betreffend die Fluchtgründe des Beschwerdeführers bzw. seine familiären Bindungen in der Türkei näher zu ermitteln gehabt, nicht zielführend.
4. Da somit die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt - was bereits der Beschwerdeinhalt erkennen läßt -, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.
5. Bei diesem Ergebnis erübrigte sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Wien, am 24. März 1998
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1998180069.X00Im RIS seit
27.02.2003