TE Bvwg Erkenntnis 2020/3/19 W195 2121430-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 19.03.2020
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Entscheidungsdatum

19.03.2020

Norm

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §55

Spruch

W195 2121430-2/11E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Vizepräsidenten Dr. Michael SACHS als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX geb. XXXX StA. Bangladesch, vertreten durch XXXX gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.03.2019, Zl. 643483909 - 2358807 / BMI-BFA_WIEN_RD, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 13.03.2020 zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

I.1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), ein Staatsangehöriger der Volksrepublik Bangladesch, stellte am 02.09.2013 einen Antrag auf internationalen Schutz. Zu diesem wurde er am selben Tag durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt sowie nach Zulassung des Verfahrens vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) am 04.09.2015 niederschriftlich einvernommen.

Zu seinen Ausreisegründen brachte der BF zusammengefasst im Wesentlichen vor, er sei in seinem Heimatland politisch tätig gewesen und es liege eine Anzeige bzw. ein Haftbefehl gegen ihn vor. Er sei auch mehrmals persönlich bedroht worden. Bei Rückkehr fürchte er, in seinem Heimatland kein faires Verfahren zu bekommen, von der Polizei verschleppt, misshandelt oder getötet zu werden.

I.2. Zu den ihm vom BFA zur Kenntnis gebrachten Länderfeststellungen gab der BF mit Schreiben vom 18.09.2015 eine Stellungnahme ab.

Der BF brachte im Verfahren vor dem BFA zur Bescheinigung seines Vorbringens Zeugnisse aus Bangladesch, Parteibestätigungen und deren englische Übersetzung, eine Geburtsurkunde, Staatsangehörigkeitsbescheinigung sowie Anzeigebestätigung, F.I.R., Haftbefehl, Beschwerde und Anklage samt notariellem Begleitschreiben in Vorlage, welche jedoch vom BFA keiner Überprüfung unterzogen wurden.

I.3. Das BFA wies mit Bescheid vom 14.01.2016, 643483909- 2358807, den Antrag des BF auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Bangladesch ab (Spruchpunkt II.), erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG 2005 und erließ gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG und stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass die Abschiebung nach Bangladesch gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III.), und sprach aus, dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt IV.).

Das BFA erachtete das Vorbringen des BF zu seinen Ausreisegründen und Rückkehrbefürchtungen als nicht glaubhaft und führte aus, dass auch kein Sachverhalt im Sinne der Art. 2 und 3 EMRK vorliege und eine Rückkehrentscheidung im Falle des BF keine Verletzung des Art. 8 EMRK darstelle.

I.4. Aufgrund einer dagegen erhobenen Beschwerde wurde in Erledigung dieser Beschwerde der Bescheid vom 14.01.2016 mit Beschluss des BVwG vom 12.01.2017, L516 2121430-1, behoben und die Angelegenheit gem. § 28 Abs. 3 VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das BFA zurückverwiesen.

I.5. Am 04.05.2018 wurde der BF vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) niederschriftlich einvernommen.

Dabei gab er zu seinen Fluchtgründen im Wesentlichen an, 2007, während er Student im College gewesen sei, sei er Mitglied der Jatro Dol, dem Studentenflügel der Bangladesch Nationalist Party (im Folgenden: BNP), gewesen. Er sei dort sehr aktiv gewesen. Ende 2007, am 26.09., sei er zum Sekretär der Werbeabteilung gewählt worden. Von 2007 bis 2009 sei er dort tätig gewesen. Danach habe er sich an der Universität inskribiert, das sei am 01.01.2010 gewesen. Er sei bis 17.12.2011 in einem Studentenheim gewesen. Er habe wieder Parteisekretär werden wollen und habe für den Posten kandidiert. Die Awami-League (im Folgenden: AL) sei auch an der Universität vertreten und es habe viele Probleme und Schlägereien gegeben. Der BF sei einmal von der Polizei festgenommen und nach drei bis vier Stunden Befragung wieder freigelassen worden. Am 17.12.2011 sei er nicht im Haus gewesen, als die Polizei gekommen sei und gesagt habe, es gäbe einen Haftbefehl, weil er jemanden getötet hätte. Zu dem Zeitpunkt sei er nicht zuhause gewesen. Als er zurückgewesen sei, hätten es ihm seine Freunde gesagt. Der BF habe seinen Vater angerufen, dieser habe gesagt, der BF wäre nicht in Sicherheit und solle zurückkommen. Es sei eine Familienentscheidung gewesen, dass der BF Bangladesch verlassen solle, weil sein Leben in Gefahr sei. Der Vater des BF hätte die Ausreise organisiert und dem BF das Geld dafür gegeben. Der BF sei in die Türkei geflohen, dann hätte er nach ein paar Monaten seinen Bruder angerufen und nach der Lage gefragt, weil er nach Bangladesch zurückgewollt habe. Der Bruder habe nein gesagt, es würde immer noch den Haftbefehl geben. Sein Bruder habe einen Anwalt eingeschaltet, der BF habe ihm eine Vollmacht gegeben. Der BF habe mit dem Anwalt gesprochen, dieser habe ihm geraten, nicht zurückzukommen, weil er dort vielleicht sofort verhaftet werden würde. Mittlerweile sei viel Zeit vergangen, der BF habe nicht feststellen können, was er machen solle. Es gebe noch ein Problem, der BF sei 2015 nicht in Bangladesch gewesen, aber der Haftbefehl, den er vorgelegt habe, sei ausgesprochen worden. Das seien seine Fluchtgründe. Die Verfahren seien nicht abgeschlossen, es gebe keine Urteile und der BF wisse nicht, was passieren würde. Er müsse vielleicht lebenslang in Haft oder würde gehängt. Der BF habe ein Ziel gehabt, er habe politischer Führer werden wollen. Die Parteiführerin Begum Khaleda Zia sei seit drei bis vier Monaten in Haft. Ihr Sohn sei Vizepräsident Tareqe Zia, er habe Bangladesch 2008 verlassen und einen Asylantrag in England gestellt. Begum Khaled Zia sei dreimal Regierungschefin gewesen. Der BF seit 2013 hier und wolle sich hier ein Leben aufbauen, weil er keine Chance habe, das in Bangladesch zu tun.

I.6. Das BFA holte eine Übersetzung der im Verfahren vor der Behebung durch das Bundesverwaltungsgericht vorgelegten Dokumente ein, welche mit E-Mail vom 21.03.2018 dem BFA übermittelt wurde.

I.7. Mit Schreiben vom 31.10.2018 legte der BF durch seinen Rechtsfreund ein Konvolut an Urkunden vor.

I.8. Am 23.01.2019 wurde der BF neuerlich niederschriftlich einvernommen. Dabei wurde er insbesondere zu seinen Angehörigen in Bangladesch, seinen (angeblichen) parteipolitischen Aktivitäten in Bangladesch und zu seinen Fluchtgründen befragt.

Zu seinen Fluchtgründen gab er an, er habe viele Probleme zu überwinden gehabt. Die Bedrohung habe 2010 begonnen. Die Anhänger der Gegenpartei Chattro League hätten ihn bedroht. Sie hätten sich persönlich mit dem BF angelegt und auch über 50 Personen ermordet. Der Bruder des BF habe sich einen Anwalt genommen, als der BF im Dezember das Land habe verlassen müssen, habe sich sein Bruder für den BF einen Anwalt genommen. Er habe sich mit der Polizei und dem Gericht in Verbindung gesetzt, aber gegen den BF habe er nichts gefunden. Aber im Nachhinein, im Jahr 2015, habe man gesehen, dass gegen den BF ein Strafverfahren bei Gericht geführt werde. Er wisse von einem Bescheid.

Am 24.01.2015 sei der BF von der Polizei angezeigt worden: Er sei als Mörder beschuldigt worden. Viele Personen seien ermordet worden und der BF sei als Täter beschuldigt worden. Zum Inhalt der Anzeige befragt gab der BF an, es sei geschrieben worden, dass Personen ermordet worden seien. Wie genau, das wisse er nicht, weil er ja bei dem Vorfall nicht anwesend gewesen sei. Die Anhänger der Regierungspartei hätten absichtlich den Namen des BF protokolliert, um ihm Schaden zuzufügen.

In der ersten Woche im Dezember 2011 seien einige Herrschaften zur Universität des BF gekommen und hätten angegeben, sie wären von der Polizei. Sie hätten dem BF gesagt, dass das die erste Warnung wäre. Heute würden sie es ihm verbal sagen, dass sie ihn hier nicht mehr sehen wollen würden. Der BF hätte sie gefragt, warum er nicht hierbleiben könnte und sie hätten gesagt, sie wären nicht gezwungen, ihm eine Antwort zu geben und hätten ihm gesagt, dass sie ihn kein zweites Mal sehen wollten. Danach seien sie gegangen. In Bangladesch sei es derzeit so, dass wenn man Polizist werden wolle, müsse man erst bestätigen, dass man Anhänger der Chatro League sei. Das bedeute, dass die derzeitige Regierungspartei nicht zulasse, dass andere diese Position ausüben würden. Da der BF Mitglied der Chatro Dal sei, sei versucht worden, ihm Schaden zuzufügen und ihn daran zu hindern, seine Partei zu stärken. Deshalb sei ein Strafverfahren gegen ihn eingeleitet worden.

Befragt zum Strafverfahren machte der BF folgende Angaben: "F: Wann konkret wurde ein Haftbefehl gegen Sie ausgestellt? A: Am 24.01.2015 hat der Anwalt das Verfahren entdeckt. Anm: Frage wird wiederholt.

A: 30.07.2015 F: Wie ist der aktuelle Stand des Verfahrens? A: So wie es war. Sie sind nach wie vor auf der Suche nach mir. F: Sind die anderen Beklagten bereits verurteilt worden, wie ist der Stand des Verfahrens? A: Ich bin sehr depressiv, ich mache mir nur um mich selbst Sorgen, ich weiß es nicht. F: Wie heißt der Anwalt den Sie bevollmächtigt haben und wo hat er seine Kanzlei? A: XXXX. Wo seine

Kanzlei ist, weiß ich nicht, aber sie ist in XXXX. F: Wie haben Sie Ihrem Bruder die Vollmacht übermittelt? Mit E-Mail, DHL, Post? A:

Ich habe keinen Kontakt."

Befragt, warum und von wem er getötet werden solle, gab der BF an, als er auf der Universität gewesen sei, habe es Streit mit Gegnern gegeben und sie hätten sich natürlich rächen wollen und um sich rächen zu können, hätten sie den BF töten müssen. Wenn der BF in Bangladesch fertig studiert hätte, dann würde er in seinem Leben weiterkommen und hätte eine gute Position im Berufsleben. Das hätten sie aber nicht gewollt, sie würden wollen, dass nur Anhänger der Regierungspartei in guten Positionen sitzen würden.

Befragt, was dem BF im Falle einer Rückkehr drohen würde, gab er an:

"Wenn ich nach Bangladesch zurückkehre kann ich jederzeit.... Erst werde ich verhaftet. Ich werde als Mörder beschuldigt. Also droht mir die Todesstrafe oder lebenslange Haft. Darüber hinaus, könnte ich von meinen Gegnern jederzeit getötet werden."

Zu seinen Rückkehrbefürchtungen führte der BF aus: "F: Was müsste passieren, damit Sie wieder in Ihr Heimatland zurückkehren könnten?

A: Ehrlich gesagt, habe ich alles versucht. Ich habe Wirtschaft studiert und ich wollte das Studium auch abschließen. Ich habe alles versucht, aber zuletzt gab es gar keine Möglichkeit mehr zu leben.

Anm: Frage wird wiederholt. A: Jetzt ist nicht möglich. Anm: Frage wird wiederholt. A: Wenn mir bestätigt wird, dass mir keine Haft in der Heimat droht, oder das meine Gegner nicht mehr gegen mich her sind."

I.9. Das BFA holte mit Schreiben vom 23.01.2019 bei der Staatendokumentation eine Anfragebeantwortung ein, welche am 07.03.2019 erstattet wurde. Diese hat folgenden Inhalt:

"...

XXXX Gab es im Jänner 2015 einen Sprengstoffanschlag in der Nähe der XXXX

1.1. Falls ja, wurden dabei Menschen getötet?

1.2. Gibt es betreffend dem erwähnten Vorfall Zeitungsartikel?

Quellenlage/Quellenbeschreibung:

In öffentlich zugänglichen Quellen wurden im Rahmen der zeitlich begrenzten Recherche auf Deutsch und Englisch einige Informationen gefunden. Eine ausgewogene Auswahl wird entsprechend den Standards der Staatendokumentation im Folgenden zur Verfügung gestellt. Die als weniger bekannt erkannten Quellen werden im Abschnitt ,Einzelquellen? näher beschrieben.

Zusammenfassung:

Den nachfolgend zitierten Quellen ist zu entnehmen, dass, im Zuge der von der Bangladesh Nationalist Party (BNP) geführten 20-Parteien-Allianz ausgerufenen, mehrtägigen Generalstreiks XXXX

Einzelquellen:

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I.10. Am 28.03.2019 wurde der BF vor dem BFA neuerlich niederschriftlich einvernommen. Dabei wurde ihm vorgehalten, dass im Bericht des Vertrauensanwaltes der BF in keinem der von ihm angegebenen Verfahren als Beklagter aufgelistet sei. Dazu gab er an:

"Also ich bin namentlich nicht erwähnt? Als ich aus meinem Land gehen musste, wurde ich quasi gehetzt. Es wurde gesagt, dass ich umgehend das Land verlassen muss, sonst würde ich in Gefahr sein. Die Polizei sagte mir, dass verschiedenste Strafverfahren mir angehängt werden, wenn ich das Land nicht verlasse, werden unterschiedlichste Verfahren gegen mich eingeleitet. Ich würde quasi gehetzt und verfolgt werden." Zu seinen Rückkehrbefürchtungen gab der BF an: "A: Sobald ich in mein Land zurückkehre, werden die gesamten Maßnahmen, die gegen mich gesetzt werden können, gesetzt. Ich habe von Anfang an gesagt, dass ich nicht gegen das Gesetz gehandelt habe. Dennoch kam die Polizei zu mir nachhause und belästigte mich. Im Jahr 2011 als ich das Land verlassen musste, wurden verschiedenste Strafverfahren gegen mich eingeleitet. Als ich mir einen Anwalt nahm und der recherchierte." Auf Vorhalt, dass er gefälschte Dokumente vorgelegt habe, gab der BF unsubstantiiert an, die vorgelegten Dokumente seien echt. Nachdem sein Anwalt recherchiert habe, habe er die Strafverfahren vorgelegt bekommen. Sobald der BF nach Bangladesch zurückkehre, würde erneut verschiedene Strafverfahren gegen ihn eingeleitet. Regierung und Polizei seien gegen ihn.

I.11. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 29.03.2019, Zl. 643483909 - 2358807 / BMI-BFA_WIEN_RD, wies das BFA den Antrag des BF auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Bangladesch (Spruchpunkt II.) ab. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 wurde dem BF nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Darüber hinaus wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung nach Bangladesch gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.) und ausgesprochen, dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt VI.).

Die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz bezüglich des Status eines Asylberechtigten begründete das BFA im Wesentlichen damit, der BF habe eine Verfolgung in Bangladesch nicht glaubhaft machen können, weswegen dem BF nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit die Gefahr, aus den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen verfolgt zu werden, drohe. Unter Berücksichtigung der individuellen (persönlichen) Umstände des BF sei nicht davon auszugehen, dass der BF im Falle einer Rückkehr in sein Heimatland in eine ausweglose Situation gerate, weswegen auch keine Anhaltspunkte für die Gewährung subsidiären Schutzes vorliegen würden. Ebenso wenig lägen Anhaltspunkte für die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" vor und zudem würden die öffentlichen Interessen an einem geordneten Vollzug des Fremdenwesens gegenüber den privaten Interessen des BF an einem Verbleib im Bundesgebiet überwiegen, weswegen eine Rückkehrentscheidung zu erlassen sei. Die Abschiebung des BF sei als zulässig zu bewerten.

I.12. Mit Schriftsatz vom 30.04.2019 wurde dieser Bescheid des BFA seitens des - durch XXXX vertretenen - BF wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung und Verletzung von Verfahrensvorschriften zur Gänze angefochten.

Nach Wiedergabe des bisherigen Verfahrensverlaufes wurde dabei zusammengefasst begründend ausgeführt, der BF habe sein Vorbringen detailliert geschildert. Die Schlussfolgerungen des BFA seien weder nachvollziehbar noch mit den Beweisergebnissen in Einklang zu bringen. Der BF habe detaillierte Angaben gemacht und seine Angaben durch die Vorlage von Urkunden untermauert. Dem BFA sei ein einseitiges Ermittlungsverfahren vorzuwerfen und es habe seine Ermittlungspflicht verletzt. Um festzustellen, dass die vorgelegten Urkunden gefälscht seien, hätte das BFA ein Sachverständigengutachten einholen müssen. Der Umstand, dass der Name des BF in der Anfragebeantwortung nicht genannt werde, befreie das BFA von der Ermittlungspflicht nicht. Dem BF sei es objektiv gelungen, eine Verfolgung glaubhaft zu machen. Dem BF drohe eine lange Untersuchungshaft unter unmenschlichen Bedingungen, diese Verfolgung erreiche die von der GFK geforderte Intensität. Hinsichtlich des Privat- und Familienlebens führt die Beschwerde aus, der BF befinde sich seit sechs Jahren im Bundesgebiet, die lange Verfahrensdauer sei ihm nicht anzulasten, der BF sei unterstützendes Mitglied des Roten Kreuzes und Lehrling, ab Juli 2019 werde er einer Vollbeschäftigung nachgehen. Derzeit erziele er ein Einkommen iHv € 800,-, ab Juli werde er € 1.200,- ins Verdienen bringen. Der BF sei der deutschen Sprache hervorragend mächtig und habe die Deutschprüfung Niveau A2 bestanden und er besuche gerade einen Deutschkurs Niveau B2. Darüber hinaus lägen mehrere Empfehlungsschreiben vor. Es könne nicht die Rede davon sein, dass der BF seine Zeit in Österreich überhaupt nicht dazu genutzt habe, sich in Österreich zu integrieren.

Es wurden die Anträge gestellt, eine mündliche Verhandlung anzuberaumen, den angefochtenen Bescheid zu beheben und dem BF Asyl bzw. subsidiären Schutz zu gewähren, in eventu, den Bescheid zu beheben und zur Verfahrensergänzung an das BFA zurückzuverweisen, in eventu, dem BF einen Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung Plus" zu erteilen sowie eine mündliche Verhandlung anzuberaumen.

I.13. Mit Schreiben vom 14.05.2019 legte das BFA die Beschwerde und die Akten des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

I.14. Mit Schreiben vom 21.02.2020 wurde zur Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht geladen und damit dem BF auch das aktuelle Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Bangladesch zur allfälligen Stellungnahme bis längstens im Rahmen der für den 13.03.2020 angesetzten mündlichen Beschwerdeverhandlung, übermittelt.

I.15. Am 13.03.2020 führte das Bundesverwaltungsgericht in Anwesenheit eines Dolmetschers für die Sprache Bengali und des ausgewiesenen Rechtsvertreters des BF eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung durch, im Zuge derer der BF ausführlich u.a. zu seinen Fluchtgründen, seinen Rückkehrbefürchtungen, seinen Familienverhältnissen und seinen Lebensverhältnissen in Österreich befragt wurde.

Der, bis auf akute Bauchprobleme gesunde BF führte aus, dass er grundsätzlich gesund sei. Er habe Kontakt zu seinen Eltern in Bangladesch, zumindest alle zwei bis drei Monate. Seiner Familie geht es in Bangladesch finanziell gut, sein Vater habe genug Vermögen und einen Geschäftsbetrieb. Darüber hinaus habe er acht Geschwister, aber keine Verwandten in Österreich, auch keine Kinder und er lebe auch nicht in einer Beziehung.

In der Verhandlung konnte der Richter feststellen, dass der BF sehr gut deutsch sprach und einen durchaus ausreichenden Wortschatz hat. Die Antworten erfolgten verständllich und zumeist in vollen Sätzen.

Da der BF als Koch fünf Tage die Woche arbeitet, habe er wenig Freizeit, welche er jedoch gerne mit seinen österreichischen Freunden verbringe. Er würde knapp über € 2.000,- pro monat verdienen. Sein Vertrag sei auf ein Jahr befristet, weil ihm das AMS derzeit keinen längeren Vertrag geben könne. Er sei gut aufgehoben im Betrieb, auch wenn er sich nicht it allen sehr gut verstünde, so gäbe es 10 bis 12 Personen, mit denen er guten Kontakt habe. Er habe die Lehrabschlussprüfung am XXXX absolviert.

Über Befragung des BFV gab der BF an, dass er einen Mietvertrag habe und monatlich € 275,- zahle. Schulden und Kredite habe er keine. Er sei wegen seiner sozialen Kontakte gut integriert und er plane weitere Deutschkurse zu machen: 2015 habe er A2 gemacht, er möchte jedoch noch B2 machen wollen.

Zu seinem Fluchtvorbringen gab der BF - zusammengefasst - vor dem BVwG an, dass er aus politischen Gründen sein Heimatland verlassen musste. Er habe sowohl auf dem College als auch in seiner Heimatstadt für Organisationen der BNP gearbeitet und sei von den mitgliedern der Awami League sowie der Polizei verfolgt worden.

In der Verhandlung vor dem BVwG schilderte der BF, dass er dreimal überfallen worden sei. Schilderte der BF anfänglich, dass er von drei personen überfallen worden sei, steigerte er diese Schilderung im Laufe der Erzählungen bis hin zu 14 Personen, von denen die Hälfte aus Polizisten gewesen seien, alerdings nicht in Uniform, sondern in ziviler Kleidung.

Wie in der Verhandlung vor dem BVwG erkennbar wurde, ging der BF, trotz wiederholter Aufforderung, kaum in Details dieser behaupteten Überfälle ein. Meinte er anfänglich och, dass er keine Anzeige erstattet habe, erzählte er später, dass die Polizei nicht bereit gewesen sei, Anzeigen anzunehmen. Die Angreifer seien bekannte mehrfache Mörder gewesen, sie hätten unter bengalischen Ministern und für höhere Funktionäre gearbeitet. Der BF konnte in der Verhandlung vor dem BVwG nicht glaubhaft darstellen, weshalb gerade er durch die politischen Gegner verfolgt worden sei.

Am Ende der Verhandlung stellte der Vertreter des BF den beweisantrag, dass ein Sachverständigengutachten eingeholt werden solle zum Beweis darüber, dass die vom BF vorgelegten Dokumente inhaltlich richtig seien. Diese Dokumente seien keine Fälschungen und seien auch nicht verfälscht worden.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

II.1. Feststellungen:

II.1.1. Zur Person des BF, seinen Familienverhältnissen und seinen

Lebensumständen in Österreich:

Der volljährige BF ist Staatsangehöriger von Bangladesch und der Volksgruppe der Bengalen sowie der sunnitischen Glaubensgemeinschaft zugehörig. Seine Muttersprache ist Bengali (gleichlautende Angaben in Erstbefragung Vorakt des BFA AS 19 sowie bei der Einvernahme vor dem BFA AS 25).

Der BF ist im Ort Dungria, District Sunamgonj geboren (AS 19), zuletzt hat er im Stadtviertel Tilaghor, Kalashil 8, Sylhet in einer Wohngemeinschaft gelebt (AS 23). Er hat in seinem Heimatland für zwölf Jahre die Schule besucht und zwei Jahre ein Bachelorstudium betrieben, dies jedoch ohne es abzuschließen (anders in der Erstbefragung AS 23, 500). In Bangladesch hat der BF nicht gearbeitet.

Der BF ist ledig (Vorakt BFA AS 19; AS 21, 333, 500, 601) und hat keine Kinder (AS 21, 333, 500, 601). In Bangladesch halten sich die Eltern, zwei Schwestern und fünf Brüder des BF auf (AS 21, 331, 499, 601). Zwischen dem BF und seinen Verwandten besteht aufrechter regelmäßiger Kontakt.

Der BF ist im August 2013 nicht legal in das Bundesgebiet eingereist. Er ist nicht in die staatliche Grundversorgung einbezogen. In Österreich absolvierte der BF eine Lehre zum Systemgastronomiefachmann (mit Schreiben vom 24.09.2019 dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegte Bestätigungen vom 20.08.2016). Diese Lehre hat er am 15.06.2019 beendet. Der BF hat eine Beschäftigungsbewilligung (mit E-Mail vom 23.10.2019 dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegte Bestätigung des AMS vom 26.08.2019). Der BF ist als Koch beschäftigt, womit er über €

2.000,- Brutto verdient (beim Bundesverwaltungsgericht am 12.02.2020 abgegebene Lohnabrechnung vom 03.02.2020).

Der BF ist in Österreich unterstützendes Mitglied des Wiener Roten Kreuzes (AS 517).

Der BF verfügt über sehr gute Deutschkenntnisse, er hat das Deutschzertifikat A2 erworben (AS 523 ff.). Er ist strafrechtlich unbescholten.

Festgestellt wird, dass der BF in der Erstbefragung am 02.09.2013 bewusst falsche Angaben zu seiner Identität und z.T. falsche, z.T. unvollständige Angaben zu seinen in Bangladesch lebenden Angehörigen gemacht hat (AS 19; Erstbefragung Vorakt des BFA AS 23 sowie Einvernahme vor dem BFA am 04.09.2015 AS 21; AS 329). Diese Angaben hat der BF selbst korrigiert, allerdings erst nach mehr als zwei Jahren (September 2015).

Der BF ist grundsätzlich gesund und nimmt nur wegen akuter Bauchschmerzen Medikamente.

I.1.2. Zum Fluchtvorbringen des BF:

In der Verhandlung vor dem BVwG konnte der BF nicht überzeugend darlegen, dass er aus politischen Gründen verfolgt werde. Der BF berichtete über drei behauptete Überfälle gegen ihn, wobei die Schilderungen - trotz Aufforderung zur Konkretisierung - oberflächlich und platt blieben. Bemerkenswert war, dass sich die Schilderungen im Laufe der Verhandlung steigerten, zuerst zwei- drei Personen ihn überfallen hätten, beim dritten Mal hingegen bereits 14 Personen, die Hälfte davon Polizisten in Zivilkleidung. Ein unmittelbarer politischer Zusammenhang war bei diesen Schilderungen nicht mehr erkennbar.

Festgestellt wird, dass bereits das BFA nach entsprechender ausführlicher Vor Ort Recherge begründet darlegte, dass die Dokumente, welche der BF vorlegte, sich nicht auf den BF beziehen. Der BF hat somit keinerlei Nachweis gebracht, dass er von den vorgelegten Anzeigen betroffen sei.

Festgestellt wird, dass der BF in der Verhandlung vor dem BVwG am 13.03.2020 ausgesagte: "Ich weiss es ja nicht einmal, ob 2015 oder 2011 die Anzeige gegen mich erstattet worden ist. 2015 bekam ich die Unterlagen. In Bangladesch ist ja alles möglich. Das ist nur ein Papier." Festgestellt wird somit, dass der BF weder weiss, ob 2011, 2015 oder überhaupt eine Anzeige gegen ihn erhoben wurde.

Festgestellt wird, dass der BF lediglich behauptet, dass Anzeigen gegen ihn erhoben werden, wenn er nach Bangladesch zurückkehre. Der BF blieb dafür jeden glaubwürdigen Beweis oder zumindest Hinweis schuldig.

Festgestellt wird, dass der BF mit dem Flugzeug Bangladesch verlassen hat, ohne behelligt worden zu sein.

Festgestellt wird, dass der BF in Österreich nicht politisch tätig ist, weil er auch nicht möchte, dass jemand in Bangladesch weiss, dass sich der BF in Österreich aufhalte, und daher ein Nachfluchtgrund nicht vorliegt.

Festgestellt wird, dass der BF lediglich Dokumente vorlegte, die ihn nicht betrafen (AS 602).

Festgestellt wird, dass der BF einen Beweisantrag hinsichtlich Einholung eines Sachverständigengutachtens stellte, der per se nicht geeignet ist, seinen politischen Fluchtgrund zu untermauern, sondern sich auf die inhaltiche Richtigkeit vorgelegter Dokumente bezieht, welche jedoch nicht den Namen des BF beinhalten. Einem derartigen Beweisantrag ist wegen Aussichtslosigkeit nicht nachzukommen. Festgestellt wird, dass der im Berufsleben stehende und damit mit ausreichend finanziellen Mitteln ausgestattete BF kein SV-Gutachten vorgelegt hat, um diesen Beweis selbst zu erbringen.

Festgestellt wird, dass der BF versuchte, das Asylverfahren zu verzögern, indem er bewusst eine falsche Identität angegeben hat und dies erst nach mehr als zwei Jahren korrigierte.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der BF von einem Strafgericht zu zehn Jahren Haft verurteilt worden wäre, wie er in der Erstbefragung behauptet hat.

Es kann nicht festgestellt werden, dass dem BF im Falle einer Rückkehr ein nicht-faires Verfahren drohen würde. Allfälligen Behelligungen kann der BF durch eine Niederlassung in anderen Landesteilen ausweichen.

II.1.3. Zur maßgeblichen Lage in Bangladesch:

Politische Lage:

Bangladesch - offizielle Bezeichnung Volksrepublik Bangladesch (People' s Republic of Bangladesh / Ga?aprajatantri Ba?lades) ist seit 1991 eine parlamentarische Demokratie (GIZ 12.2018a). Das Land befindet sich größtenteils in der Deltaebene, die durch die Mündung der Flüsse Ganges und Brahmaputra in den Golf von Bengalen (Indischer Ozean) gebildet wird. Nachbarstaaten sind Indien (Westen, Norden und Osten) und Myanmar (Südosten). Die Hauptstadt ist Dhaka (ca. 20 Millionen Einwohner). Auf einer Fläche von ca. 148.000 km² (CIA 21.2.2019) leben etwa 159 bis 165 Millionen Einwohner (CIA 21.2.2019; vgl. GIZ 1.2019, AA 12.2018a). Bangladesch ist mit 1.127 Einwohnern pro Quadratkilometer der am dichtest besiedelte Flächenstaat der Welt (zum Vergleich: Österreich 104 Einwohner pro km²) (WPR o.D.; vgl. AA 12.2018a).

Das Staatsoberhaupt ist der Präsident, der vom Parlament alle fünf Jahre gewählt wird. Eine einmalige Wiederwahl ist möglich. Er übt größtenteils zeremonielle Funktionen aus, während die Macht in den Händen des Premierministers als Regierungschef liegt. Dieser wird von der stärksten im Parlament vertretenen Partei nominiert und vom Präsidenten formell ernannt. Der Premierminister ernennt die Regierungsmitglieder, die vom Präsidenten bestätigt werden. Nach Ende der fünfjährigen Legislaturperiode bildet der Präsident unter seiner Führung eine unabhängige Übergangsregierung, deren verfassungsmäßige Aufgabe es ist, innerhalb von 90 Tagen die Voraussetzungen für Neuwahlen zu schaffen (ÖB 12.2018; vgl. GIZ 12.2018a). Zusätzlich obliegt dem Premierminister die Kontrolle der Geheimdienste, der Streitkräfte und der paramilitärischen Einheiten (GIZ 12.2018a).

Das Parlament (National Parliament oder Jatiya Sangsad) besteht aus einer Kammer mit 300, in Einzelwahlkreisen auf fünf Jahre direkt gewählten, Abgeordneten (ÖB 12.2018) mit zusätzlichen 50 Sitzen, die nur für Frauen reserviert sind (AA 27.10.2017; vgl. GIZ 12.2018). Diese werden nicht direkt durch eine Wahl vergeben, sondern die Parteien, die es ins Parlament schaffen, nominiert (GIZ 12.2018a). Das Parlament tagt nicht während der Amtszeit der Übergangsregierung. Das Mehrheitswahlrecht führt zu stabilen Mehrheiten im Parlament und hat die Herausbildung der Bangladesch Nationalist Party (BNP) und der Awami League (AL) als dominierende und konkurrierende Parteien begünstigt. Während die konservative BNP Verbündete bei den islamistischen Parteien wie der Jamaat-e-Islami (JI) hat, bekommt die AL traditionell Unterstützung von linken und säkularen Parteien, wie der Arbeiterpartei, der liberaldemokratischen Partei, der national-sozialen Partei Jatiyo Samajtantrik Dal und jüngst auch von der Jatiya Partei, unter dem ehemaligen Militärdiktator Hossain Mohammad Ershad (ÖB 12.2018).

Das politische Leben wird seit 1991 durch die beiden größten Parteien, die "Awami League" (AL) und "Bangladesh Nationalist Party" (BNP) bestimmt. Klientelismus und Korruption sind weit verbreitet. Gewerkschaften, Studentenorganisationen, Polizei und Verwaltung sind parteipolitisch durchdrungen (AA 12.2018). Beide Parteien haben keine demokratische interne Struktur und werden von Familien geführt, die Bangladesch seit der Unabhängigkeit geprägt haben (FH 1.2018).

Seit 2009 ist Sheikh Hasina von der Awami League (AL) Premierministerin (GIZ 12.2018a; vgl. ÖB 12.2018). Im Jänner 2019 wurde Sheikh Hasina für ihre vierte Amtszeit, die dritte Amtszeit in Folge, als Premierministerin angelobt. Im Februar 2019 gab sie bekannt, dass sie nach dieser Amtszeit an die "junge Generation" übergeben wolle (DW 14.2.2019).

Bei den elften bangladeschischen Parlamentswahlen vom 30.12.2018 erzielte die "Große Allianz" um die regierende AL einen Erdrutschsieg mit 96 % der Stimmen und 289 der 300 zur Wahl stehenden Parlamentssitze (Guardian 30.12.2018; vgl. BN24 31.12.2018, DT 27.1.2019, DS 10.1.2019), wobei in zwei Wahlkreisen aufgrund von Gewalt (DS 10.1.2019) bzw. dem Tod eines Kandidaten Nachwahlen notwendig waren (DT 27.1.2019).

Es gibt Berichte über Wahlmanipulation. Die Opposition verurteilte die Wahl als "Farce" und fordert die Annullierung des Ergebnisses und Neuwahlen. Die Regierungspartei weist die Manipulationsvorwürfe und Neuwahlforderungen zurück und nennt die Wahl "völlig frei und unabhängig" (BBC 31.12.2018). In einer vorläufigen Bewertung erklärten Wahlbeobachter der SAARC (South Asian Association for Regional Cooperation), dass die Wahl "viel freier und fairer" ablief als die vorherigen (Hindu 1.1.2019). Bereits im Vorfeld der Wahl kam es zu Gewalt zwischen rivalisierenden Anhängern und zu harten Vorgehen der Regierung (BBC 31.12.2018; vgl. Hindu 1.1.2019). Von Oktober bis Anfang Dezember 2018 fanden wiederholt Fälle willkürlicher Verhaftungen und Inhaftierungen von Demonstranten und politischen Oppositionellen sowie von Gewalttaten und Einschüchterungen durch Mitglieder der Studenten- und Jugendabteilung der Regierungspartei statt. (HRW 13.12.2018). Am Wahltag waren rund 600.000 Sicherheitskräfte, darunter Armee und paramilitärische Truppen, im Einsatz, um die Gewalt einzudämmen (Guardian 30.12.2018). Am Wahltag wurden mindestens 17 Menschen bei Zusammenstößen zwischen Anhängern der regierenden Partei und der Opposition getötet (Reuters 1.1.2019).

2014 trat die BNP aus Protest gegen Verfahrensfehler bei der Organisation der Wahlen nicht zur Wahl an und forderte die Bevölkerung, ihre eigenen Parteimitglieder und Wähler zu einem Generalstreik (Hartal) auf. Eine der wichtigsten BNP-Vertreter der Opposition war und ist die ehemalige Premierministerin und amtierende BNP-Parteivorsitzende Khaleda Zia. Sie wurde im Februar 2018 wegen Veruntreuung zu einer Haftstrafe von fünf Jahren verurteilt (GIZ 12.2018a) und durfte bei den Parlamentswahlen am 30.12.2018 nicht als Kandidatin antreten (DT 8.12.2018). Die oppositionelle BNP hat aufgrund ihrer starken gesellschaftlichen Verankerung das Potential, durch Generalstreiks großen außerparlamentarischen Druck zu erzeugen (GIZ 12.2018a).

Infolge der Dominanz der AL und der fehlenden innerparteiischen Demokratie hat de facto die exekutive Spitze das ausschließliche Sagen bei Gesetzesentwürfen. Wie schon die Vorgängerregierungen baut auch die gegenwärtige AL-Regierung ihre Netzwerke in Verwaltung, Rechtswesen und Militär aus. Verschärfend kommt hinzu, dass die BNP als vormals größte Oppositionspartei nach ihrem Wahlboykott am 5.1.2014 überhaupt nicht mehr im Parlament vertreten war (GIZ 12.2018a) und bei den Parlamentswahlen am 30.12.2018 nur sechs Mandate erzielen konnte (BI 31.12.2018; vgl. DS 10.1.2019).

Durch Verfassungsänderung von Juni 1988 wurde der Islam zur Staatsreligion erklärt, bei gleichzeitiger verfassungsrechtlicher Verankerung des Rechts auf friedliche Ausübung anderer Religionen. Auch Säkularismus ist Staatsprinzip und genießt Verfassungsrang (AA 27.10.2017). Die verfassungsändernde Mehrheit der AL im Parlament führt zu einer enormen Machtkonzentration. Gesetzesinitiativen schränken den Spielraum der Zivilgesellschaft weiter ein. Die derzeitige Regierung hat es sich zum Ziel gemacht, Verbrechen des Unabhängigkeitskrieges von 1971 juristisch aufzuarbeiten. Angeklagt sind damalige Kollaborateure der pakistanischen Streitkräfte, von denen viele bis zur letzten innerparteilichen Wahl in führenden Positionen der islamistischen JI waren. Die Prozesse und (häufig Todes-) Urteile öffnen alte Wunden und führen zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen säkularen und islamistischen Kräften (AA 12.2018).

Bei den am 30.12.2015 in 234 Stadtbezirken durchgeführten Kommunalwahlen in Bangladesch ist die regierende AL in 176 Bezirken als Siegerin hervorgegangen (NETZ 2.1.2016). Die kommenden Kommunalwahlen werden an fünf verschiedenen Wahltagen zwischen 10.3. und 18.6.2019 stattfinden (bdnews24 3.2.2019). Am ersten Wahltermin wurden in den 78 Upazilas eine geringe Wahlbeteiligung beobachtet. Die Wahl wird von der BNP und einigen anderen Parteien boykottiert (DS 10.3.2019).

Der Verwaltungsaufbau von Bangladesch ist zentralstaatlich: Das Land ist in acht Regionen (Divisions), 64 Bezirke (Districts), 501 Landkreise bzw. Großstädte (Upazilas / City Corporations), 4.876 Gemeindeverbände (Union Councils / Municipalities) und circa 87.000 Dorfgemeinden gegliedert (AA 12.2018; vgl. ÖB 12.2018). Im Gebiet der Chittagong Hill Tracts gilt eine besondere Verwaltung, die der lokalen (indigenen), nicht-bengalischen Bevölkerung verstärkte Mitwirkungsmöglichkeiten einräumen soll (ÖB 12.2018).

Quellen:

* AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (12.2018):

Bangladesch - Innenpolitik,

https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/bangladesch-node/-/206322, Zugriff 7.3.2019

* AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (27.10.2017):

Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Oktober 2017).

* BBC (31.12.2018): Bangladesh election: PM Sheikh Hasina wins landslide in disputed vote,

https://www.bbc.com/news/world-asia-46718393, Zugriff 7.3.2019

* bdnews24 (3.2.2019): 87 Upazila councils go to election on Mar 10 in first phase,

https://bdnews24.com/bangladesh/2019/02/03/87-upazila-councils-go-to-election-on-mar-10-in-first-phase, Zugriff 7.3.2019

* BI - Bangla Insider (31.12.2018): final results of 11th parliamentary elction of Bangladesh 2018, https://en.banglainsider.com/bangladesh/4469/FINAL-RESULTS-OF-11th-PARLIAMENTARY-ELECTION-OF-BANGLADESH-2018, Zugriff 3.1.2019

* BN24 - Bangla News 24 (31.12.2018): Grand alliance wins 288 seats, https://www.banglanews24.com/english/national/article/73191/Grand-alliance-wins-288-seats, Zugriff 7.3.2019

* DS - Daily Star, the (10.1.2019): BNP's Sattar bags B'baria-2, https://www.thedailystar.net/bangladesh-national-election-2018/bangladesh-re-election-3-centres-brahmanbaria-2-constituency-going-peacefully-1685053, Zugriff 11.3.2019

* DS - Daily Star, the (10.3.2019): First phase upazila polls end, counting starts,

https://www.thedailystar.net/country/news/election-78-upazilas-begins-1712992, Zugriff 11.3.2019

* DT - Dhaka Tribune (27.1.2019): Ruling party's Dr Younus Ali Sarker wins Gaibandha 3

by-polls,https://www.dhakatribune.com/bangladesh/election/2019/01/27/voting-in-gaibandha-3-by-polls-underway, Zugriff 11.3.2019

* DT - Dhaka Tribune (8.12.2018): EC rejects Khaleda Zia's candidature by majority decision, https://www.dhakatribune.com/bangladesh/election/2018/12/08/khaleda-zia-s-appeal-remains-pending, Zugriff 7.3.2019

* DW - Deutsche Welle (14.2.2019): Bangladesh PM Sheikh Hasina hints at last term as prime minister, https://www.dw.com/en/bangladesh-pm-sheikh-hasina-hints-at-last-term-as-prime-minister/a-47513555, Zugriff 7.3.2019

* FH - Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2018 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/1442339.html, Zugriff 28.2.2019

* GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (12.2018a): Bangladesch - Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/bangladesch/geschichte-staat/, Zugriff 7.3.2019

* GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (1.2019): Bangladesch - Überblick, https://www.liportal.de/bangladesch/ueberblick/, Zugriff 11.3.2019

* Guardian, The (30.12.2018): Bangladesh PM Hasina wins thumping victory in elections opposition reject as 'farcical', https://www.theguardian.com/world/2018/dec/30/bangladesh-election-polls-open-after-campaign-marred-by-violence, Zugriff 7.3.2019

* Hindu, The (1.1.2019): Hasina's triumph: on Bangladesh election results,

https://www.thehindu.com/opinion/editorial/hasinas-triumph/article25874907.ece, Zugriff 7.3.2019

* NETZ - Partnerschaft für Entwicklung und Gerechtigkeit e.V. (2.1.2016): Bangladesch Aktuell, http://bangladesch.org/bangladesch/aktuell/detailansicht/news/detail/News/kommunalwahlen/cHash/781fa29261a9302cfb84107680f22794.html, Zugriff 7.3.2019

* ÖB DEL - Österreichische Botschaft Neu Delhi (12.2018):

Asylländerbericht Bangladesch [Arbeitsversion].

* Reuters (1.1.2019): Western powers call for probe into Bangladesh election irregularities, violence, https://www.reuters.com/article/us-bangladesh-election/western-powers-call-for-probe-into-bangladesh-election-irregularities-violence-idUSKCN1OV1PK, Zugriff 7.3.2019

* RW - Human Rights Watch (13.12.2018): Bangladesh: Crackdown as Elections Loom, https://www.ecoi.net/de/dokument/1454483.html, Zugriff 7.3.2019

* WPR - World Population Review (o.D.): World Countries by Population Density 2019,

http://worldpopulationreview.com/countries/countries-by-density/. Zugriff 7.3.2019

Sicherheitslage:

Der Hass zwischen den politischen Parteien, insbesondere Awami League und die Bangladesch National Party, ist für den größten Teil an Gewalt im Land verantwortlich (ACLED 9.11.2018; vgl. FH 1.2018). Beide Parteien sind - gemeinsam mit unidentifizierten bewaffneten Gruppen - in Vandalismus und gewalttätige Auseinandersetzungen verwickelt und greifen auch friedliche Zivilisten an (ACLED 9.11.2018).

Von nichtstaatlichen Akteuren (insbesondere Opposition, Islamisten, Studenten) geht nach wie vor in vielen Fällen Gewalt aus. Die öffentliche Sicherheit ist fragil. Das staatliche Gewaltmonopol wird durchbrochen. Es kommt häufig zu Morden und gewalttätigen Auseinandersetzungen aufgrund politischer (auch innerparteilicher) oder krimineller Rivalitäten. Eine Aufklärung erfolgt selten. Politische Auseinandersetzungen werden von allen Lagern - mit einem teilweise massiven Aufgebot an Menschen und unter Rekrutierung von Studenten- und Jugendorganisationen - auf der Straße ausgetragen (AA 27.10.2017). Spontane Streiks und Kundgebungen können jederzeit stattfinden (BMEIA 14.12.2018; vgl. AA 25.2.2019), dabei können Kämpfe zwischen Sicherheitsbehörden und Demonstranten, Brandstiftung, Gewalt und Vandalismus unvorhergesehen auftreten (UKHO 28.2.2019).

Gewalt gegen Zivilisten oder staatliche Kräfte durch Rebellen macht einen relativ kleinen Anteil an allen Gewaltereignissen aus. Es gibt radikale islamistische Gruppen wie die Mujahideen Bangladesh (JMB) und Ansarullah Bangla Team (ABT). Sowohl der Islamische Staat (IS) und Al Qaeda in the Indian Subcontinent (AQIS) geben an, in Bangladesch aktiv zu sein, was von der Regierung jedoch dementiert wird (ACLED 9.11.2018). Im März 2017 kam es zu drei Selbstmordattentaten mit Todesfolge, zu denen sich der Islamische Staat bekannte (BMEIA 14.12.2018, vgl. USDOS 20.4.2018).

Extremistische Gruppen führen Angriffe auf Angehörige vulnerabler Gruppen durch (USDOS 20.4.2018; vgl. AI 22.2.2017; AA 27.10.2017). In vielen Fällen ist nicht eindeutig differenzierbar, ob religiöse Motive oder säkulare Interessen, wie z. B. Racheakte oder Landraub, Grund für die Vorfälle sind. In vielen Fällen wird den Sicherheitsbehörden vorgeworfen, nicht oder zu spät reagiert zu haben, vereinzelt sogar an Gewaltakten aktiv teilgenommen zu haben (AA 27.10.2017).

In der Division Chittagong, insbesondere im Gebiet der Chittagong Hill Tracts (Bezirke Rangamati, Khagrachari und Bandarban) kommt es zu bewaffneten Unruhen und kriminellen Übergriffen (BMEIA 14.12.2018; vgl. AA 25.2.2019; UKHO 28.2.2019). Im Juni 2017 griff eine aufgebrachte Menschenmenge indigene Bewohner der Stadt Langadu im Bezirk Rangamati Hill an und tötete dabei mindestens eine Person. Außerdem wurden Hunderte Häuser niedergebrannt. Berichten zufolge unternahmen Polizisten und Soldaten nichts, um die indigenen Bewohner zu schützen (AI 23.5.2018). Im südöstlichen Verwaltungsbezirk Cox's Bazar der Division Chittagong, hat es zuletzt in bzw. in der Nähe von Flüchtlingslagern vereinzelt gewalttätige Zwischenfälle gegeben. Am 21. Februar 2019 wurden dabei auch ausländische Journalisten angegriffen (AA 25.2.2019).

An der Grenze zu Indien kommt es gelegentlich zu Schusswechseln zwischen indischen und bangladeschischen Grenzwächtern. Regelmäßig werden Menschen getötet, die versuchen, illegal die Grenze zu überqueren (UKHO 28.2.2019).

In der Monsunzeit von Mitte Juni bis Mitte Oktober muss mit Überschwemmungen gerechnet werden, im südlichen Landesdrittel von Oktober bis November und Mitte April bis Mitte Mai grundsätzlich auch mit Wirbelstürmen (AA 25.2.2019). Regelmäßig wiederkehrende Überschwemmungen sowie die Erosion von Flussufern führen zu einer umfangreichen Binnenmigration (AA 27.10.2017). Die Kriminalität hat ist hoch, insbesondere Raubüberfälle (BMEIA 14.12.2018).

Quellen:

* AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (25.2.2019):

Bangladesch: Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/bangladesch-node/bangladeschsicherheit/206292, Zugriff 27.2.2019

* AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (27.10.2017):

Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Oktober 2017).

* ACLED - Armed Conflict Location & Event Data Project (9.11.2018):

The Anatomy of Violence in Bangladesh, https://www.acleddata.com/2018/11/09/the-anatomy-of-violence-in-bangladesh/, Zugriff 6.3.2019

* AI - Amnesty International (23.5.2018): Bangladesch 2017/18, https://www.amnesty.de/jahresbericht/2018/bangladesch, Zugriff 5.3.2019

* BMEIA - Bundesministerium Europa, Integration und Äußeres (14.12.2018): Bangladesch - Reiseinformation, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/bangladesch/, Zugriff 6.3.2019

* FH - Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2018 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/1442339.html, Zugriff 28.2.2019

* ÖB - Österreichische Botschaft Neu Delhi (12.2018):

Asylländerbericht Bangladesch [Arbeitsversion].

* UKHO - UK Home Office (28.2.2019): Foreign travel advice Bangladesh - Safety and security, https://www.gov.uk/foreign-travel-advice/bangladesh/safety-and-security, Zugriff 6.3.2019

* USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430114.html, Zugriff 27.2.2019

Rechtsschutz/Justizwesen:

Das Gerichtssystem besteht aus zwei Instanzen, den untergeordneten Gerichten (Magistrates, Session- und District Judges) und dem Obersten Gerichtshof. Beide verhandeln Zivil- und Strafrechtssachen. Das Rechtssystem beruht weitgehend auf dem englischen "Common Law". Der Oberste Gerichtshof besteht aus zwei Abteilungen, dem "High Court", der Verfassungsfragen verhandelt und als Berufungsinstanz zu den erstinstanzlichen Gerichten fungiert, sowie dem "Appellate Court", dessen Entscheidungen für alle übrigen Gerichte bindend sind. Die Richter beider Abteilungen werden gemäß der Verfassung vom Präsidenten ernannt (ÖB 12.2018).

Die Unabhängigkeit der Richter wird von der Verfassung garantiert. In der Praxis unterstellt allerdings eine schon lange geltende temporäre Bestimmung der Verfassung die erstinstanzlichen Richter der Exekutive. Auch ihre Ernennung und Remuneration ist Sache der Exekutive. Demgegenüber haben die Richter des Obersten Gerichtshofs des Öfteren ihre Unabhängigkeit demonstriert und gegen die Regierung entschieden (ÖB 12.2018). Gemäß einer Verfassungsänderung hat das Parlament seit 2014 das Recht, oberste Richter abzusetzen (USDOS 20.4.2018).

Auf Grundlage mehrerer Gesetze ("Public Safety Act", "Law and Order Disruption Crimes Speedy Trial Act", "Women and Children Repression Prevention Act", "Special Powers Act") wurden Sondertribunale errichtet, die Fälle innerhalb eines festgesetzten Zeitrahmens erledigen müssen. Es fehlen allerdings Vorschriften für den Fall, dass sie dieser Verpflichtung nicht nachkommen. Diese "Speedy Trial" Tribunale haben Medienberichten zufolge in den vergangenen Jahren ca. 200 Personen zum Tode verurteilt (ÖB 12.2018).

Wie die meisten Beobachter von Bangladesch übereinstimmend angeben, stellen Korruption, Ineffizienz der Justiz, gezielte Gewalt gegen Richter und ein gewaltiger Rückstau an offenen Fällen große Probleme dar (ÖB 12.2018). Gerichtsverfahren sind durch eine überlange Verfahrensdauer geprägt, was viele Angeklagten bei der Inanspruchnahme ihres Rechts auf ein faires Verfahren hindert. Weiters kommt es zu Zeugenbeeinflussung und Einschüchterung von Opfern (USDOS 20.4.2018; vgl. FH 1.2018). Strafanzeigen gegen Mitglieder der regierenden Partei werden regelmäßig zurückgezogen (FH 1.2018). Die schiere Zahl der gegen die politische Opposition eingeleiteten Klagen im Vorfeld zur 11. Parlamentswahl vom 30.12.2018, deutet auf ein ungehindertes Spielfel

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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