TE Vwgh Erkenntnis 1958/10/21 0756/56

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Veröffentlicht am 21.10.1958
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §61 Abs1
AVG §63 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Werner als Vorsitzenden und die Räte Dr. Hrdlitzka, Dr. Krzizek, Penzinger und Dr. Striebl als Richter, im Beisein des Regierungsoberkommissärs der nö. Landesregierung Kinscher als Schriftführer, über die Beschwerde der A R in D gegen den Bescheid des Bundesministeriums für Handel und Wiederaufbau vom 8. Februar 1956, Zl. 110.430 - III - 22/56, betreffend Zurückweisung einer Berufung in einer Gewerbesache, nach durchgeführter Verhandlung, und zwar nach Anhörung des Vortrages des Berichters sowie der Ausführungen des Vertreters der Beschwerde, Rechtsanwalt Dr. Josef Dekara, und des Vertreters der belangten Behörde, Ministerialsekretär HR, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Die Bezirkshauptmannschaft Gänserndorf verweigerte mit ihrem Bescheid vom 21. Oktober 1949 der Beschwerdeführerin die Verleihung einer Konzession zum Ausschank und Kleinverschleiß von gebrannten geistigen Getränken gemäß dem § 16 lit. d Gewerbeordnung

im Standort D auf Grund der Bestimmung des § 18 Abs. 3 Gewerbeordnung, weil sich ihren Feststellungen zufolge in D vier Gasthäuser, ein Kaffeehaus und eine Branntweinschenke befinden, für die Erteilung einer weiteren Konzession also ihrer Auffassung nach kein Lokalbedarf gegeben ist.

Der dagegen erhobenen Berufung wurde mit dem namens des Landeshauptmannes vom Amt der Niederösterreichischen Landesregierung erlassenen Bescheid vom 14. September 1951 nicht Folge gegeben. Die Begründung des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft wurde als zutreffend befunden und darüber hinaus festgestellt, daß in der unmittelbaren Nähe des gegenständlichen Lokales Arbeiterwohnungen gelegen sind und daß die früher im gleichen Standort bestandene gleichartige Konzession von der Standortgemeinde als Ursache zahlreicher Raufhändel angegeben worden ist; da nach den behördlichen Feststellungen der nächste Gendarmerieposten 10 Gehminuten entfernt ist, erschien der Behörde die Verweigerung der Konzessionserteilung nicht nur wegen des fehlenden Lokalbedarfes, sondern auch wegen mangelnder Eignung des Lokales in bezug auf dessen Lage gerechtfertigt. Dem Bescheid wurde eine Rechtsmittelbelehrung beigefügt, worin die gegen den Bescheid binnen 2 Wochen schriftlich oder telegraphisch bei der Bezirkshauptmannschaft Gänserndorf einzubringende Berufung als zulässig bezeichnet wurde.

Die Beschwerdeführerin brachte offensichtlich mit Rücksicht auf diese Belehrung abermals Berufung ein. Diese wurde mit dem Bescheid des Bundesministeriums für Handel und Wiederaufbau von 8. Februar 1956 gemäß den §§ 18 Abs. 7 Gewerbeordnung und 66 Abs. 4 AVG als unzulässig zurückgewiesen, weil, wie ausgeführt wurde, beide Instanzen in dem Ausspruch über die Verweigerung der erbetenen Konzession übereinstimmen und daher gemäß der erstangeführten gesetzlichen Bestimmung ungeachtet der vom Amt der Landesregierung gegebenen Rechtsmittelbelehrung eine Berufung nicht zustehe.

In der vorliegenden Beschwerde wird der Bescheid der Ministerialinstanz als angefochten genannt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin rügt die erfolgte Zurückweisung der Berufung als dem Inhalte nach rechtswidrig. Sie bringt vor, daß zwar gemäß dem § 18 Abs. 7 Gewerbeordnung ein Rechtsmittel gegen zwei - wie hier - gleichlautende Bescheide nicht zulässig sei; dies schließe jedoch die Zulassung eines Rechtsmittels durch die Verwaltungsbehörde nicht aus und eben eine solche Zulassung sei dadurch geschehen, daß die Behörde zweiter Instanz die Berufung als zulässig erklärte.

Die Rechtsansicht der Beschwerdeführerin ist unrichtig.

Gemäß dem § 63 Abs. 1 AVG richtet sich das Recht zur Einbringung der Berufung, abgesehen von den in diesem Gesetz besonders geregelten Fällen, nach den Verwaltungsvorschriften. Damit ist gesagt worden, wie schon in dem hg. Erkenntnis vom 2. Juli 1958, Zl. 1453/56, ausgesprochen wurde, daß sich die Zulässigkeit oder die Nichtzulässigkeit einer Berufung aus dem Gesetz ergibt und die Rechtsmittelbelehrung schon entsprechend ihrem Namen nichts anderes als eine Belehrung ist, die das Berufungsrecht weder einräumen noch absprechen kann; ist die Belehrung unrichtig, so kann dies nicht bewirken, daß eine durch das Gesetz als unzulässig erklärte Berufung zulässig würde. Aus dem Hinweis in der Beschwerde auf eine Anmerkung bei Antoniolli (Allgemeines Verwaltungsrecht, Manz 1954, S. 296, Nr. 8) kann die Beschwerdeführerin für ihren Standpunkt nichts gewinnen, weil dort nur von der systematisch denkbaren ausdrücklichen Zulassung einer verwaltungsgerichtlichen Beschwerde durch die Verwaltungsbehörde die Rede ist, wie eine solche im Deutschen Reich möglich war, worum es im vorliegenden Falle aber nicht geht; im übrigen spricht auch Antoniolli (a.a.O., S. 281) davon, daß sich die Zulässigkeit der Berufung nach dem Gesetz bestimmt und niemals nach dem Willen der Behörde. Die durch die Vorschrift des § 18 Abs. 7 Gewerbeordnung über die Abkürzung des Instanzenzuges gedeckte Zurückweisung der Berufung ist daher nicht rechtswidrig, weshalb sich die Beschwerde als unbegründet erweist; gemäß dem § 42 Abs. 1 VwGG 1952 muß dies zu ihrer Abweisung führen.

Die Beschwerdeführerin führt noch an, daß "andernfalls" - womit sie offenbar den Fall meint, daß ihre Rechtsansicht über die Zulässigkeit der Berufung, die zum angefochtenen Bescheid führte, unrichtig ist - der Instanzenzug erschöpft und die Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes - gegen den Bescheid des Landeshauptmannes - erlaubt sei; sie nimmt dies zum Anlaß einer sachlichen Stellungnahme zur Konzessionsverweigerung. Da aber, wie schon dargetan worden ist, als angefochten in der Beschwerde nur der Bescheid der Ministerialinstanz bezeichnet wird, ist dieser allein Gegenstand der Beschwerde, was jede Erörterung der Konzessionsverweigerung entbehrlich macht. Es kann jedoch bemerkt werden, daß die Beschwerdeführerin im Hinblick auf die unrichtige Rechtsmittelbelehrung im Bescheid des Landeshauptmannes gemäß dem § 46 Abs. 2 VwGG 1952 die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu beantragen in der Lage gewesen wäre; dies freilich nur innerhalb der im Abs. 3 der angeführten Gesetzesstelle genannten Frist.

Wien, am 21. Oktober 1958

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1958:1956000756.X00

Im RIS seit

02.06.2020

Zuletzt aktualisiert am

02.06.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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