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EStGNorm
BAO §22Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Hofstätter und die Hofräte Dr. Karlik, Dr. Simon, Dr. Schubert und Dr. Pokorny als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Traumüller, über die Beschwerde des M S in V als Rechtsnachfolger der S Ges. m. b. H., vertreten durch Dr. Erich Aichinger Rechtsanwalt in Vöcklabruck gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom 25. Mai 1983, Zl. 84/5-3/Z-1983, betreffend Haftung für Kapitalertragsteuer, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 8.435,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer M S ist Nachfolgeunternehmer der "S Ges. m. b. H." (im folgenden GesmbH) im Sinne des § 5 Umwandlungsgesetz BGBl. Nr. 187/1954. Die GesmbH wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 24. Februar 1975 zwischen dem Beschwerdeführer und seiner Ehefrau N S. errichtet, das Stammkapital mit S 100.000,-- vereinbart, auf das jeder der beiden Gesellschafter eine Stammeinlage von S 50.000,-- übernahm. Laut Handelsregisterauszug vom 24. September 1975 wurde auf Grund des Gesellschafterbeschlusses vom 7. August 1975 das Stammkapital um S 1,250.000,-- auf S 1,350.000,-- erhöht. Zum Stichtag 1. Jänner 1975 wurde in die GesmbH das aufgewertete Betriebsvermögen der S OHG gemäß Art. III StruktVG eingebracht (aufgewertet wurde nur das Anlagevermögen, und zwar auf S 246.788,-
-; in der Einbringungsbilanz der OHG scheinen als Gesellschafter der Beschwerdeführer mit einem Kapitalkonto von S 1,000.000,-- und seine Frau mit einem Kapitalkonto von S 250.000,-- auf). Am 5. September 1979 beschlossen die Gesellschafter der GesmbH, das Stammkapital um S 900.000,-- auf S 450.000,-- herabzusetzen und die Kapitalherabsetzung zur Rückzahlung von Stammeinlagen und teilweisen Befreiung von der Verpflichtung zur Volleinzahlung von Stammeinlagen zu verwenden (Handelsregistereintragungen 11. September 1979 und 28. Dezember 1979). Aus der Handelsregistereintragung vom 6. Oktober 1981 folgt, daß die GesmbH durch die in der Generalversammlung vom 13. August 1981 beschlossene Umwandlung durch Übertragung des Unternehmens auf den alleinigen Gesellschafter (= Beschwerdeführer) erloschen ist. Die Umwandlung erfolgte unter Anwendung des Art. IV des Bundesgesetzes vom 3. Juli 1980, BGBl. Nr. 320, mit dem das Gesetz über die Gesellschaften mit beschränkter Haftung geändert wird (im folgenden "GmbHGNov 1980").
Am 9. Oktober 1981 erließ das Finanzamt einen an die GesmbH zuhanden des Beschwerdeführers gerichteten Bescheid, mit dem es Kapitalertragsteuer in Höhe von S 180.000,-- festsetzte. In der Begründung verwies das Finanzamt auf einen Vorhalt vom 8. April 1981. Darin war der Standpunkt vertreten worden, Kapitalrückzahlungen aus Anlaß einer Kapitalherabsetzung seien als gesellschaftsrechtliche Vorgänge regelmäßig steuerfrei. Es könnten sich Kapitalherabsetzungen als Mißbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechts erweisen, "wenn z. B. versucht" werde, "bisher unterlassene Gewinnausschüttungen steuerfrei nachzuholen". Im gegebenen Fall betrage der Gewinnvortrag S 917.104,--. Der Vorhalt wurde mit Schriftsatz vom 15. April 1981 beantwortet. Ein Mißbrauch liege nicht vor. Die GesmbH sei aus gewerberechtlichen Notwendigkeiten gegründet worden; diese seien nun entfallen, weil der Beschwerdeführer selbst die notwendige Gewerbeberechtigung erlangt habe. In der Berufung gegen den Bescheid vom 9. Oktober 1981 wurde gerügt, daß das Finanzamt auf die Vorhaltsbeantwortung nicht eingegangen sei; der Bescheid enthalte keine hinreichende Begründung.
Mit Schreiben vom 31. März 1983 erging ein weiterer Vorhalt, in dem die belangte Behörde auf die Höhe der Gewinne der GesmbH 1976 bis 1978 (S 2 Mio. "vor Steuern") verwies, von denen keine Ausschüttungen erfolgt seien. Die so thesaurierten Gewinne hätten es der GesmbH 1979 ermöglicht, auch ohne Einzahlung der ausstehenden Stammeinlagen (S 75.000,--) ein Stammkapital von S 1,350.000,-- auszuweisen. Unter diesen Gesichtspunkten stelle die Kapitalherabsetzung und Rückzahlung sich als teilweise Ausschüttung angesammelter Gewinne dar. Unter Bezugnahme auf deutsches Schrifttum meinte die belangte Behörde, "diese Problematik" sei "in der Fachliteratur mehrfach mit dem Ergebnis behandelt worden", in solchen Fällen eine verdeckte Gewinnausschüttung anzunehmen. In der BRD werde in Anlehnung an die Rechtsprechung des Reichsfinanzhofes die Meinung vertreten, eine verdeckte Gewinnausschüttung liege jedenfalls vor, wenn eine GesmbH geringe Ausschüttungen vornehme und die "unterlassenen Gewinnausschüttungen" durch eine steuerfreie Kapitalherabsetzung nachhole. Auch der vorliegende Fall sei unter dem Gesichtspunkt des § 8 Abs. 1 zweiter Satz KStG 1966 zu beurteilen.
In Beantwortung dieses Vorhaltes wurde mit Schriftsatz vom 8. April 1983 mitgeteilt, es habe keine Veranlassung bestanden, den Gewinn 1976 bis 1978 von S 917.104,-- "(nach Steuern)" auszuschütten. Das Stammkapital von S 1,350.000,-- sei bis auf S 75.000,-- eingezahlt worden. Es handle sich daher um eine "echte" Kapitalrückzahlung. Die Kapitalherabsetzung sei ausschließlich erfolgt, um die durch die GesmbHG-Nov 1980 "gebotene Möglichkeit der Firmenzusammenlegung zu nutzen". Damit sei auch der sogenannte thesaurierte Gewinn ohne Auszahlung in die Einzelfirma eingebracht worden, "weil die komplette Ges. m. b. H.
dadurch mit dem gesamten Anlage- und Umlaufvermögen ... in die
Einzelfirma übernommen wurde". Einen weiteren Vorhalt der belangten Behörde beantwortete der Steuerberater namens der GesmbH (richtigerweise des Beschwerdeführers) am 2. Mai 1983 dahin, die gesamten Vermögenswerte der GesmbH zum 31. Dezember 1980 mit Buchwerten der Aktiva von S 17.110.076,22, Gewinnvortrag von S 1,683.406,-- und Stammkapital von S 450.000,-- seien in die Einzelfirma eingebracht worden. Die am 5. September 1979 beschlossene Kapitalherabsetzung "beinhaltet nur eine Rückzahlung bisher von den Gesellschaftern der Gesellschaft zur Verfügung gestellten Kapitals, das seinerzeit von den Gesellschaftern der Einkommensteuer unterzogen worden war".
Mit dem nun angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung teilweise Folge, indem sie den Haftungsbetrag für die Kapitalertragsteuer auf S 165.000,-- herabsetzte.
In der Begründung des angefochtenen Bescheides gab die belangte Behörde das Verwaltungsgeschehen wieder, darunter auch wörtlich den in den dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten nicht befindlichen Schriftsatz vom 13. Jänner 1982:
"a) Die Firma M S betreibt den Handel mit Industriemaschinen hauptsächlich mit hydraulischen Kränen und sonstigen Geräten der Ladetechnik. Der Hauptsitz ist in V, Betriebsstätten befinden sich in A, in S, in T und einem gesondert geführten Betrieb in der Deutschen Bundesrepublik.
Umsatz in Österreich zwischen 130 und 150 Millionen Schilling.
Wirtschaftliche Gewinne zwischen 7 und 9 Millionen Schilling.
b) Die 'S-Ges.m.b.H.' führt das Kranservice und die
Montage (auf LKW) durch.
Umsatz zwischen 27 und 34 Millionen.
Wirtschaftliche Gewinne zwischen S 500.000,-- und S 900.000,--
.
Entwicklung:
1) Der Handel mit Kränen und Hydraulikanlagen verschiedener in- und ausländischer Fabrikate, machte es von Anfang an notwendig, daß die verkauften Geräte auch montiert und gewartet wurden. Die Firma S als Einzelfirma war dazu gewerberechtlich nicht befugt, weil dazu die Gewerbeberechtigung 'Schlossergewerbe' notwendig war, die mein Klient, M S, nicht besaß.
2) Da ohne Montage, Reparatur und Wartung ein Verkauf nicht möglich war, wurde ursprünglich eine zweite Firma, eine OHG gegründet, an der mein Klient, Herr M S, mit 75 %, seine Gattin NS mit 20 % und Herr P, als Träger der Gewerbeberechtigung mit 5 % beteiligt waren.
3) Die OHG bestand bis zum 1.1.1975, nachdem der Inhaber der Gewerbeberechtigung, Herr P, schon mehrfach gedrängt hatte, aus der OHG ausscheiden zu wollen, weil er selbst als Inhaber einer eigenen Firma, nicht mehr gewerberechtlicher Geschäftsführer der OHG sein wollte.
4) Es wurde daher die oben bezeichnete 'S' Ges.m.b.H. am 24.2.1975 gegründet und die OHG im Wege des Strukturverbesserungsgesetzes in die Ges.m.b.H. eingebracht, wobei das bisherige Mindeststammkapital der Gesellschaft von S 100.000,--
um S 1,250.000,-- durch die Einbringung der OHG, erhöht wurde.
5) In all den Jahren hat sich nachweislich Herr S bemüht, eine eigene Gewerbeberechtigung für das Schlossergewerbe zu erlangen, weil Herr S immer wieder bemüht war, die erzwungene Aufspaltung in zwei Betriebe aufzugeben und nur eine einheitliche Firma zu führen. Dieser Wunsch nach Zusammenlegung ist aktenkundig in wiederholten Besprechungen mit mir überlegt und aus administrativen Gründen für zweckmäßig erachtet worden.
Auch eine Untersuchung des Wirtschaftsförderungsinstitutes über Auftrag meines Klienten im Mai 1974, hat eine Zusammenlegung aus Verwaltungsvereinfachungsgründen empfohlen. Darüber hinaus wurde auch bei der vorangegangenen Betriebsprüfung dieselbe Empfehlung ausgesprochen.
6) Am 27.11.1978 hat mein Klient die Nachsicht für den Gewerbeschein als Schlosser erlangt, sodaß nun aus gewerberechtlicher Sicht keine Hindernisse für die Zusammenlegung der beiden Firmen bestanden.
7) Ich habe daher sofort die Vorarbeiten für die nun mögliche Zusammenlegung der Firmen aufgenommen, wobei ich die Möglichkeiten der inzwischen erfolgten Novellierung des Ges.m.b.H.-Gesetzes vom 2.7.1980 BGBl. 1980/320 genutzt habe, dazu war es notwendig, in der außerordentlichen Generalversammlung vom 5.9.1979 das Kapital der Gesellschaft von S 1,350.000,-- auf S 450.000,-- herabzusetzen und den Geschäftsanteil der Ehegattin auf den Ehegatten zu übertragen.
8) Es bestand auch innerbetrieblich keine Notwendigkeit das erhöhte Stammkapital zu halten. Die Ges.m.b.H. hatte keinen besonderen Kapitalbedarf. Sie hatte auch nur ein sehr niedriges eigenes Anlagevermögen und keinen Liegenschaftsbesitz.
9) In der außerordentlichen Generalversammlung vom 13.8.1981 wurde die Umwandlung der Ges.m.b.H. durch Übertragung des Unternehmens auf den alleinigen Gesellschafter beschlossen im Zusammenhalt mit den Vorschriften des zweiten Abschnittes des Umwandlungsgesetzes in Verbindung mit Artikel IV des Bundesgesetzes vom 2.7.1980, Nr. 320."
Ferner führte die belangte Behörde unter Bezugnahme auf die in Betracht kommenden Gesetzesbestimmungen im wesentlichen aus, die Kapitalherabsetzung vom 5. September 1979 sei mehr als ein Jahr vor dem "Zusammenschluß" der GesmbH mit dem Einzelunternehmen des Beschwerdeführers zum 1. Jänner 1981 "wirksam geworden". Nach "der Parteidarstellung" hätten die durch die Kapitalherabsetzung "frei gewordenen Mittel dem Betrieb also in irgendwelcher Form, etwa als gewöhnliche Einlagen oder als Darlehen, gedient haben müssen". Dafür gebe es nach der Aktenlage keine Anhaltspunkte, denn in den Bilanzen der GesmbH zum 31. Dezember 1979 und zum 31. Dezember 1980 scheine nur das verminderte Stammkapital, nicht aber Einlagen oder Darlehensforderungen der Gesellschafter auf. Daraus könne in Übereinstimmung mit einer "Bilanzbeilage" geschlossen werden, daß die Beträge zumindest insoweit den Gesellschaftern zugeflossen seien, als sie nicht auf die ausstehenden Stammeinlagen angerechnet worden seien, sohin dem Beschwerdeführer S 662.500,-- und seiner Ehefrau S 162.500,--. Diese Beträge unterlägen als verdeckte Gewinnausschüttung der Kapitalertragsteuer. Im übrigen verwies die belangte Behörde auf ihre in den zitierten Vorhalten vertretene Rechtsansicht, eine verdeckte Gewinnausschüttung liege vor, wenn eine GesmbH zunächst keine Ausschüttungen vornehme, "um die in der Zwischenzeit angesammelten Gewinne durch eine Kapitalherabsetzung an die Anteilseigner auszubezahlen".
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes, allenfalls Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Gemäß § 27 Abs. 2 Z. 1 EStG 1972 gehören zu den Einkünften aus Kapitalvermögen auch besondere Entgelte oder Vorteile, die neben den in Abs. 1 bezeichneten Einkünften oder an deren Stelle gewährt werden. Auch von diesen "besonderen Entgelten und Vorteilen", die von inländischen Kapitalgesellschaften gewährt werden, ist Kapitalertragsteuer einzubehalten und abzuführen (§ 93 Abs. 1 und Abs. 2 EStG 1972). Verdeckte Gewinnausschüttungen im Sinne des § 8 Abs. 1 zweiter Satz KStG 1966 sind Einkünfte nach § 27 Abs. 2 Z. 1.
Im Beschwerdefall ist strittig, ob es als Folge der Kapitalherabsetzung, die die Generalversammlung am 5. September 1979 beschlossen hat, zu einer verdeckten Gewinnausschüttung gekommen ist oder nicht.
Der belangten Behörde kann nur insoweit gefolgt werden, als sie die zutreffende Meinung vertritt, Rückzahlungen von gebundenem Kapital einer Kapitalgesellschaft führten grundsätzlich zu keiner Steuerpflicht bei den Gesellschaftern. Die Verminderung des Reinvermögens der Gesellschaft, mit der eine Veränderung des Grund- oder Stammkapitals verknüpft ist, ist in der Regel keine Gewinnausschüttung (vgl. Blümich-Falk11, 209, und Blümich-Klein-Steinbring, Körperschaftsteuergesetz3, S. 330 f). Der belangten Behörde ist einzuräumen, daß schon der Reichsfinanzhof und ihm folgend der Bundesfinanzhof und das deutsche Schrifttum die Rechtsansicht vertreten haben, in Anwendung des § 6 StAnpG (entspricht dem § 22 BAO über das Verbot des Mißbrauches von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechts) seien Ausnahmen von dem erwähnten Grundsatz möglich. Dies im wesentlichen dann, wenn ein oder wenige Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft kraft seiner (ihrer) beherrschenden Stellung es in der Hand hat (haben), gesellschaftsrechtliche Beschlüsse zu initiieren, deren Sinn und Folge praktisch die Substituierung von Ausschüttungsbeschlüssen durch Beschlüsse über die Kapitalherabsetzung ist. Aus den zahlreichen Beispielen sei hier auf die Urteile des Reichsfinanzhofes vom 27. März 1935, RStBl. 1935, 650; vom 14. September 1935, RStBl. 1935, 1569; vom 14. September 1935, RStBl. 1936, 121; vom 26. August 1936, RStBl. 1936, 998; und vom 13. April 1937, RStBl. 1937, 583, verwiesen. Die dort zum Ausdruck gebrachten Überlegungen können auf den Beschwerdefall jedoch nicht ohne weiteres übertragen werden; einerseits unterscheiden sich jene Fälle vom vorliegenden, was den Sachverhalt anlangt, zum Teil wesentlich, und dann haben sie den Mißbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechts unterstellt, ein Handeln der Beteiligten also, das die belangte Behörde - abweichend von der erstinstanzlichen Bescheidbegründung - nicht festgestellt hat.
Dazu kommt folgende Überlegung:
Das Stammkapital der GesmbH wurde zum Teil durch Übernahme der Stammeinlagen gegen Barleistung, zum größeren Teil durch Sacheinlage (Einbringung des Betriebsvermögens der ehemaligen OHG nach Art. III StruktVG) aufgebracht. Diesem Kapital entspricht also schon versteuertes oder überhaupt nicht steuerpflichtiges Vermögen. Seine Rückzahlung unter Einhaltung der für eine Kapitalherabsetzung geltenden formellen Voraussetzungen des Gesellschaftsrechts ist daher grundsätzlich nicht steuerpflichtig, und zwar gleichgültig, ob die durch die Kapitalherabsetzung freiwerdenden Mittel den Gesellschaftern zurückgezahlt und von ihnen in Form von Darlehen etc. der GesmbH wieder zur Verfügung gestellt oder von den Gesellschaftern anderwärtig ohne Widmung für die Gesellschaft verwendet worden sind.
Was die belangte Behörde an dem gegebenen Sachverhalt in Wahrheit auszusetzen hat, ist die von den Gesellschaftern der GesmbH zufolge der Kapitalherabsetzung unter den Betrag von S 500.000,-- herbeigeführte Anwendbarkeit des Art. IV § 1 Abs. 1 GmbHGNov 1980. Diese Bestimmung lautet:
"Beschließt eine Gesellschaft, die gemäß Artikel III §§ 2 und 4 zur Einzahlung des Fehlbetrages auf 250 000 S oder zur Kapitalerhöhung verpflichtet ist, ihre Umwandlung nach dem Bundesgesetz vom 7. Juli 1954, BGBl. Nr. 187, über die Umwandlung von Handelsgesellschaften, durch Übertragung des Unternehmens auf einen Gesellschafter (Nachfolgeunternehmer) oder auf eine offene Handelsgesellschaft oder Kommanditgesellschaft (Nachfolgeunternehmen), und wird der Beschluß bis längstens 31. Dezember 1986 zum Handelsregister angemeldet, so unterbleibt bei der umgewandelten Gesellschaft, wenn ihre Buchwerte weitergeführt werden, eine Besteuerung gemäß den §§ 18 und 19 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes 1966, BGBl. Nr. 156. Bei den Anteilseignern löst eine solche Umwandlung keine Besteuerung vom Einkommen und Ertrag aus."
Nun konnte in der Tat die Berechtigung der von der belangten Behörde bestätigten Besteuerung bejaht werden, weil ja die Kapitalherabsetzung ausschließlich oder überwiegend erfolgte, um die zitierte Begünstigungsbestimmung in Anspruch zu nehmen.
Dem steht jedoch entgegen:
1. Die belangte Behörde hat - worauf schon hingewiesen wurde -
eine Feststellung über das Vorliegen eines Mißbrauches von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten nicht getroffen. Es kann daher auch dahingestellt bleiben, welche Bedeutung die von der belangten Behörde nicht widerlegte und in die Begründung des Bescheides aufgenommene Darstellung des Beschwerdeführers über Motiv und Hergang der Gesellschaftsgründung unter dem Gesichtswinkel des § 22 Abs. 1 BAO hat.
2. Der Gesetzgeber hat für den Beschwerdefall gleichgelagerte Fälle eine ausdrückliche Regelung vorgesehen:
In Art. IV § 1 Abs. 5 GmbHGNov 1980 ist unter Z. 2 ausdrücklich bestimmt, daß die Abs. 1 bis 4 des § 1 nicht anzuwenden sind, wenn das Stammkapital der Gesellschaft nach dem 31. Dezember 1979 durch Kapitalherabsetzung auf einen Betrag von weniger als S 500.000,-- herabgesetzt worden ist. Daraus ist unmittelbar auf den Willen des Gesetzgebers zu schließen, daß vor dem maßgebenden Stichtag erfolgte Herabsetzungen des Stammkapitals der Anwendung des zitierten Art. IV § 1 Abs. 1 nicht im Wege stehen, selbst wenn sie nur stattgefunden haben, um die gegenständliche Abgabenbegünstigung in Anspruch zu nehmen. Im Beschwerdefall erfolgte sowohl der Gesellschafterbeschluß über die Kapitalherabsetzung wie seine Eintragung im Handelsregister vor dem 31. Dezember 1979.
Zusammenfassend ergibt sich, daß weder auf Grund allgemeiner abgabenrechtlicher Normen noch auf Grund der Sondervorschriften der GmbHGNov 1980 ein hinreichender Anhaltspunkt gegeben ist, die Kapitalherabsetzung auch nur teilweise einer Gewinnausschüttung im Sinne des § 27 Abs. 2 Z. 1 EStG 1972 gleichzusetzen.
Die Beschwerde erweist sich somit als begründet. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Von der Durchführung der vom Beschwerdeführer beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 lit. f VwGG 1965 in der Fassung BGBl. Nr. 203/1982 abgesehen werden, da die Schriftsatze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten erkennen ließen, daß die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten hätte lassen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 221/1981.
Wien, am 24. Jänner 1984
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1984:1983140130.X00Im RIS seit
02.06.2020Zuletzt aktualisiert am
02.06.2020