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AbgabenverfahrenNorm
BAO §245 Abs3Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Reichel und die Hofräte, Dr. Schubert, Dr. Hnatek, Dr. Pokorny und Dr. Karger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Tobola, über die Beschwerde des AJ in S, vertreten durch Dr. Herbert Troyer, Rechtsanwalt in Salzburg, Kaigasse 27, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Salzburg vom 26. August 1985, Zl. 53- GA3-DZ/1985, betreffend Zurückweisung einer Berufung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1.1. Der Beschwerdeführer brachte in bezug auf den Umsatz-, Einkommen- und Gewerbesteuerbescheid des Finanzamtes für das Jahr 1982 vom 19. September 1984 am 16. Oktober 1984 ein Ansuchen um Erstreckung der Rechtsmittelfrist ein. Dieses Ansuchen wies das Finanzamt mit einem am 31. Oktober 1984 zugestellten Bescheid ab. Am 13. November 1984 erhob der Beschwerdeführer Berufung gegen die genannten Abgabenbescheide und weiters (im selben Schriftsatz) gegen Abgabenbescheide für die Jahre 1979 bis 1981.
1.2. Das Finanzamt erließ zur "Berufung gegen Umsatz-, Einkommen- und Gewerbesteuerbescheid 1979-1982 vom 30. Oktober 1984" den bescheidmäßigen Mängelbehebungsauftrag vom 16. November 1984. Mit Bescheid vom 13. Dezember 1984 verlängerte das Finanzamt die im Mängelbehebungsauftrag ursprünglich vorgesehene Mängelbehebungsfrist auf Ersuchen des Beschwerdeführers bis 30. Dezember 1984.
1.3. Mit Bescheid vom 10. Jänner 1985 wies das Finanzamt die Berufung gegen den Einkommen-, Umsatz- und Gewerbesteuerbescheid für das Jahr 1982 als verspätet zurück ("Zurückweisungsbescheid"). Über die gegen den Zurückweisungsbescheid erhobene Berufung traf das Finanzamt eine abweisende Berufungsvorentscheidung, worauf der Beschwerdeführer die Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz begehrte.
1.4. Mit dem nunmehr beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid gab auch die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers gegen Zurückweisungsbescheid keine Folge. Sie legte begründend dar, im Beschwerdefall sei die Berufungsfrist, die am 22. Oktober 1984 abgelaufen wäre, durch das am 16. Oktober 1984 eingebrachte Fristverlängerungsansuchen gehemmt worden. Dem Beschwerdeführer sei somit noch eine restliche First von sechs Tagen nach Zustellung der abweislichen Entscheidung am 31. Oktober 1984 zur Einbringung der Berufung zur Verfügung gestanden, so daß die Berufungsfrist endgültig am 6. November 1984 abgelaufen sei. Da die Berufung erst am 13. November 1984 eingebracht worden wäre, sei sie eindeutig als verspätet anzusehen.
Des weiteren zeigte die belangte Behörde (im angefochtenen Bescheid naher ausgeführt) auf, daß das Finanzamt das Ansuchen um Erstreckung der Rechtsmittelfrist (Punkt 1.1.) zu Recht abgewiesen habe.
Zum Hinweis des Beschwerdeführers im Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz auf den "Mängelbehebungsbescheid" vom 13. Dezember 1984 (siehe Punkt 1.2.), mit welchem nach den Ausführungen des Beschwerdeführers die Finanzbehörde bereits eine Fristverlängerung bis 30. Dezember 1984 bewilligte, damit auch eine Behandlung der eingebrachten Berufung dokumentierte und diese nicht mangels Rechtsmittelfristüberschreitung zurückwies, bemerkte die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid, daß die Berufungsbehörde keineswegs an fehlerhafte verfahrensrechtliche Schritte der Erstinstanz gebunden sei, sondern völlig neu zu entscheiden habe.
Da die Abweisung des Fristverlängerungsansuchens im Einklang mit den Bestimmungen des § 245 BAO erfolgt sei, habe die Berufungsfrist am 6. November 1984 geendet. Die erst am 13. November 1984 eingebrachte Berufung wies deshalb das Finanzamt - dem angefochtenen Bescheid zufolge - zu Recht gemäß § 273 Abs. 1 lit. b BAO als nicht fristgerecht eingebracht zurück.
1.5. Vorliegende Beschwerde macht sowohl inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides als auch dessen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht verletzt, daß trotz Vorliegens eines rechtskräftigen Fristverlängerungsbescheides bis 30. Dezember 1984 das fristgerecht eingebrachte ordentliche Rechtsmittel der Berufung gegen die Abgabenbescheide für 1982 infolge Fristversäumnis "nicht angenommen" worden sei, weiters auch im Recht auf ordnungsmäßige bzw. gesetzmäßige Veranlagung und ein gesetzmäßiges Verfahren.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
2.1. Da eine Veranlagung (Abgabenfestsetzung) nicht Gegenstand des angefochtenen Bescheides ist, gehen auch alle diesbezüglichen Einwände ins Leere.
2.2. Die belangte Behörde hat auf Grund des von ihr festgestellten Sachverhaltes (siehe Punkt 1.4.) die Berufung des Beschwerdeführers gegen die Abgabenbescheide für das Jahr 1982 zu Recht als verspätet angesehen (siehe § 245 Abs. 1, 3 und 4 BAO sowie Stoll, BAO-Handbuch, Seite 609 zweiter Absatz). Der Beschwerdeführer wirft der belangten Behörde eine dem § 245 BAO nicht entsprechende Fristenberechnung auch nicht vor. Die Beschwerde behauptet weiters nicht, daß das Ansuchen vom 16. Oktober 1984 um Erstreckung der Rechtsmittelfrist (Punkt 1.1.) zu Unrecht abgewiesen worden wäre. Mit der vom angefochtenen Bescheid abweichenden Angabe des Endes der Rechtsmittelfrist mit 24. Oktober 1984 (statt mit 22. Oktober 1984, siehe Punkt 1.4.) aber bestätigt der Beschwerdeführer letztlich, daß er die Berufung gegen die Abgabenbescheide für 1982 verspätet einbrachte: Denn bezogen auf den 24. Oktober 1984 bewirkte das am 16. Oktober 1984 eingebrachte Fristerstreckungsansuchen eine Hemmung des Fristenlaufes von acht Tagen (statt der von der belangten Behörde angenommenen sechs Tage - siehe Punkt 1.4.). Bezogen auf das Ende der Hemmung des Fristenlaufes mit Zustellung des Bescheides über die Abweisung der Fristverlängerung am 31. Oktober 1984 (Punkt 1.1.) lief dann die Rechtsmittelfrist am Donnerstag, dem 8. November 1984, ab (siehe nochmals Stoll, a.a.O.). Daran, daß die erst am 13. November 1984 eingebrachte Berufung verspätet ist, ändert sich also nichts.
2.3. Der Beschwerdeführer meint aber, der angefochtene Bescheid sei rechtswidrig, weil er auf die in Rechtskraft erwachsenen Bescheide des Finanzamtes vom 16. November 1984, betreffend Mängelbehebung, und vom 13. Dezember 1984, betreffend Fristerstreckung für die Mängelbehebung (siehe Punkt 1.2.), nicht Bedacht nehme.
Diese Bescheide sind jedoch deshalb unerheblich, weil sie ja nicht bewirkten, daß die Berufung fristgerecht eingebracht war. Wurde aber eine Berufung gegen einen von ihr erlassenen Bescheid nicht fristgerecht eingebracht, so hat die Abgabenbehörde erster Instanz die Berufung gemäß § 273 Abs. 1 lit. b BAO durch Bescheid zurückzuweisen. Dem gesetzlichen Gebot, daß eine verspätete Berufung zurückzuweisen ist, kann es keinen Abbruch leisten, wenn die Abgabenbehörde erster Instanz die Verspätung zunächst nicht wahrnimmt und sich mit dem verspätet eingebrachten Rechtsmittel etwa in Form von Vorhalten oder Mängelbehebungsaufträgen befaßt (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 2. Juli 1965, Zl. 481/65, Slg. Nr. 3306/F); sobald die Abgabenbehörde die Verspätung erkennt, hat sie die Berufung (vor Berufungserledigung) zurückzuweisen (siehe Stoll, a.a.O., Seite 657).
Schließlich hätte sogar die belangte Behörde den Zurückweisungsgrund aufgreifen müssen, wenn ihn das Finanzamt übersehen hätte (siehe § 278 BAO und die Ausführungen von Stoll, a. a.O., hiezu).
2.4. Der angefochtene Bescheid läßt sohin keine Rechtswidrigkeit erkennen. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG und die Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243.
Wien, am 18. März 1986
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1986:1985140148.X00Im RIS seit
03.06.2020Zuletzt aktualisiert am
03.06.2020