TE Vwgh Erkenntnis 1989/3/22 88/18/0378

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Veröffentlicht am 22.03.1989
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Index

StVO

Norm

StVO 1960 §2 Abs1 Z10
StVO 1960 §8 Abs4
VwRallg

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Präsident Dr. Petrik und die Hofräte Dr. Pichler und Dr. Domittner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hollinger, über die Beschwerde des Dr. PS, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 19. Oktober 1988, Zl. MA 70- 10/1573/88/Str, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt (Land) Wien Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem gemäß § 66 Abs. 2 AVG 1950 ergangenen Berufungsbescheid der Wiener Landesregierung vom 19. Oktober 1988 wurde der Beschwerdeführer im Instanzenzug für schuldig erkannt, er habe am 25. Juni 1987 um 10.50 Uhr in Wien 1, Kärntnerstraße 61, als Lenker eines dem Kennzeichen nach bestimmten Pkws mit diesem mit vier Rädern auf dem Gehsteig gehalten und somit letzteren vorschriftswidrig benützt. Er habe hiedurch eine Verwaltungsübertretung nach § 8 Abs. 4 der Straßenverkehrsordnung 1960 begangen; es wurde eine Geld- und eine Ersatzarreststrafe verhängt. Zur Frage des Verschuldens des Beschwerdeführers - die objektive Verwirklichung des Tatbestandes war vom Beschwerdeführer nicht bestritten worden - führte die Berufungsbehörde unter anderem aus, der Beschwerdeführer hätte als geschulter Kraftfahrzeuglenker aus folgenden Gründen erkennen müssen, daß es sich beim Tatort um keinen Parkplatz, sondern um einen Gehsteig gehandelt habe:

Es seien keine Bodenmarkierungen vorhanden gewesen, nach denen ausnahmsweise (§ 23 Abs. 2 StVO) das Aufstellen von Fahrzeugen auf Gehsteigen erlaubt sei. Ein Hinweiszeichen auf einen Parkplatz im Sinne des § 53 Abs. 1 Z. la StVO sei nicht vorhanden gewesen. Eine bloße Gehsteigabschrägung ohne ein solches Hinweiszeichen oder ohne eine Bodenmarkierung gestatte aber das Abstellen von Fahrzeugen auf Gehsteigen nicht; eine solche diene entweder zum Ein- und Ausfahren in Haus- und Grundstückseinfahrten oder Rollstuhlfahrern zum Auffahren auf oder zum Abfahren vom Gehsteig. Nach den Angaben des Meldungslegers sei der Zugang zum Gehsteig zwar leicht abgeschrägt, aber der Gehsteig als solcher zweifelsfrei erkennbar gewesen. Nach einer Mitteilung der Magistratsabteilung 28 diene die Gehsteigabschrägung zur Erleichterung des Verkehrs für Fahrzeuge von Behinderten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 8 Abs. 4 StVO ist die Benützung von Gehsteigen mit Fahrzeugen aller Art verboten. Dieses Verbot gilt nicht für das Überqueren von Gehsteigen mit Fahrzeugen auf den hiefür vorgesehenen Stellen. Gemäß § 2 Abs. 1 Z. 10 StVO ist ein Gehsteig ein für den Fußgängerverkehr bestimmter, von der Fahrbahn durch Randsteine, Bodenmarkierungen oder dergleichen abgegrenzter Teil der Straße.

Im gesamten Verwaltungsstrafverfahren und auch im Beschwerdevorbringen wurde vom Beschwerdeführer nie bestritten, daß der Tatort von der Fahrbahn durch Randsteine abgegrenzt war. Die belangte Behörde hat auch diese Sachverhaltsannahme ihrer Entscheidung zugrundegelegt.

Im Lichte dieser Tatsache erweisen sich die Beschwerdeausführungen nicht als gerechtfertigt.

Es trifft zu, daß unverschuldeter Tatsachenirrtum auch bei Ungehorsamsdelikten entschuldigt. Die belangte Behörde hat jedoch ohne Rechtsirrtum das Vorliegen eines solchen Tatsachenirrtums des Beschwerdeführers verneint und daher sein Verschulden an der Begehung der Verwaltungsübertretung als erwiesen angenommen.

Die Tatsache der Abschrägung einer Randsteinkante vermag der durch diese Kante begrenzten Fläche nicht die Eigenschaft eines Gehsteiges zu nehmen (vgl. Erkenntnis vom 20. Dezember 1984, Zl. 84/02B/0137). Am Charakter einer Verkehrsfläche als Gehsteig würde unter anderem zu zweifeln sein, wenn die strittige Fläche wenigstens zum Teil auf gleichem Niveau wie die Fahrbahn gelegen wäre (vgl. Erkenntnis vom 20. Februar 1986, Zl. 85/02/0244). Ein solcher Sachverhalt lag aber der gegenständlichen Bestrafung nicht zugrunde.

Der unentschuldbare Rechtsirrtum des Beschwerdeführers liegt offenbar in der Annahme, überall wo eine Abschrägung vorhanden sei, sei kein Gehsteig im Sinne der zitierten Gesetzesbestimmung gegeben. Die Unrichtigkeit dieser Ansicht hat bereits die belangte Behörde zutreffend festgestellt.

Daß schließlich aus dem Fehlverhalten anderer Verkehrsteilnehmer keine Schlüsse auf das Verschulden der Beschwerdeführer gezogen werden können, hat die belangte Behörde gleichfalls ohne Rechtsirrtum erkannt.

Dem Straßenerhalter oder der Behörde stand es frei, durch bauliche Maßnahmen wie z.B. Anbringung von Ketten, die Eigenschaft der Verkehrsfläche als Gehsteig noch besonders zu betonen; ein Rückschluß darauf, ohne solche bauliche Maßnahmen sei der Gehsteig als solcher nicht erkennbar gewesen, kann im Hinblick auf die unbestrittene Tatsache des Vorhandenseins eines Randsteines nicht gezogen werden.

Da es somit der Beschwerde nicht gelungen ist, die von ihr behauptete Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGB1. Nr. 243.

Wien, am 22. März 1989

Schlagworte

Definition von Begriffen mit allgemeiner Bedeutung VwRallg7 Gehsteig

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1989:1988180378.X00

Im RIS seit

02.06.2020

Zuletzt aktualisiert am

02.06.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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