TE Vwgh Beschluss 2020/4/15 Ra 2019/19/0549

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 15.04.2020
beobachten
merken

Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof

Norm

B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zens sowie den Hofrat Dr. Pürgy und die Hofrätin Dr.in Lachmayer als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Schara, in der Revisionssache des R A in S, vertreten durch Mag. Georg Friedrich Lugert, Rechtsanwalt in 3100 St. Pölten, Dr. Karl Renner Promenade 10, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 4. November 2019, L504 2216653-1/9E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber, ein staatenloser Palästinenser aus Gaza, stellte am 25. September 2018 einen Antrag auf internationalen Schutz. Zu seinen Fluchtgründen gab er an, wiederholt von der Hamas bedroht worden zu sein.

2 Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) wies mit Bescheid vom 7. März 2019 den Antrag zur Gänze ab, erteilte dem Revisionswerber keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Israel beziehungsweise in die Palästinensischen Autonomiegebiete zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise setzte das BFA mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest. 3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 4. November 2019 wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers - ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung - als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei. 4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 5 In der vorliegenden außerordentlichen Revision wird zur Begründung ihrer Zulässigkeit ausgeführt, dem BVwG sei vor dem Hintergrund näher bezeichneter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung bereits dann anzunehmen sei, wenn Verfolgungshandlungen in der Zukunft zu befürchten sind, eine Fehlbeurteilung unterlaufen.

Eine Abweichung von der ständigen Rechtsprechung liege auch deshalb vor, weil das BVwG in unrichtiger Anwendung des § 50 FPG davon ausgegangen sei, dass beim Revisionswerber keine Gründe im Sinn des Art. 3 EMRK im Herkunftsstaat vorliegen würden. Das BVwG habe sich nicht einmal die Mühe gemacht, auf die konkrete Situation des Revisionswerbers einzugehen.

Schließlich habe das BVwG mit der "Bestätigung der Rechtmäßigkeit des gegenständlichen Verfahrens" ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung gegen fundamentale, von Art. 6 EMRK eingeräumte Rechte der Partei eines Verwaltungsverfahrens verstoßen.

6 Wird eine Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geltend gemacht, ist in der gesonderten Zulassungsbegründung konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung über die Revision zu lösen hätte und in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht. Lediglich pauschale Behauptungen erfüllen diese Voraussetzungen nicht (vgl. VwGH 13.2.2020, Ra 2019/19/0570, mwN).

7 Die vorliegende Zulässigkeitsbegründung, die weder eine konkrete Rechtsfrage anführt, in welcher das angefochtene Erkenntnis von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweichen würde, noch darlegt, worin die behauptete Abweichung genau bestehen würde, entspricht den oben genannten Anforderungen nicht.

8 Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist ein Absehen von der mündlichen Verhandlung gemäß § 21 Abs. 7 erster Fall BFA-VG dann gerechtfertigt, wenn der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben wurde und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweist. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt (vgl. grundlegend VwGH 28.5.2014, Ra 2014/20/0017, 0018; aus der neueren Rechtsprechung etwa VwGH 29.8.2019, Ra 2019/19/0138).

9 Mit dem pauschalen Vorbringen, der Revisionswerber wäre durch die Nichtdurchführung einer mündlichen Verhandlung in seinen Rechten gemäß Art. 6 EMRK (eine solche Rechtsverletzung kommt schon in Hinblick auf den Entscheidungsgegenstand nicht in Betracht) verletzt, wird nicht dargetan, dass im vorliegenden Fall die Voraussetzungen für die Abstandnahme von einer mündlichen Verhandlung nicht vorgelegen wären.

10 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 15. April 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019190549.L00

Im RIS seit

02.06.2020

Zuletzt aktualisiert am

02.06.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten