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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
ABGB §7;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Rigler, Dr. Handstanger und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Keller, über die Beschwerde des S, vertreten durch Dr. Thomas Romauch, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Landstraßer Hauptstraße 7, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 22. November 1996, Zl. SD 883/96, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) wurde gegen den Beschwerdeführer, einen Staatsangehörigen von Bangladesh, gemäß § 17 Abs. 1 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, die Ausweisung verfügt.
Der Beschwerdeführer sei am 2. Oktober 1991 in das Bundesgebiet eingereist und habe in weiterer Folge einen Asylantrag gestellt, der ebenso rechtskräftig abgewiesen worden sei wie ein Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung. Der Beschwerdeführer habe zwar gegen die beiden negativen Berufungsbescheide Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof eingebracht, doch habe dieser Gerichtshof in keinem Fall der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuerkannt. Die Erstbehörde sei demnach zu Recht davon ausgegangen, daß die Voraussetzung des § 17 Abs. 1 erster Halbsatz FrG im Fall des Beschwerdeführers gegeben sei.
Was die Zulässigkeit der Ausweisung im Grunde des § 19 FrG betreffe, sei festzuhalten, daß der Beschwerdeführer keinerlei familiäre Bindungen in Österreich habe und solche auch nicht geltend mache. Im Hinblick darauf, daß gegen den Beschwerdeführer vom 2. Oktober 1991 bis zum 13. April 1994 ein Aufenthaltsverbot bestanden habe, könne er sich auch nicht mit Erfolg auf einen relevanten Eingriff in sein Privatleben berufen. Selbst wenn man unbeschadet dessen dennoch einen mit der Ausweisung verbundenen Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers annehmen wollte, wäre für ihn nichts gewonnen. Er habe zunächst die Rechtmäßigkeit seines Aufenthaltes in Österreich aufgrund einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung im Rahmen des Asylverfahrens erreicht, wobei sich der diesbezügliche Antrag des Beschwerdeführers mittlerweile als unbegründet erwiesen habe. In einem solchen Fall sei die Ausweisung im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (konkret: im Interesse eines geordneten Fremdenwesens) dringend geboten.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1.1. Die Beschwerde läßt die maßgebliche Feststellung der belangten Behörde, daß sowohl der Asylantrag als auch der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung rechtskräftig abgewiesen worden sei und seinen Beschwerden gegen diese Bescheide aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt worden sei, unbestritten.
1.2. Der Beschwerdeführer wendet indes - als Rechts- wie auch als Verfahrensrüge - gegen den angefochtene Bescheid ein, daß sowohl "sein Verfahren betreffend Zuerkennung von Asyleigenschaft" als auch das "Verfahren betreffend Erlangung einer Aufenthaltsbewilligung" noch nicht "meritorisch erledigt" sei, sodaß die vorliegende Ausweisung unzulässig sei. Daran ändere der Umstand nichts, daß der Verwaltungsgerichtshof in beiden Fällen seinen Beschwerden aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt habe. Die "Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung etwa in Fremdenangelegenheiten (sei) derart uneinheitlich, daß von keinen Richtlinien gesprochen werden" könne. Die belangte Behörde hätte es (daher) nicht bei der Feststellung der Nichtzuerkennung der aufschiebenden Wirkung belassen dürfen, sondern hätte anhand des Asylaktes sowie des Aufenthaltsbewilligungsaktes zu klären gehabt, ob sein Antrag auf Gewährung von Asyl bzw. auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung begründet wäre oder nicht. Das bloße Abstellen auf die Rechtskraft der abweisenden Bescheide reiche nicht aus, zumal die "Vielzahl von Verfahren beim Gerichtshof des öffentlichen Rechts" in den letzten Jahren gezeigt habe, daß es wiederholt zu Behebungen der Bescheide der belangten Behörden komme, die "oft in strenger Entsprechung politischer Vorgaben entschieden" hätten. Eine meritorisch-positive Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes betreffend seinen Asylantrag bzw. seinen Antrag nach dem Aufenthaltsgesetz hätte die Konsequenz, daß die "zeitlich früher" erlassene Ausweisung "nachträglich gesehen eigentlich unzulässig" wäre. Schließlich sei die formelle Rechtskraft der beiden in Rede stehenden negativen Bescheide nach Meinung des Beschwerdeführers "erst dann als endgültig anzusehen", wenn sowohl das asylrechtliche als auch das aufenthaltsrechtliche Verfahren "meritorisch-negativ" entschieden seien.
Dieses Vorbringen ist verfehlt.
Gemäß § 17 Abs. 1 erster Halbsatz FrG sind Fremde mit Bescheid auszuweisen, wenn sie sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten. Aus § 15 Abs. 1 FrG - soweit hier von Bedeutung - ergibt sich, daß sich Fremde dann rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, wenn ihnen eine Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz erteilt wurde oder ihnen eine Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz 1991 zukommt. Beides liegt im Fall des Beschwerdeführers nicht vor, wurden doch - wie erwähnt unbestritten - sowohl sein Antrag nach dem Aufenthaltsgesetz als auch sein Asylantrag negativ beschieden. Überdies hat der Verwaltungsgerichtshof seinen Beschwerden gegen diese Bescheide aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt. Der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, daß der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 4. September 1997, Zl. 96/18/0134, (unter Hinweis auf eine im Wege der Lückenfüllung zu erweiternde Anwendung des § 17 Abs. 4 FrG), ausgesprochen hat, daß eine aufgrund einer (zum Zeitpunkt ihrer Erlassung rechtmäßigen) Ausweisung gegebene Ausreiseverpflichtung des Fremden gemäß § 22 Abs. 1 FrG nach Aufhebung des eine Aufenthaltsbewilligung versagenden Bescheides durch den Verwaltungsgerichtshof nicht mehr besteht.
1.3. Vor diesem Hintergrund ist die Auffassung der belangten Behörde, daß sich der Beschwerdeführer rechtswidrig in Österreich aufhält, nicht als rechtsirrig zu erkennen. Die belangte Behörde hat somit das Vorliegen der Voraussetzung des § 17 Abs. 1 erster Halbsatz FrG für die vorliegende Ausweisung zutreffend bejaht.
2. Die von der Beschwerde nicht bekämpfte rechtliche Beurteilung der belangten Behörde, wonach - unter der Annahme eines im Sinn des § 19 FrG relevanten Eingriffs in das Privat- und Familienleben - die Ausweisung des Beschwerdeführers zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele (hier: die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens) dringend geboten sei, ist nicht als rechtswidrig zu erkennen. Zum einen kommt den für die Einreise und den Aufenthalt von Fremden getroffenen Regelungen und deren Befolgung durch den Normadressaten aus der Sicht des Schutzes und der Auferechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 MRK) ein hoher Stellenwert zu (vgl. dazu aus der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes etwa das Erkenntnis vom 4. September 1997, Zl. 97/18/0373, mwH). Zum anderen sind die privaten Interessen des Beschwerdeführers an einem weiteren Verbleib in Österreich nicht so stark ausgeprägt, daß sie schwerer zu gewichten wären als das besagte maßgebliche öffentliche Interesse, ist doch die Dauer seines Aufenthaltes von etwas mehr als fünf Jahren in ihrem Gewicht dadurch gemindert, daß dieser, soferne er rechtmäßig war (dies hat die Behörde jedenfalls für einen Teil desselben angenommen), lediglich auf einen letztlich unberechtigten Asylantrag zurückzuführen war (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 28. März 1996, Zl. 96/18/0119)
3. Da sich nach dem Gesagten die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
4. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Analogie Schließung von Gesetzeslücken VwRallg3/2/3European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1997180072.X00Im RIS seit
11.07.2001