Entscheidungsdatum
24.10.2019Norm
ABGB §1332Spruch
I413 2178676-3/16E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Martin ATTLMAYR, LL.M. als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. IRAK, vertreten durch: VEREIN MENSCHENRECHTE ÖSTERREICH, gegen den Bescheid des BFA, Regionaldirektion Steiermark (BAG) vom XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 19.09.2019 zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer stellte am 11.03.2015 beim BFA einen ersten Antrag auf internationalen Schutz, den er zusammengefasst damit begründete, dass er als Frisör die Haare seiner Kundschaft modern geschnitten habe, weshalb er von islamischen Milizen mit dem Tod bedroht und sein Frisörladen zerstört worden sei.
2. Mit Bescheid des BFA vom 31.07.2017 wies die belangte Behörde diesen Antrag sowohl hinsichtlich des Status eines Asylberechtigten als auch hinsichtlich des Status eines subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wurde (Spruchpunkte I. und II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurden dem Beschwerdeführer nicht erteilt und gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen sowie festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers in den Irak zulässig ist (Spruchpunkt III.). Zudem wurde dem Beschwerdeführer eine Frist zur freiwilligen Ausreise von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung eingeräumt (Spruchpunkt IV.). Gegen diesen Bescheid wurde keine Beschwerde erhoben. Der Bescheid erwuchs in Rechtskraft.
3. Am 27.10.2017 brachte der Beschwerdeführer einen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz ein, den er zusammengefasst damit begründete, dass seine Eltern von seiner Schwester und deren Gatten über seine Konversion zum Christentum informiert habe und der Vater darauf der Schwester mitgeteilt habe, dass er ihn bei seiner Heimkehr töten werden. Zudem hielt er die alten Fluchtgründe aufrecht.
4. Mit Schreiben vom 04.12.2017 ersuchte der durch XXXX vertretene Beschwerdeführer um Zulassung zum Beschwerdeverfahren, weil der Beschwerdeführer für eine Beschwerde (gegen den Bescheid vom 31.07.2017) die vierzehntägige Frist nicht eingehalten habe und der Verfassungsgerichtshof am 26.06.2017 rückwirkend diese Frist aufgehoben habe, sodass nunmehr die Vierwochenfrist heranzuziehen sei. Dieses beim Bundesverwaltungsgericht eingebrachte Schreiben wurde von diesem mit Schreiben vom 07.12.2017, XXXX, zuständigkeitshalber der belangten Behörde weitergeleitet. Die belangte Behörde hielt in weiterer Folge mit Schreiben vom 22.12.2017 dem Beschwerdeführer die Verspätung der erst am 07.12.2017 bei der belangten Behörde eingebrachten Beschwerde vor, weil die Rechtsmittelfrist mit 17.08.2017 endete.
5. Am 17.01.2018 brachte XXXX einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Verbindung mit einer Beschwerde gegen den Bescheid vom 31.07.2017 ein. Zudem brachte XXXX auch eine Stellungnahme zum Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand am 17.01.2018 ein.
6. Über diesen Antrag entschied die belangte Behörde mit angefochtenem, verfahrensgegenständlichen Bescheid vom XXXX wie folgt: "I. Ihr Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand datiert mit 24.08.2017, ho. eingelangt am 17.01.2018, wird gemäß § 33 Abs 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) BGBl Nr 33/2013, abgewiesen. II. Gemäß § 33 Abs 4 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl Nr 33/2013, wird Ihrem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, datiert mit 24.08.2017, ho. Eingelangt mit 17.08.2018, die aufschiebende Wirkung zuerkannt."
7. Mit Bescheid vom 01.09.2018 wies die belangte Behörde den Antrag vom 27.10.2017 hinsichtlich des Status eines Asylberechtigten und des Status eines subsidiär Schutzberechtigten wegen entschiedener Sache zurück (Spruchpunkte I. und II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurden dem Beschwerdeführer nicht erteilt (Spruchpunkt III.) und gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt IV.) sowie festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers in den Irak zulässig ist (Spruchpunkt V.). Zudem wurde dem Beschwerdeführer keine Frist zur freiwilligen Ausreise eingeräumt (Spruchpunkt VI.).
8. Gegen diesen Bescheid vom 01.09.2018 erhob der Beschwerdeführer Beschwerde, welche mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 01.10.2018, L502 2178676-2, als unbegründet abgewiesen wurde. Mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 27.11.2018, XXXX, wurde die Behandlung der Beschwerde abgelehnt und diese dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten. Die Revision gegen dieses Erkenntnis vom 01.10.2018 wies der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 31.01.2019, XXXX, zurück. Das Erkenntnis vom 01.10.2018 ist formell und materiell rechtskräftig.
9. Am 09.04.2019 stellte der Beschwerdeführer einen abermaligen Antrag auf internationalen Schutz.
10. Mit mündlich verkündetem Bescheid vom 24.04.2019 hob die belangte Behörde den faktischen Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs 2 AsylG auf. Diese Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß rechtskräftigem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 02.05.2019, G302 2178676-4, rechtmäßig.
11. Mit Bescheid vom 22.05.2019 wies die belangte Behörde diesen Antrag vom 09.04.2019 hinsichtlich des Status eines Asylberechtigten und des Status eines subsidiär Schutzberechtigten wegen entschiedener Sache zurück (Spruchpunkte I. und II.), erteilte dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III.) und erließ gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.) sowie stellte fest, dass die Abschiebung des Beschwerdeführer in den Irak zulässig ist (Spruchpunkt V.). Zudem wurde dem Beschwerdeführer keine Frist zur freiwilligen Ausreise eingeräumt (Spruchpunkt VI.). Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer keine Beschwerde, sodass er in Rechtskraft erwuchs.
12. Am 24.04.2019 verhängte die belangte Behörde über den Beschwerdeführer eine Mutwillensstrafe in Höhe von EUR 500. Die dagegen von XXXX erhobene Beschwerde vom 23.05.2019 wies das Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 17.07.2019, I413 2178676-5, zurück. Dieser Beschluss wurde nicht weiter bekämpft und erwuchs in formeller und materieller Rechtskraft.
13. Mit Eingabe vom 08.03.2019 legte die die belangte Behörde einen "Aktenteil" vor und teilte mit, dass am 07.03.2019 durch eine Durchsicht des Aktes festgestellt worden sei, dass die Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht noch nicht übermittelt wurde. In der Beilage legte die belangte Behörde die eingebrachte Beschwerde mit Datum vom 24.08.2018 samt Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vor.
14. Mit Eingabe vom 01.04.2019 übermittelte die belangte Behörde den Verwaltungsakt zur gefälligen Verwendung.
15. Mit E-Mail vom 16.05.2019 gab XXXX seine Bevollmächtigung durch den Beschwerdeführer bekannt und legte eine Vertretungsvollmacht vor.
16. Infolge Befangenheitsanzeige des Leiters der Gerichtsabteilung G302 wurde der Akt der Gerichtsabteilung I413 am 12.06.2019 neu zugewiesen.
17. Mit E-Mail vom 05.08.2019 gab der Verein Menschenrechte Österreich seine Bevollmächtigung durch den Beschwerdeführer bekannt und übermittelte eine Vertretungsvollmacht.
18. Am 18.09.2019 legte der Beschwerdeführer per E-Mail Dokumente vor, beantragte die Beiziehung eines Dolmetschers für die rumänische Sprache für die Zeugin XXXX und ergänzte das Beschwerdevorbringen.
19. Am 19.09.2019 führte das Bundesverwaltungsgericht die mündliche Verhandlung durch, in der der Beschwerdeführer, die Zeugen XXXX, XXXX und XXXX befragt wurden.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Verfahrensgang wird festgestellt.
Die belangte Behörde stellte am 02.08.2017 dem Vertreter des Beschwerdeführers, XXXX, den Bescheid vom 31.07.2017 zu.
XXXX war der belangten Behörde gegenüber schriftlich als Zustellbevollmächtigter des Beschwerdeführers ausgewiesen.
XXXX informierte den Beschwerdeführer telefonisch vom Inhalt des Bescheides vom 31.07.2018. Der Beschwerdeführer beauftragte XXXX mit der Einbringung einer Beschwerde gegen den Bescheid vom 31.07.2017.
Mit Verfahrensanordnung vom 01.08.2017 wurde der Verein Menschenrechte Österreich dem Beschwerdeführer von Amts wegen als Rechtsberater zur Seite gestellt und darauf verwiesen, dass sich der Beschwerdeführer durch diesen Rechtsberater im Beschwerdeverfahren, einschließlich der mündlichen Verhandlung, vertreten lassen kann. Das Vollmachtsverhältnis des Beschwerdeführers zu XXXX wurde nicht aufgelöst und blieb unverändert aufrecht.
Die (zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides geltende) Beschwerdefrist begann am Mittwoch, den 02.08.2017 zu laufen und endete mit Ablauf des Mittwochs, 16.08.2017.
XXXX fuhr in weiterer Folge zu seiner Schwiegermutter nach Deutschland und verwies den Beschwerdeführer in der Zwischenzeit auf dessen Betreuerin bei der Caritas, damit diese einen Termin bei der dem Beschwerdeführer mit Verfahrensanordnung vom 01.08.2017 beigestellten Rechtsberatung zu erhalten. Eine Vertretung der Betreuerin des Beschwerdeführers bei der Caritas vereinbarte in weiterer Folge einen Termin bei der Rechtsvertretung zwölf Tage nach dem Ablauf der Beschwerdefrist.
XXXX brachte eine Beschwerde nicht fristgerecht ein. Ihm war spätestens 12 Tage nach Ablauf der Beschwerdefrist, sohin spätestens am 28.08.2017, bewusst, dass er die Beschwerdefrist versäumt hatte. Es kann nicht festgestellt werden, dass ihm erst am 28.12.2017 aufgrund der Zustellung des Verspätungsvorhalts vom 22.12.2017 die Versäumung der Beschwerdefrist bekannt geworden ist.
Hätte XXXX erstmals am Donnerstag, den 28.12.2017 von der Versäumung der Frist zur Einbringung der Beschwerde gegen den Bescheid vom 31.07.2017 erfahren, wäre die Frist zur Einbringung eines Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand am Donnerstag, den 11.01.2018 geendet.
Am 17.01.2018 brachte XXXX als Vertreter des Beschwerdeführers einen als Beschwerde betitelten, mit "Graz, 24.08.2017" und "Graz, am 24.08.2017" datierten und sich auf den "Bescheid des BFA Graz vom 31.07.2017" beziehenden, acht Seiten umfassenden Schriftsatz bestehend aus einer Beschwerde und einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ein. Dieser Schriftsatz trägt weder die Unterschrift des Beschwerdeführers noch die von XXXX.
2. Beweiswürdigung:
Beweis wurde aufgenommen durch Einsicht in die Beschwerde vom 26.02.2016, in den angefochtenen Bescheid vom 06.02.2018, in den vorgelegten Verwaltungsakt, insbesondere in den Bescheid vom 31.07.2017 sowie den dort angehefteten Zustellnachweis, durch Einvernahme des Beschwerdeführers als Partei sowie von XXXX als Zeuge und von XXXX und XXXX als Zeuginnen im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 19.06.2019.
Der in Punkt I. dargestellte Verfahrensgang ergibt sich unzweifelhaft aus dem vorgelegten Verfahrensakt sowie aus dem Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichts.
Die Feststellung zur Zustellung des Bescheides vom 31.07.2017 an XXXX am 02.08.2017 ergibt sich unzweifelhaft aus dem im Original an den Bescheid vom 31.07.2017 angehefteten, im Verwaltungsakt einliegenden Zustellnachweis und wird auch von XXXX im Rahmen der mündlichen Verhandlung bestätigt (Protokoll vom 19.09.2019, S 11).
Dass XXXX der belangten Behörde gegenüber schriftlich als Zustellbevollmächtigter des Beschwerdeführers ausgewiesen war, ergibt sich aus der Vollmacht vom 28.11.2015 (Beilage ./A). Mit dieser Vollmacht bevollmächtigte der Beschwerdeführer XXXX ihn bei Behörden, Ämtern und Gerichten in Angelegenheiten wegen seines Asylverfahrens / Aufenthalts in Österreich / Grundversorgung zu vertreten, erforderliche Termine abzusprechen, Unterschriften zu leisten, Akteneinsicht zu nehmen und Subvertreter zu benennen. Außerdem erklärte der Beschwerdeführer XXXX als seinen Zustellbevollmächtigten. Dass dieser im gegenständlichen Verfahren als Rechtsvertreter auch aufgetreten ist, bestätigt die Zeugin XXXX, welche den Bescheid vom 30.07.2017 für die belangte Behörde unterzeichnete, im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 19.09.2019 (Protokoll S 17).
Dass XXXX den Beschwerdeführer telefonisch vom Inhalt des Bescheides vom 31.07.2018 informierte, teilte der Beschwerdeführer im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 19.09.2019 mit (Protokoll S 7). Aufgrund dieser Aussage ergibt sich auch, dass der Beschwerdeführer XXXX mit der Einbringung einer Beschwerde gegen den Bescheid vom 31.07.2017 beauftragt hatte (Protokoll aaO).
Dass der Verein Menschenrechte Österreich dem Beschwerdeführer von Amts als Rechtsberater zur Seite gestellt wurde, ergibt sich aus der im Verwaltungsakt einliegenden Verfahrensanordnung vom 01.08.2017. Aus dieser Verfahrensanordnung geht auch die Belehrung hervor, dass sich der Beschwerdeführer durch diesen Rechtsberater im Beschwerdeverfahren, einschließlich der mündlichen Verhandlung, vertreten lassen kann. Die Feststellung, dass das Vollmachtsverhältnis des Beschwerdeführers zu XXXX nicht aufgelöst und blieb unverändert aufrecht wurde, ergibt sich unzweifelhaft aus der vorgelegten Vollmacht (Beilage ./A) und dem Umstand, dass diese nicht widerrufen wurde. Soweit XXXX im Rahmen seiner Zeugenaussage angibt, diese Vollmacht sei mit Abschluss der erstinstanzlichen Verfahrens erloschen (Protokoll S 13), so ist dem entgegenzuhalten, dass die Vollmacht (Beilage ./A) keine solche Beschränkung enthält und seine Behauptung in der mündlichen Verhandlung am 19.09.2019 keineswegs zutrifft, dass es auch bei Rechtsanwälten üblich sei, dass nach Abschluss des Verfahrens die Vollmacht erlösche (Protokoll S 13). Dass auch XXXX nicht von einem Erlöschen der erteilten Vollmacht ausgegangen ist, zeigt auch einerseits der - ihm als nicht berufsmäßigen Parteienvertreter nicht zustehenden - Vermerk in der Beschwerde vom 24.08.2017, wie auch in der gegenständlichen Beschwerde "Vollmacht erteilt". Hierauf in der mündlichen Verhandlung am 19.09.2019 angesprochen, gab er auch zu, dass er die Vollmacht weiterhin als gültig angesehen hatte (Protokoll S 13), weshalb die Behauptung, das Vollmachtsverhältnis sei erloschen, sich als reine Schutzbehauptung präsentiert.
Die Feststellung zum Ende der Beschwerdefrist ergibt sich aus dem Umstand, dass nach damaliger Rechtslage nach § 16 Abs 1 BFA-VG zwei Wochen betrug. Beschwerdefrist begann am 02.08.2017 zu laufen und endete mit Ablauf desdesjenigen Tages der letzten Woche, die dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. Die Frist begann am Mittwoch, den 02.08.2017 zu laufen und endete am Mittwoch, den 16.08.2017.
Die Feststellung, dass XXXX fuhr in weiterer Folge zu seiner Schwiegermutter nach Deutschland gefahren war und den Beschwerdeführer in der Zwischenzeit auf seine Betreuerin bei der Caritas verwiesen hatte, damit diese einen Termin bei der dem Beschwerdeführer mit Verfahrensanordnung vom 01.08.2017 beigestellten Rechtsberatung vereinbart, sowie die Feststellung, dass eine Vertretung der Betreuerin des Beschwerdeführers bei der Caritas in weiterer Folge einen Termin bei der Rechtsvertretung zwölf Tage nach dem Ablauf der Beschwerdefrist vereinbart hatte, ergibt sich aus der diesbezüglich glaubhaften Zeugenaussage von XXXX in der mündlichen Verhandlung am 19.09.2019 (Protokoll S 11 und S 13), welche - hinsichtlich der Terminvereinbarung - auch durch die Zeugin XXXX (Protokoll S 20, 21) und hinsichtlich der Verspätung durch den Beschwerdeführer (Protokoll S 7) bestätigt wird.
Die Feststellung, dass XXXX eine Beschwerde gegen den Bescheid vom 31.07.2017 nicht fristgerecht ein gebracht hatte, ergibt sich aus dem Verwaltungsakt sowie aus dessen diesbezüglich glaubhafter Aussage und der Aussage des Beschwerdeführers im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 19.09.2019 (Protokoll S 9 und S 11). Dass XXXX spätestens 12 Tage nach Ablauf der Beschwerdefrist, sohin spätestens am 28.08.2017, bewusst war, dass er die Beschwerdefrist versäumt hatte, ergibt sich aus seiner glaubhaften Aussage als Zeuge in der mündlichen Verhandlung am 19.09.2019 (Protokoll S. 11: "Ich glaube, das war 12 Tage zu spät."). In der mündlichen Verhandlung am 19.09.2019 gibt er weiters an, dass er durch das Schreiben der belangten Behörde vom 22.12.2017 bemerkt habe, dass die Beschwerdefrist versäumt wurde (Protokoll S 12). Dem widerspricht freilich die zuvor zitierte Aussage, welche allein deshalb glaubhaft ist, weil es auf der Hand liegt, dass im Zuge des zur Verfassung einer Beschwerde damals verspäteten Zeitpunkts bereits die Versäumung der Beschwerdefrist offenkundig geworden ist.
Dass die Frist zur Einbringung eines Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand am Donnerstag, den 11.01.2018 geendet hätte, wenn XXXX erstmals am Donnerstag, den 28.12.2017 von der Versäumung der Frist zur Einbringung der Beschwerde gegen den Bescheid vom 31.07.2017 erfahren hätte, ergibt sich aus der Berechnung der Frist von zwei Wochen zur Einbringung eines solchen Antrages gemäß § 71 Abs 2 AVG.
Die Feststellung zur Einbringung des als Beschwerde betitelten, mit "Graz, 24.08.2017" und "Graz, am 24.08.2017" datierten und sich auf den "Bescheid des BFA Graz vom 31.07.2017" beziehenden, acht Seiten umfassenden Schriftsatz bestehend aus einer Beschwerde und einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand durch XXXX als Vertreter des Beschwerdeführers am 17.01.2018, ergibt sich aus der im Verwaltungsakt einliegenden E-Mail vom 17.01.2018 und aus den Aussagen von XXXX und XXXX im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 19.09.2019 (Protokoll S 12 und S 17). XXXX teilt in seiner Aussage zwar mit, er habe diesen Schriftsatz schon im August 2017 "aus Fristgründen" per E-Mail übermittelt habe (Protokoll S 12). In der E-Mail vom 17.01.2018 an die belangte Behörde bringt er dagegen vor, dass der am 29.08.2017 die Beschwerde persönlich eingebracht hätte. Konkret damit konfrontiert, meinte er, dass er dies sein könne, er es aber nicht sicher wisse (Protokoll S 15). Belege dafür, dass er im August 2017 diesen Schriftsatz eingebracht hatte, wie zB einen Sendbericht oder eine Übernahmebestätigung, konnte er nicht vorlegen. Die Zeugin XXXX teilte in der mündlichen Verhandlung am 19.09.2019 glaubhaft mit, dass es ihre Aufgabe sei, Fristen evident zu halten und zu kontrollieren, ob eine Beschwerde einlangt und weiters, dass ihres Wissens keine Beschwerde eingelangt sei (Protokoll S 17). Sie teilte weiters mit, dass die Beschwerde samt Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand erstmals per E-Mail am 17.01.2018 bei der belangten Behörde eingelangt sei (Protokoll S 17). Das Bundesverwaltungsgericht hält diese Aussagen der Zeugin XXXX für wahr, zumal der vorgelegte, durchpaginierte Verwaltungsakt keine Hinweise enthält, dass jemals zuvor dieser Schriftsatz eingebracht worden ist. Es wäre auch am Zeugen XXXX gelegen, entsprechende Nachweise für die Einbringung vorzulegen, zumal es einem nach eigenen Aussagen 1000 Akten bearbeitenden Vertreter klar sein musste, dass solche Nachweise - allein zur eigenen Absicherung - unbedingt erforderlich sind. Es ist unplausibel, wenn ein versierter Rechtsvertreter wie XXXX auf derartige Nachweise verzichtet hätte. Die von ihm in den Raum gestellte Mutmaßung, der Schriftsatz sei bei der belangten Behörde untergegangen, stellt eine reine Schutzbehauptung dar, welche offensichtlich eigenes Versagen überdecken soll. Daher war die betreffende Feststellung zu treffen.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Abweisung der Beschwerde
3.1. Wie der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis VwSlg 19.462 A/2016, in verfassungskonformer Auslegung des § 33 Abs 4 VwGVG klargestellt hat, ist für die Entscheidung über Anträge auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, die bis zur Vorlage der Beschwerde bei der Behörde eingebracht werden, von dieser mit Bescheid zu entscheiden. Die belangte Behörde war daher zur Entscheidung über den gegenständlichen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zuständig.
3.2. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist in Fällen des § 33 Abs 1 VwGVG nach § 33 Abs 3 VwGVG binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses zu stellen. Diese Frist wurde durch den rechtsvertretenen Beschwerdeführer versäumt. Sein Vertreter wusste spätestens am 28.08.2017 von der Versäumung der Beschwerdefrist. Es gab kein Hindernis, welches den Beschwerdeführer bzw seinen Vertreter daran gehindert hätte, fristgerecht einen Antrag auf Wiedereinsetzung zu stellen. Dennoch brachte er erst am 17.01.2018 den Antrag auf Wiedereinsetzung bei der belangten Behörde ein. Damit erweist sich der Antrag um über vier Monate als verspätet.
Selbst wenn man dem Beschwerdeführer zugestehen sollte, dass sein Vertreter erst am 28.12.2017 aufgrund des an diesem Tag erhaltenen Verspätungsvorhalts vom 22.12.2017 von der Versäumung der Beschwerdefrist erfahren hätte - wofür, wie in der Beweiswürdigung dargelegt, nichts spricht - wäre auch dann die Frist zur rechtzeitigen Einbringung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht innerhalb der zweiwöchigen Frist erfolgt, da der Vertreter der Beschwerdeführers erst am 17.01.2018 und somit sechs Tage zu spät diesen Antrag bei der belangten Behörde einbrachte.
3.3 Es ist zudem darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes das Vorliegen von Wiedereinsetzungsgründen nur in jenem Rahmen zu untersuchen ist, der durch die Behauptungen des Wiedereinsetzungswerbers gesteckt wird (vgl etwa VwGH 21.5.1997, 96/21/0574). Den Antragsteller trifft somit die Obliegenheit, im Antrag konkret jenes unvorhergesehene oder unabwendbare Ereignis zu beschreiben, das ihn an der Einhaltung der Frist gehindert hat. Eine Auswechslung dieses Wiedereinsetzungsgrundes in der Beschwerde gegen die verwaltungsbehördliche Entscheidung ist unzulässig (vgl VwGH 14.12.1995, 95/19/0622).
Im der angefochtenen Entscheidung zugrundeliegenden Wiedereinsetzungsantrag wird vorgebracht, dass der Vertreter des Beschwerdeführers unmittelbar nach Erhalt des Bescheides diesem den Bescheid im Original übergeben habe und ihn auf den Verein Menschenrechte Österreich verwiesen habe, der für sein weiteres Verfahren laut Verfahrensanordnung zuständig sei. Nachdem der Verein Menschenrechte Österreich sich nicht gemeldet habe, hätte sich der Beschwerdeführer bei der Caritasbetreuerin melden wollen, um einen Termin abzuklären. Diese hätte jedoch aufgrund eines Fenstertages frei gehabt und deren Vertretung habe einen Termin mit dem Verein vereinbart, der fast eine Woche nach Fristablauf gelegen sei. Als der Beschwerdeführer dies repariert haben wollte, habe der Verein Menschenrechte Österreich dies abgelehnt, da er einen Vertreter hätte und es dessen Aufgabe gewesen sei [sc die Beschwerde rechtzeitig einzubringen]. In der nunmehrigen Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid wird im Wesentlichen dieses Vorbringen wiederholt und darauf verwiesen, dass den einschreitenden Vertreter keine Verletzung der Sorrgfaltspflicht zukomme und eine Verkettung unglücklicher Umstände vorlägen.
Damit wird vom Beschwerdeführer aus den folgenden Gründen kein tauglicher Wiedereinsetzungsgrund glaubhaft gemacht:
3.4 Voraussetzung für einen erfolgreichen Wiedereinsetzungsantrag nach § 33 Abs 1 VwGVG ist ua, dass eine Partei durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine verfahrensrechtliche Frist im verwaltungsgerichtlichen Verfahren versäumt hat und sie an der Versäumung lediglich ein minderer Grad des Versehens trifft. Dieses Ereignis muss kausal für die Versäumung sein. Unvorhergesehen ist ein Ereignis, wenn die Partei es nicht einberechnet hat und seinen Eintritt auch unter Bedachtnahme auf die ihr zumutbare Aufmerksamkeit und Vorsicht nicht erwarten konnte. Es ist unabwendbar, wenn es die Partei mit den einem Durchschnittsmenschen zur Verfügung stehenden Mitteln nicht verhindern konnte, auch wenn sie dessen Eintritt voraussah (Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte2, § 33 VwGVG K 6). Im Fall der Versäumung der Beschwerdefrist kann ein Antrag auf Wiedereinsetzung unter gleichzeitiger Ausführung der Beschwerde vorgenommen werden.
Die Versäumung einer Frist durch den ausgewiesenen Vertreter hat sich der Beschwerdeführer zurechnen zu lassen (VwGH 30.06.2015, Ra 2015/03/0037). Bei einem amtsbekannten Rechtsvertreter ist - wie bei jedem rechtskundigen Parteienvertreter - ein strengerer Maßstab anzulegen als bei einer rechtunkundigen und bisher nie an gerichtlichen Verfahren beteiligten Partei (vgl VwGH 22.07.2014, Ro 2014/02/0024 ua).
Im gegenständlichen Fall fehlt es an einem unvorhergesehenen oder unabwendbaren Ereignis. Der Vertreter des Beschwerdeführers war von diesem beauftragt und bevollmächtigt, die Beschwerde gegen den Bescheid vom 31.07.2017 vorzubereiten und einzubringen. Dabei wäre es am Rechtsvertreter gelegen, sich so zu organisieren, dass er ohne Fristversäumnis die Beschwerde einbringen kann. Wenn er dabei darauf vertraut, dass andere die Beschwerde verfassen, so liegt hierin keine "Verkettung unglücklicher Umstände", sondern grob fahrlässiges "Geschehen lassen" seitens des Rechtsvertreters vor. Er hätte sich im Bewusstsein, dass er seine Schwiegermutter in Deutschland besuchen wird, versichern müssen, dass ein Vertreter seinerseits die Beschwerde verfasst und einbringt. Diesbezüglich ist auf die in der Vollmacht vorgesehene Subbevollmächtigung zu verweisen. Es wäre also am Rechtsvertreter gelegen, solche Vorbereitungen zu treffen, die gewährleisten, dass die Beschwerde rechtzeitig eingebracht wird. Dieser Pflicht ist der Rechtsvertreter nicht nachgekommen. Aus seinen Erklärungsversuchen, Vorwürfen gegenüber dem - damals nicht vertretungsbefugten - Rechtsberater und gegenüber der Vertretung der Betreuerin des Beschwerdeführers bei der Caritas zeigt sich nur allzu deutlich, dass der Rechtsvertreter sich auch dieser Sorglosigkeit bewusst ist und er diese zu verschleiern sucht. Ein Verschulden, das über den minderen Grad des Versehens hinausgeht, schließt die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand aus. Der Begriff des minderen Grades des Versehens ist als leichte Fahrlässigkeit im Sinn des § 1332 ABGB zu verstehen. Der Wiedereinsetzungswerber bzw. sein Vertreter darf also nicht auffallend sorglos gehandelt, somit die im Verkehr mit Gerichten und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt in dieser Weise außer Acht gelassen haben (vgl. zum Ganzen auch VwGH 26.04.2002, Zl. 2002/02/0062, mwN).
Ein minderer Grad des Versehens ist gegenständlich nicht gegeben. Von einem Rechtsvertreter ist zu erwarten, dass er so disponiert, dass er seinen Verpflichtungen gegenüber seinen Vertretenen zeitgerecht nachkommen kann. Hierzu zählt auch die fristgerechte Einbringung einer Beschwerde (oder auch eines Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand). Der Rechtsvertreter bringt nicht vor, dass er irgendwelche Schritte gesetzt hat, dafür zu sorgen, dass die Beschwerde fristgerecht verfasst und eingebracht wird. Auch können weder aus dem Verwaltungsakt noch aus dem Beschwerdevorbringen Anhaltspunkte gefunden werden, dass er kontrolliert hätte, ob die Beschwerde fristgerecht eingebracht wird. Vielmehr vertraute er trotz Vollmacht und Auftrag darauf, dass andere sich um die Verfassung und Einbringung der Beschwerde kümmern würden. Damit legte der Rechtsvertreter ein dem Beschwerdeführer zuzurechnendes leichtfertiges und damit grob sorgfaltswidriges Handeln an den Tag, weshalb die belangte Behörde völlig zu Recht den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abgewiesen hat.
Die Abweisung des Antrags auf Wiedereinsetzung durch die belangte Behörde erweist sich schon aus diesen Gründen als rechtmäßig, sodass die dagegen erhobene Beschwerde als unbegründet abzuweisen ist.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Das gegenständliche Erkenntnis stützt sich auf die nicht als uneinheitlich zu qualifizierende Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes und betrifft einen Einzelfall, der für sich nicht reversibel ist. Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung stellten sich im gegenständlichen Fall nicht.
Schlagworte
Asylverfahren, Beschwerdefrist, Folgeantrag, Fristablauf,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:I413.2178676.3.00Zuletzt aktualisiert am
29.05.2020