TE Bvwg Erkenntnis 2019/12/17 I417 2225450-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 17.12.2019
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Entscheidungsdatum

17.12.2019

Norm

AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §8
AVG §68 Abs1
BFA-VG §21 Abs7
B-VG Art. 133 Abs4
EMRK Art. 2
EMRK Art. 3
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I417 2225450-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Friedrich Zanier als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geboren am XXXX, Staatsangehörigkeit Irak, vertreten durch den "Verein Menschenrechte Österreich", Alser Straße 20, 1090 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.10.2019, Zl. "1094883005 - 190540716 / BMI-BFA_WIEN_RD", zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger des Irak, reiste unter Umgehung der Grenzkontrollen in das Bundesgebiet ein und stellte erstmalig am 19.10.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz, welchen er im Wesentlichen mit prekären Sicherheitslage für Christen im Irak begründete.

Dieser Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 19.10.2015 wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA / belangte Behörde) vom 23.08.2018, Zl. 1094883005 - 151779025 hinsichtlich der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten rechtskräftig als unbegründet abgewiesen. Zugleich wurde ihm in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Irak der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und ihm eine bis zum 23.08.2019 befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt.

2. Am 07.05.2019 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Verlängerung des subsidiären Schutzes.

3. Am 23.05.2019 brachte der Beschwerdeführer den verfahrensgegenständlichen Folgeantrag auf internationalen Schutz ein. Bei seiner diesbezüglichen Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 28.05.2019 gab er, befragt zu den Gründen für seine neuerliche Antragstellung, Folgendes an:

"Ich bin ein katholischer Christ aus dem Irak und wir verkörpern eine sehr kleine Minderheit und werden seit Jahren verfolgt und getötet. Die Lage hat sich insofern verschlimmert, dass die im Irak noch befindlichen Minderheiten der Christen aus fanatisch religiösen Gründen getötet und vertrieben werden."

4. Am 19.08.2019 wurde der Beschwerdeführer niederschriftlich durch die belangte Behörde einvernommen. Zu den Gründen seiner neuerlichen Antragstellung befragt, gab er hierbei Folgendes an:

"F (Frage): Warum haben Sie einen Folgeantrag gestellt?

A (Antwort): Bei meiner Erstbefragung 2015 steht viel Falsches drinnen, der Dolmetscher hatte falsch übersetzt. Ich hatte diesbezüglich am 28.05.2019 eine Erstbefragung durch die LPD XXXX. Ich habe subsidiären Schutz bekommen. Unser Leben als Christen wird im Irak bedroht. Wir haben dort nichts mehr, unsere Kirchen und Häuser haben sie verbrannt und sie wollen uns dort nicht haben. Deswegen habe ich mich auch entschieden den Irak zu verlassen. Mein Leben ist in Gefahr im Irak. Jetzt bin ich hier, lebe und habe mich selbstständig gemacht. Ich will eine Familie gründen. Meine gesamte Familie ist in Europa, ich habe niemanden mehr im Irak. Mein Bruder ist seit 22 Jahren hier in Österreich, meine Schwester hat mittlerweile die dt. Staatsbürgerschaft, ein weiterer Bruder ist ebenso mittlerweile Deutscher. Meine Eltern leben in der Türkei seit ca. viereinhalb Jahren.

F: Sind das alle Fluchtgründe?

A: Ja."

5. Mit Bescheid des BFA vom 21.10.2019 wurde die befristete Aufenthaltsberechtigung des Beschwerdeführers als subsidiär Schutzberechtigter bis zum 23.08.2021 verlängert. Dieser Bescheid erwuchs unangefochten in Rechtskraft.

6. Mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 21.10.2019, Zl. "1094883005 - 190540716 / BMI-BFA_WIEN_RD" wurde der Folgeantrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 23.05.2019 hinsichtlich des Status des Asylberechtigten gemäß § 68 Absatz 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt I.). Zudem wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 68 Absatz 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt II.).

7. Mit Schriftsatz vom 08.11.2019 erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht und begründete diese mit der inhaltlichen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides, einer mangelhaften bzw. unrichtigen Bescheidbegründung sowie der Rechtswidrigkeit infolge der Verletzung von Verfahrensvorschriften.

8. Die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungs- und Gerichtsakten wurden von der belangten Behörde am 14.11.2019 dem Bundesverwaltungsgericht (bei der zuständigen Gerichtsabteilung eingelangt am 15.11.2019) vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist volljährig, ledig und kinderlos, Staatsangehöriger des Irak, Angehöriger der Volksgruppe der Chaldäer und bekennt sich zum christlichen Glauben. Er hält sich seit (mindestens) 19.10.2015 in Österreich auf. Seine Identität steht fest.

Er stammt aus Karakosch, hat im Irak 7 Jahre die Grundschule besucht und seinen Lebensunterhalt als Maler bestritten.

In Österreich betreibt er seit März 2019 gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin, einer rumänischen Staatsangehörigen, eine Reinigungsfirma. Er ist gesund und erwerbsfähig.

Der Beschwerdeführer ist strafgerichtlich unbescholten.

Der Erstantrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz wurde mit Bescheid des BFA vom 23.08.2018, Zl. 1094883005 - 151779025 hinsichtlich der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten rechtskräftig als unbegründet abgewiesen. Zugleich wurde ihm in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Irak der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und ihm eine bis zum 23.08.2019 befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt. Mit Bescheid des BFA vom 21.10.2019 wurde seine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter bis zum 23.08.2021 verlängert. Dieser Bescheid erwuchs unangefochten in Rechtskraft.

Festgestellt wird, dass der Beschwerdeführer in seinem verfahrensgegenständlichen, zweiten Antrag auf internationalen Schutz keinerlei neu entstandenen Fluchtgründe vorgebracht hat.

1.2. Zu den Feststellungen zur Lage im Irak:

Hinsichtlich der aktuellen Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers sind gegenüber den im angefochtenen Bescheid vom 21.10.2019 getroffenen Feststellungen keine entscheidungsmaßgeblichen Änderungen eingetreten. Im angefochtenen Bescheid wurde das aktuelle "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zum Irak auszugsweise zitiert. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens ist auch keine Änderung eingetreten, sodass das Bundesverwaltungsgericht sich diesen Ausführungen vollinhaltlich anschließt und auch zu den seinen erhebt.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Sachverhalt:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers vor dieser und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, in den bekämpften Bescheid, in den Beschwerdeschriftsatz sowie in das aktuelle "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zum Irak.

Der Beschwerdeführer bestreitet den von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt nicht substantiiert und erstattete in der Beschwerde auch kein konkretes sachverhaltsbezogenes Vorbringen, sodass das Bundesverwaltungsgericht den maßgeblichen Sachverhalt als ausreichend ermittelt ansieht und sich der von der belangten Behörde vorgenommenen, nachvollziehbaren Beweiswürdigung vollumfänglich anschließt.

Die belangte Behörde hat ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse dieses Verfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst. Das Bundesverwaltungsgericht verweist daher zunächst auf diese schlüssigen und nachvollziehbaren beweiswürdigenden Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid. Auch der Beschwerde vermag das Bundesverwaltungsgericht keine neuen Sachverhaltselemente zu entnehmen, welche geeignet wären, die von der erstinstanzlichen Behörde getroffenen Entscheidungen in Frage zu stellen.

2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zu seiner Herkunft, seinem Familienstand, seiner Schulbildung, seiner Berufserfahrung, seinem Gesundheitszustand, seiner Erwerbsfähigkeit und seiner Volksgruppenzugehörigkeit gründen sich auf die diesbezüglichen glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers im gegenständlichen sowie in seinen vorangegangenen Verfahren. Es ist im Verfahren nichts hervorgekommen, das Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers aufkommen lässt.

Die Identität des Beschwerdeführers steht aufgrund seines im Original vorgelegten irakischen Personalausweises sowie Staatsbürgerschaftsnachweises fest. Seine christliche Konfession ergibt sich aus seinen diesbezüglich glaubhaften Angaben sowie aus einem in Vorlage gebrachten Taufzeugnis.

Der Umstand, dass der Beschwerdeführer in Österreich gemeinsam mit seiner rumänischen Lebensgefährtin seit März 2019 eine Reinigungsfirma betreibt, ergibt sich aus seinen diesbezüglich glaubhaften Angaben sowie einem in Vorlage gebrachten Auszug aus dem Firmenbuch sowie Eintragungsbewilligungsbeschlusses des Handelsgerichts XXXX.

Die Feststellungen zum vorangegangenen Asylverfahren des Beschwerdeführers sowie dem Umstand, dass seine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter zuletzt mit rechtskräftigem Bescheid des BFA vom 21.10.2019 bis zum 23.08.2021 verlängert wurde, ergeben sich aus dem unbestrittenen Akteninhalt.

Die strafgerichtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ergibt sich aus einer Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich vom 16.12.2019.

2.3. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

Die nunmehr ergänzend vorgebrachte Darstellung der Fluchtgründe des Beschwerdeführers ist nicht dazu geeignet, eine wesentliche Änderung des Sachverhalts aufzuzeigen.

Der Beschwerdeführer hatte seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz vom 19.10.2015 im Wesentlichen mit der prekären Sicherheitslage für Christen im Irak begründet. Als christliche Gebiete von Islamisten eingenommen worden seien, habe man die christliche Bevölkerung vor die Wahl gestellt, zum Islam zu konvertieren oder getötet zu werden. Christliche Frauen seien vergewaltigt, die christliche Bevölkerung vertrieben und Kirchen zerstört worden. Auch habe der Beschwerdeführer einmal eine schriftliche Drohung erhalten. In einer weiteren Einvernahme zu einem späteren Zeitpunkt steigerte der Beschwerdeführer sein Vorbringen noch dahingehend, dass er selbst angeschossen worden sei.

Dem rechtskräftigen Bescheid des BFA vom 23.08.2018, Zl. 1094883005 - 151779025 wurde dieses Vorbringen des Beschwerdeführers zugrunde gelegt. Eine asylrelevante, individuell gegen den Beschwerdeführer gerichtete Verfolgungsgefahr wurde für nicht glaubhaft befunden, ihm jedoch angesichts der allgemein prekären Sicherheitslage für Christen im Irak zum Entscheidungszeitpunkt der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt.

Am 28.05.2019 stellte der Beschwerdeführer - nachdem er zuvor, am 07.05.2019, noch einen Antrag auf auf Verlängerung seines subsidiären Schutzes eingebracht hatte - den verfahrensgegenständlichen Folgeantrag auf internationalen Schutz.

Vom Bundesverwaltungsgericht ist im gegenständlichen Verfahren zu prüfen, ob zwischen der Rechtskraft des vorangegangenen Bescheides der belangten Behörde vom 23.08.2018 und der Zurückweisung des gegenständlichen Antrages wegen entschiedener Sache mit Bescheid vom 21.10.2019 eine wesentliche Änderung der Sach- oder Rechtslage eingetreten ist.

Zunächst ist festzustellen, dass sich die Rechtslage im Bereich des Asyl- und Fremdenrechts nicht entscheidungswesentlich geändert hat. Dies wurde in der Beschwerde auch nicht behauptet.

Es wurden jedoch auch keine neuen, entscheidungsrelevanten Fluchtgründe vorgebracht, wie den Niederschriften zur Erstbefragung und Einvernahme durch die belangte Behörde im gegenständlichen Verfahren zu entnehmen ist. So gab der Beschwerdeführer im Rahmen seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 19.08.2019 zunächst an, dass in der Erstbefragung zu seinem ersten Antrag auf internationalen Schutz im Jahr 2015 aufgrund falscher Übersetzungen durch den Dolmetscher "viel Falsches" enthalten gewesen sei - ohne diesbezüglich nähere Substantiierungen vorzunehmen - verweist in weiterer Folge jedoch abermals lediglich auf die allgemein prekäre Sicherheitslage für Christen im Irak. Sein Leben als Christ im Irak wäre in Gefahr, auch seien Kirchen und Häuser von Christen verbrannt worden, da man Christen im Irak nicht mehr haben wolle. Sein gesamtes, verfahrensgegenständliches Vorbringen hinsichtlich seiner Fluchtgründe und einer etwaigen Rückkehrgefährdung wurde bereits seinem ersten, rechtskräftig entschiedenen Asylverfahren in Österreich zugrunde gelegt.

Sofern der Beschwerdeführer vor der belangten Behörde am 19.08.2019 ergänzend vorbringt, dass er sich in Österreich selbstständig gemacht habe, eine Familie gründen wolle und sich zudem nunmehr seine "gesamte Familie" in Europa aufhalte, so wird augenscheinlich verkannt, dass mit der in Beschwerde gezogenen Entscheidung des BFA keine aufenthaltsbeendende Maßnahme verbunden war, zumal dem Beschwerdeführer angesichts der nach wie vor problematische Sicherheitslage für Christen im Irak seitens der belangten Behörde abermals - mit rechtskräftigem Bescheid vom 22.10.2019 zur Zl. "1094883005 - 151779025 / BMI-BFA_WIEN_RD" - eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter bis zum 23.08.2021 erteilt wurde. Ein neuer Sachverhalt in Bezug auf die Frage des internationalen Schutzes ergibt sich durch ein etwaig geändertes Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers in Österreich nicht und ist ein Eingriff in dessen iSd Art. 8 EMRK geschützte Rechte nicht Prüfungsmaßstab des gegenständlichen Beschwerdeverfahrens.

Das Bundesverwaltungsgericht kommt daher zum Schluss, dass der Beschwerdeführer in seinem verfahrensgegenständlichen zweiten Asylverfahren keine entscheidungsrelevanten neuen Fluchtgründe vorbrachte.

Der Beschwerde ist insgesamt auch kein substantiiertes Vorbringen zu entnehmen, welches eine entscheidungswesentliche Änderung des Sachverhaltes im Hinblick auf die Gewährung von internationalem Schutz nahelegen würde.

2.4. Zum Herkunftsstaat:

Bezüglich der Erkenntnisquellen zur Lage im Herkunftsstaat wurden sowohl Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von internationalen Organisationen, wie bspw. dem UNHCR, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen, wie zum Beispiel der Schweizerischen Flüchtlingshilfe, herangezogen.

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Aufgrund der Kürze der verstrichenen Zeit zwischen der Erlassung des bekämpften Bescheides und der vorliegenden Entscheidung ergeben sich keine Änderungen zu den im bekämpften Bescheid getroffenen Länderfeststellungen. Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich daher diesen Feststellungen vollinhaltlich an.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zur anzuwendenden Rechtslage:

3.1.1. Die maßgebliche Bestimmung des § 68 Abs. 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51/1991 (WV), in der Fassung BGBl I Nr. 58/2018, lautet:

"Abänderung und Behebung von Amts wegen

§ 68. (1) Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, sind, wenn die Behörde nicht den Anlaß zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 bis 4 findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen."

A) Zur Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides:

3.2.1. Zur Zurückweisung wegen entschiedener Sache (Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides):

Da das Bundesamt mit dem angefochtenen Bescheid den Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen hat, ist Prozessgegenstand der vorliegenden Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes nur die Beurteilung der Rechtmäßigkeit dieser Zurückweisung, nicht aber der zurückgewiesene Antrag selbst.

Entschiedene Sache liegt vor, wenn sich gegenüber dem früheren Bescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert haben (VwGH 21. 3. 1985, 83/06/0023, u.a.). Aus § 68 AVG ergibt sich, dass Bescheide mit Eintritt ihrer Unanfechtbarkeit auch prinzipiell unwiderrufbar werden, sofern nicht anderes ausdrücklich normiert ist. Über die mit einem rechtswirksamen Bescheid erledigte Sache darf nicht neuerlich entschieden werden. Nur eine wesentliche Änderung des Sachverhaltes - nicht bloß von Nebenumständen - kann zu einer neuerlichen Entscheidung führen (vgl. z.B. VwGH 27. 9. 2000, 98/12/0057; siehe weiters die bei Walter/Thienel, Die Österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze, Bd. I, 2. Aufl. 1998, E 80 zu § 68 AVG wiedergegebene Judikatur).

Es ist Sache der Partei, die in einer rechtskräftig entschiedenen Angelegenheit eine neuerliche Sachentscheidung begehrt, dieses Begehren zu begründen (VwGH 8. 9. 1977, 2609/76).

Nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung zu dieser Bestimmung liegen verschiedene "Sachen" im Sinne des § 68 Abs. 1 AVG dann vor, wenn in der für den Vorbescheid maßgeblichen Rechtslage oder in den für die Beurteilung des Parteibegehrens im Vorbescheid als maßgeblich erachteten tatsächlichen Umständen eine Änderung eingetreten ist oder wenn das neue Parteibegehren von dem früheren abweicht. Eine Modifizierung, die nur für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache unerhebliche Nebenumstände betrifft, kann an der Identität der Sache nichts ändern (vgl. VwGH 24. 2. 2005, 2004/20/0010 bis 0013; VwGH 4. 11. 2004, 2002/20/0391; VwGH 20. 3. 2003, 99/20/0480; VwGH 21. 11. 2002, 2002/20/0315).

Bei der Prüfung der Identität der Sache ist von dem rechtskräftigen Vorbescheid auszugehen, ohne die sachliche Richtigkeit desselben (nochmals) zu überprüfen; die Rechtskraftwirkung besteht gerade darin, dass die von der Behörde einmal untersuchte und entschiedene Sache nicht neuerlich untersucht und entschieden werden darf (vgl. VwGH 25. 4. 2002, 2000/07/0235; VwGH 15. 10. 1999, 96/21/0097). Nur eine solche Änderung des Sachverhaltes kann zu einer neuen Sachentscheidung führen, die für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals als maßgebend erachteten Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die seinerzeit den Grund für die Abweisung des Parteibegehrens gebildet haben, nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann (vgl. VwGH 9. 9. 1999, 97/21/0913; und die bei Walter/Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze, Bd. I, 2. Aufl. 1998, E 90 zu § 68 AVG wiedergegebene Judikatur).

Ist davon auszugehen, dass ein/eine Asylwerber/Asylwerberin einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz auf behauptete Tatsachen stützt, die bereits zum Zeitpunkt des ersten Asylverfahrens bestanden haben, die dieser/diese jedoch nicht bereits im ersten Verfahren vorgebracht hat, liegt schon aus diesem Grund keine Sachverhaltsänderung vor und ist der weitere Antrag wegen entschiedener Sache zurückzuweisen (vgl. VwGH 4. 11. 2004, 2002/20/0391; VwGH 24. 8. 2004; 2003/01/0431; VwGH 21. 11. 2002, 2002/20/0315; VwGH 24. 2. 2000, 99/20/0173; VwGH 21. 10. 1999, 98/20/0467).

Ist Sache der Entscheidung der Rechtsmittelbehörde nur die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung, darf sie demnach nur über die Frage entscheiden, ob die Zurückweisung durch die Vorinstanz zu Recht erfolgt ist oder nicht, und hat dementsprechend - bei einer Zurückweisung wegen entschiedener Sache - entweder (im Falle des Vorliegens entschiedener Sache) das Rechtsmittel abzuweisen oder (im Falle der Unrichtigkeit dieser Auffassung) den bekämpften Bescheid ersatzlos mit der Konsequenz zu beheben, dass die erstinstanzliche Behörde in Bindung an die Auffassung der Rechtsmittelbehörde den Antrag jedenfalls nicht neuerlich wegen entschiedener Sache zurückweisen darf. Es ist der Rechtsmittelbehörde aber verwehrt, über den Antrag selbst meritorisch zu entscheiden (vgl. VwGH 30. 5. 1995, 93/08/0207).

Für das Bundesverwaltungsgericht ist daher Sache des gegenständlichen Verfahrens die Frage, ob das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers zu Recht gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen hat.

Die Anwendbarkeit des § 68 AVG setzt gemäß Abs. 1 das Vorliegen eines der "Berufung" nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides, dh eines Bescheides, der mit ordentlichen Rechtsmitteln nicht (mehr) bekämpft werden kann, voraus. Diese Voraussetzung ist hier gegeben, da der Bescheid des BFA vom 23.08.2018, Zl. 1094883005 - 151779025 zum vorangegangenen Asylverfahren in formelle Rechtskraft erwachsen ist.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat - wie in der Beweiswürdigung unter Punkt II.2.3. dargelegt wurde - völlig zu Recht darauf hingewiesen, dass entschiedene Sache vorliegt. Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich der Auffassung des Bundesamtes an, dass die Angaben des Beschwerdeführers im gegenständlichen Verfahren nicht geeignet sind, eine neue inhaltliche Entscheidung zu bewirken und dass darin kein neuer entscheidungsrelevanter Sachverhalt festgestellt werden kann.

Da weder in der maßgeblichen Sachlage, und zwar im Hinblick auf jenen Sachverhalt, der in der Sphäre des Beschwerdeführers gelegen ist, noch auf jenen, welcher von Amts wegen aufzugreifen ist, noch in den anzuwendenden Rechtsnormen eine Änderung eingetreten ist, welche eine andere rechtliche Beurteilung des Anliegens nicht von vornherein als ausgeschlossen scheinen ließe, liegt entschiedene Sache vor, über welche nicht neuerlich meritorisch entschieden werden kann. Die angefochtenen Spruchpunkte I. und II. waren sohin vollinhaltlich zu bestätigen.

4. Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.

Eine mündliche Verhandlung kann unterbleiben, wenn der für die rechtliche Beurteilung entscheidungsrelevante Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben wurde und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweist. Ferner muss die Verwaltungsbehörde die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht diese tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung in seiner Entscheidung teilen. Auch darf im Rahmen der Beschwerde kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüberhinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten ebenso außer Betracht zu bleiben hat, wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt (VwGH 28.05.2014, 2014/20/0017). Eine mündliche Verhandlung ist bei konkretem sachverhaltsbezogenem Vorbringen des Revisionswerbers vor dem VwG durchzuführen (VwGH 30.06.2015, Ra 2015/06/0050, mwN). Eine mündliche Verhandlung ist ebenfalls durchzuführen zur mündlichen Erörterung von nach der Aktenlage strittigen Rechtsfragen zwischen den Parteien und dem Gericht (VwGH 30.09.2015, Ra 2015/06/0007, mwN) sowie auch vor einer ergänzenden Beweiswürdigung durch das VwG (VwGH 16.02.2017, Ra 2016/05/0038). § 21 Abs. 7 BFA-VG 2014 erlaubt andererseits das Unterbleiben einer Verhandlung, wenn - wie im vorliegenden Fall - deren Durchführung in der Beschwerde ausdrücklich beantragt wurde, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint (VwGH 23.11.2016, Ra 2016/04/0085; 22.01.2015, Ra 2014/21/0052 ua). Diese Regelung steht im Einklang mit Art. 47 Abs. 2 GRC (VwGH 25.02.2016, Ra 2016/21/0022).

Die vorgenannten Kriterien treffen in diesem Fall zu. Der Sachverhalt ist durch die belangte Behörde vollständig erhoben und weist - aufgrund des Umstandes, dass zwischen der Entscheidung durch die belangte Behörde und jener durch das Bundesverwaltungsgericht etwa ein Monat liegt - die gebotene Aktualität auf. Der Beweiswürdigung durch die belangte Behörde hat sich das Bundesverwaltungsgericht zur Gänze angeschlossen. Das Beschwerdevorbringen wirft keine neuen oder noch zu klärenden Sachverhaltsfragen auf und richtet sich ausschließlich gegen die rechtliche Beurteilung. Er ist aufgrund des vorliegenden Verwaltungsaktes in Verbindung mit der Beschwerde geklärt, weshalb keine neuen Beweise aufzunehmen waren. Daher konnte aufgrund der Aktenlage entschieden werden.

Daher konnte aufgrund der Aktenlage entschieden werden.

Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte sohin gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben.

B) Zur Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Asylverfahren, Bindungswirkung, entschiedene Sache, Folgeantrag,
Identität der Sache, Prozesshindernis der entschiedenen Sache,
Rechtskraftwirkung, res iudicata, subsidiärer Schutz, Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:I417.2225450.1.00

Zuletzt aktualisiert am

29.05.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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