TE Bvwg Erkenntnis 2020/3/27 G310 2226325-3

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Veröffentlicht am 27.03.2020
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Entscheidungsdatum

27.03.2020

Norm

BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §76

Spruch

G310 2226325-3/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Gaby WALTNER als Einzelrichterin über die Anhaltung des XXXX, geb. XXXX,

StA.: Russische Föderation, Zl. XXXX, im amtswegig eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Schubhaft, zu

Recht:

A)

Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Mit Bescheid des BFA vom 04.11.2018 (in Rechtskraft mit 17.12.2018) wurde NS unter anderem der Status des Asylberechtigten aberkannt, gegen ihn eine Rückkehrentscheidung mit einem 10jährigen Einreiseverbot verhängt. Seiner Ausreiseverpflichtung ist NS jedoch nicht nachgekommen und hat sich illegal im Bundesgebiet aufgehalten.

Mit dem Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA), Regionaldirektion XXXX, vom 27.10.2019, wurde gegen XXXX (im Folgenden: NS), wurde gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG die Schubhaft zum Zweck der Sicherung der Abschiebung angeordnet.

Am 28.10.2019 stellte NS im Stande der Schubhaft einen Folgeantrag auf internationalen Schutz in Österreich, welcher mit Bescheid vom 20.11.2019 wegen entschiedener Sache zurückgewiesen wurde.

Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts (BVwG) vom 30.01.2020, W103 XXXX, als unbegründet abgewiesen.

Am 18.02.2020 wurde vom BFA, Regionaldirektion XXXX, der Akt gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG dem BVwG zur amtswegigen Überprüfung der Anhaltung gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG zum Zweck der Sicherung der Abschiebung vorgelegt.

Am 19.02.2020 stellte NS erstmals einen Antrag auf Ausstellung eines Aufenthaltstitels, welcher nach wie vor in Bearbeitung ist.

Mit Erkenntnis des BVwG vom 20.02.2020, G312 XXXX, wurde festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

Am 27.03.2020 wurde vom BFA, Regionaldirektion XXXX, der Akt gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG dem BVwG zur amtswegigen Überprüfung der Anhaltung gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG zum Zweck der Sicherung der Abschiebung vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Festgestellt wird, dass NS seit XXXX.10.2019, 1:30 Uhr, durchgängig in Schubhaft angehalten wird, wobei diese seit XXXX.10.2019 im XXXX durchgeführt wird. Er ist haftfähig und es sind keine Umstände hervorgekommen, die eine Änderung des entscheidungswesentlichen Sachverhalts indizieren oder Zweifel an der Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung des NS in Schubhaft erwecken. Einen am 05.03.2020 begonnenen Hungerstreik beendete NS am 08.03.2020

1.2. Festgestellt wird weiters, dass die Behörde das Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikats rechtzeitig und zielführend geführt hat. NS wirkt bis dato bei der Erlangung eines Heimreisezertifikates nicht mit und zeigte sich unkooperativ.

1.3. NS wurde am 27.10.2019 zur beabsichtigten Verhängung der Schubhaft niederschriftlich einvernommen und teilte mit, dass er keine gültige Aufenthaltsberechtigung vorweisen könne, er wisse, dass gegen ihn eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung mit einem 10jährigen Einreiseverbot vorliege, dass er gesund sei und keine Medikamente nehme, er einen Vater, Geschwister und eine Freundin in Österreich habe und er auf keinen Fall zurück in die Russische Föderation will.

1.4. NS hält sich seit zumindest 10 Monaten illegal in Österreich auf und ist seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen. Er wurde am XXXX.10.2019 fremdenrechtlich kontrolliert und mangels gültiger Aufenthaltsberechtigung angehalten.

Mit Mandatsbescheid vom 27.10.2019 wurde über ihn die Schubhaft verhängt.

Am 13.12.2019 wurde die Schubhaft durch das BVwG mit Entscheidung G308 XXXX bestätigt und seine Beschwerde dagegen als unbegründet abgewiesen.

1.5. NS ist Staatsangehöriger der Russischen Föderation, reiste im September 2003 im Alter von 12 Jahren illegal nach Österreich ein und beantragte am 28.09.2003 internationalen Schutz. Mit Entscheidung vom XXXX.06.2006 des UBAS wurde festgestellt, dass NS die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

1.6. NS wurde bereits mehrmals rechtskräftig aufgrund von Verbrechen in Österreich zu verurteilt

Mit rechtskräftigem Urteil eines Landesgerichts vom XXXX.2007 wurde der BF wegen des Verbrechens des schweren Raubes gemäß § 142/1, §15, § 143 (1.Fall), § 143 (2.Fall), § 15, § 164/1 und 4 (2.Fall), § 131 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren und 6 Monaten unter Anordnung der Bewährungshilfe (Jugendstraftat) verurteilt. Der Verurteilung lag zugrunde, dass der BF als Mittäter im Zeitraum von Dezember 2006 bis Jänner 2007 in 9 Fällen Personen durch Gewalt und Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben teilweise um Bargeld und Gegenstände beraubt hat.

Mit rechtskräftigem Urteil eines Landesgerichtes vom XXXX.2009 wurde der BF wegen des Vergehens der schweren Körperverletzung und des Widerstandes gegen die Staatsgewalt § 15, § 269/1 (1. Fall), § 83/1, § 84 Abs. 2/4 (1. Fall), § 84/1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 10 Monaten als junger Erwachsener verurteilt und die Probezeit nach seiner bedingten Entlassung am 21.07.2008 aus seiner Freiheitsstrafe zum Urteil vom 21.07.2008 von ursprünglich 3 auf 5 Jahre verlängert.

Mit rechtskräftigem Urteil eines Landesgerichtes vom XXXX.2009 wurde der BF wegen des Vergehens der Körperverletzung, der Sachbeschädigung sowie der versuchten Nötigung gemäß § 83/1, § 15, § 105/1, § 125 STGB zu einer Freiheitsstrafe von 4 Monaten (Zusatzstrafe zum Urteil vom 07.07.2009) als junger Erwachsener verurteilt.

Mit Urteil eines Landesgerichtes vom XXXX.2009 wurde die Bewährungshilfe zum Urteil vom XXXX.2007 aufgehoben.

Mit rechtskräftigem Urteil eines Bezirksgerichtes vom XXXX.2010 wurde der BF gemäß § 27 Abs. 1/1, § 27/2 SMG wegen unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften zu einer Freiheitsstrafe von 4 Wochen als junger Erwachsener verurteilt.

Mit rechtskräftigem Urteil eines Landesgerichtes vom XXXX.2010 wurde der BF wegen des Verbrechens des teilweise versuchten Raubes, des Vergehens der Nötigung und der Urkundenunterdrückung gemäß § 15, § 142/1, § 229/1, § 105/1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten als junger Erwachsener als Zusatzstrafe zu den Urteilen vom XXXX.2009 und XXXX.2009 verurteilt.

Mit rechtskräftigem Urteil eines Bezirksgerichtes vom XXXX.2010 wurde der BF wegen des Vergehens der Körperverletzung gemäß § 83/1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 2 Monaten als Zusatzstrafe zum Urteil vom XXXX.2010 als junger Erwachsener verurteilt.

Mit rechtskräftigem Urteil eines Landesgerichtes vom XXXX.2012 wurde der BF wegen des Verbrechens des schweren Raubes unter Verwendung einer Waffe gemäß § 142 Abs. 1 StGB, § 143 1. Satz 2. Fall StGB zu einer Freiheitsstrafe von 6 Jahren verurteilt und wurde die bedingte Entlassung aus der Freiheitsstrafe zum Urteil vom XXXX.2007 widerrufen. Der Verurteilung lag zugrunde, dass der BF im Juni 2012 einer Person Bargeld in der Höhe von € 200 durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben unter der Verwendung einer Waffe mit dem Vorsatz weggenommen hat, sich durch dessen Zueignung zu bereichern, indem er ihr eine Pistole unbekannten Kalibers an den Kopf gehalten und das in der ihm auf seine Aufforderung hin ausgehändigten Geldtasche befindliche Bargeld an sich genommen habe. Als mildernd wurde nichts, als erschwerend wurden das strafrechtlich relevante Vorleben in Bezug auf drei einschlägige Verurteilungen sowie der rasche Rückfall gewertet

Mit rechtskräftigem Urteil eines Landesgerichtes vom XXXX.2014 wurde der BF wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung gemäß § 107 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 3 Monaten verurteilt.

Mit rechtskräftigem Urteil eines Bezirksgerichtes vom XXXX.2017 wurde der BF wegen des Vergehens der Körperverletzung gemäß § 83 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 8 Monaten verurteilt.

Am XXXX.2018 wurde der BF mit rechtskräftigem Beschluss eines Landesgerichtes vom XXXX.2018 auf eine Probezeit von 3 Jahren bedingt aus der Freiheitsstrafe (zu den Urteilen vom XXXX.2017, XXXX.2012 und XXXX.2014) entlassen, wobei eine Probezeit von 3 Jahren bestimmt, für die Probezeit die Bewährungshilfe angeordnet und dem BF die Weisung erteilt wurde, sich einer Drogenberatung sowie einer Spielsuchttherapie zu unterziehen und bezüglich aller Weisungen dem Gericht binnen einem Monat nach bedingter Entlassung, sodann vierteljährlich unaufgefordert einen Nachweis vorzulegen. Dazu wurde weiter ausgeführt, dass für die bedingte Entlassung, die festgesetzte Dauer der Probezeit sowie die Anordnung der Bewährungshilfe folgende Umstände maßgebend waren "(Schlagworte):

belastetes Vorleben; Rückfall nach BE (2008); Straftaten während Haft; keine spezialpräventiven Gründe gegen BE; 6 Ordnungswidrigkeiten, zuletzt am XXXX.2017; Verhalten entsprechend der Hausordnung; noch keine Vollzugslockerungen;

Asylaberkennungsverfahren laufend; JA und StA für BE."

1.7. Betreffend des NS wurde bereits am 27.10.2019 ein Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikats bei der russischen Botschaft eingeleitet, dieses dauert in der Regel 4 - 6 Monate. Am 18.03.2020 erfolgte eine Urgenz hinsichtlich der Ausstellung des HRZ; eine Antwort ist noch ausständig.

1.8. Die Vorlage der entsprechenden Verwaltungsakte durch das BFA erfolgte am 27.03.2020.

2. Beweiswürdigung:

Den Verfahrensgang, die getroffenen Feststellungen und die Haftfähigkeit des UR ergeben sich aus den vorgelegten Verwaltungsakten der Behörde und dem Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichts.

Aufgrund der eigenen Angaben des NS sowie des Akteninhalts steht fest, dass er nicht in den Herkunftsstaat zurückkehren möchte, nicht gewillt ist, sich der Rechtsordnung entsprechend zu verhalten. Er verhält sich unkooperativ und wirkt im Verfahren nicht mit, er hält sich seit 2003 in Österreich mit Flüchtlingsstatus auf. Aufgrund mehrfacher massiver Straftaten und rechtskräftigen Verurteilungen mit zumindest 10jähriger Haft wurde NS der Flüchtlingsstatus aberkannt (in Rechtskraft seit 17.12.2018). Er weigert sich nach der negativen Asylentscheidung Österreich zu verlassen und in seinen Heimatstaat zurückzukehren.

Sein bisheriges Verhalten und seine Lebensweise lassen keine Zweifel daran, dass er in Österreich nicht integriert ist und dass er seine Freilassung nur dazu nützen wird, durch Untertauchen seiner Abschiebung zu entziehen.

Die Behörde ist zutreffend von hoher Fluchtgefahr hinsichtlich des NS ausgegangen, was die Verhängung der Schubhaft und das Absehen eines gelinderen Mittels rechtfertigte. Die Schubhaft ist im Hinblick auf sein bisheriges Verhalten und unter Berücksichtigung aller Umstände auch verhältnismäßig.

Im Hinblick auf das eingeleitete Abschiebungsverfahrens ist begründet zu erwarten, dass die Abschiebung jedenfalls innerhalb der gesetzlichen Anhaltefrist erfolgen wird. Die Behörde hat das Verfahren bislang rechtskonform geführt. Die Identität des NS als Staatsbürger der Russischen Föderation steht fest, bei der Botschaft wurde das HRZ beantragt und wird aufgrund der Vorlage der Geburtsurkunde zeitnah die Bewilligung erfolgen.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt A.

Gemäß § 76 FPG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Die Schubhaft darf nur dann angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder der Abschiebung notwendig ist und sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

2. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen. Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder im Sinne des Art. 2 lit. n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird.

Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig. Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann. Die Verhängung der Schubhaft darf stets nur ultima ratio sein.

Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakte so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakte gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

3.2. Die Anwendung dieser Bestimmungen auf den vorliegenden Sachverhalt ergibt Folgendes:

3.2.1. Vorweg ist festzuhalten, dass die Vorlage der Verwaltungsakte nicht rechtzeitig erfolgte. Die einwöchige Frist zur Entscheidung war nicht gewährleistet. In Entsprechung des Wortlautes des § 22a Abs. 4 BFA-VG ist mit gegenständlichem Erkenntnis aber (nur) darüber abzusprechen, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorlägen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig sei. Diese Entscheidung stellt - ebenso wie ein Ausspruch nach § 22a Abs. 3 BFA-VG - einen neuen Hafttitel dar. Über vor oder nach der Entscheidung liegende Zeiträume wird damit nicht abgesprochen. Ein Erkenntnis nach § 22a Abs. 4 BFA-VG steht aber einer Beschwerde nach § 22a Abs. 1 BFA-VG, mit der die Überprüfung der Rechtmäßigkeit von vor oder nach der Erlassung des Erkenntnisses liegenden Haftzeiten begehrt wird, nicht entgegen (vgl. VwGH 30.08.2018, Ra 2018/21/0111; VwGH 24.10.2019, Ra 2019/21/0181 mit Verweis auf VfGH 25.2.2019, E 1633/2018, Punkt III.1. und 2. der Entscheidungsgründe).

3.2.2.In der Sache ist auszuführen, dass die Behörde im Sinne der angewendeten gesetzlichen Bestimmungen zu Recht die Schubhaft wegen Fluchtgefahr angeordnet hat, weil aus dem vergangenen Verhalten des NS mit Sicherheit geschlossen werden kann, dass er seine Abschiebung mit allen Mitteln zu verhindern oder jedenfalls zu behindern beabsichtigt. Die Behörde hat im Hinblick auf sein bisheriges Verhalten und seine unzureichende Verankerung im Bundesgebiet zu Recht eine hohe Fluchtgefahr und akuten Sicherungsbedarf angenommen.

NS hat im bisherigen Verfahren keine berücksichtigungswürdigen Umstände dargetan, wonach die Schonung seiner Freiheit das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung überwiegen würde, die Schubhaft ist unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände auch verhältnismäßig. Das Verhalten des NS in der Vergangenheit schließt auch die Anordnung gelinderer Mittel aus.

Es besteht nicht nur ein grundsätzliches öffentliches Interesse am effizienten Vollzug des Fremdenrechts, wie die politische Diskussion in der Bundesregierung und in der Öffentlichkeit aktuell zeigt, besteht auch ein erhebliches öffentliches Interesse, Fremde nach abgeschlossenem negativen Asylverfahren, die sich ohne Rechtsgrundlage in Österreich aufhalten, außer Landes zu bringen.

In diesem Sinne hat die Behörde sichergestellt, dass das Abschiebeverfahren zeitnah und zweckmäßig durchgeführt wird. Die Ausstellung eines Heimreisezertifikates wurde bereits veranlasst, eine Urgenz ist bereits erfolgt und ist zeitnah mit der Ausstellung des HRZ zu rechnen.

NS hat sich durch sein bisheriges persönliches Gesamtverhalten insgesamt als nicht hinreichend vertrauenswürdig erwiesen, insbesondere durch die zahlreichen strafgerichtlichen Verurteilungen, dem nicht bestehenden Wohnsitz und unzureichende Mittel.

Auch wird der konkrete Sicherungsbedarf wegen Fluchtgefahr durch das laufende Verfahren zur Rückübernahme von NS verstärkt.

Die Fortsetzung der Schubhaft erweist sich auch vor diesem Hintergrund auch als verhältnismäßig. Die Dauer der zulässigen Anhaltung in Schubhaft wurde nicht überschritten.

Ein gelinderes Mittel ist zur Erreichung des Sicherungszwecks nicht geeignet.

Die getroffenen Feststellungen und ihre rechtliche Würdigung lassen im Hinblick auf ihre Aktualität und ihres Zukunftsbezuges keine, die Frage der Rechtmäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft ändernde Umstände erkennen. Es war daher spruchgemäß festzustellen, dass zum Zeitpunkt dieser Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

4. Entfall einer mündlichen Verhandlung

Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Angaben des NS vor der belangten Behörde, sowie bei den bereits durchgeführten Schubhaftüberprüfungen (auch vor dem BVwG) geklärt erscheint, konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFAVG iVm 24 Abs. 4 VwGVG eine mündliche Verhandlung unterbleiben.

II. Zu Spruchpunkt B.

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem BVwG hervorgekommen.

Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund der einschlägigen Erkenntnisse des VwGH vom 19.02.2015, Zl. Ro 2013/21/0075, vom 23.04.2015, Zl. Ro 2014/21/0077, und vom 19.05.2015, Zl. Ro 2014/21/0071, sowie auch der die Schubhaft betreffenden Erkenntnisse des VfGH vom 12.03.2015, G 151/2014 ua., und E 4/2014.

Schlagworte

Fluchtgefahr, Interessenabwägung, öffentliche Interessen, Schubhaft,
Schubhaftbeschwerde, Sicherungsbedarf, Verhältnismäßigkeit,
Voraussetzungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:G310.2226325.3.00

Zuletzt aktualisiert am

29.05.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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