Entscheidungsdatum
30.03.2020Norm
B-VG Art. 133 Abs4Spruch
W282 2220838-1/8E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Florian KLICKA, BA als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX geb. XXXX , Staatsangehörigkeit: Serbien, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Wien vom XXXX 2019, Zl. XXXX , beschlossen:
A) In Erledigung der Beschwerde wird der angefochtene Bescheid in
seinem Spruchpunkt IV. aufgehoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG, zur Erlassung eines neuen Bescheids an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Serbiens, ist verheiratet, gesund und erwerbsfähig; er ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten. Er wurde lt. Bericht der LPD Wien am
XXXX 2019 von deren Beamten in XXXX Wien einer Identitätsfeststellung unterzogen, nachdem der Beschwerdeführer von den Beamten in Arbeitskleidung beim Einsteigen in ein Kfz wahrgenommen wurde, das am Straßenrand neben einer Tankstelle hielt. Der Lenker des Kfz gab über entsprechenden Vorhalt ggü. den einschreitenden Beamten an, dass er den Beschwerdeführer zur Verrichtung handwerklicher Arbeiten an seiner Wohnadresse einsteigen ließ. Der Beschwerdeführer gab gegenüber den Beamten an, seinen Reisepass nicht mitzuführen und an seiner im Zentralen Melderegister aufscheinenden Adresse in XXXX Wien nicht mehr aufhältig zu sein. Nach telefonischer Rücksprache mit dem Bruder des Beschwerdeführers wurde eine tatsächliche Wohnadresse in XXXX Wien ermittelt. Dem Beschwerdeführer stand dort ein Zimmer zur Verfügung, das aufgrund seines Anscheins für die Beamten der LPD Wien den Rückschluss zuließ, dass sich der Beschwerdeführer dauerhaft dort aufhielt. Hierzu gab der Beschwerdeführer an, dieses Zimmer um 200 € pro Monat zu mieten.
Der Beschwerdeführer unterließ dabei jedoch die verpflichtende (Um-) Meldung nach dem Meldegesetz 1991 bzw. ließ diese erst nach obiger Kontrolle durch die Polizei am XXXX 2019 auf seine tatsächliche Wohnsitzadresse korrigieren. In weiterer Folge wurde via Beamter der LPD NÖ der beim Bruder des Beschwerdeführers verwahrte Reisepass kontrolliert. Dieser wurde gem. § 39 BFA-VG sichergestellt.
2. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA oder belangte Behörde), Regionaldirektion Wien, leitete nach Verständigung durch die LPD Wien ein Verfahren zur Erlassung aufenthaltsbeendender Maßnahmen ein und wurde der Beschwerdeführer hierzu am 08.05.2019 niederschriftlich einvernommen. Er gab dabei folgendes an:
F: Was war der Grund der Einreise?
A: Ich bin zu Besuch gekommen zu meinem Bruder, ich konnte aber dort nicht schlafen, deswegen habe ich bei einem Freund geschlafen. Ich habe dann den Tipp bekommen, dass es Arbeit gibt und ich habe dann diesen Mann getroffen.
F: Wieso haben Sie sich in Österreich nicht angemeldet?
A: Die Person konnte mich aus privaten Gründen nicht anmelden.
F: Welche Familienmitglieder haben sie in Österreich?
A: Ich habe einen Bruder und seine Familie in Österreich.
F: Haben Sie in Serbien Familie?
A: Ich habe dort meine Gattin, meine drei Kinder, und meine Eltern, die ich pflege.
F: Was machen sie beruflich?
A: Ich bin Tischler, ich habe die Ausbildung abgeschlossen. Es gibt in Serbien keine Arbeit
F: Als sie nach Österreich eingereist sind, wie viel Geld hatten sie? A: Ich hatte 1000€, jetzt habe ich 400€.
F: Können Sie die 1000€ nachweisen?
A: Nein, kann ich nicht
Anmerkung: Unglaubwürdig; wenn Sie mit 1000€ nach Österreich einreisen um jemanden zu besuchen, ist es nicht notwendig unerlaubter Arbeit nachzugehen.
F: Sind sie Mitglied in einer religiösen oder politischen Organisation?
A: Nein, bin ich nicht.
Weiter gab der Beschwerdeführer an in Serbien nicht verfolgt zu werden. Vom zuständigen Organwalter des BFA wurde dem Beschwerdeführer niederschriftlich am Ende der Einvernahme eine Rückehrentscheidung und ein Einreiseverbot befristet auf 1,5 Jahre angekündigt; die Entscheidung würde aber schriftlich ergehen.
3. Mit Bescheid vom XXXX 2019 erließ das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Regionaldirektion Wien zur im Spruch angegeben GZ unmittelbar anschließend an die Einvernahme den angefochtenen Bescheid, mit welchem dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen iSd § 57 AsylG 2005 nicht erteilt wurde (Spruchpunkt I.), gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG und § 52 Abs. 1 Z 1 FPG eine Rückkehrentscheidung gegen ihn erlassen wurde (Spruchpunkt II.), gemäß § 52 Abs. 9 iVm § 46 FPG eine Abschiebung nach Serbien für zulässig erklärt wurde (Spruchpunkt III.), gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG ein auf vier Jahre befristetes Einreiseverbot erlassen wurde (Spruchpunkt IV.) und einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung nach
§ 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG aberkannt wurde (Spruchpunkt V.). Der Beschwerdeführer reiste daraufhin am XXXX 2019 freiwillig nach Serbien zurück.
Im Bescheid stellt das BFA in Bezug auf den angefochtenen Spruchpunkt neben der Wiedergabe obiger Einvernahme lediglich fest, dass der Beschwerdeführer am XXXX 2019 legal nach Österreich eingereist sei, er jedoch betreten wurde, als er unerlaubt entgeltliche Arbeit aufnehmen wollte. Es stehe daher fest, dass der Beschwerdeführer nicht in der Lage sei seinen Aufenthalt zu finanzieren. Er habe erst mit XXXX 2019 ein Nebenwohnsitz angemeldet.
Beweiswürdigend führte die belangte Behörde zu diesen Feststellungen im bekämpften Bescheid wie folgt aus:
"betreffend zur Erlassung des Einreiseverbotes
o Sie wurden am 03 03 2019 von Beamten der LPD Wien einer Personenkontrolle unterzogen. Sie haben sich mit ihrem serbischen Reisepass ausgewiesen
o Man hat festgestellt, dass sie im Bundesgebiet nicht gemeldet waren.
o Sie haben an einer Adresse unangemeldet Unterkunft bezogen. Sie haben sich erst angemeldet, als die Polizei sie kontrolliert und angezeigt hat.
o Sie wurden betreten, als sie in Arbeitskleidung in einen Wagen gestiegen sind um entgeltlich unerlaubte Arbeit aufzunehmen
o Sie sind nicht in der Lage für ihre Bedürfnisse aufzukommen. Sie stellen eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar."
4. Der Beschwerdeführer erhob durch seinen von Amts wegen zur Seite gestellten Rechtsberater gegen diesen Bescheid fristgerecht Beschwerde, diese beschränkt jedoch auf die Spruchpunkte IV. (Einreiseverbot) und V. (Aberkennung der aufschiebenden Wirkung). Der Beschwerdeführer beantragte darin der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, das Einreiseverbot zu beheben bzw. in eventu die Dauer des Einreiseverbots zu reduzieren bzw. in eventu Spruchpunkt IV. zu beheben und an die belangte Behörde zur neuerlichen Entscheidung zurückzuverweisen.
5. Die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht am XXXX 2019 vom BFA vorgelegt. Mit Teilerkenntnis vom 05.08.2019, GZ G304 2220838-1/5E wurde die Beschwerde hinsichtlich des Spruchpunktes V. gemäß § 18 Abs. 2 Z. 1 BFA-VG abgewiesen und gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt.
5. Mit Beschluss des Geschäftsverteilungsausschusses vom 04.03.2020 wurde die Rechtssache der Gerichtsabteilung G 304 abgenommen und der Gerichtabteilung W 282 neu zugewiesen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 7 BFA-VG idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes ist daher im vorliegenden Beschwerdeverfahren gegeben.
Zu A) Zurückverweisung der Beschwerde an die belangte Behörde
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
Das Modell der Aufhebung des Bescheides und Zurückverweisung der Angelegenheit an die Behörde folgt konzeptionell jenem des § 66 Abs. 2 AVG, allerdings mit dem Unterschied, dass die Notwendigkeit der Durchführung einer mündlichen Verhandlung nach § 28 Abs. 3 VwGVG nicht erforderlich ist (Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren 2013, § 28 VwGVG, Anm. 11.)
In seinem Erkenntnis vom 26.06.2014, Zl. Ro 2014/03/0063-4 hat der Verwaltungsgerichtshof in Hinblick auf die nach § 28 Abs. 3 VwGVG bestehende Zurückverweisungsmöglichkeit ausgesprochen, dass prinzipiell eine meritorische Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte bestehe und von der Möglichkeit der Zurückverweisung nur bei krassen beziehungsweise besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht werden könne. Diesbezüglich führte er aus, dass eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen insbesondere dann in Betracht komme, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gelte, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden.
Die belangte Behörde hat die von der Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts geforderten Maßstäbe eines umfassend ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens in den gegenständlichen Verfahren missachtet. Insbesondere hat sie im Hinblick auf im Spruch für ihre Entscheidung herangezogene Rechtsgrundlage nur ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt und bloß ansatzweise ermittelt.
Die belangte Behörde legt dem Beschwerdeführer spruchgemäß zur Last, entgegen
§ 53 Abs. 2 Z 7 FPG, unerlaubt Arbeit aufgenommen zu haben. Außer den oben wiedergebenden Feststellungen bzw. Auszügen aus der Beweiswürdigung der belangten Behörde ergibt sich aus dem gesamten Akt der belangten Behörde jedoch kein Ansatz der Ermittlung ob der Beschwerdeführer (neben der lediglichen Anbahnung einer solchen Tätigkeit, bei der er zweifellos betreten wurde) tatsächlich eine solche nach dem AuslBG untersagte Tätigkeit aufgenommen oder ausgeübt hat. Die Feststellung er sei in Arbeitsbekleidung beim Einsteigen in ein Kfz beobachtet worden und habe dessen Lenker angegeben, den Beschwerdeführer zur Verrichtung handwerklicher Arbeiten mitgenommen zu haben, reicht ohne diesbezügliche Ermittlungen und darauf basierende Feststellungen zur Entgeltlichkeit der Tätigkeit alleine nicht zur Heranziehung des Tatbestandes des § 53 Abs. 2 Z 7 FPG aus:
§ 53 Abs. 2 Z 6 und 7 FPG laute wie folgt:
"2) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige [..]
6.
den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag;
7.
bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für denselben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung, bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen;"
Hierzu hat der VwGH zu wie folgt ausgeführt:
"Zutreffend hat das BVwG erkannt, dass der bloße Vorwurf, ein Drittstaatsangehöriger sei einer Beschäftigung nachgegangen, obwohl ihm der dafür erforderliche Aufenthaltstitel bzw. die erforderliche Beschäftigungsbewilligung nicht erteilt worden sei, § 53 Abs. 2 Z 7 FPG nicht erfüllt, sondern der Tatbestand voraussetzt, dass der Drittstaatsangehörige - wenn auch im Gegensatz zur Rechtslage vor dem FrÄG 2011 nicht mehr unbedingt durch bestimmte Organe der Abgabenbehörde, des Arbeitsmarktservice oder des öffentlichen Sicherheitsdienstes - bei einer Beschäftigung "betreten" wird, die er nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) nicht hätte ausüben dürfen (vgl. VwGH 18.3.2014, 2013/22/0332, mit Hinweisen auf die Rechtsprechung zur Vorgängerbestimmung des § 60 Abs. 2 Z 8 iVm Abs. 5 FPG idF vor dem FrÄG 2011). Es bedarf daher zumindest der Feststellung der nach dem AuslBG nicht zulässigen Beschäftigung aufgrund einer Nachschau durch die dafür berufenen Behörden." (VwGH 24.05.2018, Ra 2017/19/0311).
Entsprechende konkrete Feststellungen oder auch nur Ermittlungen welche Beschäftigung(en) der Beschwerdeführer ausgeübt hat sind durch die belangte Behörde unterblieben, obwohl sich die Identität des Lenkers (und somit möglichen Auftraggebers der unerlaubten Tätigkeit) des Kfz, in dem der Beschwerdeführer von den Beamten der LPD Wien betreten wurde, aus der im Akt befindlichen Meldung ebendieser ergibt. Auch wenn der Beschwerdeführer grundsätzlich zugesteht, die Absicht gehabt zu haben, nach dem "Tipp" seines Bekannten Arbeit aufzunehmen, liegt hierin kein "Betreten" bei einer nach dem AuslBG nicht erlaubten Beschäftigung. Die belangte Behörde führt stattdessen (ohne entsprechende Feststellung) in der Begründung des angefochtenen Bescheides pauschal aus, der Beschwerdeführer habe entgeltlich "schwarz" gearbeitet. Es wäre für die belangte Behörde eine Leichtes gewesen durch zeugenschaftliche Einvernahme des Lenkers des Kfz, den entgeltlichen Charakter der vom Lenker in Aussicht gestellten handwerklichen Tätigkeiten zu ermitteln, zu plausibilisieren und somit Feststellungen hierzu zu treffen. Weitere Ermittlungen wie etwa Anfragen bei der Finanzpolizei ob der Beschwerdeführer ggf. anderwärtig bei einer Beschäftigung tatsächlich betreten wurde, die ihm nach dem AuslBG nicht erlaubt ist, sind nicht aktenkundig und daher offenbar ebenfalls unterblieben. Darüber hinaus wurde, der Beschwerdeführer nach den Feststellungen der Behörde nicht bei der Ausübung einer unerlaubten Erwerbstätigkeit betreten, sondern bestenfalls bei deren Anbahnung.
Ein weiterer unauflösbarer Widerspruch im angefochtenen Bescheid in Bezug auf den zugrunde gelegten Sachverhalt ergibt sich daraus, dass der Organwalter des BFA, der die Vernehmung am XXXX 2019 durchführte und gleichzeitig auch den angefochtenen Bescheid am selben Tag erließ, dem Beschwerdeführer (dies sogar in Fettschrift in der Niederschrift hervorgehoben) nach Abschluss der Einvernahme ein Einreiseverbot auf 1,5 Jahre befristet ankündigte. Im am selben Tag ausgefertigten Bescheid ist die Befristung jedoch - drastisch verschärft - mit vier Jahren festgesetzt. Da man dem Organwalter der belangten Behörde nicht unterstellen kann, dem Beschwerdeführer vorsätzlich in seinem Recht auf Parteiengehör verkürzt haben zu wollen (§ 45 Abs. 3 AVG), müssen im Rahmen der Einvernahme, zumindest aber vor der Bescheiderlassung zusätzliche Sachverhaltselemente hervorgekommen sein, die diese drastische Ausweitung der Befristung des Einreiseverbots rechtfertigen. Hierzu finden sich im angefochtenen Bescheid aber keinerlei Feststellungen oder auch nur Hinweise und ist schon allein deswegen das Ermittlungsverfahren der belangten Behörde als grob mangelhaft zu qualifizieren.
Auch aus der rechtlichen Würdigung des angefochtenen Bescheides lassen sich diesbezüglich hilfsweise keine erhellenden Erkenntnisse erzielen, die Hinweise auf weitere, u.U. nicht dokumentierte Sachverhaltsannahmen zulassen und dem Bundesverwaltungsgericht einen Ermittlungsansatz bieten könnten: Zum einen zitiert das BFA einen zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung nicht mehr in Kraft stehenden Text des § 53 Abs. 2 FPG, der die im Spruch angeführte Z 7, wie sie seit dem FrÄG 2011 in Geltung steht, gar nicht enthält, um nach dessen Zitat auszuführen, dass Ziffer 6 ebendieses Absatzes im gegenständlichen Fall erfüllt sei, obwohl dies der in Spruchpunkt IV. angeführten Rechtsgrundlage (dort § 53 Abs. 2 Z 7 FPG) widerspricht. Zum anderen verweist die Behörde hiernach auf § 53 Abs. 3 FPG und bezeichnet den Aufenthalt des Beschwerdeführers als (über § 53 Abs. 2 FPG hinausgehend) sogar als schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit. Aufgrund welcher Sachverhaltsfeststellungen sich diese "schwerwiegende Gefahr" ergeben soll, bzw. dass hierzu entsprechende Ermittlungen durchgeführt wurden, bleibt vollständig im Dunkeln.
Doch auch wenn die Behörde eigentlich § 53 Abs. 2 Z 6 FPG (Mittellosigkeit) für das Einreiseverbot heranziehen wollte (die weitere rechtliche Begründung im angefochtenen Bescheid lässt diese Deutung zu) fehlen hierzu maßgebliche Feststellungen und Ermittlungen. Der Beschwerdeführer gab an, für das Zimmer in Wien XXXX 200 € Miete zu bezahlen, mit
1.000 € eingereist zu sein und davon zum Zeitpunkt der Einvernahme noch 400 € besessen zu haben. Mit Ausnahme der pauschalen Würdigung, es sei unglaubwürdig, dass eine Person, die mit 1.000 € einreise, "schwarz arbeiten gehen müsse" sind keine weiteren Ermittlungsschritte hinsichtlich der Mittelaufbringung für den Unterhalt des Beschwerdeführers aktenkundig. Das Bundesverwaltungsgericht verkennt nicht, dass nach der Judikatur zu § 53 Abs. 2 Z 6 FPG ein Fremder initiativ, untermauert durch Vorlage entsprechender Bescheinigungsmittel, nachzuweisen hat, dass er nicht bloß über Mittel zur kurzfristigen Bestreitung seines Unterhalts verfügt, sondern sein Unterhalt für die beabsichtigte Dauer seines Aufenthalts gesichert erscheint. Die Verpflichtung, die Herkunft der für den Unterhalt zur Verfügung stehenden Mittel nachzuweisen, besteht insoweit, als für die Behörde ersichtlich sein muss, dass der Fremde einen Rechtsanspruch darauf hat und die Mittel nicht aus illegalen Quellen stammen (VwGH 19.12.2018 Ra 2018/20/0309). Dieser Umstand entbindet die Behörde aber nicht gänzlich von ihrer amtswegigen Ermittlungspflicht. Es ist nicht auszuschließen, dass der Beschwerdeführer die Frage, ob er die Mittel zu seinem Unterhalt iSd von ihm angegeben
400 € nachweisen kann, bloß dahingehend verstanden hat, ob er diesen Geldbetrag jetzt gerade bei sich habe. Ausgehend davon, dass sich der Beschwerdeführer als serbischer Staatsbürger 90 Tage innerhalb eines halben Jahres sichtvermerksfrei im Bundesgebiet aufhalten darf, ist es keineswegs ausgeschlossen, dass diese behaupteten 400 €
ausreichend gewesen wären um den Restaufenthalt des Beschwerdeführers bis Anfang Juni und somit bis zum Ablauf dieser 90 Tage zu finanzieren. Das BFA hat hierzu nicht weiter ermittelt und dem Beschwerdeführer auch nicht die Möglichkeit eines sinnvollen Nachweises des Unterhalts gegeben. In der dem Beschwerdeführer vom BFA zugestellten Ladung zur Einvernahme wird nur darauf hingewiesen, "Urkunden oder sonstige relevante Beweismittel, wie Zeugnisse, Fotografien usw." mitzubringen. Nachweise für die notwendigen Mittel des Lebensunterhalts sind dort nicht erwähnt, weswegen auch von einer unterlassenen Manuduktion im Hinblick auf § 19 Abs. 2 S 1 AVG der belangten Behörde auszugehen ist.
Festzuhalten ist aber, dass die rechtliche Begründung des angefochtenen Spruchpunkts nicht alleine die Aufhebung und Zurückverweisung rechtfertigt: "Selbst Bescheide, die bloß eine dürftige Begründung enthalten, rechtfertigen daher keine Zurückverweisung, wenn brauchbare Ermittlungen vorliegen, die im Zusammenhang mit einer allfälligen öffentlichen Verhandlung vervollständigt werden können;" (Grof in Raschauer/Wessely (Hrsg), VwGVG
§ 28 Rz 15 mit Verweis auf VwGH 27.1.2016, Ra 2015/08/0171). So ein Fall liegt aber gegenständlich - wie oben ausgeführt - nicht vor, da das Bundesverwaltungsgericht die Begründung des Bescheides notgedrungen lediglich zu Deutung herangezogen hat, welche Ermittlungen bzw. Feststellungen im angefochtenen Bescheid überhaupt notwendig gewesen wären, die von der belangten Behörde aber unterlassen wurden. Es ist aufgrund der teilweise doch erheblichen Widersprüche des angefochtenen Spruchpunktes zu den Feststellungen und der darauf aufbauenden rechtlichen Beurteilung für das Bundesverwaltungsgericht letztlich nicht klar, "was" die belangte Behörde (mit der Ausnahme, dass es erkennbar um ein Einreiseverbot geht) auf welcher rechtlichen Basis und in welchem Umfang im angefochtenen Spruchpunkt überhaupt bescheidmäßig anordnenden wollte. Auch liegen wie dargelegt keine "brauchbaren Ermittlungen" vor, die in einer mündlichen Verhandlung vervollständigt werden könnten.
Aus dem Gesagten ergibt sich, dass die belangte Behörde - ausgehend vom angefochtenen Bescheid - zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts lediglich ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt hat bzw. bloß ansatzweise ermittelt hat. Auch lassen gewisse Anhaltspunkte des Behördenaktes bzw. des angefochtenen Bescheides den Rückschluss zu, dass die belangte Behörde Ermittlungen unterließ, damit diese dann - etwa iS einer Delegierung zeitintensiver Ermittlungen an das VwG - durch das VwG vorgenommen werden (Leeb in Hengstschläger/Leeb, AVG §28 VwGVG, Rz 118; VwGH 26. 6. 2014, Ro 2014/03/0063, VwGH 10. 9. 2014, Ra 2014/08/0005). Zu letzterem Umstand ist vor allem auf die auffallende zeitliche Nähe der Bescheiderlassung mit der Einvernahme des Beschwerdeführers zu verweisen: Die Einvernahme als auch die Bescheiderlassung erfolgten am selben Tag, dem XXXX 2019. Der Beschwerdeführer hat den Bescheid persönlich ebenfalls am XXXX 2019 und somit offenbar unmittelbar im Anschluss an die Einvernahme übernommen, wobei das Papier der letzten Seite des Bescheids mit dem Genehmigungsvermerk des Organwalters der belangten Behörde und der Übernahmebestätigung des Beschwerdeführers erkennbar eine andere Farbe hat, als der Rest der Bescheidausfertigung (weiß anstatt gelb). Es liegt somit die Vermutung nahe, dass die schriftliche Ausfertigung des Bescheids bereits vor der Einvernahme des Beschwerdeführers erstellt wurde und der Bescheid dem Beschwerdeführer sofort nach der Einvernahme ausgefolgt wurde. Somit wurden von der belangten Behörde naturgemäß aufgrund der Beweisergebnisse der Einvernahme keine weiteren Ermittlungen mehr durchgeführt, obwohl diese danach (aber auch schon vor der Einvernahme) notwendig gewesen wären. Dies rechtfertigt die Vermutung, dass die belangte Behörde diese zusätzlichen und notwendigen Ermittlungen im Hinblick auf die ohnehin bestehende Ermittlungspflicht des Bundesverwaltungsgerichts aus Zeitgründen oder Erledigungsdruck unterlassen hat.
Der Bescheid war daher im angefochtenen Spruchpunkt gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG zu beheben und an die belangte Behörde zur neuerlichen Entscheidung nach Sachverhaltsergänzung zurückzuverweisen.
Zu B)
Zur Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen (jeweils in der Begründung zitierten) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Behebung der Entscheidung, Ermittlungspflicht, individuelleEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W282.2220838.1.00Zuletzt aktualisiert am
29.05.2020