TE Bvwg Beschluss 2020/3/30 G313 2196422-1

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Veröffentlicht am 30.03.2020
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Entscheidungsdatum

30.03.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs2
B-VG Art. 133 Abs4
VwGVG §28 Abs3 Satz 2

Spruch

G313 2196422-1/2E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Birgit WALDNER-BEDITS als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA. Serbien, vertreten durch RA Mag. Dr. Ralf Heinrich HÖFLER, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.04.2018, Zl. XXXX, beschlossen:

A) In Erledigung der Beschwerde wird der bekämpfte Bescheid behoben

und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA oder belangte Behörde) vom 17.04.2018 wurde der Antrag des Beschwerdeführers (im Folgenden: BF) auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.), gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z. 1 FPG erlassen (Spruchpunkt II.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG nach Serbien zulässig ist (Spruchpunkt III.), und ausgesprochen, dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt IV.).

2. Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben.

3. Am 25.05.2018 langte beim Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) die gegenständliche Beschwerde samt dazugehörigem Verwaltungsakt ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der BF ist serbischer Staatsangehörige.

1.2. Mit angefochtenem Bescheid wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Serbien zulässig ist.

Zum Privat- und Familienleben wurde unter "Punkt C) Feststellungen" festgehalten:

"Laut Ihren Angaben halten sich Ihre Eltern, Ihre drei Schwestern, Ihre Großmutter und Ihre Ehegattin in Österreich auf. (...)."

Darauf folgten rund 25 Seiten allgemeine Länderfeststellungen.

Die Beweiswürdigung war kurzgehalten. Nach dem Einleitungssatz, die Behörde gelange aufgrund folgender Erwägungen zu obigen Feststellungen, wurde "betreffend die Feststellungen zu Ihrem Privat- und Familienleben" angeführt:

"Aufgrund des Akteninhaltes und Ihren eigenen Angaben."

Im Zuge der Rechtlichen Beurteilung wurde unter anderem Folgendes festgehalten:

"Laut Ihren Angaben halten sich Ihre Eltern, Ihre drei Schwestern, Ihre Großmutter und Ihre Ehegattin in Österreich auf. Nachweise dafür haben Sie jedoch bis dato nicht vorgelegt.

(...).

Fest steht, dass Ihre Ehegattin in Österreich lebt, jedoch wird dazu festgehalten, dass Sie sich seit einem sehr kurzen Zeitraum in Österreich aufhalten und Sie sich auch bewusst sein mussten, dass Sie über keinen Aufenthaltstitel verfügen und sich daher in einem Zeitraum von 180 Tagen 90 Tage im Gebiet der Schengener-Staaten aufhalten dürfen. Daher muss ein etwaig vorhandenes Privat- und Familienleben eine Relativierung hinnehmen.

Zu Ihrer Begründung, dass Sie den sichtvermerkfreien Zeitraum überschritten hätten, da Sie Ihre schwer kranke Ehegattin pflegen und unterstützen müssten, hält das Bundesamt fest, dass Sie im Zuge der niederschriftlichen Einvernahme am 24.11.2016 selbst angaben, dass Sie gemeinsam mit Ihrer Ehegattin nach Serbien reisen würden, da die Eltern Ihrer Ehegattin dort ein Haus hätten."

2. Beweiswürdigung:

Der Punkt I. angeführte Verfahrensgang und die unter Punkt II. getroffenen Feststellungen ergaben sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des BVwG.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:

Gemäß § 9 Abs. 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, und § 7 Abs. 1 Z 1 des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des BFA.

Da sich die gegenständliche - zulässige und rechtzeitige - Beschwerde gegen einen Bescheid des BFA richtet, ist das Bundesverwaltungsgericht für die Entscheidung zuständig.

Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr 33/2013 idgF, geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß §§ 16 Abs. 6 und 18 Abs. 7 BFA-VG sind die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anwendbar.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art 130 Abs. 1 Z 1 B-VG (Anmerkung: sog. Bescheidbeschwerden) dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht (Z 1) oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist (Z 2).

Gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 leg cit. nicht vorliegen, im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1

B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

Das Modell der Aufhebung des Bescheids und Zurückverweisung des Angelegenheit an die Behörde folgt konzeptionell jenem des § 66 Abs. 2 AVG (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren (2013) § 28 VwGVG Anm11). Gemäß dieser Bestimmung kann die Berufungsbehörde, sofern der ihr vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint, den angefochtenen Bescheid beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an eine im Instanzenzug untergeordnete Behörde zurückverweisen. Wie oben ausgeführt, ist aufgrund von § 17 VwGVG die subsidiäre Anwendung von § 66 Abs. 2 AVG durch die Verwaltungsgerichte ausgeschlossen.

Im Gegensatz zu § 66 Abs. 2 AVG setzt § 28 Abs. 3 VwGVG die Notwendigkeit der Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung nicht mehr voraus.

Der VwGH hat mit Erkenntnis vom 26.06.2014, Zl. Ro 2014/03/0063 (Waffenverbot), in Bezug auf die grundsätzliche Sachentscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte nach § 28 VwGVG und die Möglichkeit der Zurückverweisung ausgesprochen, dass angesichts des in § 28 VwGVG insgesamt verankerten Systems die nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG bestehende Zurückverweisungsmöglichkeit eine Ausnahme von der grundsätzlichen meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte darstellt. So kommt eine Aufhebung des Bescheides nicht in Betracht, wenn der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist. Von der Möglichkeit der Zurückverweisung kann nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht werden. Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen wird daher insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden. Das Verwaltungsgericht hat nachvollziehbar zu begründen, wenn es eine meritorische Entscheidungszuständigkeit nicht als gegeben annimmt, etwa weil es das Vorliegen der Voraussetzungen der Z 1 und Z 2 des § 28 Abs. 2 VwGVG verneint bzw. wenn es von der Möglichkeit des § 28 Abs. 3 erster Satz VwGVG nicht Gebraucht macht.

Gemäß § 60 AVG sind in der Begründung eines Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen. Die Begründung eines Bescheides bedeutet die Bekanntgabe der Erwägungen, aus denen die Behörde zur Überzeugung gelangt ist, dass ein bestimmter Sachverhalt vorliegt und dass damit der Tatbestand einer bestimmten Rechtsnorm verwirklicht ist. Die Begründung eines Bescheides hat Klarheit über die tatsächlichen Annahmen der Behörde und ihre rechtlichen Erwägungen zu schaffen. In sachverhaltsmäßiger Hinsicht hat sie daher alle jene Feststellungen in konkretisierter Form zu enthalten, die zur Subsumierung dieses Sachverhaltes unter die von der Behörde herangezogene Norm erforderlich sind. Denn nur so ist es möglich, den Bescheid auf seine Rechtsrichtigkeit zu überprüfen (VwGH 23.11.1993, Zl. 93/04/0156; 13.10.1991, Zl. 90/09/0186; 28.07.1994, Zl. 90/07/0029).

3.2. Im gegenständlichen Fall hat sich die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid insofern widersprochen, als sie unter den Feststellungen festhielt, "laut Ihren Angaben halten sich Ihre Eltern, Ihre drei Schwestern, Ihre Großmutter und Ihre Ehegattin in Österreich auf", dieser Feststellung in der Rechtlichen Beurteilung hinzufügte, "Nachweise dafür haben Sie jedoch bis dato nicht vorgelegt", dann jedoch angab, "fest steht, dass Ihre Ehegattin in Österreich lebt, jedoch wird dazu festgehalten, dass Sie sich seit einem sehr kurzen Zeitraum in Österreich aufhalten (...)."

Die belangte Behörde stützte sich bezüglich der in Österreich aufhältigen Familienangehörigen des BF daher zunächst nur auf die Angaben des BF, hielt selbst jedoch den Aufenthalt der vom BF angeführten Familienangehörigen in Österreich zunächst nicht für gewiss, führte sie danach doch an, dass der BF dafür keinen Nachweis vorgelegt habe, ging dann entgegen vorigen Angaben jedoch zumindest vom Aufenthalt seiner Ehegattin in Österreich aus, führte sie doch plötzlich an: "Fest steht, dass Ihre Ehegattin in Österreich lebt

(...)."

Das BFA hielt fest, der BF sei seit 22.05.2017 in Österreich gemeldet, habe den sichtvermerkfreien Zeitraum überschritten und halte sich unrechtmäßig in Österreich auf. Der BF habe sich bewusst sein müssen, dass er über keinen Aufenthaltstitel verfüge und sich daher in einem Zeitraum von 180 Tagen 90 Tage im Schengen-Raum aufhalten dürfe. Eine etwaig vorhandenes Privat- und Familienleben müsse daher eine Relativierung hinnehmen.

Dass, wie im Verfahrensgang des angefochtenen Bescheides erwähnt, der BF am 20.06.2017 bei der zuständigen NAG-Behörde einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels als "Familienangehöriger" gestellt hat und dieser mit Bescheid vom 17.01.2018, rechtskräftig mit 23.02.2018, abgewiesen wurde, blieb im weiteren Begründungsverlauf unberücksichtigt, ebenso die Stellungnahme des Rechtsvertreters des BF nach Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme, der BF habe den sichtvermerkfreien Zeitraum überschritten, weil er seine schwer kranke Frau persönlich pflegen und unterstützen würde.

Es fehlt hinsichtlich der Beziehung des BF zu seiner Ehefrau jedenfalls eine nähere Auseinandersetzung mit dem Vorbringen des BF in seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 24.11.2016

Der BF gab vor dem BFA an, er habe seine Ehefrau im April 2015 über eine Internetplattform, im Juni 2016 in Österreich persönlich kennengelernt und im August 2016 geheiratet. Gesprochen über eine Heirat hätten sie bereits im April oder Mai 2016. Seine Ehefrau sei sehr krank, zu 90 % behindert. Er kümmere sich um sie. Der BF lebe aus dem Einkommen seiner Ehegattin, die Sozialhilfe und Pflegegeld beziehe, und könne beim Gatten seiner Schwester arbeiten, was er bereits einmal für ein paar Tage gemacht habe, bis er von diesem wieder abgemeldet worden sei.

Eine nähere Befragung des BF dazu, an welcher Krankheit seine Ehefrau leide und seit wann, und auf welche Art und Weise er um sie kümmere und weiterhin kümmern wolle, wäre angebracht gewesen, die belangte Behörde hat es jedoch bei der Antwort des BF, befragt danach, welche Krankheit seine Ehegattin habe, "sie ist zu 90 % behindert; ich kümmere mich um sie", bewenden lassen.

Die belangte Behörde ist im angefochtenen Bescheid auf die Beziehung des BF jedenfalls ebenso wenig eingegangen wie auf den dem BF in seiner Einvernahme vorgehaltenen Umstand, am 12.04.2016 bei der NAG-Behörde einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "sonstige Schlüsselkraft" gestellt zu haben, obwohl er gewusst habe, eine österreichische Staatsbürgerin heiraten zu werden, woraufhin der BF darauf verwies, eine Zusage für eine Arbeitsstelle gehabt zu haben, sein Antrag sei jedoch abgewiesen worden.

Die belangte Behörde stützte sich im angefochtenen Bescheid auf eine behördliche Meldung des BF in Österreich seit 22.05.2017 und darauf, dass er sich seit einem sehr kurzen Zeitraum im Bundesgebiet aufhalte und ihm bewusst sein habe müssen, dass er keinen Aufenthaltstitel besitze und er sich nur 90 Tage von 180 Tagen im Schengen-Raum aufhalten dürfe, weshalb ein etwaiges Privat- und Familienleben eine Relativierung erfahre, ließ dabei jedoch gänzlich außer Acht, dass der BF laut einem dem Verwaltungsakt einliegenden Polizeierhebungsbericht von Juli 2016 bzw. der an der damaligen Wohnadresse des BF angetroffenen ehemaligen Lebensgefährtin des BF zum Erhebungszeitpunkt im Juli 2016 "seit ca. zwei Monaten" bei der nunmehrigen Ehegattin des BF wohnhaft gewesen sei.

Die belangte Behörde hat sich nicht näher mit der Beziehung des BF zu seiner Ehegattin auseinandergesetzt und Folgendes angeführt:

"Zu Ihrer Begründung, dass Sie den sichtvermerkfreien Zeitraum überschritten hätten, da Sie Ihre schwer kranke Ehegattin pflegen und unterstützen müssten, hält das Bundesamt fest, dass Sie im Zuge der niederschriftlichen Einvernahme am 24.11.2016 selbst angaben, dass Sie gemeinsam mit Ihrer Ehegattin nach Serbien reisen würden, da die Eltern Ihrer Ehegattin dort ein Haus hätten."

Später zu Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides wurde festgehalten, dass sich weder aus den Länderfeststellungen noch aus dem Vorbringen des BF eine Gefährdung für ihn ergebe, handle es sich doch beim Herkunftsstaat des BF um einen sicheren Herkunftsstaat, und habe der BF außerdem im Zuge seiner niederschriftlichen Einvernahme am 24.11.2016 selbst angegeben, gemeinsam mit seiner Ehegattin nach Serbien auszureisen.

Diesbezüglich ist festzuhalten, dass der BF in seiner Einvernahme vor dem BFA nicht von einer längerfristig geplanten Ausreise mit seiner Ehegattin gesprochen hat, sondern sich nur vergewissern wollte, ob er gemeinsam mit seiner Ehegattin für die Dauer eines etwaigen Aufenthaltsverbotes das Land verlassen könne.

Aufgrund mangelhafter und fehlender Ermittlungen und Feststellungen war der angefochtene Bescheid daher gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG aufzuheben und die Angelegenheit zur Verfahrensergänzung und Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückzuverweisen.

Dass die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das BVwG selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist, war nicht erkennbar.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

4. Entfall einer mündlichen Verhandlung

Da im gegenständlichen fall bereits auf Grund der Aktenlage feststand, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist, konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z. 1 VwGVG die Durchführung einer mündlichen Verhandlung entfallen.

Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

Behebung der Entscheidung, Ermittlungspflicht, individuelle
Verhältnisse, Kassation, mangelnde Sachverhaltsfeststellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:G313.2196422.1.00

Zuletzt aktualisiert am

29.05.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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