TE Bvwg Beschluss 2019/8/19 I411 2218518-1

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Veröffentlicht am 19.08.2019
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Entscheidungsdatum

19.08.2019

Norm

AsylG 2005 §3
B-VG Art. 133 Abs4
VwGG §30 Abs2
VwGG §46
VwGG §46 Abs1
VwGG §46 Abs3
VwGG §46 Abs4

Spruch

I411 2218518-1/8E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Hannes LÄSSER, als Vertretung wegen der urlaubsbedingten Verhinderung von Mag. Robert POLLANZ, als Einzelrichter über den Antrag von XXXX vom 14.08.2019 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung der außerordentlichen Revision gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 14.05.2019, Zl. I411 2218518-1/2E, beschlossen:

A)

1. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Erhebung einer außerordentlichen Revision wird gemäß § 46 VwGG abgewiesen.

2. Dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wird gemäß § 30 Abs. 2 VwGG nicht stattgegeben.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 14.05.2019, I411 2218518-1/2E, wurde die Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Steiermark, vom 05.04.2019, Zl. XXXX als unbegründet abgewiesen. Zudem wurde die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig erklärt. Dem rechtsfreundlichen Vertreter wurde dieses Erkenntnis rechtswirksam mit 16.05.2019 zugestellt.

Mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 24.06.2019, Zl. Ra 2019/19/0240-2, wurde der antragstellenden Partei die Verfahrenshilfe zur Einbringung einer außerordentlichen Revision gewährt.

Am 14.08.2019 um 17:32:30 Uhr langte beim Bundesverwaltungsgericht mittels ERV der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand verbunden mit der außerordentlichen Revision und einem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 14.05.2019, I411 2218518-1/2E, ein.

Hinsichtlich des Wiedereinsetzungsantrages brachte der rechtsfreundliche Vertreter des Antragstellers vor:

"Der Antragsteller hat mit Antrag vom 06.06.2019 an den Verwaltungsgerichtshof die Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision gemäß § 133 Abs. 1 Z 1 BVG gestellt. Mit Beschluss vom 24.06.2019 wurde der Antrag des Antragstellers bewilligt und dem Antragsteller die Beigebung eines Rechtsanwaltes und die einstweilige Befreiung von der Entrichtung der Eingabengebühr nach § 24a VWGG gewährt.

Mit Bescheid der Steiermärkischen Rechtsanwaltskammer vom 28.06.2019 wurde XXXX, Rechtsanwalt, Adolf-Kolping-Gasse 2, 8010 Graz, zum Vertreter der antragstellenden Partei bestellt.

Der Bescheid wurde dem bestellten Verfahrenshilfevertreter am 02.07.2019 zugestellt.

Nach nochmaliger Überprüfung des Beginnes des Fristenlaufes durch den bestellten Verfahrenshilfevertreter wurde der langjährigen und verlässlichen Kanzleimitarbeiterin XXXX XXXX, geboren am XXXX, der Auftrag erteilt, die 6-wöchige Revisionsfrist im Fristenkalender beginnend ab 02.07.2019 einzutragen.

Aus nicht mehr wirklich nachvollziehbaren Gründen unterlief dieser langjährigen, verlässlichen Mitarbeiterin jedoch ein Versehen und wurde der letzte Tag der Revisionsfrist fälschlicherweise mit 14.08.2019 im Fristenbuch festgehalten, dementsprechend wurde auch im Kanzleiverwaltungsprogramm so eingetragen. Entweder ist hier ein schlichtes Versehen dahingehend passiert, dass sich diese bei Ermittlung des letzten Tages der Frist um einen Tag verzählt, oder aber eine Seite im Kalender überblättert hat.

Erst im Zuge der Ausarbeitung und Verfassung der außerordentlichen Revision am 14.08.2019 ist dieser Irrtum bzw. Fehler der Fristenvormerkung hervorgekommen bzw. aufgefallen und wurde durch nochmalige Nachfrage bei der Steiermärkischen Rechtsanwaltskammer erhoben, dass die Zustellung des Bescheides samt Erkenntnis tatsächlich bereits am 02.07.2019 erfolgt ist.

Der gegenständliche Wiederseinsetzungsantrag ist sohin umgehend nach Erkennen des Fristversäumnisses gestellt und daher jedenfalls binnen der offenen 14-tägigen Wiedereinsetzungsfrist eingebracht.

Die Kanzleimitarbeiterin XXXX XXXX ist seit Jänner 2016 in der Kanzlei des Verfahrenshilfevertreters angestellt. Sie verfügt über eine abgeschlossene Lehre zur Kanzleimitarbeiterin und war schon vor Eintritt in die Kanzlei des Verfahrenshelfers in einer anderen Rechtsanwaltskanzlei langjährig tätig. Es handelt sich um eine äußerst verlässliche, zuverlässige und gewissenhafte Kanzleimitarbeiterin. Diese ist grundsätzlich mit fast allen Kanzleitätigkeiten, insbesondere aber auch mit Bearbeitung des Posteinlaufes und der Termin- und Fristenverwaltung beauftragt. In all den Jahren seit sie in der Kanzlei des Verfahrenshilfevertreters tätig ist, hat es keinen Grund zur Beanstandungen gegeben, insbesondere wurde zu keiner Zeit eine Frist unrichtig ins Fristenbuch eingetragen, oder hat sie sonst derartige Anweisungen bezüglich Fristvormerkungen oder Ähnliches nicht vollkommen korrekt durchgeführt. Es handelt sich bei Frau XXXX XXXX um eine ausgezeichnet ausgebildete und laufend geschulte Mitarbeiterin, die seit Jahren die Fristenevidenz ohne jegliche Beanstandungen vornimmt und konnte sich der Verfahrenshilfevertreter auch aufgrund der laufend durchgeführten Kontrollen ohne weiteres darauf verlassen, dass die Fristenevidenz von ihr auch im gegenständlichen Fall wie gewohnt sorgfältig und anstandslos durchgeführt wurde. Beim dargestellten Versehen handelt es sich daher jedenfalls um ein einmaliges und auch angesichts der Verlässlichkeit und Bewährtheit der Kanzleimitarbeiterin XXXX XXXX vollkommen unvorhersehbares Ereignis.

Seitens des Verfahrenshilfevertreter werden die Fristen im Fristenbuch grundsätzlich kontrolliert, wenngleich natürlich nicht jede einzelne Frist nachgeprüft werden kann. Zusätzlich zu dieser in regelmäßigen Abständen durchgeführten stichprobenartigen Überprüfung ist auch ein Kontrollmechanismus eines vier-Augenprinzips eingerichtet und werden insbesondere Rechtsmittelfristen wie die gegenständliche grundsätzlich auch von anderen Kanzleimitarbeitern bzw. insbesondere der Kanzleileitung Gegenkontrollen durchgeführt. Am 02.07.2019 war jedoch die zuständige Kanzleileiterin gerade auf Urlaub, sodass diese Gegenkontrolle im konkreten Fall nicht stattgefunden hat.

Vom Verfahrenshilfevertreter XXXX bzw. dessen Kanzleimitarbeiter XXXX wurde wie gesagt der Beginn des Fristenlaufes überprüft und auch diesbezüglich der Kanzleimitarbeiterin XXXX XXXX eine entsprechende Anweisung gegeben. Aufgrund der bisherigen makellosen Arbeitsweise und Verlässlichkeit der Kanzleimitarbeiterin, welche sich vor allem darin zeigt, dass bislang noch nie von ihr eine Rechtsmittelfrist unrichtig eingetragen wurde, insbesondere aber auch aufgrund des Umstandes, dass auch konkret in diesem Fall sogar eine entsprechende Rücksprache zwischen ihr und dem Kanzleipartner des Verfahrenshilfevertreters, Herrn XXXX, über den Beginn des Fristenlaufes stattgefunden hat, ist eine konkrete Kontrolle, ob der letzte Tag der Frist auch richtig eingetragen wurde, nicht für erforderlich erschienen. Ansonsten hätte ja gleich die Eintragung der Frist von XXXX selbst vorgenommen werden können. Wie bereits ausgeführt, ist diese Umstand erst bei Abfassung bzw. Fertigstellung der außerordentlichen Revision aufgefallen und wurde umgehend der gegenständliche Wiedereinsetzungsantrag gestellt.

Beim dargestellten Versehen der Kanzleimitarbeitern XXXX XXXX handelt es sich jedenfalls um ein einmaliges und auch angesichts der bisherigen Verlässlichkeit und Bewährtheit derselben vollkommen unvorhersehbares EreigniNach der Rechtsprechung steht selbst ein Verschulden einer Kanzleiangestellten der Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht entgegen, wenn es sich um ein einmaliges Versehen handelt, dass angesichts der bisherigen Verlässlichkeit und Bewährung der Kanzleikraft nicht zu erwarten war und dem Rechtsvertreter keine Verletzung der von ihm zu erwartenden Sorgfalts- Organisations- und Kontrollpflichten vorzuwerfen ist (Vergl. OGH RIS Justiz Rs 0036813, Rs 010329).

Auch nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Versehen einer Kanzleiangestellten eines bevollmächtigten Rechtsanwaltes dem Rechtsanwalt und damit der Partei nur dann als Verschulden anzulasten, wenn er die ihm zumutbare und nach der Sachlage gebotene Überwachungspflicht gegenüber den Kanzleiangestellten verletzt hat, ein dem Vertreter widerfahrenes Ereignis stellt einen Wiedereinsetzungsgrund für die Partei dann dar, wenn dieses Ereignis für den Vertreter selbst unvorhergesehen oder unabwendbar war und es sich hierbei höchstens um einen minderen Grad des Versehens handelt. Das Verschulden von Kanzleikräften stellt für den Vertreter dann ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis im Sinne der obigen Ausführungen dar, wenn der Vertreter die ihmzumutbaren und nach der Sache gebotene Überwachungspflicht gegenüber seinen Kanzleikräften nachgekommen ist. Dabei ist durch entsprechende Kontrollen dafür vorzusorgen, dass Unzulänglichkeiten durch menschliches Versagen aller Voraussicht nach auszuschließen sind (Vergl. RIS Justiz Ra 2019/14/0140, Ra 2018/19/0147, Ra 2016/10/0071, Ra 2018/18/0283 uva.).

Auch wenn nach der Rechtsprechung der Rechtsanwalt sohin grundsätzlich verpflichtet ist, die Befolgung der seinen Angestellten erteilten Weisungen zu überwachen, so ist auch anerkannt, dass diese Überwachungspflicht sich im Rahmen des Zumutbaren und der Sachlage nach Gebotenen zu bewegen hat. Dabei ist durch entsprechende Kontrollen bzw. Kontrollmechanismen dafür vorzusorgen, dass Unzulässlichkeiten durch menschliches Versagen aller Voraussicht nach auszuschließen sind.

Im gegenständlichen Fall handelte es sich wie gesagt um eine einmaliges bzw. erstmaliges Versehen der Kanzleimitarbeiterin, welche sich bei Eintragung des letzten Tages der Frist schlichtweg verzählt hat oder einem Irrtum erlegen ist. Der Verfahrenshilfevertreter hat im gegenständlichen Fall konkret den Beginn des Fristenlaufes überprüft und diesen sowie die Länge der Frist der Kanzleimitarbeiterin mitgeteilt, welche daraufhin die Firstenvormerkung im Fristenbuch durchgeführt hat. Dabei ist ihr wie gesagt ein Versehen unterlaufen, indem sie sich um einen Tag verzählt oder geirrt hat.

In der Kanzlei des Verfahrenshilfevertreters werden regelmäßige, jedoch natürlich nur stichprobenartige Überprüfungen der Fristenvormerkungen durch die jeweiligen Rechtsanwälte vorgenommen. Selbstverständlich kann aber nicht jede einzelne Fristeneintragung überprüft werden.

Zudem ist in der Kanzlei des Verfahrenshilfevertreters ein weiterer Kontrollmechanismus nach dem vier-Augenprinzip eingeführt. Aufgrund urlaubsbedingter Abwesenheit der Kanzleileiterin ist dies im gegenständlichen konkreten Fall jedoch ausnahmsweise nicht zum Tragen gekommen. Nachdem wie gesagt über Beginn und Länge der Rechtsmittelfrist im konkreten Fall durch den Rechtsanwalt selbst eine Überprüfung vorgenommen und entsprechende Anweisungen erteilt wurden, konnte sich der Verfahrenshilfevertreter angesichts der langjährigen tadellosen Verlässlichkeit der Kanzleimitarbeitern XXXX XXXX auch darauf verlassen, dass das Fristende auch richtig eingetragen ist, was aufgrund eines Versehens bzw. Zählfehlers aber unglücklicherweise nicht der Fall war.

Es liegen sohin sämtliche Voraussetzungen des § 46 Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 bzw. der dazu ergangenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor."

Als Beweis wurden dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand die eidesstättigen Erklärungen von XXXX und XXXX, ein Screenshot vom Aktenverwaltungsprogramm des Verfahrenshilfevertreters, den unrichtigen Fristeneintrag zeigend, beigelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum Zeitablauf und den Fehlern ergeben sich aus den Angaben des gegenständlichen Wiedereinsetzungsantrages.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchpunkt A 1):

1. Zum vorliegend entscheidungswesentlichen Sachverhalt ist auf die unter I. getroffenen Ausführungen zu verweisen. Das Bundesverwaltungsgericht geht von dem im Wiedereinsetzungsantrag in sich widerspruchfrei dargestellten Sachverhalt aus.

2. Der gegenständliche Sachverhalt gründet sich auf die angeführten Entscheidungen, Unterlagen und Schriftsätze, welche Teil der Verfahrensakten sind.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. § 46 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idF BGBl. I Nr. 33/2013, lautet:

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand

§ 46. (1) Wenn eine Partei durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, so ist dieser Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

(2) Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Revisionsfrist und der Frist zur Stellung eines Vorlageantrages ist auch dann zu bewilligen, wenn die Frist versäumt wurde, weil das anzufechtende Erkenntnis, der anzufechtende Beschluss oder die anzufechtende Revisionsvorentscheidung fälschlich einen Rechtsbehelf eingeräumt und die Partei den Rechtsbehelf ergriffen hat oder keine Belehrung zur Erhebung einer Revision oder zur Stellung eines Vorlageantrages, keine Frist zur Erhebung einer Revision oder zur Stellung eines Vorlageantrages oder die Angabe enthält, dass kein Rechtsbehelf zulässig sei.

(3) Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist in den Fällen des Abs. 1 bis zur Vorlage der Revision beim Verwaltungsgericht, ab Vorlage der Revision beim Verwaltungsgerichtshof binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses zu stellen. In den Fällen des Abs. 2 ist der Antrag binnen zwei Wochen

1. nach Zustellung eines Bescheides oder einer gerichtlichen Entscheidung, der bzw. die den Rechtsbehelf als unzulässig zurückgewiesen hat, bzw.

2. nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit der Erhebung der Revision bzw. der Stellung eines Antrages auf Vorlage Kenntnis erlangt hat,

beim Verwaltungsgericht zu stellen. Die versäumte Handlung ist gleichzeitig nachzuholen.

(4) Bis zur Vorlage der Revision hat über den Antrag das Verwaltungsgericht zu entscheiden. Ab Vorlage der Revision hat über den Antrag der Verwaltungsgerichtshof in nichtöffentlicher Sitzung durch Beschluss zu entscheiden. Das Verwaltungsgericht oder der Verwaltungsgerichtshof können dem Antrag auf Wiedereinsetzung die aufschiebende Wirkung zuerkennen.

(5) Durch die Bewilligung der Wiedereinsetzung tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor dem Eintritt der Versäumung befunden hat.

(6) Gegen die Versäumung der Frist zur Stellung des Wiedereinsetzungsantrages findet keine Wiedereinsetzung statt.

3.2. Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sind aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes im vorliegenden Fall nicht gegeben.

Der Antragsteller räumt ein, dass die Kanzleimitarbeiterin im gegenständlichen Fall die Rechtsmittelfrist falsch eingetragen hat.

Vor dem Hintergrund der oben dargestellten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist davon auszugehen, dass im vorliegenden Fall von einem minderen Grad des Versehens nicht gesprochen werden kann. Ein Rechtsanwalt hat der Fristenberechnung die gebührende Beachtung zu schenken. Für die richtige Berechnung der jeweiligen Rechtsmittelfrist in einem bestimmten Fall ist in einer Rechtsanwaltskanzlei der Rechtsanwalt selbst verantwortlich. Der Rechtsanwalt selbst hat die entsprechende Frist festzusetzen, ihre Vormerkung anzuordnen sowie die richtige Eintragung im Kalender im Rahmen der ihm gegenüber seinen Kanzleiangestellten gegebenen Aufsichtspflicht zu überwachen (vgl. VwGH 28.2.2014, 2014/03/0001).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes trifft das Verschulden des Parteienvertreters die von diesem vertretene Partei, wobei an berufliche und rechtskundige Parteienvertreter ein strengerer Maßstab anzulegen ist als an rechtsunkundige und bisher noch nie an gerichtlichen Verfahren beteiligten Personen. Ein dem Vertreter widerfahrenes Ereignis stellt einen Wiedereinsetzungsgrund für die Partei nur dann dar, wenn dieses Ereignis für den Vertreter selbst unvorhergesehen oder unabwendbar war und es sich hiebei höchstens um einen minderen Grad des Versehens handelt (VwGH, 26.02.2015, Ra 2014/22/0092).

Somit konnte im vorliegenden Wiedereinsetzungsantrag weder nachvollziehbar aufgezeigt werden, dass der Antragsteller bzw. ihre rechtsfreundliche Vertretung durch ein unabwendbares oder unvorhergesehenes Ereignis gehindert waren, die gegenständliche Frist zur Einbringung einer Revision zu wahren, noch dass der Antragsteller oder ihrem rechtsfreundlichen Vertreter an der Versäumung der Revisionsfrist kein Verschulden oder lediglich ein minderer Grad des Versehens anzulasten ist.

Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Erhebung einer außerordentlichen Revision war daher gemäß § 46 VwGG keine Folge zu geben.

Zu Spruchpunkt A 2):

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG hat bis zur Vorlage der Revision das Verwaltungsgericht, ab Vorlage der Revision der Verwaltungsgerichtshof auf Antrag des Revisionswerbers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, wen dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses oder mit der Ausübung der durch das angefochtene Erkenntnis eingeräumten Berechtigung für den Revisionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

Zum Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung führt der rechtsfreundliche Vertreter des Antragstellers aus:

"Die mit dem hier angefochtenen Erkenntnis bestätigte Rückkehrentscheidung ist durchsetzbar, sodass sich die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung als einzig taugliches Mittel darstellt, um die Außerlandesbringung des Revisionswerbers in seinen Herkunftsstaat während des laufenden Revisionsverfahrens hintanzuhalten.

Nun gilt es bei der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung zu berücksichtigen, dass es zu einer Abwägung des öffentlichen Interesses an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens und dem privaten Interesse des Revisionswerbers am vorübergehenden Verbleib in Österreich ankommt. In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass dem Revisionswerber eine Abschiebung in den Staat droht, in dem er fürchtet, in eine existenzbedrohende Lage zu geraten. Es droht ihm damit eine Verletzung von Art 2 und 3 EMRK. Ob diese Furcht im Sinne der einschlägigen Bestimmungen die Gewährung von internationalem Schutz rechtfertigt und ob angesichts des Vorliegens eines italienischen Aufenthaltstitels die Erlassung einer Rückkehrentscheidung zulässig ist, wurde den Ausführungen in der gegenständlichen Revision zufolge noch nicht in einer dem Gesetz entsprechenden Weise geprüft.

Da der durch eine Außerlandesbringung bewirkte Schaden in den geltend gemachten subjektiven Rechten des Revisionswerbers auf weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet und Achtung seiner (auch einfachgesetzlich gewährleisteten) Grundrechtssphäre liegen würde und durch eine nachträgliche Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs über die Revision nicht mehr gutzumachen wäre, erachtet der Revisionswerber die Voraussetzungen des § 30 Abs 2 VwGG für gegeben und beantragt die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung. Dem entgegenstehende öffentliche Interessen sind nicht erkennbar.

Angesichts des seit Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses bereits verstrichenen Zeitraums muss davon ausgegangen werden, dass die Abschiebung des Revisionswerbers bereits vorbereitet wird und allenfalls schon in den kommenden Tagen vorgenommen werden könnte. Am kommenden Freitag, den 1608.2019 findet bereits ein Termin zur Identitätsüberprüfung durch die zuständige Vertretungsbehörde, die nigerianische Botschaft in Wien, statt."

Das im vorliegenden Antrag erstattete Vorbringen der revisionswerbenden Partei ist nicht geeignet, einen konkreten unverhältnismäßigen Nachteil der Partei darzutun.

Dem Antrag, der gegenständlichen Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, war daher gemäß § 30 Abs. 2 VwGG der Erfolg zu versagen.

Zu Spruchpunkt B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Gegen den Beschluss zu Spruchpunkt A 2) ist gemäß § 25a Abs. 2 Z 1 VwGG die Revision nicht zulässig. Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 88a Abs. 2 Z 2 VfGG auch eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht zulässig.

Hingegen ist der Beschluss zu Spruchpunkt A 1) in der taxativen Aufzählung des § 25a Abs. 2 bis 4 VwGG nicht enthalten. Die Zulässigkeit einer Revision zu diesem Spruchpunkt ist daher nach § 25a VwGG nicht ex lege ausgeschlossen. Es ist daher eine Zulässigkeitsentscheidung nach § 25a Abs. 1 VwGG zu treffen.

Die Revision zu Spruchpunkt A 1) ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung, weiters ist die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Asylverfahren, aufschiebende Wirkung, aufschiebende Wirkung -
Entfall, Aufsicht, außerordentliche Revision, Fristablauf,
Fristüberschreitung, Fristversäumung, Irrtum, Kontrolle,
Kontrollsystem, minderer Grad eines Versehens, Rechtsmittelfrist,
rechtswirksame Zustellung, Sorgfaltspflicht, Überwachungsmaßnahme,
unabwendbares Ereignis, unverhältnismäßiger Nachteil,
unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis, Verschulden,
Wiedereinsetzungsantrag, Zustellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:I411.2218518.1.01

Zuletzt aktualisiert am

28.05.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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