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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
VwGG §27;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Germ und Dr. Riedinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Julcher, über die Beschwerde des Mag. Dr. G in W, vertreten durch Mag. Mag. Dr. Irmtraud Oraz, Rechtsanwältin in Wien XV, Goldschlagstraße 64/26, gegen den Bundesminister für Justiz, wegen Verletzung der Entscheidungspflicht über den Antrag auf Versetzung in den Ruhestand gemäß § 14 BDG 1979, den Beschluß gefaßt:
Spruch
Die Beschwerde wird als gegenstandslos erklärt und das Verfahren eingestellt.
Die Anträge des Beschwerdeführers und der belangten Behörde auf Zuerkennung des Aufwandersatzes werden abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerdeführer stand als Hauptmann der Justizwache in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und erklärte seinen Austritt, der mit Ablauf des 31. Mai 1993 wirksam wurde. Seine Dienststelle war seit dem 1. Juni 1985 die Strafvollzugsanstalt Hirtenberg.
Am 7. Juli 1992 (bei der Dienstbehörde eingelangt am 30. Juli 1992) stellte der Beschwerdeführer den Antrag auf Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit.
In seiner am 18. März 1993 beim Verwaltungsgerichtshof eingelangten Säumnisbeschwerde machte der Beschwerdeführer geltend, die belangte Behörde habe ihre Entscheidungspflicht hinsichtlich seines Antrages auf Versetzung in den Ruhestand verletzt.
Die belangte Behörde hat innerhalb der gemäß § 36 Abs. 2 VwGG gesetzten Frist die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte; die belangte Behörde hat hiezu ausgeführt, daß dem Beschwerdeführer mit Bescheid vom 15. Jänner 1992 gemäß § 75 Abs. 1 und 2 BDG 1979 ein Karenzurlaub für die Absolvierung einer Psychotherapieausbildung für die Zeit vom 1. März 1992 bis 28. Februar 1994 bewilligt worden sei; der Beschwerdeführer habe sich daher zur Zeit seiner Antragstellung im Karenzurlaub befunden. Von seinen Behauptungen abgesehen, habe es keine (gewichtigen) Anzeichen einer wirklichen Dienstunfähigkeit gegeben.
Da sich der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt seiner Antragstellung im Karenzurlaub befunden habe, habe die belangte Behörde keine Veranlassung gesehen, zum vorliegenden Antrag ein Ermittlungsverfahren einzuleiten, vielmehr sei die Beendigung des bewilligten Karenzurlaubes abgewartet worden. Der Beschwerdeführer habe am 20. September 1992 mehrere Handlungen gesetzt, die zu einer Strafanzeige wegen §§ 15, 269 Abs. 1 erster Fall, 83 Abs. 1 und 84 Abs. 2 Z. 4 StGB geführt hätten. Das diesbezügliche Strafverfahren sei noch nicht abgeschlossen.
Auf Grund des Verdachtes, daß der Beschwerdeführer am 20. September 1992 eine Mehrzahl an Dienstpflichtverletzungen (Verletzungen der Standespflichten) begangen habe, habe die belangte Behörde am 24. Februar 1993 die Disziplinaranzeige an die zuständige Disziplinarkommission erstattet, die mit Beschluß vom 12. März 1993 gegen den Beschwerdeführer gemäß § 123 Abs. 1 BDG 1979 ein Disziplinarverfahren eingeleitet habe. Im Sinne des § 114 Abs. 1 BDG 1979 sei das Disziplinarverfahren bis zur rechtskräftigen Beendigung des anhängigen strafgerichtlichen Verfahrens unterbrochen worden. Die Schwere und die Art der der Disziplinaranzeige zugrundeliegenden Vorwürfe hätten die Dienstbehörde - hätte sich der Beschwerdeführer nicht im Karenzurlaub befunden - gezwungen, auf seine Suspendierung hinzuwirken (gemäß § 14 Abs. 7 BDG 1979 sei eine Versetzung in den Ruhestand nach den Absätzen 1 bis 6 des § 14 BDG 1979 während einer vorläufigen Suspendierung gemäß § 112 BDG 1979 nicht zulässig).
Mit Schriftsatz vom 8. April 1993 habe der Beschwerdeführer durch seine Rechtsvertreterin zum Beweis seiner Dienstunfähigkeit sechs Behandlungsbestätigungen übermittelt. Obwohl für die belangte Behörde berechtigte Annahme bestanden habe, daß nach rechtskräftigem Abschluß des Strafverfahrens das Disziplinarverfahren mit der Disziplinarstrafe der Entlassung für den Beschwerdeführer enden werde, sei beabsichtigt gewesen, das Ermittlungsverfahren zu seinem Antrag auf Ruhestandsversetzung einzuleiten. Der Beschwerdeführer habe jedoch am 13. April 1993 den Antrag gestellt, ihn unter vorzeitiger Beendigung des Karenzurlaubes zur Dienstleistung zuzulassen. Auch aus diesem Antrag folge, daß sich der Beschwerdeführer noch zum Zeitpunkt dieser Antragstellung für dienstfähig erachtet habe, sodaß für die belangte Behörde keine Entscheidungspflicht bestanden habe.
Aufgrund der vorgelegten Verwaltungsakten ist zum Vorbringen des Beschwerdeführers und der belangten Behörde folgendes festzustellen:
Das in Art. 132 B-VG verankerte Rechtsinstitut der Säumnisbeschwerde soll vor Untätigkeit im Bereich der Hoheitsverwaltung schützen. Gemäß § 27 VwGG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht erst erhoben werden, wenn die oberste Behörde, die im Verwaltungsverfahren, sei es im Instanzenzug, sei es im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht, angerufen werden konnte, von einer Partei angerufen worden ist und nicht binnen sechs Monaten, wenn aber das einzelne Gebiet der Verwaltung regelnde Gesetz für den Übergang der Entscheidungspflicht eine längere Frist vorsieht, nicht binnen dieser Frist in der Sache entschieden hat. Aus diesem Gesetzestext ergibt sich eindeutig, daß das Recht zur Erhebung einer Säumnisbeschwerde nicht von einem Verschulden der säumigen Behörde abhängig ist, vielmehr ist nur das Verstreichen der (im Beschwerdefall) sechsmonatigen Frist des § 27 VwGG entscheidend. Das bedeutet zunächst, daß der Beschwerdeführer zu Recht Säumnisbeschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben hat, wenn die belangte Behörde nach Einlangen seines Antrages innerhalb von sechs Monaten keine Entscheidung getroffen hat. Seine Austrittserklärung, die mit Ablauf des 31. Mai 1993 wirksam wurde, hat jedoch die in § 20 Abs. 3 BDG 1979 vorgesehenen Rechtsfolgen herbeigeführt, wonach durch die Auflösung des Dienstverhältnisses, soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, alle aus dem Dienstverhältnis sich ergebenden Anwartschaften, Rechte und Befugnisse des Beamten durch die Auflösung des Dienstverhältnisses erlöschen.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. den hg. Beschluß vom 24. Oktober 1985, Zl. 85/06/0039, vom 20. Jänner 1989, Zlen. 88/17/0154, 0172, 0173, 0198, sowie das hg. Erkenntnis vom 2. Oktober 1991, Zl. 88/07/0061, u.a.m.) kann zur Verfahrenseinstellung führende Gegenstandslosigkeit der Beschwerde auch dann eintreten, wenn auf andere Weise als durch Nachholung des versäumten Bescheides durch Änderung maßgebender Umstände das rechtliche Interesse des Beschwerdeführers an der Entscheidung wegfällt. Diese Voraussetzungen sind im Beschwerdefall nach der durch Erklärung des Beschwerdeführers herbeigeführten Beendigung seines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses gegeben, sodaß die Beschwerde nach Anhörung des Beschwerdeführers als gegenstandslos zu erklären und das Verfahren einzustellen war.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 58 Abs. 2 VwGG idF BGBl. I Nr. 88/1997: vorliegendenfalls würde die Beurteilung des hypothetischen Verfahrensausganges einen unverhältnismäßigen Aufwand bedeuten; im Beschwerdefall erscheint es sachgerecht, keiner Partei des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens Kostenersatz zuzuerkennen.
Schlagworte
SäumnisbeschwerdeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1993120090.X00Im RIS seit
20.11.2000