TE Bvwg Erkenntnis 2019/10/1 I413 2223585-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 01.10.2019
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Entscheidungsdatum

01.10.2019

Norm

AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8
AVG §68 Abs1
BFA-VG §21 Abs7
B-VG Art. 133 Abs4
EMRK Art. 2
EMRK Art. 3
FPG §55 Abs1a
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs5

Spruch

I413 2223585-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Martin ATTLMAYR, LL.M. als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX (alias XXXX), geb. XXXX, StA. MAROKKO, vertreten durch: Verein Menschenrechte Österreich gegen den Bescheid des BFA, Erstaufnahmestelle Ost (EASt-Ost) vom XXXX, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, als der Spruchpunkt III. behoben wird.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Marokko, stellte erstmals am 04.07.2015 unter dem Namen XXXX, geb. XXXX, einen Antrag auf internationalen Schutz, den er wie folgt begründete: "Ich habe Marokko aus finanziellen Gründen verlassen. Man findet dort als Zahntechniker keine Arbeit mehr. Das ist mein einziger Fluchtgrund."

Im Falle der Rückkehr in seine Heimat befürchte er: "Ich habe Angst vor Armut und Arbeitslosigkeit. Ich kann dort nicht in dieser Gesellschaft leben."

Im Rahmen seiner niederschriftlichen Einvernahme durch das BFA am 05.06.2018 gab der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen an, dass er bei der Erstbefragung nicht die Wahrheit gesagt habe, er habe Angst gehabt. Befragt warum und wovor er Angst gehabt habe, teilte er mit, er möchte darüber nicht sprechen. Auf den Vorhalt, dass seine Angaben vertraulich behandelt würden, meinte er vielleicht werde der Verhandlungsleiter nicht aber der Dolmetscher seine Angaben vertraulich behandeln. Weiter befragt gab er an, die ganze Zeit über in Österreich gewesen zu sein, an keinen Krankheiten zu leiden, weder Medikamente regelmäßig zu nehmen, noch in Österreich in regelmäßiger Behandlung zu stehen. Er habe sieben Jahre die Schule in Marokko besucht und fünf Jahre als Zahntechniker gearbeitet, ohne dass er eine Ausbildung hierfür habe. Seine Muttersprache sei Arabisch. Er beherrsche ein wenig Griechisch und Französisch. Sodann brach der Beschwerdeführer seine Befragung von sich aus ab und verweigerte die Beantwortung weiterer Fragen. Nach Rücksprache mit dem Amtsarzt des PAZ HG sei der Beschwerdeführer einvernahmefähig. Er zeigte sich während der Einvernahme nicht kooperativ und brachte mehrfach zum Ausdruck keine Einvernahme machen zu wollen und nicht daran interessiert zu sein.

Mit Bescheid vom 14.06.2018 wies sie belangte Behörde den Antrag vom 04.07.2015 auf internationalen Schutz hinsichtlich des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG und hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Marokko gemäß § 8 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG als unbegründet ab (Spruchpunkte I. und II.), erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG (Spruchpunkt III.), erließ gegen den Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.), stellte gemäß § 52 Abs 9 FPG fest, dass seine Abschiebung nach Marokko gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt V.), sprach aus, dass gemäß § 55 Abs 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise besteht (Spruchpunkt VI.), aberkannte einer Beschwerde gegen diese Entscheidung über seinen Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 81 Abs 1 Z 1, 2 und 4 BFA-BG die aufschiebende Wirkung (Spruchpunkt VII.), erließ gegen den Beschwerdeführer gemäß § 53 Abs 1 iVm Abs 3 Z 1 FPG ein auf die Dauer von 8 Jahren befristetes Einreiseverbot (Spruchpunkt VIII.) und sprach aus, dass gemäß § 13 Abs 2 Z 1 AsylG der Beschwerdeführer sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem 28.06.2016 verloren hat (Spruchpunkt IX.).

Dieser dem Beschwerdeführer am 21.06.2018 zugestellte Bescheid blieb unangefochten und erwuchs am 20.07.2018 in Rechtskraft.

2. Am 02.08.2019 verhängte die belangte Behörde mit Bescheid vom XXXX, über den Beschwerdeführer zum Zweck der Sicherung der Abschiebung die Schubhaft.

3. Am 30.08.2019 stellte der Beschwerdeführer im Stand der Schubhaft einen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz, den er wie folgt begründete: "Ich habe folgendes bei meiner ersten Einvernahme nicht angegeben. Mein Bruder Ahmed hat mich im Jahr 2000 mit einer Eisenstange auf den Kopf geschlagen. Ich wurde dann in das Spital gebracht. Als ich aus dem Spital gebracht wurde, habe ich meinen Onkel getroffen, dieser war ebenso verletzt und sagte mir, dass Ahmed meiner Mutter, meinen 5-jährigen Cousin und ein Mädchen, welches bei meinem Onkel gearbeitet hat, umgebracht hat. Mein Bruder wurde deswegen in das Gefängnis gebracht. Ich habe von meinem anderen Bruder, Abdulsamad vor ca 1 Jahr erfahren, dass Ahmed freigelassen wird. Ich befürchte, wenn ich nach Marokko zurückkehre, von ihm umgebracht zu werden. Ich habe dies nicht bei meinem ersten Asylantrag gestellt, da ich diesbezüglich anonym bleiben wollte. Man kann diesen Fall nachlesen. Dies geschah in Casablanca." Im Falle seiner Rückkehr befürchte er, von seinem Bruder Ahmed umgebracht zu werden. Die Änderung der Situation/seiner Fluchtgründe sei ihm vor ca 1 Jahr ca im Juli 2018 bekannt geworden.

4. Am 06.09."2016" (richtig wohl "2019") wurde der Beschwerdeführer von der belangten Behörde niederschriftlich einvernommen. In dieser Einvernahme brachte er zusammengefasst vor, sein Bruder habe im Jahr 2000 seine Mutter und seinen Cousin umgebracht, sowie eine weitere Person die bei seinem Cousin gearbeitet habe. Er sei 2011 aus Marokko ausgereist, weil er Angst hatte, weil er gehört habe, dass Leute aus dem Gefängnis ausgebrochen seien und weil es ihm peinlich gewesen sei. Sein Bruder habe ihn zuerst auf den Kopf geschlagen. Er habe das Spital aufgesucht und beim Rausgehen erfahren, dass der Bruder seine Mutter umgebracht habe. Den Grund für den Mord kenne er nicht. Der Bruder müsse das ganze Leben im Gefängnis verbringen, es könne aber sein, dass er bei einem nationalen Feiertag rauskäme oder nach 40 Jahren. Sein zweiter Bruder habe ihm mitgeteilt, dass der Bruder schon bald aus dem Gefängnis komme. Er habe dies im ersten Verfahren nicht erwähnt, weil ihm das peinlich sei. Alle Marokkaner würden untereinander reden und fragen, ob sie das auch gehört hätten, über den Buben, der seine Mutter umgebracht habe. Über Vorhalt, dass nach 19 Jahren wohl nicht mehr über den Vorfall gesprochen werde, teilte der Beschwerdeführer mit, dass er immer, wenn er sage, dass er aus Casablanca komme, gleich gefragt werde, ob er diese Geschichte kenne und er von ihr gehört hätte. Sein Vater habe auch eine andere Frau. Sie wolle nicht, dass er bei ihr zusammenlebe. Seine kleine Schwester lebe sogar bei ihrem Großvater. Sein Bruder habe vor dem Mord immer gestohlen und verkauft. Immer wenn der Beschwerdeführer ihn erwischt hätte, habe er Probleme gemacht und ihn geschlagen. Er könne nicht mehr nach Marokko zurück, er habe niemanden dort. Er habe Angst, dass sein Bruder rauskomme und entweder er ihn umbringe oder er von ihm umgebracht werde. Er mache sich auch um seine Schwester Sorgen. Über Vorhalt, dass Marokko eine Größe von 446.550 km2 und eine Einwohnerzahl von 34 Mio. bei keinem aufrechten Meldesystem habe, und er sich überall in Marokko niederlassen könne, antwortete der Beschwerdeführer, dass er ca 1 Jahr woanders gewesen sei und von niemandem Hilfe erhalten habe, aus dem Mist habe essen müssen, weil er kein Geld gehabt habe und ihn schließlich ein Bekannter gesehen hätte, der seinen Vater informiert habe, sodass dieser ihn abgeholt, mit einem Reisepass ausgestattet und nach Europa geschickt hätte. Er wolle, dass ihm geholfen werde. Falls er kein Asyl erhalte wolle er es woanders probieren.

5. Mit Bescheid vom XXXX, XXXX, wies die belangte Behörde den Antrag vom 30.08.2019 auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten wegen entschiedener Sache zurück (Spruchpunkte I. und II.), erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III.) und stellte fest, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise besteht (Spruchpunkt IV.).

6. Gegen diesen dem Beschwerdeführer am 11.09.2019 zugestellten Bescheid erhob dieser, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, fristgerecht Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge der Verletzung von Verfahrensvorschriften und beantragte, "1. die Rechtsmittelbehörde möge den hier angefochtenen Bescheid dahin abändern, dass seinem Antrag auf internationalen Schutz vom 30.09.2019 Folge gegeben und ihm der Status eines Asylberechtigten gem. § 3 Abs 1 Asylg 2005 zuerkannt wird; 2. in eventu der Status eines subsidiär Schutzberechtigten gem. § 8 Abs 1 Z 1 AsylG 2005 zuerkannt wird; 3. in eventu dem BF einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen gründen gemäß § 55 und § 57 von AsylG 2005 zu erteilen; 4. den hier angefochtenen Bescheid der Erstbehörde zur Gänze ersatzlos zu beheben; 5. allenfalls die Abschiebung gem. § 46 FPG iVm § 50 Abs 1 FPG als unzulässig zu erklären; 6. in eventu den angefochtenen Bescheid zu beheben und zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das BFA zurückzuverweisen; 7. der Beschwere aufschiebende Wirkung zu erteilen; 8 eine mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht anzuberaumen."

7. Mit Schriftsatz vom 17.09.2019, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 23.09.2019, legte die belangte Behörde die Beschwerde samt den Bezug habenden Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die unter Punkt I getroffenen Ausführungen werden als Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende Feststellungen getroffen:

1.1 Zur Person des Beschwerdeführers

Der am XXXX geborene, volljährige Beschwerdeführer hat den Namen XXXX. Seine Identität steht fest. Im Erstverfahren gab er den - unzutreffenden - Namen XXXX, geb. am XXXX.

Der Beschwerdeführer ist ledig, kinderlos, Staatsangehöriger von Marokko und Muslim-Sunnit. Er gehört der Volksgruppe der Araber an und spricht deren Sprache, nach eigenen Angaben beherrscht er ein bisschen Griechisch und Französisch. Im Herkunftsstaat hat er von 1992 bis 2000 die Schule in Casablanca besucht.

Der Beschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig.

Der Beschwerdeführer hat keine Verwandten und keine Familie in Österreich. Er führt keine Lebensgemeinschaft in Österreich Seine Familie, bestehend aus dem Vater, seinen beiden Brüdern und seinen beiden Schwestern, lebt in Marokko.

Der Beschwerdeführer wurde in Österreich zwei Mal strafrechtlich wegen Suchtgiftdelikten verurteilt. Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom XXXX, wurde der Beschwerdeführer für schuldig erkannt, er hat am 05.06 2016 in Wien am Praterstern an einem allgemein zugänglichen Durchgang unter den Gleisanlagen öffentlich Suchtgift, nämlich 3 Gramm (brutto) Cannabisharz mit den Wirkstoffen Delta-9-THC und THCA XXXX gegen Entgelt überlassen, indem er am Vorplatz des Pratersterns durch Zunicken Kontakt zu diesem herstellte, im belebten Durchgang beim Mc Donalds das vereinbarte Entgelt entgegennahm, ihn sodann zu dessen KfZ begleitete und darin das Suchtgift nach kurzer Fahrt übergab. Er hat dadurch das Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchgiften nach § 27 Abs 2a, 2. Fall SMG begangen und wurde zu einer bedingt unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren ausgesprochenen Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt. Als mildernd wertete das Gericht das reumütige Geständnis und den bisher ordentlichen Lebenswandel, als erschwerend wertete das Gericht keine Umstände. Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom XXXX, wurde der Beschwerdeführer, weil er vorschriftsmäßig Suchtgift (Cannabiskraut mit den Wirkstoffen Delta-9-THC und THCA) gewerbsmäßig von Juli 2017 bis 26.09.2018 Fawzi YASSIEN in täglichen Angriffen insgesamt zumindest 400 Gramm und unbekannt gebliebenen Abnehmern in täglichen Angriffen eine nicht mehr festzustellende Menge, und Suchtgift (Kokain, Cannabiskraut und Cannabisharz) erworben und besessen hat, wobei er die Strafteten jedoch ausschließlich zum persönlichen Gebrauch beging, sowie weil er in der Zeit von 20. Bis 26.09.2018 mit dem Vorsatz, sich durch Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, XXXX ca 6 Gramm Cannabiskraut weggenommen hat. Er hat hierdurch das Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 8. Fall, Abs 3 SMG, die Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1

1. Und 2. Fall, Abs 2 SMG und das Vergehen des Diebstahls mach § 127 StGB begangen und wurde vom Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 16 Monaten verurteilt. Im Rahmen der strafzumessung wertete das Strafgericht als mildernd die Sicherstellung von Suchtgift und das teilweise Geständnis, als erschwerend die einschlägige Vorstrafe und das Zusammentreffen von drei Vergehen.

Der Beschwerdeführer geht keiner legalen Beschäftigung nach und ist nicht selbsterhaltungsfähig. Er bezog von 04.07.2015 bis 31.03.2017 von der staatlichen Grundversorgung. Nach eigenen Angaben bestritt er seinen Lebensunterhalt durch das Verteilen von Zeitungen. Der Beschwerdeführer hielt sich seit seiner illegalen Einreise in Österreich ununterbrochen auf und lebte im Zeitraum 05.06.2016 bis 23.06.2016 und wieder vom 28.09.2018 bis 14.08.2019 in Justizanstalten, zunächst in der Justizanstalt XXXX und dann in der Justizanstalt XXXX. Er befindet sich gegenwärtig seit 14.08.2019 in Schubhaft im PAZ XXXX. Der Beschwerdeführer hat keine nennenswerten Deutschkenntnisse, ist nicht Mitglied in einem Verein und verfügt abgesehen von einer Freundin, die er seit einem Jahr kennt und ihm beim Zeitungsverteilen hilft, über keine sozialen oder wirtschaftlichen Integrationsmerkmale.

Der Beschwerdeführer stellte am 04.07.2015 unter falscher Identität einen Antrag auf subsidiären Schutz, den er ausschließlich mit wirtschaftlichen Motiven begründete. In weiterer Folge wirkte er an der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts nicht mehr mit, weil er seine Einvernahme durch die belangte Behörde am 05.06.2018 grundlos abbrach. Dieses Verfahren wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom XXXX, zur Gänze negativ abgeschlossen. Der Bescheid erwuchs am 20.07.2018 in Rechtskraft. Es besteht eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung gegen den Beschwerdeführer. Der Beschwerdeführer verblieb im Bundesgebiet.

Aus dem Stande der Schubhaft stellte der Beschwerdeführer am 30.08.2019 - nunmehr unter seiner richtigen Identität - einen zweiten Antrag auf internationalen Schutz. Diesen begründete er mit Furcht vor seinem im Gefängnis befindlichen Bruder, der seine Mutter, einen Cousin und einen Mitarbeiter des Cousins im Jahr 2000 umgebracht habe.

1.2 Zur Situation im Herkunftsstaat:

Marokko ist nach § 1 Z 9 der Herkunftsstaaten-Verordnung, BGBl II Nr 177/2009 idF BGBl II Nr 145/2019, ein sicherer Herkunftsstaat im Sinne des § 19 BFA-VG. Betreffend die aktuelle Lage sind gegenüber den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen keine entscheidungsmaßgeblichen Änderungen eingetreten.

Im gegebenen Zusammenhang sind mangels sonstiger Bezüge zum Vorbringen die folgenden Informationen von Relevanz und werden festgestellt:

1.2.1 Sicherheitslage

Marokko kann grundsätzlich als stabiles Land betrachtet werden (EDA 8.8.2018; vgl. FD 8.8.2018). Das französische Außenministerium rät zu normaler Aufmerksamkeit im Land, dem einzigen in Nordafrika, das auf diese Weise bewertet wird (FD 8.8.2018), außer in den Grenzregionen zu Algerien, wo zu erhöhter Aufmerksamkeit geraten wird (AA 8.8.2018; vgl. FD 8.8.2018). Die Westsahara bildet natürlich eine Ausnahme, diese darf nur nach Genehmigung durch die marokkanischen Behörden und nur auf genehmigten Strecken bereist werden (FD 8.8.2018). Zusätzlich besteht für die Grenzregionen zu Mauretanien in der Westsahara eine Reisewarnung (AA 8.8.2018; vgl. FD 8.8.2018). Seitens des BMEIA besteht eine partielle Reisewarnung (Sicherheitsstufe 5) für Reisen in das Landesinnere des völkerrechtlich umstrittenen Territoriums der Westsahara und in entlegene Saharazonen Südmarokkos, insbesondere an der Grenze zu Algerien. Erhöhtes Sicherheitsrisiko (Sicherheitsstufe 2) gilt in den übrigen Landesteilen (BMEIA 8.8.2018). Seit dem Anschlag in Marrakesch im April 2011, gab es keine weiteren Attentate (FD 8.8.2018). Trotz erhöhter Sicherheitsmaßnahmen besteht im ganzen Land das Risiko von terroristischen Akten (EDA 8.8.2018vgl. FD 8.8.2018; BMEIA 8.8.2018). In Teilen der Sahara und des Sahels besteht das Risiko von Entführungen. Bisher waren in Marokko keine Entführungen zu beklagen (EDA 8.8.2018; vgl. BMEIA 8.8.2018). Das Auswärtige Amt rät von Reisen in entlegene Gebiete der Sahara, in die Grenzregionen mit Algerien und Mauretanien und jenseits befestigter Straßen dringend ab (AA 8.8.2018).

Demonstrationen und Protestaktionen sind jederzeit im ganzen Land möglich. Vereinzelte gewalttätige Auseinandersetzungen können dabei nicht ausgeschlossen werden (EDA 8.8.2018). Demonstrationen können sich spontan und unerwartet entwickeln. Zuletzt kam es in verschiedenen Städten Marokkos zu nicht genehmigten Demonstrationen und vereinzelt auch zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften. Die Proteste entzünden sich meist an wirtschaftlichen und sozialen Missständen (AA 8.8.2018; vgl. BMEIA 8.8.2018). Aufgrund sozialer und politischer Spannungen kommt es seit Oktober 2016 in der Provinz Al Hoceima vermehrt zu Protestaktionen. Dabei kann es zu Zusammenstößen zwischen den Demonstranten und den Sicherheitskräften kommen (EDA 8.8.2018).

Besondere Vorsicht ist auch in der Region Rif geboten. Die Ost-West-Achse Al Hoceima- Chefchaouen-Tetouan ist ruhig und weniger problematisch (FD 8.8.2018). Es kann zu Übergriffen durch Kriminelle kommen, die in die lokale Drogenproduktion und den Drogenhandel involviert sind (EDA 8.8.2018).

In großen Teilen der Sahara sind bewaffnete Banden und islamistische Terroristen aktiv, die vom Schmuggel und von Entführungen leben. Das Entführungsrisiko ist in einigen Gebieten der Sahara und der Sahelzone hoch und nimmt noch zu (EDA 8.8.2018).

Wegen des Entführungsrisikos wird von nicht dringenden Reisen ins Grenzgebiet zu Algerien abgeraten, bzw. gewarnt (AA 8.8.2018; vgl. EDA 8.8.2018; BMEIA 8.8.2018). Die Grenze zu Algerien ist geschlossen (AA 8.8.2018; vgl. EDA 8.8.2018).

1.2.2. Justizsystem

Die Justiz ist laut Verfassung unabhängig (USDOS 20.4.2018). In der Praxis wird diese Unabhängigkeit jedoch durch Korruption (USDOS 20.4.2018; vgl. ÖB 9.2015; AA 14.2.2018) und außergerichtliche Einflüsse unterlaufen. Behörden respektieren Anordnungen der Gerichte fallweise nicht (USDOS 3.3.2017). Rechtsstaatlichkeit ist vorhanden, aber noch nicht ausreichend entwickelt. Unabhängigkeit der Justiz, Verfassungsgerichtsbarkeit, Transparenz durch Digitalisierung, Modernisierung der Justizverwaltung befinden sich noch im Entwicklungsprozess, der, teils von der Verfassung gefordert, teils von der Justizverwaltung angestoßen wurde. Mit dem in der Verfassung vorgesehenen und im April 2017 eingesetzten Conseil supérieur du pouvoir judiciaire (Oberster Rat der Rechtssprechenden Gewalt) wurden Richter- und Staatsanwaltschaft aus dem Verantwortungsbereich des Justizministeriums herausgelöst und verwalten sich nun selbst. Der Rat agiert als unabhängige Behörde. Mit der Herauslösung der Staatsanwaltschaft wurde formal die Unabhängigkeit der Ermittlungsbehörden von der Politik gestärkt. Es gibt jedoch Stimmen, die eine direkte Einflussnahme des Palastes befürchten, da sich Richterschaft und Staatsanwaltschaft nunmehr jeder demokratisch legitimierten Kontrolle entzieht (AA 14.2.2018).

Formal besteht Gleichheit vor dem Gesetz. Das extreme Gefälle in Bildung und Einkommen, die materielle Unterentwicklung ländlicher Gebiete und der allgegenwärtige gesellschaftliche Klientelismus behindern allerdings die Umsetzung des Gleichheitsgrundsatzes (AA 14.2.2018). Gesetzlich gilt die Unschuldsvermutung. Der Rechtsweg ist formal sichergestellt. Angeklagte haben das Recht auf ein faires Gerichtsverfahren, auf rechtzeitigen Zugang zu ihrem Anwalt und das Recht, Berufung einzulegen. Das marokkanische Recht sieht Pflichtverteidiger für mittellose Angeklagte vor. Der Zugang zu juristischem Beistand ist in der Praxis noch immer unzulänglich (AA 14.2.2018; vgl. USDOS 20.4.2018). NGOs kritisieren, dass die Beschuldigten zu Geständnissen gedrängt werden. Das Strafprozessrecht erlaubt der Polizei, einen Verdächtigen bis zu 48 Stunden in Gewahrsam ("garde à vue") zu nehmen. Der Staatsanwalt kann diese Frist zweimal verlängern. Der Entwurf für ein neues Strafprozessgesetz sieht verbesserten Zugang zu Anwälten bereits im Gewahrsam vor. Das Gesetz ist noch nicht verabschiedet (AA 14.2.2018). .

Im Bereich der Strafzumessung wird häufig kritisiert, dass bestehende Möglichkeiten zur Vermeidung von Haft bei minderschweren Delikten (z.B. Geldstrafen, Sozialstunden) nicht genutzt werden. Auch die Möglichkeit der Entlassung auf Bewährung (libération conditionnelle) wird kaum genutzt (AA 14.2.2018).

Seit Juli 2015 ist die Militärgerichtsbarkeit in Verfahren gegen Zivilisten nicht mehr zuständig. Im Juli 2016 wurden durch das Revisionsgericht die Urteile eines Militärgerichts gegen 23 sahrauische Aktivisten im Zusammenhang mit dem Tod von Sicherheitskräften bei der Räumung des Protestlagers Gdim Izik aufgehoben. Von der ordentlichen Gerichtsbarkeit wurden die Angeklagten 2017 zu Haftstrafen zwischen zwei Jahren und lebenslänglich verurteilt (AA 14.2.2018).

1.2.3. Sicherheitsbehörden

Der Sicherheitsapparat verfügt über einige Polizei- und paramilitärische Organisationen, deren Zuständigkeitsbereiche sich teilweise überlappen. Die DGSN "Direction Générale de la Sûreté Nationale" (Nationalpolizei) ist für die Umsetzung der Gesetze zuständig und untersteht dem Innenministerium. Bei den "Forces auxiliaires" handelt es sich um paramilitärische Hilfskräfte, die dem Innenministerium unterstellt sind und die Arbeit der regulären Sicherheitskräfte unterstützen. Die Gendarmerie Royale ist zuständig für die Sicherheit in ländlichen Gegenden und patrouilliert auf Autobahnen. Sie untersteht dem Verteidigungsministerium (USDOS 20.4.2018; vgl. AA 14.2.2018). Es gibt zwei Nachrichtendienste: den Auslandsdienst DGED ("Direction Générale des Etudes et de Documentation") und den Inlandsdienst DGST ("Direction Générale de la Surveillance du Territoire") (AA 14.2.2018; vgl. ÖB 9.2015). Im April 2015 wurde zusätzlich das

"Bureau central d'investigations judiciaires" (BCIJ) geschaffen. Es untersteht dem Inlandsdienst DGST. Von der Funktion entspricht es etwa dem deutschen Bundeskriminalamt mit originären Zuständigkeiten und Ermittlungskompetenzen im Bereich von Staatsschutzdelikten sowie Rauschgift- und Finanzdelikten im Rahmen von Verfahren der Organisierten Kriminalität (AA 14.2.2018).

Die zivile Kontrolle über die Sicherheitskräfte ist gemäß USDOS wirksam (USDOS 20.4.2018), gemäß auswärtigem Amt hingegen sind die Sicherheitskräfte weitgehend der zivilen Kontrolle durch Parlament und Öffentlichkeit entzogen (AA 14.2.2018).

1.2.4. Folter und unmenschliche Behandlung

Die Verfassung und das Gesetz verbieten menschenrechtsverletzende Praktiken, und die Regierung bestreitet, dass sie die Anwendung von Folter erlaubt (USDOS 20.4.2018).

Folter ist gemäß Verfassung unter Strafe gestellt (USDOS 20.4.2018; vgl. AA 14.2.2018). Marokko ist Vertragsstaat der Anti-Folter-Konvention der Vereinten Nationen und hat auch das Zusatzprotokoll unterzeichnet. Der CNDH soll künftig die Rolle des Nationalen Präventionsmechanismus gegen Folter übernehmen. Im Mai 2017 wurde ein entsprechender Entwurf in das Gesetzgebungsverfahren eingeleitet. Das Gesetz ist noch nicht verabschiedet (AA 14.2.2018). Ein Nationaler Präventionsmechanismus zum Schutz vor Folter ist allerdings noch immer nicht eingerichtet worden (AI 22.2.2017). Die marokkanische Regierung lehnt den Einsatz von Folter ab und bemüht sich um aktive Prävention. Systematische Folter findet nicht statt. Gleichwohl berichten NGOs über Fälle von nicht gesetzeskonformer Gewaltanwendung gegenüber Inhaftierten durch Sicherheitskräfte. Betroffen sind laut Bericht des VN- Menschenrechtsausschusses vom Oktober 2016 vor allem Terrorverdächtige und Personen, die Straftaten verdächtig sind, welche die Sicherheit oder die territoriale Integrität des Staats gefährden. Ein Einsatz von systematischer, staatlich angeordneter Folter wird auch von NGOs nicht bestätigt. Die marokkanische Menschenrechtsorganisation OMDH ("Organisation Marocaine des Droits de l'Homme") geht vom Fehlverhalten einzelner Personen aus (AA 14.2.2018). Berichte über Folter sind in den letzten Jahren zurückgegangen, aber dennoch langen immer wieder Berichte über Misshandlungen von Gefangenen durch Sicherheitskräfte bei Regierungsinstitutionen oder NGOs ein (USDOS 20.4.2018).

Der Staatsminister für Menschenrechte räumte auf einer nationalen Tagung zur Prävention von Folter ein, dass Folter immer noch in Einzelfällen auftritt, aber es sich nicht mehr um eine systematische Praxis handeln würde und dass die Regierung daran arbeite, diese auszurotten. Es besteht kein systematischer Mechanismus, Menschenrechtsverletzungen und Korruption wirksam zu untersuchen und zu bestrafen, was Straffreiheit bei Vergehen durch die Sicherheitskräfte begünstigt (USDOS 20.4.2018). Inhaftierte Islamisten werfen dem Sicherheitsapparat, insbesondere dem Inlandsgeheimdienst DGST, vor, Methoden anzuwenden, die rechtsstaatlichen Maßstäben nicht immer genügen (z.B. lange U-Haft unter schlechten Bedingungen, kein Anwaltszugang). Die zivilgesellschaftlichen Organisationen und Medien dokumentieren diese Vorwürfe nur bruchstückhaft (AA 14.2.2018).

1.2.5. Allgemeine Menschenrechtslage

Der Grundrechtskatalog (Kapitel I und II) der Verfassung ist substantiell; wenn man noch die durch internationale Verpflichtungen übernommenen Grundrechte hinzuzählt, kann man von einem recht umfassenden Grundrechtsrechtsbestand ausgehen. Als eines der Kerngrundrechte fehlt die Glaubens- und Gewissensfreiheit. Die Verfassung selbst stellt allerdings den Rechtsbestand unter den Vorbehalt der traditionellen "roten Linien" (Monarchie, islamischer Charakter von Staat und Gesellschaft, territoriale Integrität (i.e. Annexion der Westsahara) quasi als "Baugesetze" des Rechtsgebäudes. Der vorhandene Rechtsbestand, der mit der neuen Verfassungslage, v. a. in Bereichen wie Familien- und Erbrecht, Medienrecht und Strafrecht, teilweise nicht mehr konform ist, gilt weiterhin (ÖB 9.2015).

In den unter Titel II aufgeführten Artikeln 19 bis 35 garantiert die Verfassung die universellen Menschenrechte (AA 14.2.2018)

Staatliche Repressionsmaßnahmen gegen bestimmte Personen oder Personengruppen wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Überzeugung sind nicht festzustellen. Gewichtige Ausnahme: wer die Vorrangstellung der Religion des Islam in Frage stellt, die Person des Königs antastet oder die Zugehörigkeit der Westsahara zu Marokko anzweifelt. Obwohl Kritik an den Staatsdoktrinen strafrechtlich sanktioniert wird, werden entsprechende Verurteilungen in den vergangen Jahren eher selten bekannt. Marokkanische NGOs sind der Auffassung, dass administrative Schikanen eingesetzt und Strafverfahren zu anderen Tatbeständen (z. B. Ehebruch oder Steuervergehen) angestoßen oder auch konstruiert werden, um politisch Andersdenkende sowie kritische Journalisten einzuschüchtern oder zu verfolgen (AA 14.2.2018).

Im Mai 2017 stellte sich Marokko dem Universellen Staatenüberprüfungsverfahren (UPR) des VN- Menschenrechtsrats. Marokko akzeptierte 191 der 244 Empfehlungen (AA 14.2.2018). Im September 2017 unterbreitete der UN-Menschenrechtsrat nach der Allgemeinen Regelmäßigen Überprüfung der Menschenrechtslage in Marokko dem Land Empfehlungen (AI 22.2.2018)

Gesetzlich sind Meinungs- und Pressefreiheit garantiert, einige Gesetze schränken die Meinungsfreiheit, vor allem im Bereich der Presse und den sozialen Medien, ein (USDOS 20.4.2018). Meinungs- und Pressefreiheit sind verfassungsrechtlich geschützt, aber hinsichtlich der drei Staatsprinzipien eingeschränkt. Es kommt vereinzelt zur Strafverfolgung von Journalisten. Staatliche Zensur existiert nicht, sie wird durch die Selbstzensur der Medien im Bereich der drei Tabuthemen ersetzt. Ausländische Satellitensender und das Internet sind frei zugänglich (AA 14.2.2018).

Gesetzlich unter Strafe gestellt und aktiv verfolgt sind und werden kritische Äußerungen betreffend den Islam, die Institution der Monarchie und die offizielle Position der Regierung zur territorialen Integrität und den Anspruch auf das Gebiet der Westsahara (USDOS 20.4.2018; vgl. HRW 18.1.2018, AA 14.2.2018), sowie Kritik an Staatsinstitutionen oder das Gutheißen von Terrorismus (USDOS 20.4.2018; vgl. HRW 18.1.2018). Für Kritik in diesen Bereich können weiterhin Haftstrafen verhängt werden (HRW 18.1.2018). Für kritische Äußerungen in anderen Bereichen wurden Haftstrafen im Rahmen einer Änderung des Pressegesetzes im Juli 2016 abgeschafft und durch Geldstrafen ersetzt (USDOS 20.4.2018; vgl. HRW 18.1.2018).

Verfolgung wegen politischer Überzeugungen erfolgt zwar nicht systematisch flächendeckend, bleibt aber ein reelles Risiko für politisch aktive Personen außerhalb des politischen Establishments und Freigeister. Parameter des "Wohlverhaltens" sind die "roten Linien" (Monarchie, Islam, territoriale Integrität) sowie der Kampf gegen den Terrorismus. Wer sich dagegen kritisch äußert oder dagegen politisch aktiv wird, muss mit Repression rechnen. Durch Fokussierung auf Einzelfälle, deren Publizierung gar nicht behindert wird, entsteht eine generalpräventive Grundstimmung: die Marokkaner wissen sehr gut abzuschätzen, wann sie mit Äußerungen in tiefes Wasser geraten könnten. Dies hindert aber nicht, dass Jugend, Menschenrechtsaktivisten, Interessensvertreter dennoch laufend ihre Stimme erheben, wobei nicht jede kritische oder freiherzige Äußerung unbedingt Konsequenzen haben muss; insbesondere Medien und Persönlichkeiten mit großer Visibilität wird ein gewisser Freiraum zugestanden. Gegenüber Regierung, Ministern und Parlament etwa kann ganz freimütig Kritik geübt werden. Die "kritische Masse" für das Eingreifen der Obrigkeit scheint erst beim Zusammentreffen mehrerer Faktoren zustande zu kommen: Etwa Infragestellen des Autoritätsgefüges (Königshaus, Sicherheitskräfte) oder Kritik am Günstlingsumfeld des Hofes ("Makhzen") verbunden mit publizitärer Reichweite des Autors (ÖB 9.2015).

Die - auch im öffentlichen Raum kaum kaschierten - Überwachungsmaßnahmen erstrecken sich auch auf die Überwachung des Internets und elektronischer Kommunikation, wobei Aktivisten, die für eine unabhängige Westsahara eintreten - vor allem im Gebiet der Westsahara selbst - besonders exponiert sind (ÖB 9.2015).

Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit sind in der Verfassung von 2011 verfassungsrechtlich geschützt, werden aber durch die "roten Linien" Glaube, König, Heimatland eingeschränkt (AA 14.2.2018). Versammlungen von mehr als drei Personen sind genehmigungspflichtig (USDOS 20.4.2018). Die Behörden gehen meist nicht gegen öffentliche Ansammlungen und die häufigen politischen Demonstrationen vor (AA 14.2.2018; vgl. HRW 18.1.2018), selbst wenn diese nicht angemeldet sind (AA 14.2.2018). In Einzelfällen kam es jedoch zur gewaltsamen Auflösung von Demonstrationen (AA 14.2.2018; vgl. USDOS 20.4.2018, HRW 18.1.2018).

2017 gab es eine Vielzahl von Protesten gegen staatliches Versagen, Korruption und Machtwillkür in der Rif-Region, die unter dem Schlagwort "Hirak" zusammengefasst werden. Berichtet wurde von zunehmend hartem Durchgreifen der Sicherheitskräfte, Videos von Polizeieinsätzen wurden durch Aktivisten in Facebook hochgeladen. Eine der größten (nicht genehmigten) Demonstrationen dieses Jahres fand am 20.7.2017 in Al Hoceima statt. Die NGO AMDH kritisierte in einem Bericht die zwangsweise Abnahme von DNA-Proben von Verdächtigen, den Einsatz von Tränengas und Schlagstöcken sowie die Gewahrsamnahme von bis zu 300 Demonstranten. Auch HRW berichtete von Misshandlungen von Demonstranten. Der nationale Menschenrechtsrat (Conseil National des Droits de l'Homme - CNDH) übergab einen Bericht zu Misshandlungsvorwürfen von Demonstranten gegen Sicherheitskräfte an die Staatsanwaltschaft. Untersuchungsergebnisse wurden bislang nicht bekannt. Einige Aktivisten der Rif-Proteste wurden wegen Teilnahme an einer nicht-genehmigten Demonstration, Widerstand gegen die Staatsgewalt und Gefährdung der inneren Sicherheit zu zum Teil hohen Haftstrafen verurteilt. Gleichzeitig profitierten einige inhaftierte Aktivisten von einem Gnadenankt des Königs (AA 14.2.2018).

Obwohl verfassungsmäßig Vereinigungsfreiheit gewährleistet ist, schränkt die Regierung dieses Recht manchmal ein (USDOS 20.4.2018). Vielen Organisationen wird die offizielle Registrierung verweigert (HRW 18.1.2018). Auf diese Weise verbietet die Regierung politische Oppositionsgruppen, indem sie ihnen den NGO-Status nicht zuerkennt. Der NGO-Status wird auch Organisationen nicht zuerkannt, die den Islam als Staatsreligion, die Monarchie, oder die territoriale Integrität Marokkos infrage stellen (USDOS 20.4.2018).

Andere Kundgebungen wie die Unterstützungsdemonstration mit den Aktivisten der Rif-Proteste vom 11.6.2017 in Rabat mit ca. 25.000 Teilnehmern, verliefen hingegen komplett gewaltfrei, die Sicherheitsbehörden setzten auf eine Deeskalationsstrategie. Das Innenministerium hat 2016 ein Schulungsprogramm für Polizisten zur gewaltfreien Auflösung von Protesten begonnen. Nach Angaben des Staatsministers für Menschenrechte fanden zwischen Oktober 2016 und Juni 2017

500 Versammlungen und Demonstrationen ohne Intervention der Sicherheitskräfte statt (AA 14.2.2018).

1.2.6. Grundversorgung

Die Grundversorgung der Bevölkerung ist gewährleistet, Brot, Zucker und Gas werden subventioniert. Staatliche soziale Unterstützung ist kaum vorhanden, vielfach sind religiös- karitative Organisationen tätig (AA 14.2.2018). Die entscheidende Rolle bei der Betreuung Bedürftiger spielt nach wie vor die Familie (AA 14.2.2018; vgl. ÖB 9.2015). Staatliche und sonstige Aufnahmeeinrichtungen für Rückkehrer gibt es nicht (AA 14.2.2018).

König Mohammed VI. und die bisherige Regierung streben eine durchgreifende Modernisierung und Diversifizierung des Landes an, das seine Chancen neben dem Hauptpartner EU verstärkt in Afrika sucht. Gebergemeinschaft, OECD und IWF unterstützen diesen Modernisierungskurs (AA 10.2017c). Formal ist Marokko eine freie Marktwirtschaft. Bedingt durch die starke Stellung der Königsfamilie und alteingesessener Eliten ist der Wettbewerb jedoch verzerrt. Seit dem Machtantritt von König Mohammed VI. hat die Vormachtstellung der Königsfamilie in Schlüsselsektoren wie Landwirtschaft, Bergbau, Einzelhandel, Transport, Telekommunikation und erneuerbaren Energien weiter zugenommen. Gleichzeitig sind immer mehr Marokkaner auf Überweisungen aus dem Ausland angewiesen, um zu überleben (GIZ 7.2018c).

Die Arbeitslosigkeit bewegt sich laut offiziellen Zahlen bei 10%, allerdings bei sehr viel höherer Jugendarbeitslosigkeit (25%) (ÖB 9.2015). Der Bevölkerungszuwachs in den aktiven Altersgruppen liegt deutlich höher als die Schaffung neuer Arbeitsplätze. Die reale Arbeitslosenquote, insbesondere bei Jugendlichen, liegt deutlich über den offiziell angegebenen ca. 9% (AA 10.2017c).

Laut Informationen der Weltbank steht Marokko in der MENA-Region bei der Höhe der Auslandsüberweisungen von Migranten (Remittances) an dritter Stelle. Zur Sicherung des sozialen und politischen Friedens verteilt der Staat Subventionen: Diese wurden in den letzten Jahren allerdings gekürzt, von 5 Mrd. Euro auf voraussichtlich umgerechnet 1,6 Mrd. Euro in 2018. Derzeit werden nur noch Kochgas und Zucker subventioniert. Trotz Kürzungen und Steuerreformen hat die Staatsverschuldung in den vergangenen Jahren zugenommen (GIZ 7.2018c).

Der informelle Bereich der Wirtschaft wird statistisch nicht erfasst, entfaltet aber erhebliche Absorptionskraft für den Arbeitsmarkt. Fremdsprachenkenntnisse - wie sie z.B. Heimkehrer aufweisen - sind insbesondere in der Tourismusbranche und deren Umfeld nützlich. Arbeitssuchenden steht die Internet-Plattform des nationalen Arbeitsmarktservices ANAPEC zur Verfügung (www.anapec.org), die neben aktueller Beschäftigungssuche auch Zugang zu Fortbildungsmöglichkeiten vermittelt. Unter 30-Jährige, die bestimmte Bildungsebenen erreicht haben, können mit Hilfe des OFPPT (www.ofppt.ma/) eine weiterführende Berufsausbildung einschlagen. Die marokkanische Regierung führt Programme der Armutsbekämpfung (INDH) und des sozialen Wohnbaus. Eine staatlich garantierte Grundversorgung/arbeitsloses Basiseinkommen existiert allerdings nicht. Der Mindestlohn (SMIG) liegt bei 2.570 Dirham (ca. EUR 234). Ein Monatslohn von etwa dem Doppelten dieses Betrags gilt als durchaus bürgerliches Einkommen. Statistisch beträgt der durchschnittliche Monatslohn eines Gehaltsempfängers 4.711 Dirham, wobei allerdings die Hälfte der - zur Sozialversicherung angemeldeten - Lohnempfänger nur den Mindestlohn empfängt. Ein ungelernter Hilfsarbeiter erhält für einen Arbeitstag (10 Std.) ca. 100 Dirham, Illegale aus der Subsahara erhalten weniger als das (ÖB 9.2015).

1.2.7. Medizinische Versorgung

Politisch verantwortlich für die medizinische Versorgung ist das Gesundheitsministerium. Die meisten Marokkaner müssen für ihre Gesundheit allein vorsorgen. Wer einen formellen Arbeitsvertrag hat, ist zwar offiziell krankenversichert, aber viele Leistungen müssen trotzdem aus eigener Tasche bezahlt werden. Patienten mit geringem Einkommen haben seit 2002 die Möglichkeit, sich im Rahmen der öffentlichen Assurance Maladies Obligatoire (AMO) oder des Gesundheitssystems Régime d'Assistance Médicale (RAMED) behandeln zu lassen (GIZ 7.2018b).

Die medizinische Versorgung im Lande ist mit Europa nicht ganz zu vergleichen. In Rabat und Casablanca finden sich allerdings ausgezeichnete Privatkliniken von hohem Standard. Auf dem Lande hingegen kann die medizinische Versorgung bezüglich der apparativen Ausstattung bzw. Hygiene problematisch sein (AA 7.8.2018).

Die medizinische Grundversorgung ist vor allem im städtischen Raum weitgehend gesichert. Medizinische Dienste sind kostenpflichtig und werden bei bestehender gesetzlicher Krankenversicherung von dieser erstattet. Es gibt einen großen qualitativen Unterschied zwischen öffentlicher und (teurer) privater Krankenversorgung. Selbst modern gut ausgestattete medizinische Einrichtungen garantieren keine europäischen Standards. Insbesondere das Hilfspersonal ist oft unzureichend ausgebildet, Krankenwagen sind in der Regel ungenügend ausgestattet. Die Notfallversorgung ist wegen Überlastung der Notaufnahmen in den Städten nicht immer gewährleistet, auf dem Land ist sie insbesondere in den abgelegenen Bergregionen unzureichend (AA 14.2.2018).

Rund 30.000 Menschen in Marokko sollen mit HIV infiziert sein. Knapp 50% der Infizierten sind weiblich. Schätzungsweise 2% der Prostituierten sind HIV-positiv. Damit hat Marokko in der MENA-Region eine Spitzenposition inne (GIZ 7.2018b). Chronische und psychiatrische Krankheiten oder auch AIDS-Dauerbehandlungen lassen sich in Marokko vorzugsweise in privaten Krankenhäusern behandeln. Bei teuren Spezialmedikamenten soll es in der öffentlichen Gesundheitsversorgung bisweilen zu Engpässen kommen. Bei entsprechender Finanzkraft ist allerdings fast jedes lokal produzierte oder importierte Medikament erhältlich (AA 14.2.2018).

Im Bereich der Basis-Gesundheitsversorgung wurde 2012 das Programm RAMED eingeführt und erstreckt sich auf 8,5 Mio. Einwohner der untersten Einkommensschichten bzw. vulnerable Personen, die bisher keinen Krankenversicherungsschutz genossen. Im Oktober 2012 waren bereits 1,2 Mio. Personen im RAMED erfasst (knapp 3 %der Haushalte). RAMED wird vom Sozialversicherungsträger ANAM administriert, der auch die Pflichtkrankenversicherung AMO der unselbständig Beschäftigten verwaltet. Zugang haben Haushaltsvorstände und deren Haushaltsangehörige, die keiner anderen Pflicht-Krankenversicherung unterliegen. Die Teilnahme an RAMED ist gratis ("Carte RAMED"), lediglich vulnerable Personen zahlen einen geringen Beitrag (11 € pro Jahr pro Person). Ansprechbar sind die Leistungen im staatlichen Gesundheitssystem (Einrichtungen der medizinischen Grundversorgung und Vorsorge sowie Krankenhäuser) im Bereich der Allgemein- und Fachmedizin, stationärer Behandlung, Röntgendiagnostik etc. Die Dichte und Bestückung der medizinischen Versorgung ist auf einer Website des Gesundheitsministeriums einsehbar (ÖB 9.2015). Mittellose Personen können auf Antrag bei der Präfektur eine "Carte RAMED" erhalten. Bei Vorlage dieser Karte sind Behandlungen kostenfrei (AA 14.2.2018).

Auf 1.775 Einwohner entfällt ein Arzt. 141 öffentliche Krankenhäuser führen etwas mehr als 27.000 Betten (ein Spitalsbett auf ca. 1.200 Einwohner); daneben bestehen 2.689 Einrichtungen der medizinischen Grundversorgung. Inhaber der Carte RAMED können bei diesen Einrichtungen medizinische Leistungen kostenfrei ansprechen. Freilich ist anzumerken, dass dieser öffentliche Gesundheitssektor in seiner Ausstattung und Qualität und Hygiene überwiegend nicht mit europäischen Standards zu vergleichen ist. Lange Wartezeiten und Mangel an medizinischen Versorgungsgütern und Arzneien sind zu beobachten. Wer weder unter das RAMED-System fällt, noch aus einem Anstellungsverhältnis pflichtversichert ist, muss für medizinische Leistungen aus eigenem aufkommen (ÖB 9.2015).

1.2.8. Rückkehr

Das Stellen eines Asylantrags im Ausland ist nicht strafbar und wird nach Erkenntnissen des Auswärtigen Amts von den Behörden nicht als Ausdruck oppositioneller Gesinnung gewertet. Aus den letzten Jahren sind keine Fälle bekannt, in denen es zu einem Gerichtsurteil wegen der Stellung eines Asylantrags oder wegen des in einem Asylantrag enthaltenen Vorbringens gekommen wäre (AA 14.2.2018).

Eine Rückkehrhilfe für aus dem Ausland nach Marokko Heimkehrende durch staatliche Institutionen ist nicht bekannt. Auf institutioneller Basis wird Rückkehrhilfe von IOM organisiert, sofern der abschiebende Staat mit IOM eine diesbezügliche Vereinbarung (mit Kostenkomponente) eingeht; Österreich hat keine solche Abmachung getroffen. Rückkehrer ohne eigene finanzielle Mittel dürften primär den Beistand ihrer Familie ansprechen; gelegentlich bieten auch NGOs Unterstützung. Der Verband der Familie und Großfamilie ist primärer sozialer Ankerpunkt der Marokkaner. Dies gilt mehr noch für den ländlichen Raum, in welchem über 40% der Bevölkerung angesiedelt und beschäftigt sind. Rückkehrer würden in aller Regel im eigenen Familienverband Zuflucht suchen. Der Wohnungsmarkt ist über lokale Printmedien und das Internet in mit Europa vergleichbarer Weise zugänglich, jedenfalls für den städtischen Bereich (ÖB 9.2015).

1.3. Fluchtvorbringen

Eine nach Marokko zurückkehrende Person, bei welcher keine berücksichtigungswürdigen Gründe vorliegen, wird durch eine Rückkehr nicht automatisch in eine unmenschliche Lage versetzt.

Der Beschwerdeführer hat Marokko ausschließlich aus wirtschaftlichen Gründen verlassen.

Im nunmehrigen zweiten Asylverfahren bringt der Beschwerdeführer keinen neuen Sachverhalt vor. In Bezug auf das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers in seinem nunmehrigen Folgeverfahren und aufgrund der allgemeinen Lage im Land wird festgestellt, dass er im Falle seiner Rückkehr nach Marokko mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner wie immer gearteter asylrelevanten Verfolgung oder sonstigen existenziellen Bedrohung ausgesetzt sein wird.

2. Beweiswürdigung:

Da gegenüber den bisherigen Verfahren weder auf Grund des Vorbringens noch aus Basis amtwegig gewonnener Informationen gravierende Änderungen des Sachverhalts zutage kamen, folgt das Bundesverwaltungsgericht, soweit nicht eigens erwähnt, den bisherigen Feststellungen.

Die belangte Behörde hat ein mängelfreies, ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse dieses Verfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst. Das Bundesverwaltungsgericht verweist daher auch auf die schlüssigen und nachvollziehbaren beweiswürdigenden Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid.

2.1. Zum Verfahrensgang

Die unter Punkt I getroffenen Ausführungen (Verfahrensgang) basieren auf dem vorgelegten Verwaltungsakt des Erstverfahrens und des aktuellen Verfahrens sowie aufgrund des Gerichtsaktes und stehen unstrittig fest.

2.2 Zur Person des Beschwerdeführers

Die Feststellungen zu Geburtsdatum und Namen des Beschwerdeführers ergeben sich aus der zweifelsfreien Identifizierung durch Interpol. Aufgrund dieser unbedenklichen Urkunde steht die Identität des Beschwerdeführers und auch seine Volljährigkeit fest. Dass der Beschwerdeführer im Erstverfahren unter einer anderslautenden Identität auftrat, die unzutreffend ist, ergibt sich zweifelsfrei aus dem Verwaltungsakt.

Die Feststellungen zum Familienstand, seiner Kinderlosigkeit, Staatsbürgerschaft, Volkszugehörigkeit und Religion sowie seiner Sprachkenntnisse ergeben sich zweifelsfrei aus den diesbezüglich glaubhaften Angeben des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde. Dass er im Herkunftsstaat von 1992 bis 2000 die Schule in Casablanca besucht hat, ergibt sich aus seinen diesbezüglich glaubhaften Angaben vor der belangten Behörde und im Rahmen der Erstbefragung.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer gesund ist, ergibt sich aus seinen diesbezüglich glaubhaften Angaben vor der belangten Behörde. Dass er arbeitsfähig ist, ergibt sich aus diesen Angaben. Dass er in Marokko den Beruf eines Zahntechnikers ausgeübt hat, basiert auf seinen diesbezüglich nicht bestrittenen Angaben.

Dass der Beschwerdeführer keine Verwandten und keine Familie in Österreich hat und hier auch keine Lebensgemeinschaft führt, basiert auf seinen Angaben vor der belangten Behörde am 06.09.2019. Entgegen dem Beschwerdevorbringen kann aufgrund der unmissverständlichen Angabe des Beschwerdeführers in dieser Einvernahme auf die Frage, ob er mit einer sonstigen Person in einer Familiengemeinschaft oder in einer familienähnlichen Lebensgemeinschaft lebe, unmissverständlich mit "Nein". Wenn er auch im Weiteren mitteilt er habe eine Freundin, ist von einer engen Beziehung oder gar Lebensgemeinschaft nicht auszugehen. Der Beschwerdeführer konnte im Rahmen der Einvernahme am 06.09.2019 nicht einmal die genaue Adresse seiner angeblichen Freundin nennen und konnte auch ohne Blick in seine Geldbörse nicht einmal deren Namen nennen. Nach Angaben des Beschwerdeführers lernte er sie vor einem Jahr kennen. In dieser Zeit - bis heute - befand sich der Beschwerde aufgrund des unbedenklichen Auszuges aus dem ZMR durchgehend in Strafhaft bzw seit 14.08.2019 in Schubhaft. Auch dieser Umstand spricht - wenn überhaupt - eher für eine oberflächliche Bekanntschaft als für eine in der Beschwerde behauptete, durch die Aussage des Beschwerdeführers in der Einvernahme am 06.09.2019 widerlegte Beziehung mit XXXX. Nach eigenen Angaben hat der Beschwerdeführer in Österreich keine Familie, sein Vater, seine beiden Brüder und seine beiden Schwestern, leben demnach in Marokko, weshalb die entsprechenden Feststellungen zu treffen waren.

Die Feststellungen zu den einschlägigen Verurteilungen wegen Suchtgiftdelikten basieren auf dem eingeholten Auszug aus dem österreichischen Strafregister und aufgrund der im Verwaltungsakt einliegenden Urteilen des Landesgerichts für Strafsachen XXXX vom XXXX, und vom XXXX.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer keiner legalen Beschäftigung nachgeht, ergibt sich aus seinen diesbezüglichen Aussagen vor der belangten Behörde am 06.09.2019 und aufgrund eines eingeholte Auszuges seiner in Österreich erworbenen Sozialversicherungszeiten sowie aus dem eingeholten GVS-Auszug. Hieraus geht der Bezug der staatlichen Grundversorgung von 04.07.2015 bis 31.03.2017 unzweifelhaft hervor. Aufgrund des Bezuges der Grundversorgung, der seit über einem Jahr bestehenden Aufenthalte in Justizanstalten bzw seit 14.08.2019 in einem PAZ, bestehen keine Zweifel, dass der Beschwerdeführer nicht fähig ist, sich in Österreich selbst zu erhalten. Hieran ändert auch nichts, dass der Beschwerdeführerin nach eigenen Angaben seinen Lebensunterhalt durch das Verteilen von Zeitungen bestritten haben will, zumal es sich hierbei um keine legale Beschäftigung handelte (Sozialversicherungsauszug) und der Beschwerdeführer seit rund einem Jahr keine solchen Tätigkeiten aufgrund seiner Strafhaft und nunmehrigen Schubhaft ausüben konnte. Der Aufenthalt in den Justizanstalten Wien-Josefstadt und Krems ergibt sich zweifelsfrei aus dem Auszug aus dem ZMR, ebenso, iVm Bescheid vom 02.08.2019 betreffend die Anordnung der Schubhaft, dass er sich seit 14.08.2019 in Schubhaft im PAZ XXXX befindet. Dass der Beschwerdeführer keine nennenswerten Deutschkenntnisse hat, ist nicht Mitglied in einem Verein ist und abgesehen von einer Freundin, die er seit einem Jahr kennt und ihm beim Zeitungsverteilen hilft, über keine sozialen oder wirtschaftlichen Integrationsmerkmale verfügt, ergibt sich aus den Angaben des Beschwerdeführers im Rahmen der Einvernahme vom 06.09.2019.

Die Feststellungen zum ersten Asylverfahren, zur Rechtskraft des Bescheides vom XXXX, und zur aufrechten und rechtskräftigen Rückkehrentscheidung basieren auf dem vorgelegten Verwaltungsakt des ersten Asylverfahrens. Aufgrund des dort einliegenden Zustellnachweises wurde dieser Bescheid dem Beschwerdeführer am 21.06.2018 zugestellt und von diesem nicht bekämpft, sodass er am 20.07.2018 in Rechtskraft erwuchs. Aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers im Rahmen seiner Einvernahme durch die belangte Behörde am 06.09.2019 sowie aus dem Umstand, dass sich der Beschwerdeführer seit 28.08.2018 bis heute durchgehend in Haft befand ergibt sich die Feststellung, dass der Beschwerdeführer nie seiner Ausreiseverpflichtung aus Österreich nachgekommen ist. Die mit Bescheid vom XXXX, erlassene Rückkehrentscheidung ist daher nach wie vor aufrecht und rechtskräftig.

Die Feststellungen zum nunmehrigen Asylverfahren ergeben sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt.

2.3. Zur Situation im Herkunftsstaat:

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf dem aktuellen Länderinformationsbericht der Staatendokumentation für Marokko vom 17.08.2018 idF 10.10.2018 samt den dort publizierten Quellen und Nachweisen Dieser Länderinformationsbericht stützt sich auf Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von internationalen Organisationen, wie bspw. dem UNHCR, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen.

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat in Marokko ergeben sich aus den folgenden Meldungen und Berichten:

AA - Auswärtiges Amt (10.2017c): Marokko - Wirtschaft https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/marokko-node/wirtschaft/224082, Zugriff 7.8.2018

AA - Auswärtiges Amt (14.2.2018): AA-Bericht zu Marokko, https://www.ecoi.net/en/file/local/1424844/4598_1519120123_auswaertiges-amt-bericht-asylund-abschiebungsrelevante-lage-im-koenigreich-marokko-stand-november-2017-14-02- 2018.pdf, Zugriff 7.8.2018

AA - Auswärtiges Amt (7.8.2018):Marokko: Reise- und Sicherheitshinweise,

https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/marokko-node/marokkosicherheit/ 224080#content_5, Zugriff 7.8.2018

AI -Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Morocco/Western Sahara, https://www.ecoi.net/de/dokument/1425081.html, Zugriff 1.8.2018

BMEIA - Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres (8.8.2018): Reiseinformation Marokko, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/marokko/, Zugriff 8.8.2018

EDA - Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (8.8.2018): Reisehinweise für Marokko, https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/laender-reise-information/ marokko/reisehinweise-marokko.html, Zugriff 8.8.2018

FD - France Diplomatie (8.8.2018): Conseils aux Voyageurs - Maroc - Sécurité,

https://www.diplomatie.gouv.fr/fr/conseils-aux-voyageurs/conseils-par-pays-destination/maroc/, Zugriff 8.8.2018

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (7.2018b): LIPortal - Marokko - Gesellschaft, https://www.liportal.de/marokko/gesellschaft/, Zugriff 7.8.2018

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH (7.2018c): Marokko - Wirtschaft, http://liportal.giz.de/marokko/wirtschaft-entwicklung/, Zugriff 7.8.2018

HRW - Human Rights Watch (18.1.2018): World Report 2018 - Morocco and Western Sahara,

http://www.ecoi.net/local_link/334712/476546_de.html, Zugriff 3.8.2018

ÖB - Österreichische Botschaft Rabat (9.2015): Asylländerbericht Marokko

USDOS - U.S. Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Morocco, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430366.html, Zugriff 1.8.2018

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Der Beschwerdeführer trat diesen Quellen und deren Kernaussagen zur Situation im Herkunftsland nicht substantiiert entgegen.

Aufgrund der Kürze der verstrichenen Zeit zwischen der Erlassung des bekämpften Bescheides und der vorliegenden Entscheidung ergeben sich keine Änderungen zu den im bekämpften Bescheid getroffenen Länderfeststellungen. Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich daher diesen Feststellungen vollinhaltlich an.

2.4. Zum Fluchtvorbringen

Aus den sich aus dem Länderinformationsblatt für Marokko ergebenden Länderfeststellungen und aus der Tatsache, dass Marokko ein sicherer Herkunftsstaat ist, ergibt sich zweifelsfrei, dass eine nach Marokko zurückkehrende Person, bei welcher keine berücksichtigungswürdigen Gründe vorliegen, durch eine Rückkehr nicht automatisch in eine unmenschliche Lage versetzt wird. Der Beschwerdeführer konnte keine Gründe glaubhaft machen, die eine andere Beurteilung in seinem Fall rechtfertigen würden.

Dass der Beschwerdeführer Marokko ausschließlich aus wirtschaftlichen Gründen verlassen hat, ergibt sich zweifelsfrei aus seinem ersten Fluchtvorbringen, das sich zweifelsfrei aus dem Verwaltungsakt des Erstverfahrens sowie aus dem rechtskräftigen Bescheid vom 14.06.2018 ergibt.

Aufgrund der unglaubhaften nunmehr geäußerten Fluchtgründe bzw Befürchtungen ergibt sich kein neuer Sachverhalt. Vielmehr hat der Beschwerdeführer in Unterlassung seiner Mitwirkungspflicht an der Klärung des maßgeblichen Sachverhalts im Erstverfahren und somit aus eigenem Verschulden Fluchtgründe im Erstverfahren nicht vorgebracht, die er nun offenkundig versucht, nachzubringen. Dabei erweisen sich diese Gründe nicht als glaubhaft, zumal seine Angaben widersprüchlich sind, wenn er einerseits behauptet, sein Bruder sitze lebenslang in Strafhaft und andererseits angibt, er würde demnächst entlassen. Auch bleibt völlig dunkel aus welchen Gründen sich der Beschwerdeführer vor seinem Bruder fürchtet bzw dieser putativen Privatverfolgung durch eine einzige Person in ganz Marokko nicht ausweichen könnte. Aus den Länderfeststellungen ist zudem erwiesen, dass der marokkanische Staat - entgegen dem unbegründeten Vorbringen in der Beschwerde sowohl schutzfähig, als auch schutzwillig ist und daher die behauptete Bedrohung nicht glaubhaft ist. Der belangten Behörde ist zuzustimmen, wenn sie in de schlüssigen Beweiswürdigung nachvollzieh

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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