TE Bvwg Beschluss 2019/12/9 W214 2223693-1

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Veröffentlicht am 09.12.2019
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Entscheidungsdatum

09.12.2019

Norm

AVG §74 Abs2
B-VG Art. 133 Abs4
DSG §24
DSG §27
VwGVG §16
VwGVG §17
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W214 2223693-1/10E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Eva SOUHRADA-KIRCHMAYER als Vorsitzende sowie die fachkundigen Laienrichterinnnen Mag. Huberta MAITZ-STRASSNIG und Mag. Claudia KRAL-BAST als Beisitzerinnen über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch KERLE-AIGNER-PICHLER Rechtsanwälte, wegen Verletzung der Unterrichtungspflicht der Datenschutzbehörde, Zl. DSB-D064.000/0001-DSB/2019 beschlossen:

A)

I. Das Verfahren wird gemäß § 28 Abs. 1 und § 31 Abs 1 VwGVG eingestellt.

II. Der Antrag auf Kostenersatz wird gemäß § 17 VwGVG iVm § 74 Abs. 2 AVG als unzulässig zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Eingabe vom 23.10.2018 behauptete der Beschwerdeführer eine Verletzung im Recht auf Löschung personenbezogener Daten. Zusammengefasst brachte er vor, die der Landespolizeidirektion XXXX (mitbeteiligte Partei) unterstellte Polizeiinspektion XXXX habe im Rahmen der erkennungsdienstlichen Behandlung des Beschwerdeführers am 21.11.2017 unzulässig personenbezogene Daten des Beschwerdeführers verarbeitet, die mitbeteiligte Partei die Löschung der so erlangten Daten rechtswidrig verweigert.

2. Die belangte Behörde erließ am 31.10.2018 einen Mängelbehebungsauftrag, in welchem sie den Beschwerdeführer aufforderte, das Begehren, die behauptete Rechtsverletzung festzustellen, zu ergänzen sowie betreffend die behauptete Verletzung im Recht auf Löschung von Daten den zugrundeliegenden Löschungsantrag vorzulegen.

3. Mit Schriftsatz vom 07.11.2018 ergänzte der Beschwerdeführer seine Angaben, indem er beantragte, die belangte Behörde wolle gemäß § 24 Abs. 2 Z 5 DSG die beschwerdemäßig aufgezeigte Verletzung des Rechtes auf Datenlöschung feststellen. Weiters legte er den Löschungsantrag vom 30.11.2017, dem die mitbeteiligte Partei nicht entsprochen habe, vor.

4. Die belangte Behörde übermittelte daraufhin mit Schreiben vom 08.05.2019 die Datenschutzbeschwerde des Beschwerdeführers an die mitbeteiligte Partei und forderte sie zur Stellungnahme auf.

5. Die mitbeteiligte Partei erstattete mit Schreiben vom 19.06.2019 eine Stellungnahme und führte (mit näherer Begründung aus), dass die gesetzlichen Voraussetzungen des § 65 Abs. 1 SPG für die erkennungsdienstliche Behandlung des Beschwerdeführers sehr wohl vorgelegen seien, auch die Nicht-Löschung sei berechtigt.

6. Am 28.08.2019 erhob der Beschwerdeführer die gegenständliche Beschwerde wegen Verletzung der Unterrichtungspflicht gemäß § 24 Abs. 7 DSG und Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß § 73 AVG der belangten Behörde. Er führte (nach Wiederholung des Sachverhaltes aus), dass er dem Mängelbehebungsauftrag der belangten Behörde mit Schriftsatz vom 07.11.2018 nachgekommen sei, seither sei er weder im Sinne des § 24 Abs. 7 DSG - geschweige denn innerhalb der gesetzlich vorgesehenen drei Monate ab Einbringung der Beschwerde - über den Stand und das Ergebnis der Ermittlung unterrichtet worden, noch sei über die Beschwerde inhaltlich abgesprochen worden.

Gemäß §§ 24 Abs. 10 DSG iVm 73 Abs. 1 AVG wäre eine inhaltliche Entscheidung über die Beschwerde bis längstens 08.05.2019 zu treffen gewesen.

Es wurde vom Beschwerdeführer beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge der Beschwerde Folge geben, der belangten Behörde auftragen, ihn binnen kurzer, einen Monat nicht übersteigender Frist, über den Stand des Verfahrens und das Ergebnis der Ermittlung zu unterrichten, binnen kurzer, drei Monate nicht übersteigender Frist selbst über die Beschwerde entscheiden; in eventu der belangten Behörde auftragen, binnen kurzer, drei Monate nicht übersteigender Frist über die Beschwerde zu entscheiden sowie die Republik Österreich als Rechtsträger der Datenschutzbehörde in den Ersatz der Kosten der vorliegenden Beschwerde zu Handen des Vertreters des Beschwerdeführers gemäß § 19a RAO binnen 14 Tagen bei sonstigem Zwang zu verfällen.

7. Mit Schreiben vom 13.09.2019 informierte die belangte Behörde den Beschwerdeführer, dass seine Beschwerde vom 23.10.2018 der mitbeteiligten Partei zur Stellungnahme übermittelt worden sei und diese in der Folge am 19.06.2019 eine Stellungnahme übermittelt habe. Als Partei des Verfahrens erhalte der Beschwerdeführer die Möglichkeit zur Stellungnahme hierzu binnen zwei Wochen. Dieses Schreiben diene gleichzeitig als Mitteilung gemäß § 24 Abs. 7 DSG über den Stand des Verfahrens und das Ergebnis der Ermittlung. Ergänzend werde hinzugefügt, dass die Beschwerde vom 28.08.2019 gemäß §§ 27 Abs. 1 DSG iVm § 24 Abs. 7 DSG an das Bundesverwaltungsgericht weitergeleitet worden sei. Weiters wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, Kopien näher bezeichneter Urteile vorzulegen.

8. Die belangte Behörde legte die Beschwerde (nur hinsichtlich der Verletzung der Unterrichtungspflicht) mit Schreiben vom 17.09.2019 dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor und gab eine Stellungnahme ab. Zur Verletzung der Unterrichtungspflicht wurde ausgeführt, dass die belangte Behörde dem Beschwerdeführer einen Mängelbehebungsauftrag erteilt habe, wodurch der Unterrichtungspflicht gemäß § 24 Abs. 7 DSG Genüge getan sei. Hinsichtlich der Verletzung der Entscheidungspflicht mache die belangte Behörde von § 16 Abs. 1 VwGVG Gebrauch und werde den Bescheid nachholen.

9. Die Stellungnahme der belangten Behörde wurde dem Beschwerdeführer vom Bundesverwaltungsgericht am 15.11.2019 übermittelt und wurde der Beschwerdeführer um Mitteilung gebeten, ob er angesichts der am 13.09.2019 erfolgten Mitteilung der belangten Behörde über den Verfahrensstand die Beschwerde wegen Verletzung der Unterrichtungspflicht zurückziehe bzw. ob er sich nach wie vor für beschwert erachte und worin diese Beschwer bestehe.

10. Der Beschwerdeführer erstattete am 18.11.2019 eine Mitteilung dahingehend, dass er die Beschwerde ausdrücklich und vollinhaltlich aufrechterhalte. Es könne kein Zweifel daran bestehen, dass die belangte Behörde ihre Unterrichtungspflicht verletzt habe. Die Beschwer liege darin, dass die sensiblen Daten nach wie vor, insbesondere während des Zeitraums des ungerechtfertigten Unterlassens jeder Unterrichtung in rechtswidriger Art und Weise verwendet hätten werden können/verwendet worden seien. Die daraus resultierenden Schadenersatzansprüche würden erfolgreich geltend gemacht werden können, sobald eine rechtskräftige Entscheidung darüber vorliege, dass die belangte Behörde ihre Unterrichtungspflicht verletzt habe.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang wird den Feststellungen zugrunde gelegt.

Die Beschwerde des (rechtsfreundlich vertretenen) Beschwerdeführers ist am 23.10.2018 bei der belangten Behörde eingelangt. Mit Schreiben vom 31.10.2018 erging ein Mängelbehebungsauftrag an den Beschwerdeführer, der am 06.11.2018 beim Rechtsvertreter des Beschwerdeführers einlangte.

Mit Schriftsatz vom 28.08.2019 erhob der Beschwerdeführer wegen Verletzung der Unterrichtungspflicht gemäß § 24 Abs. 7 DSG und Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß § 73 AVG der belangten Behörde Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.

Mit Schreiben vom 13.09.2019 informierte die belangte Behörde den Beschwerdeführer über den Stand des Verfahrens und die bisherigen Ermittlungsergebnisse.

Mit Bescheid vom 21.11.2019 schloss die belangte Behörde das gegenständliche Verwaltungsverfahren ab und stellte mit Bescheid vom selben Tag das Verfahren wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß § 73 AVG ein.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus dem Verwaltungsakt und sind unstrittig.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1.1 Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 27 Datenschutzgesetz (DSG) idgF (welcher im Wesentlichen dem bis 24.05.2018 in Geltung gestandenen § 39 DSG 2000 entspricht) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht in Verfahren über Beschwerden gegen Bescheide, wegen Verletzung der Unterrichtungspflicht gemäß § 24 Abs. 7 und der Entscheidungspflicht der Datenschutzbehörde durch Senat. Der Senat besteht aus einem Vorsitzenden und je einem fachkundigen Laienrichter aus dem Kreis der Arbeitgeber und aus dem Kreis der Arbeitnehmer.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

3.1.2. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

3.1.3. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

3.2. Zu Spruchteil A):

3.2.1. Rechtslage:

Art. 130 B-VG lautet:

Art. 130 (1) Die Verwaltungsgerichte erkennen über Beschwerden

1. gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit;

2. gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit;

3. wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch eine Verwaltungsbehörde.

[...]

§ 74 AVG lautet:

V. Teil: Kosten

Kosten der Beteiligten

§ 74. (1) Jeder Beteiligte hat die ihm im Verwaltungsverfahren erwachsenden Kosten selbst zu bestreiten.

(2) Inwiefern einem Beteiligten ein Kostenersatzanspruch gegen einen anderen Beteiligten zusteht, bestimmen die Verwaltungsvorschriften. Der Kostenersatzanspruch ist so zeitgerecht zu stellen, daß der Ausspruch über die Kosten in den Bescheid aufgenommen werden kann. Die Höhe der zu ersetzenden Kosten wird von der Behörde bestimmt und kann von dieser auch in einem Pauschalbetrag festgesetzt werden.

§§ 16 und 17 VwGVG lauten:

Nachholung des Bescheides

§ 16. (1) Im Verfahren über Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG kann die Behörde innerhalb einer Frist von bis zu drei Monaten den Bescheid erlassen. Wird der Bescheid erlassen oder wurde er vor Einleitung des Verfahrens erlassen, ist das Verfahren einzustellen.

(2) Holt die Behörde den Bescheid nicht nach, hat sie dem Verwaltungsgericht die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens vorzulegen.

3. Abschnitt

Verfahren vor dem Verwaltungsgericht

Anzuwendendes Recht

§ 17 Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, sind auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§§ 24 und 27 DSG lauten:

3. Abschnitt

Rechtsbehelfe, Haftung und Sanktionen

Beschwerde an die Datenschutzbehörde

§ 24. (1) Jede betroffene Person hat das Recht auf Beschwerde bei der Datenschutzbehörde, wenn sie der Ansicht ist, dass die Verarbeitung der sie betreffenden personenbezogenen Daten gegen die DSGVO oder gegen § 1 oder Artikel 2 1. Hauptstück verstößt.

[...]

(7) Der Beschwerdeführer wird von der Datenschutzbehörde innerhalb von drei Monaten ab Einbringung der Beschwerde über den Stand und das Ergebnis der Ermittlung unterrichtet.

Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht

§ 27. (1) Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet durch Senat über Beschwerden gegen Bescheide, wegen der Verletzung der Unterrichtungspflicht gemäß § 24 Abs. 7 und der Entscheidungspflicht der Datenschutzbehörde.

(2) Der Senat besteht aus einem Vorsitzenden und je einem fachkundigen Laienrichter aus dem Kreis der Arbeitgeber und aus dem Kreis der Arbeitnehmer. Die fachkundigen Laienrichter werden auf Vorschlag der Wirtschaftskammer Österreich und der Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte bestellt. Es sind entsprechende Vorkehrungen zu treffen, dass zeitgerecht eine hinreichende Anzahl von fachkundigen Laienrichtern zur Verfügung steht.

(3) Die fachkundigen Laienrichter müssen eine mindestens fünfjährige einschlägige Berufserfahrung und besondere Kenntnisse des Datenschutzrechtes besitzen.

(4) Der Vorsitzende hat den fachkundigen Laienrichtern alle entscheidungsrelevanten Dokumente unverzüglich zu übermitteln oder, wenn dies untunlich oder zur Wahrung der Vertraulichkeit von Dokumenten unbedingt erforderlich ist, zur Verfügung zu stellen.

(5) Kommt es zu einem Verfahren gegen den Bescheid der Datenschutzbehörde, der eine Stellungnahme oder ein Beschluss des Europäischen Ausschusses im Rahmen des Kohärenzverfahrens vorangegangen ist, so leitet die Datenschutzbehörde diese Stellungnahme oder diesen Beschluss dem Bundesverwaltungsgericht zu.

Art. 77 und 78 DSGVO lauten:

Art. 77

Recht auf Beschwerde bei einer Aufsichtsbehörde

(1) Jede betroffene Person hat unbeschadet eines anderweitigen verwaltungsrechtlichen oder gerichtlichen Rechtsbehelfs das Recht auf Beschwerde bei einer Aufsichtsbehörde, insbesondere in dem Mitgliedstaat ihres Aufenthaltsorts, ihres Arbeitsplatzes oder des Orts des mutmaßlichen Verstoßes, wenn die betroffene Person der Ansicht ist, dass die Verarbeitung der sie betreffenden personenbezogenen Daten gegen diese Verordnung verstößt.

(2) Die Aufsichtsbehörde, bei der die Beschwerde eingereicht wurde, unterrichtet den Beschwerdeführer über den Stand und die Ergebnisse der Beschwerde einschließlich der Möglichkeit eines gerichtlichen Rechtsbehelfs nach Artikel 78.

Art. 78

Recht auf wirksamen gerichtlichen Rechtsbehelf gegen eine Aufsichtsbehörde

(1) Jede natürliche oder juristische Person hat unbeschadet eines anderweitigen verwaltungsrechtlichen oder außergerichtlichen Rechtsbehelfs das Recht auf einen wirksamen gerichtlichen Rechtsbehelf gegen einen sie betreffenden rechtsverbindlichen Beschluss einer Aufsichtsbehörde.

(2) Jede betroffene Person hat unbeschadet eines anderweitigen verwaltungsrechtlichen oder außergerichtlichen Rechtbehelfs das Recht auf einen wirksamen gerichtlichen Rechtsbehelf, wenn die nach den Artikeln 55 und 56 zuständige Aufsichtsbehörde sich nicht mit einer Beschwerde befasst oder die betroffene Person nicht innerhalb von drei Monaten über den Stand oder das Ergebnis der gemäß Artikel 77 erhobenen Beschwerde in Kenntnis gesetzt hat.

(3) Für Verfahren gegen eine Aufsichtsbehörde sind die Gerichte des Mitgliedstaats zuständig, in dem die Aufsichtsbehörde ihren Sitz hat.

(4) Kommt es zu einem Verfahren gegen den Beschluss einer Aufsichtsbehörde, dem eine Stellungnahme oder ein Beschluss des Ausschusses im Rahmen des Kohärenzverfahrens vorangegangen ist, so leitet die Aufsichtsbehörde diese Stellungnahme oder diesen Beschluss dem Gericht zu.

3.2.2. Auf den konkreten Fall umgelegt bedeutet dies Folgendes:

Zur Unterrichtungspflicht:

Gemäß Art. 77 Abs. 1 DSGVO hat jede betroffene Person das Recht auf Beschwerde bei einer Aufsichtsbehörde, wenn die betroffene Person der Ansicht ist, dass die Verarbeitung der sie betreffenden personenbezogenen Daten gegen diese Verordnung verstößt. Die Aufsichtsbehörde, bei der die Beschwerde eingereicht wurde, unterrichtet den Beschwerdeführer über den Stand und die Ergebnisse der Beschwerde einschließlich der Möglichkeit eines gerichtlichen Rechtsbehelfs nach Artikel 78 (Abs. 2). Ein Zwischenstand muss immer dann kommuniziert werden, wenn weitere Untersuchungen oder die Abstimmung mit einer anderen Aufsichtsbehörde erforderlich sind (Simitis/Hornung/Spiecker, Datenschutzrecht, Art. 77 Rz 17). Nach Art. 78 DSGVO hat jede betroffene Person das Recht auf einen wirksamen gerichtlichen Rechtsbehelf, wenn die Aufsichtsbehörde die betroffene Person nicht innerhalb von drei Monaten über den Stand oder das Ergebnis der gemäß Art. 77 erhobenen Beschwerde in Kenntnis gesetzt hat.

Gemäß § 24 Abs. 7 DSG hat die belangte Behörde den Beschwerdeführer innerhalb von drei Monaten ab Einbringung der Beschwerde über den Stand und das Ergebnis der Ermittlung zu unterrichten. Nach § 27 Abs. 1 DSG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Senat über Beschwerden gegen Bescheide wegen der Verletzung der Unterrichtungspflicht gemäß § 24 Abs. 7 und der Entscheidungspflicht der Datenschutzbehörde.

Der Beschwerdeführer erhob am 28.08.2019 die gegenständliche Beschwerde wegen Verletzung der Unterrichtungspflicht und beantragte, das Bundesverwaltungsgericht möge der Beschwerde "Folge geben und der belangten Behörde auftragen, ihn binnen kurzer, einen Monat nicht übersteigender Frist, über den Stand des Verfahrens und das Ergebnis der Ermittlung zu unterrichten [...]"

Wie unter Punkt I. 7. ausgeführt wurde, informierte die belangte Behörde mit Schreiben vom 13.09.2019 den Beschwerdeführer darüber, dass seine Beschwerde vom 23.10.2018 der mitbeteiligten Partei zur Stellungnahme übermittelt worden sei und diese in der Folge am 19.06.2019 eine Stellungnahme übermittelt habe. Weiters wurde von der belangten Behörde angegeben, dass dieses Schreiben gleichzeitig als Mitteilung gemäß § 24 Abs. 7 DSG über den Stand des Verfahrens und das Ergebnis der Ermittlung diene.

Der Verwaltungsgerichthof judiziert in ständiger Rechtsprechung, dass für das Verfahren vor den Verwaltungsgerichten die Beschwer, d.

h. ein konkretes Rechtsschutzbedürfnis als weitere Prozessvoraussetzung erforderlich ist (Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungs-verfahrensrecht11, Rz 700).

Festzuhalten ist daher, dass der Beschwerdeführer von der belangten Behörde über den Stand des Verfahrens und das Ergebnis der Ermittlung unterrichtet worden ist, die versäumte Handlung von der belangten Behörde somit nachgeholt und die Beschwer des Beschwerdeführers damit weggefallen ist.

Die Einschätzung des Beschwerdeführers, dass die Beschwer nach wie vor vorliege, wird vom Bundesverwaltungsgericht nicht geteilt, da im gegenständlichen Verfahren nur über die Verletzung der Unterrichtungspflicht zu entscheiden ist, nicht aber inhaltlich über das Löschungsbegehren des Beschwerdeführers im Ausgangsverfahren vor der belangten Behörde.

Eine Feststellung einer Verletzung der Unterrichtungspflicht in der Vergangenheit kommt nicht in Betracht, da Art. 78 Abs 2 DSGVO und § 24 Abs. 7 DSG iVm § 27 Abs. 1 DSG einen wirksamen gerichtlichen Rechtsbehelf nur für Fälle einer Säumnis der belangten Behörde vorsehen (vgl. Simitis/Hornung/Spiecker, Datenschutzrecht, Art. 78 Rz 14). Für einen Feststellungsanspruch bleibt demnach kein Raum und wurde überdies in der Beschwerde eine Feststellung einer Verletzung der Unterrichtungspflicht in der Vergangenheit auch nicht beantragt.

Daher ist das Verfahren infolge Nachholung der versäumten Mitteilung über den Verfahrensstand gemäß § 28 Abs 1 und § 31 Abs. 1 VwGVG einzustellen.

Zum Kostenersatz:

Nachdem das VwGVG für Beschwerden über die Verletzung der Unterrichtungspflicht keinen Kostenersatz vorsieht, sind gemäß § 17 VwGVG subsidiär die entsprechenden Regelungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG) anzuwenden.

Gemäß § 74 Abs. 1 AVG hat jeder Beteiligte die ihm im Verwaltungsverfahren erwachsenden Kosten selbst zu bestreiten. Dieser Grundsatz gilt für sämtliche Parteienkosten, also etwa Anwaltskosten, Kosten für Privatgutachten etc. (VwSlg. 16.636 A/2005 mwN). Nach Abs. 2 leg. cit. bestimmen die Verwaltungsvorschriften, inwieweit einem Beteiligten ein Kostenersatzanspruch gegen einen anderen Beteiligten zusteht.

Ein wie vom Beschwerdeführer beantragter Kostenersatz käme daher nur in Betracht, wenn hierfür eine Rechtsgrundlage bestünde und die sachliche Zuständigkeit des erkennenden Gerichts darüber vorliegen würde, über einen solchen Antrag abzusprechen (Art. 18 Abs. 1 B-VG).

Gegenständlich besteht weder im VwGVG, noch im subsidiär anzuwendenden AVG eine Rechtsgrundlage für einen Kostenersatz im Verfahren über eine solche Beschwerde, da § 35 VwGVG einen Kostenersatzanspruch lediglich über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt iSd. Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG vorsieht.

Mangels materienspezifischer Sonderregelung im DSG oder der DSGVO ergibt sich auch aus § 74 Abs. 2 AVG kein Kostenersatzanspruch.

Der Antrag auf Kostenersatz war daher mangels Rechtsgrundlage als unzulässig zurückzuweisen.

Zur Entscheidungspflicht:

Gemäß § 16 Abs. 1 VwGVG kann im Verfahren über Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG die Behörde innerhalb einer Frist von bis zu drei Monaten den Bescheid erlassen. Wird der Bescheid erlassen oder wurde er vor Einleitung des Verfahrens erlassen, ist das Verfahren einzustellen. Wie unter Punkt I 7. ausgeführt, hat die belangte Behörde im Zuge der Beschwerdevorlage hinsichtlich der Verletzung der Unterrichtungspflicht an das Bundesverwaltungsgericht mit Schreiben vom 17.09.2019 angekündigt, hinsichtlich der Verletzung der Entscheidungspflicht von § 16 Abs. 1 VwGVG Gebrauch zu machen und den Bescheid nachzuholen. Die belangte Behörde hat die Beschwerde nur hinsichtlich der Verletzung der Unterrichtungspflicht dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt, für die Entscheidung über die Beschwerde hinsichtlich der Verletzung der Entscheidungspflicht blieb sie weiterhin zuständig (vgl. Fister in Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren2 § 16 VwGVG Rz 1ff [Stand 1.10.2018, rdb.at]). Die Beschwerde hinsichtlich der Verletzung der Entscheidungspflicht wurde vom Beschwerdeführer am 28.08.2019 bei der belangten Behörde eingebracht. Die belangte Behörde hat die Erlassung des Bescheides am 21.11.2019, sohin innerhalb der Frist von drei Monaten, nachgeholt. Das Verfahren bezüglich Verletzung der Entscheidungspflicht wurde von der belangten Behörde daher folgerichtig eingestellt (§ 16 Abs. 1 Satz 2 VwGVG).

3.3. Zu Spruchteil B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die gegenständliche Rechtsprechung steht im Einklang mit der Rechtsprechung der Höchstgerichte. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

3.4. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Kostenersatz, mangelnde Beschwer, Mitteilung, Nachholung,
Verfahrenseinstellung, Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W214.2223693.1.00

Zuletzt aktualisiert am

28.05.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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