Entscheidungsdatum
20.12.2019Norm
B-VG Art. 133 Abs4Spruch
W101 2133839-1/8E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Christine AMANN über den Antrag der Präsidentin des Handelsgerichtes Wien auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung einer Revision gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 02.10.2019, Zl. W101 2133839-1/2E, beschlossen:
A)
Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird gemäß § 46 VwGG abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 02.10.2019, Zl. W101 2133839-1/2E, wurde der Beschwerde der XXXX gegen den Bescheid der Präsidentin des Handelsgerichtes Wien vom 13.07.2016, Zl. Jv 3023/16a-33, betreffend Gerichtsgebühren gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG Folge gegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben. Die Revision wurde gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für zulässig erklärt.
2. Der Präsidentin des Handelsgerichtes Wien wurde dieses Erkenntnis rechtswirksam mit 07.10.2019 zugestellt.
3. Am 20.11.2019 langte beim Bundesverwaltungsgericht die ordentliche Revision der Präsidentin des Handelsgerichtes Wien ein. Ein Poststempel mit Aufgabetag war auf dem beiliegenden RSb-Kuvert nicht ersichtlich. Im Revisionsschriftsatz wurde als Zustelldatum des angefochtenen Erkenntnisses der 10.10.2019 angeben.
4. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 25.11.2019 wurde die Revisionswerberin bzw. Antragstellerin zur Stellungnahme zum Vorhalt der Verspätung aufgefordert.
5. Am 10.12.2019 langte die Stellungnahme der Präsidentin des Handelsgerichtes Wien ein, wobei sie folgendes anführte: Es gebe keinen Nachweis, wann die Revision zur Post gegeben worden sei. Zum Ablauf wurde angegeben, dass die Revision vom 08.11.2019 (Freitag) vom Präsidium am 12.11.2019 (Dienstag) abgefertigt und der RSb-Brief in das Postfach im Präsidium gelegt worden sei. Spätestens am folgenden Tag sei diese Postsendung von einem Mitarbeiter des HG Wien aus der Poststelle geholt und in die Zustellabteilung gebracht worden. RSb-Briefsendungen werden vom eigenen Paketwagen täglich geholt und in das zuständige Postamt (hier: Erdberger Lände) gebracht. Erst am 20.11.2019 sei die Revision beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt. Allerdings sei von der Post auf dem Kuvert der RSb-Postsendung kein Poststempel angebracht worden. Das Postaufgabedatum könne auch nicht durch interne Verzeichnisse nachgewiesen werden, da Rückscheinbriefe weder in einem Postaufgabebuch ausgetragen noch bei der Post eingetragen werden. Rückscheinbriefe haben auch keine Nummer wie eingeschriebene Sendungen. Es gebe auch keinen sogenannten Abrechnungsbon, aus dem der Rückscheinbrief ersichtlich wäre. Es sei unerklärlich, warum das Schriftstück mehrere Tage (bis zum 20.11.2019) benötigte, um in das Bundesverwaltungsgericht, das im selben Wiener Gemeindebezirk situiert sei wie das Handelsgericht Wien, zu gelangen.
6. Zur Stellungnahme vom 10.12.2019 wurde ein Aktenvermerk einer Mitarbeiterin des Handelsgerichts Wien vom 04.12.2019 beigelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Festgestellt wird, dass das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 02.10.2019, Zl. W101 2133839-1/2E, der Antragstellerin rechtswirksam mit 07.10.2019 zugestellt wurde. Die sechswöchige Revisionsfrist begann ab diesem Zeitpunkt zu laufen und endete mit Ablauf des 18.11.2019.
Weiters steht fest, dass mit Eingabe vom 10.12.2019 die Antragstellerin den gegenständlichen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand stellte, der sich gegen die Versäumung der Revisionsfrist wendet; gleichzeitig erhob die Antragstellerin ordentliche Revision.
Die Revision wurde mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 17.12.2019, Zl. W101 2133839-1/7E, als verspätet zurückgewiesen.
Maßgebend ist, dass die Antragstellerin bei der Einbringung der fristgebundenen Revision ihre Sorgfaltspflicht verletzt hat.
2. Beweiswürdigung:
Die obigen Feststellungen ergeben sich aus dem Akt des Bundesverwaltungsgerichtes.
Unstrittig ist, dass die ordentliche Revision nach Ablauf der sechswöchigen Frist beim Bundesverwaltungsgericht einlangte.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
§ 46 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idF BGBl. I Nr. 33/2013, lautet:
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
§ 46. (1) Wenn eine Partei durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, so ist dieser Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
(2) Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Revisionsfrist und der Frist zur Stellung eines Vorlageantrages ist auch dann zu bewilligen, wenn die Frist versäumt wurde, weil das anzufechtende Erkenntnis, der anzufechtende Beschluss oder die anzufechtende Revisionsvorentscheidung fälschlich einen Rechtsbehelf eingeräumt und die Partei den Rechtsbehelf ergriffen hat oder keine Belehrung zur Erhebung einer Revision oder zur Stellung eines Vorlageantrages, keine Frist zur Erhebung einer Revision oder zur Stellung eines Vorlageantrages oder die Angabe enthält, dass kein Rechtsbehelf zulässig sei.
(3) Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist in den Fällen des Abs. 1 bis zur Vorlage der Revision beim Verwaltungsgericht, ab Vorlage der Revision beim Verwaltungsgerichtshof binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses zu stellen. In den Fällen des Abs. 2 ist der Antrag binnen zwei Wochen
1. nach Zustellung eines Bescheides oder einer gerichtlichen Entscheidung, der bzw. die den Rechtsbehelf als unzulässig zurückgewiesen hat, bzw.
2. nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit der Erhebung der Revision bzw. der Stellung eines Antrages auf Vorlage Kenntnis erlangt hat,
beim Verwaltungsgericht zu stellen. Die versäumte Handlung ist gleichzeitig nachzuholen.
(4) Bis zur Vorlage der Revision hat über den Antrag das Verwaltungsgericht zu entscheiden. Ab Vorlage der Revision hat über den Antrag der Verwaltungsgerichtshof in nichtöffentlicher Sitzung durch Beschluss zu entscheiden. Das Verwaltungsgericht oder der Verwaltungsgerichtshof können dem Antrag auf Wiedereinsetzung die aufschiebende Wirkung zuerkennen.
(5) Durch die Bewilligung der Wiedereinsetzung tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor dem Eintritt der Versäumung befunden hat.
(6) Gegen die Versäumung der Frist zur Stellung des Wiedereinsetzungsantrages findet keine Wiedereinsetzung statt.
Aus der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs ergibt sich Folgendes:
"Gerade in jenen Fällen, in denen besondere Umstände vorliegen, jedoch fristgebundene Schriftsätze dringend einzubringen sind, ist das Fehlen bzw. die Unzulänglichkeit eines - im Übrigen nicht einmal behaupteten - Kontrollsystems, insbesondere ob zur Postaufgabe vorgesehene Sendungen tatsächlich (bereits) zur Post gegeben und versendet wurden, nicht mehr als minderer Grad des Versehens zu werten (vgl. etwa VwGH vom 17. Juni 2015, Ra 2015/02/0092, oder vom 29. Mai 2015, Ra 2015/08/0013, mwN)."
Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sind aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes im vorliegenden Fall nicht gegeben.
Die Abfertigung von Poststücken stellt einen für einen geordneten Kanzleibetrieb elementaren Vorgang dar. Die Revisionswerberin verstößt gegen die ihr obliegende Sorgfaltspflicht, wenn sie weder im Allgemeinen noch im Besonderen (wirksame) Kontrollsysteme vorgesehen hat, die im Fall des Versagens einer Kanzleikraft Fristversäumungen auszuschließen geeignet sind bzw. geeignet sind - wie im vorliegenden Fall beim Fehlen des Postaufgabestempels - zu belegen, wann ein Poststück zur Post gegeben wurde. Aufgrund des fehlenden Kontrollsystem bzw. des Fehlens jeglicher Aufzeichnungen der zur Post gegebenen Sendungen kann im vorliegenden Fall vor dem Hintergrund der oben dargestellten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs von einem minderen Grad des Versehens nicht gesprochen werden.
Somit konnte im vorliegenden Wiedereinsetzungsantrag weder nachvollziehbar aufgezeigt werden, dass die Antragstellerin durch ein unabwendbares oder unvorhergesehenes Ereignis gehindert war, die gegenständliche Frist zur Einbringung einer Revision zu wahren, noch dass der Antragstellerin an der Versäumung der Revisionsfrist kein Verschulden oder lediglich ein minderer Grad des Versehens anzulasten ist.
Dem Antrag auf Wiedereinsetzung war daher gemäß § 46 VwGG keine Folge zu geben.
Zu B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930 idF BGBl. I Nr. 164/2013 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, da keiner der vorgenannten Fälle vorliegt. Auch sind keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage ersichtlich. Die vorliegende Entscheidung folgt der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.
Schlagworte
ordentliche Revision, Sorgfaltspflicht, WiedereinsetzungsantragEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W101.2133839.1.02Zuletzt aktualisiert am
28.05.2020