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65/01 Allgemeines Pensionsrecht;Norm
PG 1965 §19 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Riedinger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Julcher, über die Beschwerde der L in W, vertreten durch Dr. Franz Marschall, Rechtsanwalt in Wien I, Goldschmiedgasse 8, gegen den Bescheid des Bundesministers für Finanzen vom 3. August 1995, Zl. 55 5230/5-II/15/95, betreffend Versorgungsbezug für frühere Ehegattin, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 13.130,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin ist die frühere Ehefrau eines am 14. September 1992 verstorbenen Ministerialrates i.R.
Die Scheidung der am 27. Mai 1939 geschlossenen Ehe erfolgte über Klage der Beschwerdeführerin mit Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 25. Juni 1975 gemäß § 49 EheG aus dem Verschulden des Mannes. Mit gleichem Datum wurde ein Vergleich geschlossen, dessen Punkt 1 lautet:
"1) Der Beklagte verpflichtet sich, der Klägerin beginnend mit dem auf die Verkündung des Scheidungsurteiles folgenden Monatsersten, jeweils am 1. eines jeden Monates im vorhinein, einen monatlichen Unterhaltsbeitrag von 60 % brutto (pauschaliert mit 50 % netto) seines ruhegenußfähigen Monatsbezuges, bestehend aus dem Gehalt und den als ruhegenußfähig erklärten Zulagen, zu bezahlen.
Ab dem Zeitpunkt seines Ausscheidens aus dem Dienststand verpflichtet sich der Beklagte, der Klägerin ebenso 60 % seines Brutto-Ruhegenusses (pauschaliert mit 50 % netto) als Unterhaltsbeitrag zu bezahlen.
Der Unterhaltsbeitrag ist auch von allen neben dem Monatsbezug dem Beklagten gebührenden Sonderzahlungen zu leisten."
Mit Schreiben vom 17. September 1992 teilte die Beschwerdeführerin dem Bundesrechenamt das Ableben ihres früheren Ehegatten sowie die von ihm zuletzt erhaltenen Unterhaltszahlungen von S 17.589,20 monatlich mit und beantragte die Zuerkennung der entsprechenden "Witwenpension" ab 1. Oktober 1992.
Darüber entschied die Behörde erster Instanz mit Bescheid vom 4. Dezember 1992 wie folgt:
"Auf Ihren am 21.9.1992 beim Bundesrechenamt eingebrachten Antrag vom 17.9.1992 wird festgestellt, daß Ihnen als früherem Ehegatten nach dem am 14.9.1992 verstorbenen
Ministerialrat i.R. ... gemäß § 19 Abs. 1, 2 und 4 erster Satz
in Verbindung mit § 14 Abs. 1 des Pensionsgesetzes 1965 (PG 1965), BGBl. Nr. 340, vom 1. Oktober 1992 an ein Versorgungsbezug von monatlich brutto S 19.185,40 gebührt."
Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, auf Grund des am 25. Juni 1975 geschlossenen Vergleiches habe gegen den Verstorbenen an dessen Todestag ein Unterhaltsanspruch von 60 % des Brutto-Ruhegenusses (pauschaliert mit 50 % netto) bestanden. Da der "Klammer-Ausdruck" jedenfalls nicht negiert werden könne, sei der Versorgungsgenuß mit "50 % netto" zu berechnen. Unter "Netto" sei der "Nettobezug" zu verstehen. Im Falle der Berechnung eines monatlichen Unterhaltsbetrages von 60 % des Brutto-Ruhegenusses hätte der Beamte selbst weniger Netto-Einkommen zur Verfügung gehabt, als sein früherer Ehegatte, was nicht als Sinn der getroffenen Vereinbarung unterstellt werden dürfe, sondern allenfalls sogar den "guten Sitten" widersprechen würde. Es folgt dann ein Hinweis auf die vom verstorbenen Beamten hinterlassene Witwe und deren Witwenversorgungsgenuß sowie als Berechnungsgrundlage folgende Aufstellung:
"Nettoruhegenuß für September 1992: S 38.370,70
davon 50 v. H. ergibt: S 19.185,40"
In der dagegen erhobenen Berufung brachte die anwaltlich vertretene Beschwerdeführerin im wesentlichen vor, der Verstorbene hätte auf Grund des Unterhaltsvergleiches 60 % seines Brutto-Ruhebezuges zu leisten gehabt. Es sei ausdrücklich vereinbart worden, daß sie als Geschiedene soviel erhalten solle wie eine anspruchsberechtigte Witwe. Die getroffene vertragliche Regelung hätte lediglich die mit BGBl. Nr. 280/1978 einige Jahre später in Kraft getretene gesetzliche Regelung gleichsam vorweggenommen. Bei einer ab 1. Juli 1978 möglichen Ehescheidung mit Verschuldensausspruch nach § 61 Abs. 3 EheG hätte die Beschwerdeführerin, die im Zeitpunkt ihrer Scheidung bereits mehr als 40 Jahre alt gewesen sei, Anspruch auf eine gleichhohe Pension wie eine Witwe gehabt. Ausgehend vom Ruhebezug September 1992 hätte die Beschwerdeführerin 60 % des Brutto-Pensionsbezuges (samt ruhegenußfähiger Zulagen), also S 31.061,40, erhalten müssen. Da ihr nur S 19.185,40 zuerkannt worden seien, werde die Differenz von S 11.876,24 "Anfechtungsgegenstand der vorliegenden Berufung". Daß der Unterhaltsbeitrag von 60 % des Bruttobezuges jeweils mit 50 % netto pauschaliert gewesen sei, ändere nichts an der Unterhaltsvereinbarung. Diese pauschalierten 50 % netto wären aber weder vereinbart worden noch von 50 % des Bruttounterhaltsanspruches zu berechnen gewesen. Der Unterhaltsanspruch der Beschwerdeführerin hätte jeweils die Hälfte des Bruttobezuges inklusive ruhegenußfähiger Zulagen betragen. Daraus hätte sich ergeben:
- Die Beschwerdeführerin habe 60 % der letzten Bruttopension
samt Zulagen zu erhalten; in eventu:
- selbst wenn dies nicht zuträfe, habe sie nicht 50 % des
Netto-Ruhegenusses, sondern 50 % des Brutto-Ruhegenusses
für September 1992 zu erhalten.
Dies bedeute in Ziffern:
"Bruttopension IX/1992 S 51.769,40
davon 60 %, d.s. S 31.061,64
in eventu davon 50 %, d.s. S 25.884,70"
Die Beschwerdeführerin stellte dann in der Berufung den Antrag, den erstinstanzlichen Bescheid dahin abzuändern, daß die Höhe des ihr nach dem nach ihrem verstorbenen früheren Ehegatten ab 1. Oktober 1992 gebührenden Versorgungsbezuges mit monatlich brutto S 31.061,40, allenfalls mit monatlich brutto S 25.884,70, festgestellt werde.
Nach Einholung des Scheidungsaktes mit Beilagen und Einräumung des Parteiengehörs erging der angefochtene Bescheid mit folgendem Spruch:
"Ihrer Berufung vom 23. Dezember 1992 gegen den Bescheid des Bundesrechenamtes vom 4. Dezember 1992, GZ. ..., betreffend Versorgungsbezug der früheren Ehefrau nach § 19 des Pensionsgesetzes 1965 (PG 1965), BGBl. Nr. 240, wird nicht stattgegeben. In Abänderung des angefochtenen Bescheides nach § 66 Abs. 4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG 1991), BGBl. Nr. 51, wird festgestellt, daß Ihnen als früherem Ehegatten nach dem am 14. September 1992 verstorbenen
Ministerialrat i.R. ... gemäß § 19 Abs. 1, 2 und 4 erster Satz
in Verbindung mit § 14 Abs. 1 des Pensionsgesetzes 1965 (PG 1965), BGBl. Nr. 340, vom 1. Oktober 1992 an ein Versorgungsbezug von monatlich brutto 16 866,70 S gebührt."
In der Begründung dieses Bescheides wird nach zusammengefaßter Wiedergabe des Verfahrensablaufes und der Rechtslage im wesentlichen weiter ausgeführt, auf Grund des vor dem Landesgericht für ZRS Wien geschlossenen Vergleiches vom 25. Juni 1975 sei der Verstorbene zur Unterhaltsleistung an die Beschwerdeführerin verpflichtet gewesen. Im Punkt 1) dieses Vergleiches habe er sich verpflichtet, der Beschwerdeführerin jeweils am Ersten eines jeden Monates im vorhinein einen monatlichen Unterhaltsbeitrag von 60 % brutto (pauschaliert mit 50 % netto) seines ruhegenußfähigen Monatsbezuges, bestehend aus dem Gehalt und den ruhegenußfähig erklärten Zulagen und ab dem Zeitpunkt seines Ausscheidens aus dem Dienststand ebenso 60 % seines Brutto-Ruhegenusses (pauschaliert mit 50 % netto) als Unterhaltsbeitrag zu bezahlen. Für die Bemessung des Versorgungsgenusses sei die Regelung maßgebend, die für die Zeit nach dem Ausscheiden aus dem Dienststand getroffen worden sei. Allerdings sei die Formulierung hinsichtlich des Prozentsatzes bzw. ob vom Brutto- oder Nettoruhegenuß auszugehen sei, etwas unübersichtlich. Das Bundesrechenamt - und die belangte Behörde schließe sich dieser Meinung an - gehe davon aus, daß der Klammerausdruck "pauschaliert mit 50 % netto" nicht negiert werden dürfe; diese Formulierung sei so zu verstehen, daß damit 50 % des Netto-Ruhegenusses gemeint seien. Eine bindende Auskunft des Landesgerichtes für ZRS Wien darüber, wie dieser strittige Passus zu verstehen sei, habe nicht erlangt werden können, weil der zum Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses zuständige Richter nicht mehr habe befragt werden können. Allerdings habe die nunmehr für die Abt. 20 des Landesgerichtes zuständige Richterin gemeint, daß die Aktenlage für die vom Bundesrechenamt vertretene Auslegung des Vergleiches spreche.
Aus dem eingeholten Gerichtsakt habe sich diesbezüglich folgendes ergeben:
Zwecks Durchführung einer Gebührenberechnung zu Punkt 1) des Vergleiches sei seinerzeit vom damaligen Zentralbesoldungsamt eine Gehaltsaufstellung eingeholt worden. Daraus sei ersichtlich, daß als Bemessungsgrundlage für die Berechnung der Kosten 50 % des Netto-Monatsbezuges herangezogen worden seien. Da beide Absätze des Punktes 1) des Unterhaltsvergleiches hinsichtlich der Formulierung des Prozentausmaßes praktisch gleichlautend seien, sei dies selbstverständlich auch für die Unterhaltsverpflichtung des Beamten nach seinem Ausscheiden aus dem Dienststand heranzuziehen. Abgesehen davon entspreche eine Unterhaltsverpflichtung in Höhe von "50 % des Netto-Bezuges (Brutto-Ruhegenusses)" (richtig wohl: Netto-Ruhegenusses) viel eher der Realität, als eine Unterhaltsverpflichtung im Ausmaß von 60 % des Brutto-Bezuges (Brutto-Ruhegenusses). Folge man nämlich der Auslegung der Beschwerdeführerin, hätte sich in der Praxis z.B. im Jahr 1977 folgendes ergeben:
Bei einem Brutto-Monatsbezug von S 27.931,50 hätten 60 % S 16.758,90 betragen. Der Netto-Monatsbezug habe aber nur S 17.136,90 betragen, sodaß dem Beamten selbst lediglich S 378,10 verblieben wären.
Auf den Zeitpunkt des Todes des Beamten bezogen würde diese Berechnung folgendermaßen aussehen:
"Brutto-Ruhebezug: S 54.961,70
hievon 60 % betragen S 32.977,--
Nettobezug: S 38.370,70"
Das bedeute, dem Beamten selbst wären S 5.393,70 verblieben.
Diese beiden Beispiele zeigten deutlich, daß die von der Beschwerdeführerin vertretene Ansicht unrealistisch sei. Es sei auch unvorstellbar, daß der Richter einen solchen Unterhaltsvergleich, der - wie das Bundesrechenamt ausgeführt habe - eigentlich den guten Sitten widersprechen würde, zugelassen hätte, zumal dem Beamten nicht einmal jener Betrag zur Verfügung gestanden wäre, der für die Bestreitung des notdürftigen Lebensunterhaltes erforderlich sei. Dieser Betrag sei für 1992 mit S 7.000,-- festgesetzt und hätte sich für eine Gattin um S 2.967,-- erhöht. Wenn man allerdings den Wortlaut des Vergleiches im Lichte der Ausführungen der Berufungsschrift betrachte, nämlich, daß die Beschwerdeführerin nur unter der Voraussetzung mit der Scheidung einverstanden gewesen sei, daß die Unterhaltsleistung des geschiedenen Ehemannes für sie, als dann geschiedene Ehegattin, jeweils so hoch zu sein hätte, daß sie im Falle seines Ablebens den gleichen Versorgungsgenuß hätte erhalten sollen wie eine anspruchsberechtigte Witwe (damals und derzeit 60 % des Ruhebezuges), dann würden die beiden verschiedenen Prozentsatzregelungen verständlich. Noch dazu, wenn die von der Beschwerdeführerin vorgelegten Zahlungsabschnitte über die vom Verstorbenen geleisteten Unterhaltszahlungen in die Betrachtung miteinbezogen würden. Nach diesen Zahlungsabschnitten habe nämlich der geschiedene Ehegatte rund 50 % seines Netto-Ruhebezuges geleistet. Wenngleich es für die Bemessung des Versorgungsbezuges unerheblich sei, ob überhaupt und wenn, wieviel der Verstorbene tatsächlich Unterhalt geleistet habe, so sei bei Beachtung aller für die Klärung des maßgeblichen Sachverhaltes vorhandenen Unterlagen folgender Schluß zu ziehen:
Der Verstorbene habe sich in dem vorgelegten Vergleich offensichtlich verpflichtet, der Beschwerdeführerin, solange er lebe, einen Unterhaltsbeitrag im Ausmaß von 50 % seines Netto-Monatsbezuges (Netto-Ruhegenusses) zu leisten. Allerdings hätte die Beschwerdeführerin nach seinem Ableben - gleichgültig ob dies im Aktiv- oder Ruhestand erfolgt wäre - Anspruch auf einen Versorgungsgenuß in Höhe des Witwenversorgungsgenusses haben sollen; daher sei die Formulierung "60 % seines Brutto-Monatsbezuges bzw. Brutto-Ruhegenusses" gewählt worden. Eine Vereinbarung aber über diese Höhe des Unterhaltsanspruches der früheren Ehefrau für die Zeit nach dem Tode des Beamten sei - abgesehen davon, daß man nicht einen Vergleich zulasten eines unbeteiligten Dritten schließen könne - für die Feststellung der Höhe des Versorgungsgenusses nach § 19 PG 1965 unerheblich.
Denn bei dem Versorgungsgenuß nach § 19 PG 1965 handle es sich nicht um eine Fortzahlung des Unterhaltes, auf den die frühere Ehefrau gegen den verstorbenen Beamten Anspruch gehabt habe. Bei Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen entstehe vielmehr ein Anspruch auf einen im Pensionsgesetz für die Bundesbeamten geregelten Versorgungsgenuß. Maßgeblich für die Höhe dieses Versorgungsgenusses sei nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes die Unterhaltsverpflichtung des Verstorbenen an seinem Sterbetag; dies stelle eine absolute Obergrenze dar. Der Sinn dieser in ihrem Zusammenhang zu sehenden Bestimmung liege darin, daß einer geschiedenen Ehefrau aus der Tatsache des Ablebens ihres geschiedenen Gatten kein finanzieller Vorteil erwachsen solle. Die Beschwerdeführerin selbst habe ja ausgeführt, daß kein Unterschied zwischen dem Unterhaltsanspruch gegenüber dem Verstorbenen vor und nach seinem Ausscheiden aus dem Dienststand bestehe.
Die von der Behörde vertretene Ansicht, daß 50 % des Netto-Ruhegenusses als Versorgungsgenuß gebührten, werde auch durch das Vorbringen in der Berufung untermauert, in dem die Beschwerdeführerin ausgeführt habe, daß die Formulierung "pauschaliert mit 50 %" richtig "pauschaliert mit 50 % netto" heißen müßte. Daher sei bei der Feststellung der Höhe des Versorgungsgenusses von 50 %, und zwar nach dem Wortlaut des Vergleiches des Netto-Ruhegenusses auszugehen, weil das Pensionsgesetz nämlich zwischen Ruhegenuß und Ruhebezug unterscheide. § 3 Abs. 2 PG 1965 bestimme, daß der Ruhegenuß und die nach diesem Bundesgesetz gebührenden Zulagen (wie z.B. Haushaltszulage, Hilflosenzulage) zusammen den Ruhebezug des Beamten bildeten. Auch die Nebengebührenzulage gelte nach § 4 Abs. 2 des Nebengebührenzulagengesetzes als Bestandteil des Ruhebezuges.
Der Netto-Ruhegenuß (ohne Sonderzahlung) habe für September 1992 S 33.733,40 betragen; 50 % hievon seien S 16.866,70.
Gegen diesen Bescheid wandte sich die Beschwerdeführerin vorerst an den Verfassungsgerichtshof, der aber die Behandlung der Beschwerde mit Beschluß vom 11. Juni 1996, B 2921/95-6, ablehnte und die auch bereits für das verwaltungsgerichtliche Verfahren ausgeführte Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof abtrat. In der Beschwerde für das verwaltungsgerichtliche Verfahren beantragte die Beschwerdeführerin kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes bzw. wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Im Vorverfahren legte die belangte Behörde die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, erstattete eine Gegenschrift und beantragte kostenpflichtige Abweisung.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 19 Abs. 1 des Pensionsgesetzes 1965, BGBl. Nr. 340, in der Fassung BGBl. Nr. 426/1985, gelten die Bestimmungen über den Versorgungsanspruch des überlebenden Ehegatten und über das Ausmaß der Versorgung des überlebenden Ehegatten - ausgenommen die Bestimmungen der §§ 21 Abs. 3 bis 6 und 24 -, soweit im folgenden nichts anderes bestimmt ist, sinngemäß für den früheren Ehegatten des verstorbenen Beamten, wenn dieser zur Zeit seines Todes auf Grund eines gerichtlichen Urteiles, eines gerichtlichen Vergleiches oder einer vor der Auflösung oder Nichtigerklärung der Ehe schriftlich eingegangenen Verpflichtung für den Lebensunterhalt seines früheren Ehegatten aufzukommen oder dazu beizutragen hatte.
Der Versorgungsgenuß gebührt nach Abs. 2 dem früheren Ehegatten nur auf Antrag. Er fällt, wenn der Antrag binnen drei Monaten nach dem Tod des Beamten gestellt wird, mit dem auf den Sterbetag folgenden Monatsersten an. In allen übrigen Fällen gebührt der Versorgungsgenuß von dem der Einbringung des Antrages folgenden Monatsersten an; wird der Antrag an einem Monatsersten gestellt, so gebührt der Versorgungsgenuß von diesem Tag an.
Der Versorgungsbezug darf nach Abs. 4 der genannten Bestimmung - ausgenommen die Ergänzungszulage und die Hilflosenzulage - die Unterhaltsleistung nicht übersteigen, auf die der frühere Ehegatte gegen den verstorbenen Beamten an dessen Sterbetag Anspruch gehabt hat. Dies gilt jedoch nicht, wenn
a)
das auf Scheidung lautende Urteil den Ausspruch nach § 61 Abs. 3 des Ehegesetzes enthält,
b)
die Ehe mindestens 15 Jahre gedauert und
c)
der frühere Ehegatte im Zeitpunkt des Eintrittes der Rechtskraft des Scheidungsurteiles das 40. Lebensjahr vollendet hat. Diese Voraussetzung entfällt, wenn
1.
der frühere Ehegatte seit dem Zeitpunkt des Eintrittes der Rechtskraft des Scheidungsurteiles erwerbsunfähig ist oder
2.
aus der geschiedenen Ehe ein Kind hervorgegangen oder durch diese Ehe ein Kind ...
Als inhaltliche Rechtswidrigkeit bringt die Beschwerde im wesentlichen vor, für die Höhe des Versorgungsbezuges der geschiedenen Ehegattin mache es keinen Unterschied, ob das auf Scheidung lautende Urteil den Ausspruch über das Verschulden nach den §§ 60 bzw. 49 EheG oder nach § 61 Abs. 3 EheG enthalte, wenn nur die anderen Voraussetzungen erfüllt seien.
Dem ist der klare Wortlaut der gesetzlichen Bestimmung des § 19 Abs. 4 lit. a sowie die Rechtsprechung des VfGHes (vgl. VfSlg. Nr. 11.997) und des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. Erkenntnis vom 16. Oktober 1989, Zl. 89/12/0141) entgegenzuhalten. Demnach ist ausgehend vom klaren und zu keinem Zweifel Anlaß gebenden Gesetzeswortlaut, der insbesondere auch eine Bedachtnahme auf eine etwa dem Sinn nach gleichartige Feststellung ausschließt, ein Ausspruch nach § 61 Abs. 3 EheG nur für nach dem 1. Juli 1978 ergangene Scheidungsurteile von Bedeutung. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin läßt sich aber auch aus verfassungsrechtlichen Erwägungen aus der erst nach Scheidung ihrer Ehe geänderten Rechtslage für ihren Fall nichts gewinnen. Nach der im Zeitpunkt der Ehescheidung der Beschwerdeführerin geltenden Rechtslage (§ 55 EheG alte Fassung) konnte nämlich der an der Zerrüttung schuldlose Ehegatte durch die ihm eingeräumte Möglichkeit, Widerspruch zu erheben, nach gefestigter Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes die Scheidung grundsätzlich verhindern und sich auf diese Weise den Unterhaltsanspruch bei aufrechter Ehe bzw. die daran anknüpfenden versorgungsrechtlichen Ansprüche sichern. Hatte der im Scheidungsverfahren beklagte Ehegatte hievon nicht Gebrauch gemacht, so traten bei Scheidung nach § 55 EheG alte Fassung die allgemein mit Scheidungen verbundenen unterhaltsrechtlichen Folgen ein, die von den Unterhaltsansprüchen bei aufrechter Ehe abwichen. Hingegen wurde nach § 55 Abs. 1 und 2 EheG (in der ab 1. Juli 1978 geltenden neuen Fassung) die Widerspruchsmöglichkeit des schuldlosen Ehegatten stark eingeschränkt, die Scheidung erleichtert und daher als Ausgleich die unterhaltsrechtlichen Maßnahmen nach § 61 Abs. 3 in Verbindung mit § 69 Abs. 2 EheG neue Fassung getroffen.
Der Versorgungsbezug der Beschwerdeführerin ist daher nicht kraft Gesetzes mit dem einer Witwe gleichgestellt; er darf vielmehr die Unterhaltsleistung nicht übersteigen, auf die der frühere Ehegatte gegen den verstorbenen Beamten an dessen Sterbetag Anspruch gehabt hat (§ 19 Abs. 4 erster Satz PG 1965). Eine Vereinbarung über die Höhe des Unterhaltsanspruches der früheren Ehefrau nur für die Zeit nach dem Tod des Beamten wäre sowohl als Vertrag zulasten eines Dritten (Bund) als auch im Hinblick auf die Regelung des § 19 PG 1965 unwirksam.
Maßgebend ist daher die Vergleichsvereinbarung, daß der Beklagte ab dem Zeitpunkt seines Ausscheidens aus dem Dienststand "ebenso 60 % seines Brutto-Ruhegenusses (pauschaliert mit 50 % netto) als Unterhaltsbeitrag zu bezahlen" hatte. Dieser Unterhaltsbeitrag war "auch von allen neben dem Monatsbezug dem Beklagten gebührenden Sonderzahlungen zu leisten".
Diese bereits zu Lebzeiten wirksam gewesene Vereinbarung ist zwar in sich widersprüchlich, weil betragsmäßig "60 % Brutto-Ruhegenuß" nicht zu einem mit dem Klammer-Ausdruck "pauschaliert mit 50 % netto" gleichen Ergebnis führen. Wenn aber die belangte Behörde ausgehend von den tatsächlich erbrachten Leistungen einen Rückschluß zieht und zur Stützung dieser Auslegung die Absurdität einer anderen Interpretation (- dem Beamten wäre ein geringerer Betrag verblieben, als der Mindestsatz für die Bestreitung des notdürftigen Lebensunterhaltes ausmacht -) aufzeigt, so ist diesen Überlegungen vom Verwaltungsgerichtshof dem Grunde nach durchaus zu folgen.
Berechtigung kommt der Beschwerde aber zu, wenn sie unter Bezug auf den Scheidungsvergleich aufzeigt, daß in dem als monatlichem Versorgungsbezug bescheidmäßig festgesetzten Betrag von S 16.866,70 entgegen der Unterhaltsvereinbarung die Sonderzahlungen nicht berücksichtigt worden sind. Darüberhinaus erweist sich der angefochtene Bescheid aber in der Frage der Höhe des Netto-Ruhegenusses, der von der belangten Behörde ohne jegliche nähere Darlegung - entgegen der Angabe im erstinstanzlichen Bescheid mit S 38.370,70 - mit S 33.733,40 beziffert wird, mit einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften behaftet, weil dieser Betrag begründungsmäßig darzustellen gewesen wäre und dadurch die Überprüfung der Richtigkeit in Frage gestellt ist. Vermutlich hat die Pensionsbehörde erster Instanz im erstinstanzlichen Bescheid mit "Nettoruhegenuß für September 1992: S 38.370,70" tatsächlich den Nettoruhebezug angegeben. Wie bereits vorher ausgeführt, teilt der Verwaltungsgerichtshof jedoch die Rechtsauffassung der belangten Behörde, daß nach dem Vergleich vom 25. Juni 1975 der Nettoruhegenuß maßgebend ist. Entgegen der Meinung der belangten Behörde sind aber bei der Berechnung die Sonderzahlungen in der Weise mitzuberücksichtigen, daß - ausgehend vom Todestag des verstorbenen Beamten - ein Zwölftel der Summe der dem Beamten im letzten Jahr gebührenden Nettoruhegenüsse als Basis für den mit 50 % festzustellenden Versorgungsbezug zu ermitteln sein wird.
Der angefochtene Bescheid war aus dem vorher genannten Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1996120256.X00Im RIS seit
12.06.2001Zuletzt aktualisiert am
15.04.2010