Entscheidungsdatum
13.01.2020Norm
AVG §76Spruch
W112 2205738-1/27E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin Mag. Elke DANNER als Einzelrichterin in der Beschwerdesache von XXXX , geb. XXXX , StA MAROKKO, vertreten durch die XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 26.08.2018, XXXX , und die Anhaltung in Schubhaft seit 26.08.2018 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung:
A) Gemäß § 76 Abs. 1 AVG iVm § 17 VwGVG wird dem Beschwerdeführer
der Ersatz der Barauslagen für den Dolmetscher XXXX für die Sprache ARABISCH in der Verhandlung am 19.09.2018 iHv € 156,50 auferlegt.
Der Beschwerdeführer hat den Betrag von € 156,50 auf das Konto des Bundesverwaltungsgerichts, IBAN: AT840100000005010167, BIC:
BUNDATWW, binnen vier Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses bei sonstiger Exekution zu überweisen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang und Sachverhalt:
1. Mit Schriftsatz vom 14.09.2018 erhob der Beschwerdeführer durch seinen Rechtsberater als gewillkürten Vertreter Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht gegen den Mandatsbescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: Bundesamt) vom 26.08.2018, mit dem gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung über ihn verhängt wurde, sowie die Anhaltung in Schubhaft seit 26.08.2018; der Beschwerdeführer beantragte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unter Einvernahme des Beschwerdeführers zur Klärung des maßgeblichen Sachverhalts, die Behebung des angefochtenen Bescheides und den Ausspruch, dass die Anordnung von Schubhaft und die bisherige Anhaltung in Schubhaft in rechtswidriger Weise erfolgt seien, den Ausspruch im Rahmen einer "Habeas Corpus Prüfung", dass die Voraussetzungen zur weiteren Anhaltung des Beschwerdeführers nicht vorliegen und den Ersatz der Aufwendungen des Beschwerdeführers gemäß der VwG-Aufwandersatzverordung sowie der Kommissionsgebühren und Barauslagen, für die der Beschwerdeführer aufzukommen habe.
Das Bundesamt legte den Verwaltungsakt vor und erstattete am 14.09.2018 eine Stellungnahme, in der es beantragte, das Bundesverwaltungsgericht möge die Beschwerde als unbegründet abweisen, aussprechen, dass die Voraussetzungen für eine weitere Anhaltung in Schubhaft vorliegen sowie den Beschwerdeführer zum Ersatz der Kosten iHv Schriftsatz- und Vorlageaufwand verpflichten.
Das Bundesverwaltungsgericht führte am 19.09.2018 von 12:00 Uhr bis 14:40 Uhr eine mündliche Verhandlung unter Beiziehung des im Spruch genannten Dolmetschers für die Sprache ARABISCH durch, da der Beschwerdeführer der deutschen Sprache nicht hinreichend mächtig war.
Mit dem am 19.09.2018 mündlich verkündeten Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG iVm § 76 Abs. 2 Z 1 FPG als unbegründet ab, stellte gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG fest, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorlagen, wies den Antrag des Beschwerdeführers auf Kostenersatz gemäß § 35 VwGVG ab und trug dem Beschwerdeführer gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG iVm VwG-Aufwandersatzverordnung, BGBl. II Nr. 517/2013, auf, dem Bund (Bundesminister für Inneres) Aufwendungen in Höhe von € 426,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Der Abspruch über den Barauslagenersatz wurde einer separaten Entscheidung vorbehalten.
Keine der Parteien stellte einen Antrag auf schriftliche Ausfertigung des am 19.09.2018 mündlich verkündeten Erkenntnisses. Das Bundesverwaltungsgericht fertigte das Erkenntnis am 18.03.2019 gekürzt aus.
2. Der Dolmetscher legte mit Schriftsatz vom 27.09.2018, der fristgerecht beim Bundesverwaltungsgericht einlangte, eine Kostennote iHv € € 156,50. Mit Schriftsatz vom 25.03.2019 räumte das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer Parteiengehör zur Kostennote des Dolmetschers ein. Der Beschwerdeführer erstattete am 02.04.2019 eine Stellungnahme, in der er ausführte, dass sich § 53 Abs. 1 Z 2 BFA-VG lediglich auf Verfahrenshandlungen nach dem 7. und 8. Hauptstück des FPG beziehe. Verfahrensgegenstand im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht sei aber die Entscheidung über die Beschwerde betreffend die Rechtmäßigkeit der Anhaltung in Schubhaft und das Vorliegen der Voraussetzungen der Fortsetzung der Haft. Das Bundesverwaltungsgericht setze sohin die Verfahrenshandlung gemäß § 22a BFA-VG. Verfahrenshandlungen nach dem 7. und 8. Hauptstück des FPG werden durch das Bundesverwaltungsgericht nicht gesetzt. In den Materialien zu § 53 Abs. 1 BFA-VG werde diesbezüglich festgehalten, dass diese Bestimmung lediglich auf das Verfahren nach dem 7. und 8. Hauptstück des FPG anzuwenden sei. Eine analoge Anwendung dieser Bestimmungen im Schubhaftverfahren scheide somit aus. Dieser Rechtsansicht habe sich der Verwaltungsgerichtshof in der Entscheidung VwGH 19.05.2015, 2014/21/0071, angeschlossen. Der Verwaltungsgerichtshof komme betreffend § 113 Abs. 1 FPG zum selben Schluss. Die Auferlegung der Dolmetschkosten komme daher auch nicht als Barauslage iSd§ 76 AVG in Betracht, da § 53 Abs. 1 BFA-VG und § 113 Abs. 1 FPG in dieser Hinsicht als speziellere Normen anzusehen seien, die Anwendbarkeit des AVG sei grundsätzlich nur subsidiär.
Mit Beschluss vom 04.09.2019 bestimmte das Bundesverwaltungsgericht die gebührenrechtlichen Ansprüche des Dolmetschers nachträglich gemäß § 17 VwGVG iVm §§ 53a Abs. 2, 53b AVG mit € 156,50. Das Bundesverwaltungsgericht wies die Dolmetschergebühr am 16.11.2018 an.
3. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem vorliegenden Gerichtsakt.
II. Erwägungen
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung, des Agrarverfahrensgesetzes und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Zu A) Barauslagenersatz
1. Gemäß § 17 VwGVG sind auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles (§§ 63-73) sinngemäß anzuwenden.
Dem steht das Vorbringen des Beschwerdeführers, es gebe speziellere Normen, die den nur subsidiär geltenden § 76 Abs. 1 AVG iVm § 17 VwGVG in seiner Anwendung verdrängen, nicht entgegen, weil er selbst - zutreffend - ausführt, dass die spezielleren Normen des § 53 BFA-VG und des § 113 Abs. 1 FPG im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht anwendbar sind und § 76 Abs. 1 AVG iVm § 17 VwGVG daher nicht verdrängen können.
2. Erwachsen der Behörde bei einer Amtshandlung Barauslagen, so hat dafür, sofern nach den Verwaltungsvorschriften nicht auch diese Auslagen von Amts wegen zu tragen sind, gemäß § 76 Abs. 1 AVG die Partei aufzukommen, die den verfahrenseinleitenden Antrag gestellt hat. Als Barauslagen gelten auch die Gebühren, die den Sachverständigen und Dolmetschern zustehen. Wurde jedoch die Amtshandlung durch das Verschulden eines anderen Beteiligten verursacht, so sind die Auslagen gemäß Abs. 2 von diesem zu tragen. Wurde die Amtshandlung von Amts wegen angeordnet, so belasten die Auslagen den Beteiligten dann, wenn sie durch sein Verschulden herbeigeführt worden sind. Treffen die Voraussetzungen der vorangehenden Absätze auf mehrere Beteiligte zu, so sind die Auslagen gemäß Abs. 3 auf die einzelnen Beteiligten angemessen zu verteilen. Ist eine Amtshandlung nicht ohne größere Barauslagen durchführbar, so kann die Partei, die den verfahrenseinleitenden Antrag gestellt hat, gemäß Abs. 4 zum Erlag eines entsprechenden Vorschusses verhalten werden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 24.06.2003, 2001/01/0260, bejaht, dass diese Vorschrift auch im Maßnahmebeschwerdeverfahren anwendbar ist und der "Antragsteller" die Barauslagen zu tragen hat.
Dem Bundesverwaltungsgericht sind durch die Durchführung der mündlichen Verhandlung über die Beschwerde Dolmetschergebühren erwachsen. Der Dolmetscher verzeichnete € 156,50 an Gebühren; die Gebührennote musste vom Bundesverwaltungsgericht nicht berichtigt werden. Somit sind dem Bundesverwaltungsgericht € 156,50 an Barauslagen entstanden, die vom Beschwerdeführer dem Bundesverwaltungsgericht gemäß § 76 Abs. 1 AVG iVm § 17 VwGVG zu erstatten sind.
Zu B) Zulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist zulässig, weil es an einer Rechtsprechung zur Auferlegung des Barauslagenersatzes im Schubhaftverfahren durch das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 76 Abs. 1 AVG iVm § 17 VwGVG fehlt; eine solche besteht nur im Hinblick auf § 53 Abs. 4 BFA-VG und § 113 Abs. 1 Z 4 FPG (s. VwGH 19.05.2015, Ro 2014/21/0071) bzw. auf das Bescheidbeschwerdeverfahren (VwGH 12.10.2015, Ro 2015/22/0022).
Schlagworte
Barauslagen, Dolmetschgebühren, Ersatz, mündliche Verhandlung,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W112.2205738.1.00Zuletzt aktualisiert am
28.05.2020