Entscheidungsdatum
14.10.2019Index
40/01 VerwaltungsverfahrenNorm
VStG §1 Abs2Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Richterin Dr. Zeller über die Beschwerde der Frau A. B., nunmehr vertreten durch Rechtsanwälte GmbH, gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt … vom 10.07.2018, Zahl: …, betreffend eine Verwaltungsübertretung nach dem LMSVG iVm der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 betreffend der LMIV,
zu Recht e r k a n n t:
I. Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde insoweit Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe von 420 Euro auf 300 Euro und die für den Fall der Uneinbringlichkeit festgesetzte Ersatzfreiheitsstrafe von 1 Tag und 6 Stunden auf 18 Stunden herabgesetzt wird. Im Übrigen wird das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses
a) die Wortfolge „Gemüsezellulose“ zu entfallen hat, ferner dass
b) anstelle der Wortfolge „von 16.01.2018 (Zeitpunkt der Lieferung) bis“ die Wortfolge „am“ zu stehen hat, ferner dass
c) vor der Wortfolge „in Verkehr gebracht“ die Wortfolge „durch Bereithalten zum Verkauf“ ergänzend einzufügen ist, ferner dass
d) die Wortfolge „z.B.“ vor „frisch“ durch die Wortfolge „nämlich“ zu ersetzen ist.
Dementsprechend wird der Beitrag zu den Kosten des Verfahrens bei der belangten Behörde gemäß § 64 Abs. 2 VStG mit 30 Euro festgesetzt, das sind 10% der verhängten Geldstrafe.
II. Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat die Beschwerdeführerin keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Das angefochtene Straferkenntnis wendet sich gegen die Beschwerdeführerin und beinhaltet folgenden Spruch:
„Sie haben als handelsrechtliche Geschäftsführerin und somit als gemäß § 9 Abs. 1 VStG 1991 zur Vertretung nach außen berufenes Organ der C. GmbH mit Sitz in Wien und Geschäftsanschrift in Wien, D.-straße zu verantworten, dass diese Gesellschaft, als Unternehmerin im Sinne des § 21 LMSVG, insofern den Vorschriften des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes zuwider gehandelt hat, als verpacktes Lebensmittel, nämlich
"F. kurkuma aktiv" (Proben-Nr. …),
das ohne weitere Verarbeitung für den Letztverbraucher bestimmt war, von 16.01.2018 (Zeitpunkt der Lieferung) bis 07.02.2018 (Zeitpunkt der Probenziehung in der weiteren Betriebstätte Wien, E.-Straße) in Verkehr gebracht wurde, welches insofern der Verordnung (EG) Nr. 1169/2011 widerspricht, als verpflichtende Informationen über Lebensmittel in keiner Weise durch andere Angaben oder Bildzeichen oder sonstiges eingefügtes Material verdeckt, undeutlich gemacht oder getrennt werden dürfen sowie der Blick nicht davon abgelenkt werden darf, diese verpflichtenden Angaben beim vorliegenden Produkt jedoch durch zahlreiche nicht verpflichtende Textierungen (z.B. frisch, Wholoistic, Alge cal, Gemüsezellulose) getrennt sind, weshalb die Kennzeichnung der Probe nicht den Anforderungen der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 (LMIV) entspricht.
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:
§ 90 Abs. 3 Z 2 des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz – LMSVG, BGBl. I Nr. 13/2006 i.d.g.F. in Verbindung mit Art. 13 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 9 Abs. 1 lit. b der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 betreffend die Information der Verbraucher über Lebensmittel - LMIV i.d.g.F., in Verbindung mit § 9 Abs. 1 VStG.
Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:
Geldstrafe von € 420,00, falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 1 Tag und 1 Stunde gemäß § 90 Abs. 3 zweiter Strafsatz LMSVG.
Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:
€ 42,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10% der Strafe.
Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher € 462,00.
Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen.
Sie haben zudem gemäß § 64 Abs. 3 VStG die im Zuge des Verwaltungsstrafverfahrens erwachsenen Barauslagen von € 320,00 (AGES - Institut für Lebensmittelsicherheit Wien) durch Überweisung der Kosten … zu ersetzen.
Die C. GmbH haftet für die mit diesem Bescheid über die zur Vertretung nach außen Berufene, Frau A. B. verhängte Geldstrafe von € 420,00 und die Verfahrenskosten in der Höhe von € 42,00 samt Barauslagen in der Höhe von € 320,00 sowie für sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen gemäß § 9 Abs.7 VStG zur ungeteilten Hand.“
In der fristgerecht dagegen erhobenen Beschwerde wird eingewendet, dass kein Verstoß gegen die VO 1169/2011/EG vorläge. Es bestünde keine Verantwortlichkeit der Beschwerdeführerin, sondern der Herstellerin, F. Ltd, unter deren Namen das Produkt vermarktet werde. Dies ergebe sich aus Art. 8 Abs. 1 der genannten Verordnung.
Ferner hätten die zuständigen Behörden in Großbritannien keine Einwände gegen die Kennzeichnung des Produkts gehabt. Art. 17 Abs. 2 der genannten Verordnung erlaube ausdrücklich die Verwendung der Bezeichnung des Lebensmittels, unter der das Erzeugnis im Herstellungsmitgliedstaat rechtmäßig hergestellt und vermarktet werde. Dies umfasse auch die originale, fremdsprachige Bezeichnung, als auch deren Übersetzung in die Sprache des Vermarktungsmitgliedstaates.
Es seien auch die Anforderungen des Art. 17 Abs. 1 der Verordnung erfüllt. Denn danach genüge es, wenn eine „beschreibende Bezeichnung“ verwendet werde, da keine gesetzlich vorgegebene Bezeichnung existiere.
Die beschreibende Bezeichnung sei in Art. 2 Absatz 2b definiert als eine Bezeichnung, die das Lebensmittel und erforderlichenfalls seine Verwendung beschreiben und hinreichend genau sei, um es den Verbrauchern zu ermöglichen, die tatsächliche Art des Lebensmittels zu erkennen, um es von Erzeugnissen zu unterscheiden, mit denen es verwechselt werden könnte.
Die Angaben „frisch, Wholistic, Alge cal., Gemüsecellulose“ seien solche beschreibenden Informationen, die es dem Verbraucher ermöglichten, die Zutaten gegenüber vergleichbaren Zutaten andere Anbieter besser abzugrenzen.
Es würden weitere, der Beschreibung des Lebensmittels nützliche Informationen dabei zugegeben, dies sei vom Spielraum des Art. 17 Abs. 1 der VO 1196/2011/EG gedeckt. Dementsprechend seien derartige beschreibende Bezeichnungen eine Pflichtangabe. Dies führe nicht dazu, dass Pflichtangaben im Sinne des Art. 13 Abs. 1 unzulässig getrennt würden.
Ferner lege keine Fahrlässigkeit vor. Es bestünde kein Verschulden.
Die Beschwerdeführerin habe darauf vertrauen können, dass die Kennzeichnung den Vorgaben der Behörden entspräche und die Verantwortung gemäß Art. 8 Abs. 1 der V. 1196/2011/EG bei der Herstellerin läge und Art. 17 Abs. 2. Übernahme der Bezeichnung aus anderen europäischen Mitgliedstaaten akzeptiere. Sollte dies nicht so gesehen werden, so läge ein Rechtsirrtum im Sinne des § 9 StGB vor.
II. Aus dem vorliegenden Akteninhalt geht folgender Sachverhalt hervor:
Aus dem Gutachten der AGES vom 23.4.2018 geht hervor wie in der Folge angelastet. Es findet sich darin auch eine Kopie der Verpackung des vorliegenden Lebensmittels.
Aus der Stellungnahme der Beschwerdeführerin vom 6.7.2018 geht dazu hervor, dass die C. GmbH ein österreichisches Tochterunternehmen der C. GmbH mit Sitz in Deutschland sei. Dieses Produkt werde von der C. GmbH nur gehandelt. Die Ware sei von der Zentrale aus Deutschland bezogen worden. Der Hersteller sei in Großbritannien, F. Ltd. diese sei informiert worden und um Stellungnahme ersucht worden.
Aus der beigelegten Stellungnahme des Anwaltes der Hersteller vom 3.7.2018 geht hervor, dass die zuständigen Behörden in Großbritannien keine Einwände gegen die Verkehrsfähigkeit des Produktes erhoben hätten. Es werde auf den Grundsatz des freien Warenverkehrs verwiesen.
Es läge ferner kein Verstoß gegen Art. 13 Abs. 1 der LMIV vor. Die Zutaten seien mit ihrer speziellen Bezeichnung zu bezeichnen. Ferner seien sie mit ihrer rechtlich vorgeschriebenen Bezeichnung zu bezeichnen oder verkehrsüblichen Bezeichnung. Diese Vorgaben würden hier erfüllt. Dem Verbraucher werde es ermöglicht, die Art des Lebensmittels zu erkennen. Ebenfalls werde anerkannt, dass ein bestimmtes Herstellungsverfahren zur Unterscheidbarkeit erforderlich sei. Ferner sei die Verwendung der Bezeichnung im Herstellermitgliedstaat rechtmäßig und damit auch im Vermarktungsmitgliedstaat rechtmäßig.
III. In der Sache fand vor dem Verwaltungsgericht Wien am 16. 9. 1019 eine öffentliche Verhandlung statt, zu welcher die Vertreterin der Beschwerdeführer sowie der amtliche Sachverständige Dr. G. teilnahmen und folgende Angaben machten:
„Die Vertreterin der Beschwerdeführerin gibt Folgendes zu Protokoll:
Die Beschwerdeführerin vertritt selbstständig seit 07.09.2011 für den österreichischen Bereich. Die C. GmbH, welche sie vertritt, ist eine 100% Tochter der C. GmbH mit Sitz in Deutschland.
Beide GmbHs sind Händler für das gegenständliche Produkt und allgemein auch. Hersteller des gegenständlichen Produkts ist F. Ltd. In Großbritannien.
Die Vertreter der Beschwerdeführerin legt vor die Beilage ./A und erläutert dies wie folgt mündlich:
1.) § 44a VStG ist verletzt: Die Tathandlung ist unklar, ebenso Tatort und Tatzeit. Ferner ist im Spruch nicht konkret umschrieben, was genau die Verletzung ist, „zahlreiche“ „z.B.“ und ferner steht auch nicht, wo auf der Verpackung diese Angaben gewesen wären (20.10.2017, GZ: Ra 2017/02/0078 u 17.09.2014 2011/17/0210 u. 18.10.2007 2005/09/0126).
2.) Ferner ist das Straferkenntnis begründungslos ergangen. Die rechtliche Beurteilung ist gegenständlich durch die AGES erfolgt.
3.) Ferner ist auch die Rechtsgrundlage der Bestrafung falsch, § 90 Abs 3 Z 2 verweist auf verschiedene Verordnungen, die auf Grund der LMSVG ergangen sind.
Ferner ist sie auf Grund des Art 8 LMIV nicht verantwortlich, dieser wendet sich nur an den Hersteller F. Ltd.
Wenn jetzt auf Art 8 Abs 3 LMIV verwiesen wird führe ich ergänzend aus:
Es gab keine konkreten Umstände, weswegen sie hätte annehmen können, dass die Anforderung nicht erfüllt ist. Sie hat keine Anhaltspunkte dafür gehabt, dass sie annehmen hätte können, dass die Bestimmungen der Verordnung nicht eingehalten werden. So auch die Ausführungen im Kommentar Zipfel/Rahtke, LebensmittelIR Rn 39.
Auf Nachfrage:
Weil auf der Verpackung keine Auffälligkeiten ersichtlich waren und das Zutatenverzeichnis alle Inhaltsstoffe bekanntgibt, deswegen hat sie keine Anhaltspunkte dafür gehabt.
4.) Ferner liegt keine Trennung im Sinne des Art 13 Abs 1 LMIV vor. Es handelt sich hier um die konkrete Bezeichnung der jeweiligen Zutat und nicht um eine Zusatzangabe. Insofern entspricht das Zutatenverzeichnis dann erst Art 18 Abs 2 LMIV, wonach die Zutaten mit ihrer speziellen Bezeichnung im Sinne des Art 18 Abs 2 zu bezeichnen sind.
Sollte es keine spezielle Bezeichnung im Sinne des Art 18 Abs 2 sein, verweise ich auf Art 17 Abs 1, wonach eine beschreibende Bezeichnung zulässig und vorgeschrieben ist. In diesem Fall handelt es sich dann um eine beschreibende Bezeichnung.
Der Amtssachverständige gibt folgende Stellungnahme ab:
Zu „frisch“:
Gefriertrocknung von Lebensmittel im Allgemeinen geschieht so, dass nach der Ernte diese so am schnellsten Weg derart behandelt werden, damit bleiben die meisten Stoffe des Lebensmittels erhalten. „Frisch“ selbst ist allgemein schwierig festzumachen, es erweckt immer eine gewisse Erwartungshaltung, dass eben frisch geerntet wurde und sofort gefriergetrocknet wurde. Dies ist jedoch der Standard.
In der Zutatenliste selbst sollte daher nur die Zutat selbst stehen. Eine Unterscheidung bei gefriergetrockneten Brennnesselblättern, welche sie als Zutat insofern voneinander unterscheiden würde, ob „frisch“ gefriergetrocknet oder nicht, gibt es nicht.
„Frisch“ ist unmittelbar nach der Ernte, jedoch ist nicht klar, was dies konkret bedeutet: Heißt es unmittelbar nach dem Abschneiden, nach dem Zupfen, etc. Es ist keine technologische Bezeichnung, sondern eine Beschreibung der Zutat und für die Zutat als solches nicht relevant. Eine derartige allgemeine Bezeichnung außerhalb der Zutatenliste wäre ok. Meines Erachtens würde auch „gefriergetrocknet“ nicht in die Zutatenliste selbst gehören.
Zu „Wholoistic“:
Auch diese Bezeichnung stellt keine Zutat dar, bzw. keinen Teil einer Zutat. Es handelt sich hier um eine Trademark Bezeichnung, es gibt offensichtlich eine eingetragene Marke dafür. Z.B. ist Wholoistic Extrakt aus der Ingwerwurzel etwa wie „Nike Turnschuh“.
Oder etwa wenn „Red Bull“ in der Zutatenliste ist, dann müssten die Zutaten dafür wiederum angegeben werden.
Es gibt jedenfalls bei Ingwerwurzelextrakten keine eigene Untergruppe betreffend eines Wholoistic-Extraktes, rein lebensmitteltechnologisch betrachtet.
Zu „Algae cal“:
Das kleine „R“ daneben deutet darauf hin, dass es sich um eine registered Trademark handelt. Es handelt sich um eine mir bekannte technologische Bezeichnung eines Lebensmittels. Es könnte sein, dass eine derartige Firma mit diesem Namen die Kalkalgen hergestellt hat.
Zu „Gemüsezellulose“:
Dies ist meines Erachtens nicht auffällig und ok.
Eine Verwechslungsgefahr sehe ich allgemein jetzt bei diesen Bezeichnungen nicht. Jedoch sind sie für eine Angabe einer Zutat nicht relevant. Es führt dort nur zu Verwirrung. Ich sehe, dass daneben auf der Verpackung ohnedies auch eine Beschreibung außerhalb der Zutatenliste enthalten ist.“
Mit Schreiben vom 20.9.2019 wurde mitgeteilt, dass das Produkt nach Angaben des Juristen der Herstellerfirma in Großbritannien mit einer englischsprachigen Kennzeichnung verkauft werde, welche im wesentlichen der deutschen Kennzeichnung entspräche. Diese sei bisher nicht beanstandet worden, es gebe keine schriftliche Entscheidung oder Stellungnahme dafür. Sowohl in deutschen also in Österreich werde das Produkt mit der deutschen Kennzeichnung verkauft. In Deutschland gebe es diesbezüglich keine Beanstandungen der Behörden. Es läge auch hier keine schriftlichen Bestätigungen vor.
IV. Das Verwaltungsgericht Wien hat erwogen:
Gemäß § 44a Z 1 VStG hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten.
Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass
1. die Zuordnung des Tatvorhaltes zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird, und
2. die Identität der Tat (z.B. nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht.
Die VO (EU) Nr. 1169/2011 lautet auszugsweise wie folgt:
„Erwägungsgrund 21: Betreffend der Haftung von Lebensmittelunternehmer für Informationen über Lebensmittel: damit es zu keiner Zersplitterung der Rechtsvorschriften kommt, sollten die Pflichten der Lebensmittelunternehmer auf diesem Gebiet geklärt werden. Diese Klarstellung sollte im Einklang mit den Zuständigkeiten im Hinblick auf die Verbraucher gemäß Art. 17 der Basisverordnung (EG 178/2002) erfolgen.“
Art. 1 Abs. 3: diese Verordnung gilt für Lebensmittelunternehmer auf allen Stufen der Lebensmittelkette, sofern deren Tätigkeiten die Bereitstellung von Informationen über Lebensmittel an die Verbraucher betreffen. Sie gilt für alle Lebensmittel, die für den Endverbraucher bestimmt sind, einschließlich Lebensmitteln die von Anbietern von Gemeinschaftsverpflegung abgegeben werden sowie für Lebensmittel, die für die Lieferungen Anbieter von Gemeinschaftsverpflegung bestimmt sind. …
Art. 1 Abs. 4: diese Verordnung gilt unbeschadet der in speziellen Rechtsvorschriften der Union für bestimmte Lebensmittel enthaltenen Kennzeichnungsvorschriften.
Art. 2
Begriffsbestimmungen
Abs. 1: für die Zwecke dieser Verordnung gelten folgende Begriffsbestimmungen:
a) die Begriffsbestimmungen für „Lebensmittel“, „Lebensmittelrecht“, „Lebensmittelunternehmen“, „Lebensmittelunternehmer“, „Einzelhandel“, „Inverkehrbringen“ und“ Endverbraucher“ in Art. 2 und Art. 3 Abs. 1, 2,3, 7,8 und 18 der Verordnung (EG) Nummer 1 78/2002
b) …
Abs. 2: ferner bezieht sich der Ausdruck
..
n) „rechtlich vorgeschriebenen Bezeichnung“ die Bezeichnung eines Lebensmittels, die durch die für dieses Lebensmittel geltenden Rechtsvorschriften der Union vorgeschrieben ist, oder, wenn es keine derartige Union Vorschriften gibt, die Bezeichnung, welche in den rechts-und Verwaltungsvorschriften des Mitgliedstaats vorgeschrieben ist, in dem das Lebensmittel an die Endverbraucher oder Anbieter von Gemeinschaftsverpflegung verkauft wird;
o) „verkehrsübliche Bezeichnung“ eine Bezeichnung, die das Lebensmittel und erforderlichenfalls seine Verwendung beschreibt und die hinreichend genau ist, um es den Verbrauchern zu ermöglichen, die tatsächliche Art des Lebensmittels zu erkennen und es von Erzeugnissen zu unterscheiden, mit denen es verwechselt werden könnte;
Artikel 9
Verzeichnis der verpflichtenden Angaben
(1) Nach Maßgabe der Artikel 10 bis 35 und vorbehaltlich der in diesem Kapitel vorgesehenen Ausnahmen sind folgende Angaben verpflichtend:
a)
die Bezeichnung des Lebensmittels;
b)
das Verzeichnis der Zutaten;
…
Artikel 13
Darstellungsform der verpflichtenden Angaben
(1) Unbeschadet der gemäß Artikel 44 Absatz 2 erlassenen einzelstaatlichen Vorschriften sind verpflichtende Informationen über Lebensmittel an einer gut sichtbaren Stelle deutlich, gut lesbar und gegebenenfalls dauerhaft anzubringen. Sie dürfen in keiner Weise durch andere Angaben oder Bildzeichen oder sonstiges eingefügtes Material verdeckt, undeutlich gemacht oder getrennt werden, und der Blick darf nicht davon abgelenkt werden.
….
Artikel 17
Bezeichnung des Lebensmittels
(1) Ein Lebensmittel wird mit seiner rechtlich vorgeschriebenen Bezeichnung bezeichnet. Fehlt eine solche, so wird das Lebensmittel mit seiner verkehrsüblichen Bezeichnung oder, falls es keine verkehrsübliche Bezeichnung gibt oder diese nicht verwendet wird, mit einer beschreibenden Bezeichnung bezeichnet.
Artikel 18
Zutatenverzeichnis
(1) Dem Zutatenverzeichnis ist eine Überschrift oder eine geeignete Bezeichnung voranzustellen, in der das Wort „Zutaten“ erscheint. Das Zutatenverzeichnis besteht aus einer Aufzählung sämtlicher Zutaten des Lebensmittels in absteigender Reihenfolge ihres Gewichtsanteils zum Zeitpunkt ihrer Verwendung bei der Herstellung des Lebensmittels.
(2) Die Zutaten werden mit ihrer speziellen Bezeichnung, gegebenenfalls nach Maßgabe der Bestimmungen in Artikel 17 und Anhang VI, bezeichnet.
….
Für die vorliegende Entscheidung wesentlich war die abweichende Beurteilung der Kette der Verantwortung nach Art 8 der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011, betreffend die Information der Verbraucher über Lebensmittel (LMIV), welcher lautet:
„(1) Verantwortlich für die Information über ein Lebensmittel ist der Lebensmittelunternehmer, unter dessen Namen oder Firma das Lebensmittel vermarktet wird, oder, wenn dieser Unternehmer nicht in der Union niedergelassen ist, der Importeur, der das Lebensmittel in die Union einführt.
(2) Der für die Information über das Lebensmittel verantwortliche Lebensmittelunternehmer gewährleistet gemäß dem anwendbaren Lebensmittelinformationsrecht und den Anforderungen der einschlägigen einzelstaatlichen Rechtsvorschriften das Vorhandensein und die Richtigkeit der Informationen über das Lebensmittel.
(3) Lebensmittelunternehmer, deren Tätigkeiten die Informationen über Lebensmittel nicht beeinflussen, dürfen keine Lebensmittel abgeben, von denen sie aufgrund der ihnen im Rahmen ihrer Berufstätigkeit vorliegenden Informationen wissen oder annehmen müssen, dass sie dem anwendbaren Lebensmittelinformationsrecht und den Anforderungen der einschlägigen einzelstaatlichen Rechtsvorschriften nicht entsprechen.
…
(5) Unbeschadet der Absätze 2 bis 4 stellen die Lebensmittelunternehmer in den ihrer Kontrolle unterstehenden Unternehmen die Einhaltung der für ihre Tätigkeiten relevanten Anforderungen des Lebensmittelinformationsrechts und der einschlägigen einzelstaatlichen Rechtsvorschriften sicher und prüfen die Einhaltung dieser Vorschriften nach.
…
b)
wenn vorverpackte Lebensmittel für die Abgabe an Anbieter von Gemeinschaftsverpflegung bestimmt sind, um dort zubereitet, verarbeitet, aufgeteilt oder geschnitten zu werden.
Ungeachtet des Unterabsatzes 1 stellen Lebensmittelunternehmer sicher, dass die in Artikel 9 Absatz 1 Buchstaben a, f, g und h genannten Angaben auch auf der Außenverpackung erscheinen, in der die vorverpackten Lebensmittel vermarktet werden.
…
VO (EG) 178/2002, „Basisverordnung“ sieht auszugsweise wie folgt vor:
Artikel 3
Sonstige Definitionen
Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck
…
2. "Lebensmittelunternehmen" alle Unternehmen, gleichgültig, ob sie auf Gewinnerzielung ausgerichtet sind oder nicht und ob sie öffentlich oder privat sind, die eine mit der Produktion, der Verarbeitung und dem Vertrieb von Lebensmitteln zusammenhängende Tätigkeit ausführen;
3. "Lebensmittelunternehmer" die natürlichen oder juristischen Personen, die dafür verantwortlich sind, dass die Anforderungen des Lebensmittelrechts in dem ihrer Kontrolle unterstehenden Lebensmittelunternehmen erfuellt werden;
…
Zur Anlastung im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses:
Im Spruch des Straferkenntnisses muss daher nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, dass a) der Beschuldigte in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren (Wiederaufnahmeverfahren) auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und b) der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten (Bestraften) rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu worden. Dass Angaben im Spruch dahingehend nötig wären, wo sich die fraglichen Kennzeichnungen befunden hätten, ergibt sich aus der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht, sodass keine diesbezügliche Präzisierung im Spruch durchzuführen war. Im übrigen wurde das Gutachten der AGES, wo auch eine Kopie der gesamten Verpackung enthalte ist, innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist zur Kenntnis gebracht (vgl. zuletzt dazu auch Ra 2019/03/0068). Wie die von der Beschwerdeführerin verwiesene Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zeigt, dient die korrekte Anlastung dazu, dass der Beschuldigte sich auch im Verfahren wehren kann. Die „konkrete Tathandlung“ und die „konkrete Rechtsvorschrift“, deren Übertretung vorgeworfen wird, sind ausreichend im Spruch determiniert.
Da das gegenständliche Produkt in einer Filiale der C. GmbH zum Verkauf angeboten wurde, ist der Tatort ausreichend konkretisiert, Tatzeitpunkt war entsprechend spruchgemäß richtig zu stellen. Weitere Spruchpräzisierungen waren für eine korrekte Anlastung im Sinne des § 44a VStG durchzuführen. Das Gutachten der AGES wurde ihr zur Kenntnis gebracht, es handelt sich hier auch nur um Präzisierungen und keine relevanten Änderungen des Vorwurfs.
In der Sache selbst:
Strittig war, ob die Bestimmung des Art. 9 in Verbindung mit Art. 13 der VO (EU) 1169/2011 verletzt wurde. Konkret ist strittig, ob „frisch“ bei der Zutat „frisch gefriergetrocknete Brennesselblätter“, ferner ob „Wholistic“ bei der Zutat „Wholistic ™-Extrakt aus der Kurkuma-Wurzel“ und ferner, ob „(Algae cal)“ Teil der verpflichtenden (bzw. gesetzlich vorgesehenen) Zutatenangabe sind.
Aus dem vorliegenden schriftlichen Gutachten der AGES ergibt sich, dass es sich bei diesen genannten Angaben um keine verpflichtende Textierung handelt und vielmehr dadurch die verpflichtenden Angaben voneinander getrennt werden. Diese nicht verpflichtenden Angaben seien aus dem Verzeichnis der Zutaten zu entfernen.
Die Beschwerdeführerin wendet ein, dass es sich hierbei um eine korrekte und konkrete Bezeichnung der jeweiligen Zutat handle und es keine Zusatzangabe sei. Es handle sich um eine spezielle Bezeichnung der Zutat. Wenn es keine spezielle Bezeichnung der Zutat wäre, so sei es eine beschreibende Bezeichnung.
Aus den Ausführungen des amtlichen Sachverständigen in der durchgeführten mündlichen Verhandlung ergibt sich schlüssig und nachvollziehbar, dass die Anlastung betreffend „Gemüsecellulose“ nicht länger aufrechtzuerhalten ist. Demzufolge war spruchgemäß vorzugehen und handelt es sich hier um eine korrekte Zutatenangabe.
Zu den anderen Bezeichnungen hat der Sachverständige jeweils schlüssig und nachvollziehbar angeführt, dass sie keine Zutat, keine Zutatenbezeichnung oder keinen Teil einer Zutat darstellen. Ein etwaiger beschreibender Sinn, welcher für eine Zutatenbezeichnung notwendig erscheint, ergibt sich aus diesen (verbleibenden) 3 Anführungen (nämlich „frisch“, „Wholistic™“ und „(algae cal®“)) daher nicht. Es ist auf Grundlage des mündlich erstatteten Gutachtens auch nicht zu erkennen, dass es sich hierbei um spezielle Bezeichnungen einer Zutat selbst handeln könnte. Der Sachverständige hat vielmehr klar dargelegt, dass „frisch“ in Kombination mit der Zutat „gefriergetrocknete Brennesselblätter“ keine klare Aussage oder Bedeutung beinhaltet. Ferner ist naheliegend, dass „Wholistic™“ eine Art Markenbezeichnung eines Stoffes ist, welcher in einer Zutatenliste keine relevante Bedeutung oder Aussagekraft hat. Gleiches gilt für den Beisatz nach der Zutat „Kalkalgen“, nämlich ergänzend „(Algae cal®)“.
Aus den Ausführungen des amtlichen Sachverständigen, welche seitens der Beschwerdeführer Vertreterin auch unbestritten blieben, ergibt sich damit klar, dass es sich bei diesen drei Bezeichnungen (Ausführungen) innerhalb der Zutatenliste nicht um Angaben handelt, welche für die Angabe einer Zutat als deren spezielle Bezeichnung oder im Anhang VI als gesonderte Bezeichnung vorgesehen oder notwendig wären.
Gemäß Art. 9 Abs. 1 lit. b der Verordnung (EU) 1169/2011 ist das Verzeichnis der Zutaten eine verpflichtende Angabe; die Angabe der Zutaten war schon ein nach der Etikettierungsrichtlinie obligates Kennzeichnungselemente. Verpflichtende Angaben (=Informationen) über Lebensmittel dürfen nicht durch andere Angaben getrennt werden (gemäß Art. 13 Abs. 1 der VO (EU) 1169/2011). Da auf Grundlage des schriftlichen und mündlichen Gutachtens nunmehr feststeht, dass die genannten 3 Angaben für die Beschreibung der jeweiligen Zutat nicht relevant waren, handelt es sich hierbei jeweils um eine „andere Angabe“ im Sinne Art. 13 Abs. 1 der Verordnung (EU) 1169/2011. Demzufolge wurden dadurch die Zutaten durch diese 3 Angaben voneinander getrennt und entspricht dies nicht der vorgegebenen Darstellungsform verpflichtende Angaben im Sinne des Art. 13 der Verordnung.
Der objektive Tatbestand ist daher betreffend der genannten 3 Angaben „frisch“, „Wholistic™“ und „(algae cal®)“ erwiesen.
Im Verfahren wurde ferner ausgeführt, dass die Behörden im Herstellermitgliedstaat keinerlei Beanstandungen betreffend der Kennzeichnung gemacht hätten. Warenverkehrsfreiheit, wie auch im Verfahren ausgeführt, würde nur bei einer unionsrechtswidrigen Einschränkung dieser Freiheit greifen. Gegenständlich liegt kein solcher Fall vor. Die konkrete Verpflichtung ergibt sich gleichgelagert und gleichermaßen im Unionsgebiet aufgrund einer allgemein geltenden, sekundärrechtlichen Norm. Dass diese Primärrecht widersprechen könnte, ist nicht erkennbar. Demzufolge wurde durch das Vorgehen der österreichischen Strafbehörden die unionsrechtliche Grundfreiheit weder eingeschränkt noch behindert.
Zur Verantwortlichkeit der Beschwerdeführerin selbst ist wie folgt auszuführen:
Art. 8 der Verordnung (EU) 1169/2011 regelt die Frage der Verantwortlichkeiten gesondert. Aus Art. 8 der genannten Verordnung ergibt sich keine klar dargelegte Haftungsregelung (vergleiche Kommentar LMR, Lebensmittelrecht, 3. Aufl., Blass u.a., Rn 3 zu Band 1A, Seite 92). Im Rahmen der Verantwortlichkeiten nach Art. 8 ist für die Bemessung der erforderlichen Sorgfalt eine differenzierte Betrachtungsweise geboten. Im Art. 8 der genannten Verordnung wird - im hier gegenständlichen Umfang - zwischen Lebensmittelunternehmer, unter dessen Namen oder Firma das Lebensmittel vermarktet wird und Lebensmittelunternehmer, deren Tätigkeiten die Informationen über Lebensmittel nicht beeinflussen unterschieden. Während damit den Hersteller eines Produkts eine umfassende Verantwortlichkeit trifft, wird in Art. 8 Abs. 3 der Verordnung die Verantwortlichkeit bei jenen Lebensmittelunternehmern, deren Tätigkeiten die Information über Lebensmittel nicht beeinflussen (Lebensmittelhändler) dahingehend eingeschränkt, dass eine Verantwortlichkeit konkret auf die Abgabe von Lebensmittel abstellt und ferner die Verantwortlichkeit auf jene Anforderungen beschränkt, welche im Rahmen der Berufstätigkeit die Lebensmittelunternehmer wissen oder annehmen können müssten.
Ungeachtet dieser Unterscheidung normiert Art. 8 Abs. 5 der genannten Verordnung darüber hinaus eine allgemeine Verantwortlichkeit für Lebensmittelunternehmer im Allgemeinen. Aufgrund dieser Bestimmung haben Lebensmittelunternehmer im Allgemeinen die für ihre Tätigkeiten relevanten Anforderungen des Lebensmittel Informationsrechts einzuhalten.
Es ist daher die Verantwortung auf dieser Stufe insofern eingeschränkt, als diese nur im Rahmen der für die Tätigkeit relevanten Bereiche besteht. Es besteht ein besonderer Sorgfaltsmaßstab, welche nicht unbeschränkt ist und auch keine Erfolgshaftung darstellt.
Die Beschwerdeführerin selbst ist vertretungsbefugtes Organ eines Lebensmittelhändlers. Es handelt sich hier um einen Einzelhändler, welcher das gegenständliche Produkt vom Großhändler (C. GmbH Deutschland) bezogen hat. Die Verantwortlichkeit eines Herstellers nach Art. 8 Abs. 1 Verordnung (EU) 1169/2011 trifft sie demnach nicht.
Im vorliegenden Fall stellt sich daher ferner die Frage der „Abgabe“ eines Lebensmittels (siehe Art. 8 Abs. 3 der Verordnung). Die Ware wurde zum Verkauf bereitgehalten. Es war unstrittig, dass es sich bei der Betriebsstätte um einen Supermarkt mit Selbstbedienungsregal gehandelt hat. Da eine „Abgabe“ eine körperliche Ausfolgung eines Produktes in seinem Bedeutungsgehalt beinhaltet (siehe dazu vergleichend die Judikatur zu AMG und PMG), stellt eine Bereithalten zum Verkauf selbst wohl keine unmittelbare „Abgabe“ dar, da auch die Gewahrsame durch das alleinige Bereithalten zum Verkauf auch noch nicht eingeräumt wurde.
Ungeachtet der Frage, ob Art. 8 Abs. 3 der VO (EU) 1169/2011 zur Anwendung kommt, ist jedoch eine Verantwortlichkeit im Sinne des Art. 8 Abs. 5 der Verordnung gegenwärtig gegeben:
Auf Grundlage des Art. 8 Abs. 5 der genannten Verordnung besteht eine Verantwortung im Umfang der für die Tätigkeit als Vertreterin eines Einzelhändlers relevanten Anforderungen.
Die Verordnung (EU) 1169/2011 orientiert sich beim Begriff des Lebensmittelunternehmers (und versteht diesen umfassend, also umfasst Produktion, Verarbeitung und Vertrieb von Lebensmitteln) und sonstigen Begrifflichkeiten an der Verordnung (EG) 178/2002. Daraus ergibt sich grundsätzlich eine Geltung der lebensmittelrechtlichen Vorschriften auf allen Stufen der Verarbeitung. Dies ist auch aus Art. 1 Abs. 3 der Verordnung (EU) 1169/2011 abzuleiten. Ferner ergibt sich aus Art. 17 Abs. 1 der Verordnung (EG) 178/2002, dass Lebensmittelunternehmer auf allen Produktions-, Verarbeitung-, und Vertriebsstufen in den ihrer Kontrolle unterstehenden Unternehmen dafür sorgen, dass die Lebensmittel den Anforderungen des Lebensmittelrechts entsprechen. Auf letztgenannten Art. 17 verweist auch Erwägungsgrund 21 der Verordnung (EU) 1169/2011.
Auf den konkreten Fall angewendet ist daher Folgendes festzuhalten: die Beschwerdeführerin ist vertretungsbefugtes Organ und als solches muss sie mit den, einen Lebensmittelhändler treffenden besonderen Anforderungen, umfassend vertraut sein. Im Verfahren selbst hat die Beschwerdeführerin konkret kein Vorbringen erstattet, woraus sich ergeben könnte, dass im Rahmen der sie treffenden Anforderungen und Zuständigkeiten eine Prüfung der korrekten Kennzeichnung nicht möglich wäre. Unterlagen oder Bestätigungen des Großhändlers bzw. des Erzeugers, woraus sich etwa ergeben könnte, dass sie ihre Anforderungen insofern sorgfältig erfüllt hätte, als sie beispielsweise Expertise eingeholt hätte, andere Methoden zur Sicherstellung angewendet hätte, oder etwa ihr eine Expertise sonst zugekommen wäre, sind ebenso nicht hervorgekommen. Allein das Vorbringen, dass keine Auffälligkeiten ersichtlich gewesen seien, sagt nichts über die Sorgfalt bzw. die Vertrautheit mit den entsprechenden Normen aus ihrem einschlägigen Geschäftsbereich aus. Sie blieb der mündlichen Verhandlung unentschuldigt fern, entsprechende Ausführungen wurden auch in der Verhandlung nicht erstattet.
Gesamt betrachtet ergibt sich daher, dass die für ihre Tätigkeiten relevanten Anforderungen auch die Kennzeichnung der von ihr vertriebenen Lebensmittel umfasst. Die konkreten Vorwürfe sind nicht derart kompliziert, dass es ihr als jahrelang in dem Bereich tätige Lebensmittelunternehmerin daher nicht leicht möglich gewesen hätte sein können, dies festzustellen. Es besteht daher eine Verantwortlichkeit der Beschwerdeführerin nach Art. 8 Abs. 5 Verordnung (EU) 1169/2011.
Verschulden:
§ 5 VStG (idF BGBl. I Nr. 57/2018) lautet auszugsweise:
(1) Wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.
(1a) Abs. 1 zweiter Satz gilt nicht, wenn die Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von über 50 000 Euro bedroht ist.
Abs. 1a trat mit 1.1.2019 in Kraft.
Die hier anzuwendende Strafnorm des § 90 Abs. 3 Z. 1 LMSVG lautet:
„(3) Wer
1.
den in der Anlage genannten unmittelbar anwendbaren Rechtsakten der Europäischen Union samt Änderungsrechtsakten, delegierten Rechtsakten und Durchführungsrechtsakten oder den näheren Vorschriften zur Durchführung dieser Rechtsakte gemäß § 4 Abs. 3 oder § 15 zuwiderhandelt,
2.
den Bestimmungen einer auf Grund der §§ 6, 7 Abs. 1, 9 Abs. 2, 10 Abs. 7 oder 8, der §§ 11, 12, 13, 14, 19, 20, 34, 47 Abs. 2, 53 Abs. 7 oder 57 Abs. 1 erlassenen Verordnung zuwiderhandelt,
3.
den Bestimmungen der in den §§ 96 und 97 angeführten Rechtsvorschriften zuwiderhandelt,
(Anm.: Z 4 aufgehoben durch Z 19, BGBl. I Nr. 51/2017)
begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Vorschriften einer strengeren Strafe unterliegt, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu 50 000 Euro, im Wiederholungsfall bis zu 100 000 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen.
Wegen des konkret möglichen Strafrahmens im vorliegenden Fall (welcher im Wiederholungsfall mehr als 50.000 € beträgt) ist für die Frage, ob das Verschulden nach § 5 Abs. 1 oder nach § 5 Abs. 1a VStG zu ermitteln ist, relevant, ob ein „Wiederholungsfall“ vorliegt. Dafür ist jedenfalls die „Vortat“ entsprechend einzuordnen (vgl. VwGH vom 25.04.2019, Ra 2018/09/0204). Allfällige weitere „Vortaten“ wären dann ergänzend als erschwerend in der Strafbemessung zu werten (vgl. dazu VwGH Erkenntnis vom 21.03.2013, Zl. 2012/09/0069).
Die Behörde ist von 14 einschlägigen Vormerkungen und der Anwendung des zweiten Strafsatzes ausgegangen. Entsprechende Hinweise ergeben sich jedoch nicht mit ausreichender Sicherheit aus dem vorliegenden Verwaltungsakt. Relevant ist hier die Frage, welche der Vormerkungen derart gleichgelagert war, dass sie als „Wiederholungsfall“ zu werten ist. Nach Aufforderung durch das Verwaltungsgericht Wien, entsprechend näher konkretisierte rechtskräftige Straferkenntnisse zu übermitteln, wurden lediglich zwei Straferkenntnisse übermittelt, welche jeweils konkrete Übertretungen von Kennzeichnungsverpflichtungen der VO (EU) 1169/2011 darstellen. Diese beiden sind als Vortat jeweils zu sehen. Demnach kommt der zweite Strafsatz des § 90 Abs. 3 Z. 1 LMSVG zur Anwendung mit einem Strafrahmen von bis zu 100.000 €.
§ 5 Abs. 1a VStG bezieht sich auf die Anwendbarkeit der gesetzlichen Verschuldensvermutung iSd § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG. § 5 Abs. 1a VStG sieht vor, dass die (widerlegliche) gesetzliche Vermutung, dass den Beschuldigten ein Verschulden trifft (§ 5 Abs. 1 leg. cit.), nicht gilt, wenn die Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von über EUR 50.000,-- bedroht ist. Diese Bestimmung legt damit fest, dass bei solchen Verwaltungsübertretungen die Beurteilungslast dahin, ob eine beschuldigte Person den objektiven Tatbestand eines solchen Ungehorsamsdeliktes gesetzt hat, das Verwaltungsgericht (bzw. davor die Verwaltungsbehörde) trifft. Eine Umkehrung iSd § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG tritt überhaupt erst dann in den Blick, wenn der objektive Tatbestand eines Ungehorsamsdeliktes feststeht und lediglich das Vorliegen eines Verschuldens in Abrede gestellt wird. Das Verwaltungsgericht (bzw. davor die Verwaltungsbehörde) hat allerdings bei Vorliegen von Anhaltspunkten, die am Verschulden des Beschuldigten zweifeln lassen, ohnehin auch die Verschuldensfrage von Amts wegen zu klären. Die Regelung des § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG befreit angesichts des § 25 Abs. 2 VStG das Verwaltungsgericht bzw. die Verwaltungsbehörde somit nicht von der Verpflichtung, von sich aus Umstände zu berücksichtigen, von denen sie etwa bereits bei der Ermittlung des äußeren Tatbestandes Kenntnis erlangt hat (vgl. VwGH 21.5.2019, Ra 2019/03/0009 und VwGH vom 13.08.2019, Ra 2019/03/0068).
Im Zeitpunkt der Erlassung des vorliegenden Straferkenntnisses war § 5 Abs. 1a VStG noch nicht in Kraft. Übergangsbestimmungen wurden durch BGBl. I Nr. 57/2018 auch nicht vorgesehen.
Demnach stellt sich die Frage, ob im vorliegenden Fall § 5 Abs. 1 VStG oder § 5 Abs. 1a VStG auf Grundlage des § 1 Abs. 2 VStG zur Anwendung kommt:
Nach § 1 Abs 2 VStG im Lichte seines von § 38 VwGVG geforderten Verständnisses richtet sich die Strafe nach dem zur Zeit der Tat geltenden Recht, es sei denn, dass das zur Zeit der Fällung der verwaltungsbehördlichen Entscheidung geltende Recht günstiger wäre. Das "Günstigkeitsprinzip" des § 1 Abs 2 VStG bezieht sich damit auf die Strafe betreffenden Bestimmungen, es kommt im Übrigen auch dann zur Anwendung, wenn die Strafbarkeit eines Verwaltungsstraftatbestands nach dem Zeitpunkt der Begehung zur Gänze weggefallen ist (vgl VwGH vom 21. 11. 2013, 2012/01/0075 ua.). Rechtsänderungen nach abgeschlossener Tat berühren demnach - (wie vorliegend) bei Fehlen besonderer gegenteiliger Übergangsbestimmungen - eine bereits eingetretene Strafbarkeit nicht und haben, wenn Taten der gleichen Art auch weiterhin strafbar bleiben, nach § 1 Abs 2 VStG nur hinsichtlich der Strafe zur Folge, dass bis zur Fällung der verwaltungsbehördlichen Entscheidung iSd § 1 Abs 2 leg cit ein für den Täter günstigeres Recht zur Anwendung zu kommen hat. Im Zuge des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens eingetretene Änderungen der Rechtslage sind im Bereich des Verwaltungsstrafrechts nicht erheblich. In diesem Sinne schafft ein verwaltungsrechtliches Straferkenntnis nicht Recht, sondern stellt fest, ob geltendes Recht verletzt wurde (vgl. dazu ausführlich VwGH vom 13.9.2016, Ra 2016/03/0083 und nunmehr VwGH vom 21.5.2019, Ra 2019/03/0009).
Da im Zeitpunkt der Erlassung des vorliegenden Straferkenntnisses das Verschulden dieses Ungehorsamsdelikts nach § 5 Abs. 1 VStG zu beurteilen war, findet daher im vorliegenden Fall § 5 Abs. 1 VStG Anwendung:
Da zum Tatbestand der verfahrensgegenständlichen Verwaltungsübertretung weder der Eintritt eines Schadens noch einer Gefahr gehört und auch über das Verschulden keine Bestimmung enthalten ist, handelt es sich bei dieser Übertretung um ein Ungehorsamsdelikt iSd § 5 Abs. 1 VStG. Bei diesem besteht von vornherein die Vermutung eines Verschuldens (in Form fahrlässigen Verhaltens) des Täters, welche von diesem jedoch widerlegt werden kann. Ihm obliegt es, glaubhaft zu machen, dass ihm die Einhaltung der Verwaltungsvorschrift ohne sein Verschulden unmöglich war. Der Beschuldigte hat hiezu initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht; dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch die Beibringung von Beweismitteln bzw die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen.
Es entspricht herrschender Rechtsprechung, dass der Verantwortliche, der persönlich nicht mehr sämtlichen Überwachungsaufgaben nachkommen kann, durch ein ausreichend dichtes und zulänglich organisiertes Netz von seinerseits wieder überwachten Aufsichtsorganen dafür zu sorgen hat, dass die im Unternehmen von den Beschäftigten zu beachtenden Vorschriften diesen nicht nur bekannt sind, sondern auch tatsächlich im Einzelfall eingehalten werden (VwGH 19.2.1986, 85/09/0037). Nur wenn der Verantwortliche glaubhaft machen kann, dass die ihm angelastete Verwaltungsübertretung trotz Bestehens und Funktionierens eines solchen, von ihm im einzelnen darzulegenden Systems, ohne sein Wissen und ohne seinen Willen erfolgt ist, kann ihm der Verstoß in verwaltungsstrafrechtlicher Hinsicht nicht zugerechnet werden (VwGH 27.9.1988, 87/08/0026).
Wie im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 30.09.2014 zur Zahl Ra 2014/02/0045 dargelegt, ist für die Darlegung eines wirksamen Kontrollsystems erforderlich, unter anderem aufzuzeigen, welche Maßnahmen im Einzelnen der unmittelbar Übergeordnete im Rahmen des Kontrollsystems zu ergreifen verpflichtet war, um durchzusetzen, dass jeder in dieses Kontrollsystem eingebundene Mitarbeiter die entsprechenden Vorschriften auch tatsächlich befolgt und welche Maßnahmen schließlich der an der Spitze der Unternehmenshierarchie stehende Anordnungsbefugte vorgesehen hat, um das Funktionieren dieses Kontrollsystems insgesamt zu gewährleisten, das heißt sicherzustellen, dass die auf der jeweils übergeordneten Ebene erteilten Anordnungen (Weisungen) zur Einhaltung der Vorschriften auch an die jeweils untergeordnete, zuletzt also an die unterste Hierarchieebene gelangen und dort tatsächlich befolgt werden.
Ein derartiges taugliches Kontrollsystem hat jedoch die Beschwerdeführerin nicht dokumentiert. Sie hat nicht offengelegt, weshalb die vorliegenden Verstöße gegen die Bestimmungen der VO (EU) 1169/2011 unbemerkt geblieben sind. Fehlendes Verschulden war daher nicht anzunehmen, zumal auch der festgestellte Sachverhalt keine Anhaltspunkte dafür bietet. Es trifft die Beschwerdeführerin daher der Vorwurf zumindest fahrlässigen Verhaltens, sodass die ihr zur Last gelegte Verwaltungsübertretung auch in subjektiver Hinsicht als erwiesen anzunehmen ist.
Entsprechende gerichtliche Urteile oder behördliche Entscheidungen, aufgrund derer mangelndes Verschulden (etwa Rechtsirrtum) vorliegen könnte, wurden im Verfahren auch nicht vorgelegt.
Ungeachtet der Anwendbarkeit des § 5 Abs. 1 VStG läge gegenständlich auch bei einer Prüfung nach § 5 Abs. 1a VStG kein anderes Ergebnis vor:
Die Beschwerdeführerin ist unentschuldigt zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen, konkrete Hinweise auf mangelndes Verschulden in ihrer Funktion als Geschäftsführerin des Handelsbetriebes, welche sie bereits seit einigen Jahren ausübt und damit auch vertraut sein muss, sind nicht hervorgekommen. Hinweise auf eine qualitätsgesicherte Organisation sind nicht hervorgekommen und wurden auch von der Vertreterin der Beschwerdeführerin nicht dargelegt. Insbesondere der Umstand der mangelnden Mitwirkung und mangelnder Möglichkeit ihrer Einvernahme in der durchgeführten Verhandlung haben weitere Ermittlungen zur Frage des Verschuldens nicht ermöglicht. Alleine, dass nach dem nicht näher fundierten Vorbringen Behörden im Vereinigten Königreich keine Beanstandungen bei diesem Produkt gemacht hätten, ist nicht ausreichend.
Der subjektive Tatbestand ist daher als erwiesen zu erachten.
Zur Strafbemessung:
Gemäß § 10 VStG richten sich Strafart und Strafsatz nach den Verwaltungsvorschriften, so weit in diesem Gesetz nicht anderes bestimmt ist.
Laut Vorstrafenauszug wurde die Beschwerdeführerin nicht erstmals wegen einer Zuwiderhandlung gegen die Verordnung (EG) Nr. 1169/2011 bestraft. Indem daher ein Wiederholungsfall vorliegt (siehe auch dazu die Ausführungen oben unter „Veschulden“), war unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen des § 90 Abs. 3 zweiter Strafsatz LMSVG von einem bis zu EUR 100.000,00 reichenden gesetzlichen Strafrahmen für die vorliegende Übertretung auszugehen.
Gemäß § 19 Abs. 1 VStG idF BGBl. I Nr. 33/2013 sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.
Gemäß § 19 Abs. 2 leg. cit. sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Die gegenständliche Übertretung schädigte das öffentliche Interesse an der Einhaltung der einschlägigen Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 1169/2011 betreffend die Kennzeichnung von Lebensmittel bei gleichzeitiger Gewährleistung des reibungslosen Funktionierens des Binnenmarkts. Nach dem Akteninhalt und den vorliegenden Beweisergebnissen sind keine Anhaltspunkte für die Annahme hervorgekommen, dass der objektive Unrechtsgehalt der vorliegenden Tat wesentlich hinter jenem an sich mit einer derartigen Übertretung verbundenen Unrechtsgehalt zurückgeblieben oder wesentlich darüber hinausgegangen wäre. Der objektive Unrechtsgehalt der Tat wurde deshalb als lediglich durchschnittlich gewertet. Angesichts der Einschränkung des Tatzeitraums auf einen Tatzeitpunkt war der Unrechtsgehalt daher auch entsprechend geringer anzusehen. Ebenso gilt dies dahingehend zu bedenken, als ein Kennzeichnungselement nicht mehr als den Bestimmungen der VO (EU) 1169/2011 widersprechend zu sehen ist.
Das Ausmaß des Verschuldens kann im vorliegenden Fall nicht als geringfügig bezeichnet werden, da nichts hervorgekommen ist, noch auf Grund der Tatumstände anzunehmen war, dass die Einhaltung der verletzten Rechtsvorschriften von der Beschwerdeführerin besondere Aufmerksamkeit erfordert hätte oder die Verwirklichung des hergestellten Straftatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können.
Laut Vorstrafenauszug war die Beschwerdeführerin im Tatzeitpunkt verwaltungsstrafrechtlich nicht unbescholten. Es war neben der strafsatzerhöhenden Vortat eine weitere Vormerkung als einschlägig zu werten.
Ferner liegt überlange Verfahrensdauer vor, was als Milderungsgrund zu werten ist. Weitere Erschwerungsgründe oder Milderungsgründe sind nicht zu Tage getreten.
Die Beschwerdeführerin hat zu ihren persönlichen Verhältnissen keine Angaben gemacht. Es wurden daher auch dieser Entscheidung durchschnittliche Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu Grunde gelegt. Sorgepflichten waren mangels entsprechender Hinweise nicht zu berücksichtigen.
Unter Bedachtnahme auf die dargestellten Strafzumessungsgründe, insbesondere den nunmehr reduzierten Unrechtsgehalt der Übertretung und des Milderungsgrundes war die Strafe spruchgemäß festzusetzen. Einer noch weitergehenden Herabsetzung der Strafe standen general- und spezialpräventive Erwägungen und der bis EUR 100.000,00 reichende gesetzliche Strafrahmen entgegen.
Die Einstellung des Verfahrens gemäß § 45 Abs. 1 Z. 4 VStG oder auch nur der Ausspruch einer Ermahnung gemäß § 45 Abs. 1 letzter Absatz VStG konnte nicht in Erwägung gezogen werden, weil sich die Intensität der Beeinträchtigung des geschützten Rechtsgutes und der Grad des den Beschwerdeführer treffenden Verschuldens keinesfalls als atypisch geringfügig erweisen und insgesamt nicht davon gesprochen werden kann, dass das tatbildliche Verhalten hinter dem in der Strafdrohung des § 90 Abs 3 Z. 1 LMSVG typisierten Unrechtsgehalt deutlich zurückgeblieben wäre.
Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebietet, dass die administrativen oder strafrechtlichen Maßnahmen nicht über den Rahmen des zur Erreichung der verfolgten Ziele unbedingt Erforderlichen hinausgehen dürfen, und eine Sanktion nicht so sehr außer Verhältnis zur Schwere des Verstoßes stehen darf, dass sie sich als eine Behinderung der im Vertrag verankerten Freiheiten erweist (vgl. Urteil EuGH 12. Juli 2001, C-262/99 (Paraskevas Louloudakis gegen Elliniko Dimosio) und auch in diesem Kontext siehe das Urteil