TE Lvwg Erkenntnis 2020/4/29 VGW-141/002/4878/2019

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Veröffentlicht am 29.04.2020
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Entscheidungsdatum

29.04.2020

Index

L92009 Sozialhilfe Grundsicherung Mindestsicherung Wien

Norm

WMG §24 Abs2

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch den Richter Dr. Fegerl über die Beschwerde der Frau A. B. gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 40 - Soziales, Sozial- und Gesundheitsrecht, vom 27.2.2019, Zahl …, betreffend Wiener Mindestsicherungsgesetz (WMG), nach durchgeführter öffentlicher mündlicher Verhandlung am 12.9..2019 (Datum der mündlichen Verkündung des Erkenntnisses), zu Recht e r k a n n t :

I. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos aufgehoben.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 27.2.2019, Zahl …, wurde die Beschwerdeführerin (BF) gemäß § 24 WMG verpflichtet, binnen vier Wochen ab Rechtskraft dieses Bescheides die für den Zeitraum von 1.3.2016 bis 30.4.2016 aufgewendeten Kosten für Leistungen der Mindestsicherung in der Höhe von EUR 1.686,61 zu ersetzen.

Begründend wurde im Bescheid angeführt, die BF verfüge über Vermögen in Form eines Kontoguthabens in der Höhe von EUR 6.113,96 per 14.2.2019. Die Höhe des anrechenbaren Vermögens betrage daher EUR 1.686,61.

Dagegen richtet sich die vorliegende, rechtzeitig eingebrachte Beschwerde.

1.2. Am 12.9.2019 führte das Verwaltungsgericht Wien eine öffentliche mündliche Verhandlung durch.

Die BF gab als Partei einvernommen Folgendes an:

„Ich habe im Dezember 2015 mein Geschäft zusperren müssen. Nach der Abrechnung ist mir ein Guthabensaldo von EUR 2.939,74 übriggeblieben. Mein Steuerberater hat mir geraten, genügend Geld für etwaige Nachforderungen des Finanzamtes auf die Seite zu legen. Nach der Aufgabe meiner selbstständigen Erwerbstätigkeit habe ich erstmals Mindestsicherung beantragt und ab Februar 2016 auch bekommen.

Ich habe auftragsgemäß alle Girokontoauszüge seit Jänner 2016 mitgebracht.

Nach der ersten Gutschrift von der Mindestsicherung am 27.01.2016 betrug der Kontostand EUR 3.921,47 (davor EUR 2.991,22). Erst ab Mai 2017 habe ich Pension bekommen.

Ende Jänner 2016 hatte ich einen Guthabenstand von EUR 3.921,47 auf meinem Konto, der Ende Februar 2016 auf EUR 4.011,08 stieg und in weiterer Folge zwischen rund EUR 4.000 und rund EUR 7.000 pendelte. Im Jahr 2018 stieg der Kontostand im Februar kurz über EUR 7.000 an, fiel dann wieder unter EUR 3.000 und bewegte sich dann zwischen rund EUR 4.500 und rund EUR 6.500. Das sind jeweils Momentaufnahmen, die davon abhängig sind, wann die Gutschriften aus der SVA-Pension, der Mindestsicherung bzw. Mietbeihilfe und der Wohnbeihilfe eingelangt sind, wann ich größere Barbehebungen vorgenommen habe, um meine Lebensunterhaltskosten zu bestreiten, und wann ich die Kontoauszüge ausgedruckt habe. Noch im Februar 2019 fiel der Kontostand knapp unter EUR 4.000, stieg nach der Pensionsgutschrift wieder auf fast EUR 5.000 und bewegt sich seither zwischen EUR 4.700 und EUR 3.700. Ich habe kein Vermögen nachträglich erlangt.“

Die belangte Behörde beantragte mit Schriftsatz vom 23.9.2019 eine ungekürzte schriftliche Ausfertigung des verkündeten Erkenntnisses.

2.0. Das Verwaltungsgericht hat erwogen:

2.1. Nach der neueren Judikatur des VwGH (vgl. E 29.3.2017, Zl. Ra 2015/10/0108, und E 28.2.2018, Zl. Ra 2016/10/0055) kann gemäß § 24 Abs. 2 WMG nur Kostenersatz aus verwertbarem Vermögen verlangt werden, das nach Empfang der Mindestsicherungsleistung (nachträglich) erworben wurde. Somit kann im konkreten Fall für die Hilfeleistung im Jahr 2016 (Mindestsicherungsbezug ab Februar 2016) kein Kostenersatz aus einem Vermögen verlangt werden, das bereits davor vorhanden war, so wie hier jedenfalls das Guthaben auf dem Girokonto per 1.1.2016.

Hinsichtlich des Guthabenstandes auf dem Girokonto (zu einem zufälligen Stichtag) ist überdies allgemein anzumerken, dass es sich dabei um eine Momentaufnahme handelt und dieser naturgemäß im Rahmen der Einkommen (wie Pension, Sonderzahlung, Pflegegeld, Mindestsicherung, Beihilfen, …) und der Ausgaben für Wohnen, Energie, Lebensunterhalt, Haushaltshilfen etc. fluktuiert, je nachdem wann die Gutschriften einlangen und wann die Ausgaben abfließen und wann das Kontosaldo durch Ausdruck eines Kontoauszuges ausgewiesen wird (vgl in diesem Sinne beispielsweise schon das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 30.8.2017, GZ VGW-141/002/699/2017-6).

2.2. Auf der Grundlage der seitens der BF in der Verhandlung bescheinigten und glaubhaft erläuterten Kontosalden seit Dezember 2015, insbesondere des Guthabenstandes nach der Geschäftsauflösung und vor Beginn der Mindestsicherungsbezüge und der später einsetzenden Pensionsbezüge ist im konkreten Fall Folgendes zu konstatieren:

Da sich der Guthabensstock des Girokontos der BF vor Beginn des Bezuges der Mindestsicherung bei rund bzw. knapp EUR 3.000 bewegte und der Guthabenstand seither dauernde Fluktuationen zwischen knapp EUR 3.000 bis zu rund EUR 7.000 aufwies, und weil nur aus nachträglich erlangtem Vermögen Kostenersatz gemäß § 24 WMG zu leisten ist, kann bei der von der Behörde herangezogenen Momentaufnahme (Guthabenstand von EUR 6.113,96 am 14.2.2019) nicht davon gesprochen werden, dass die BF nachträglich zu einem Vermögen über dem Freibetrag von EUR 4.427,35 gelangt ist.

Das Vermögen, zu dem die BF nachträglich gelangt ist, blieb also unter dem Vermögensfreibetrag und unterliegt somit nicht dem Kostenersatz nach § 24 WMG. Der angefochtene Bescheid war daher spruchgemäß aufzuheben.

3. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch liegen sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor, zumal lediglich einzelfallbezogene Fragen des Kostenersatzes zu beurteilen waren, die aufgrund der eindeutigen Rechtslage und der aktuellen Judikatur klar lösbar sind.

Schlagworte

Mindestsicherung; Kostenersatz; Girokonto; Guthaben; Vermögensfreibetrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2020:VGW.141.002.4878.2019

Zuletzt aktualisiert am

27.05.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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