TE Vwgh Erkenntnis 1998/3/26 97/11/0368

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Veröffentlicht am 26.03.1998
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Index

90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

KFG 1967 §64 Abs2;
KFG 1967 §67 Abs2;
KFG 1967 §75 Abs1;
KFG 1967 §75 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des A in Z, vertreten durch Dr. Michael Kinberger, Rechtsanwalt in Zell am See, Mozartstraße 3, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 21. Oktober 1997, Zl. 5/04-17/100/2-1997, betreffend Aufforderung nach § 75 Abs. 2 KFG 1967, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer gemäß § 75 Abs. 2 KFG 1967 aufgefordert, sich "zur Feststellung der weiteren geistigen und körperlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen" binnen zwei Wochen ab Rechtskraft des Bescheides amtsärztlich untersuchen zu lassen.

In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend und beantragt dessen kostenpflichtige Aufhebung. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der angefochtene Bescheid ist im wesentlichen damit begründet, daß laut einem Bericht des Gendarmeriepostens Zell am See vom 18. April 1997 der Beschwerdeführer am 14. März 1997 in alkoholisiertem Zustand auf dem Balkon seines Wohnhauses mit einem Kleinkalibergewehr hantiert und dabei Schüsse abgegeben habe, durch die - unabhängig davon, ob diese Schüsse gezielt gewesen seien - sich Personen gefährdet gefühlt hätten. Abgesehen davon, daß sich der Beschwerdeführer des öfteren in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befinde, enthemmt und unbeherrscht sei, habe er am Gendarmerieposten in einem derartigen Zustand vorgesprochen und mitgeteilt, aus der Landesnervenklinik (in die er im Zusammenhang mit dem Vorfall vom 14. März 1997 eingeliefert worden sei) entlassen worden sei. Den Angaben eines in der Nähe des Beschwerdeführers wohnhaften Arztes zufolge stoße der Beschwerdeführer bisweilen in alkoholisiertem Zustand laut hörbare Drohungen gegen ihn aus. Der Beschwerdeführer neige damit offenbar zu massivem Alkoholmißbrauch, der seine gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen in Frage stellte.

Der Beschwerdeführer bestreitet der Sache nach, daß die Behörde begründete Zweifel an seiner Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen haben konnte. Der maßgebliche Sachverhalt erschöpft sich darin, daß der Beschwerdeführer mehrmals in alkoholisiertem Zustand in Erscheinung getreten ist und dabei aggressive Verhaltensweisen an den Tag gelegt haben soll. Dies reicht aber für sich nicht aus, um begründete Zweifel in der Richtung zu haben, daß er im Zusammenhang mit Alkoholmißbrauch die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen nicht mehr besitze, wobei nach Lage der Dinge von Zweifeln in Ansehung der körperlichen Eignung von vornherein nicht die Rede sein kann. Daß er mehrmals in alkoholisiertem Zustand in der Öffentlichkeit in Erscheinung getreten ist, mag Anlaß zur Annahme geben, der Beschwerdeführer nehme bisweilen viel Alkohol zu sich. Die körperliche und geistige Gesundheit des Beschwerdeführers zum Lenken von Kraftfahrzeugen infolge Mißbrauchs von Alkohol in Frage zu stellen, reichen diese Vorfälle jedoch nicht aus. Hinsichtlich der Unterbringung des Beschwerdeführers im Landesnervenkrankenhaus Salzburg und den dort geführten Untersuchungen enthält der Verwaltungsakt nichts, ebensowenig für die bereits am dritten Tag ohne erkennbare Auswirkungen erfolgte Entlassung.

Die pauschale Aussage, daß der Beschwerdeführer laut Angaben von Gendarmeriebeamten bzw. eines Nachbarn "eine dem Alkohol zusprechende Person" sei bzw. daß er, wenn er betrunken sei, Drohungen ausspreche ("brülle"), sind zu wenig substantiiert, um im vorliegenden Fall verwertet werden zu können.

Inwieweit Bedenken gegen die Verkehrszuverlässigkeit des Beschwerdeführers gerechtfertigt sein mögen, ist in einem Verfahren nach § 75 Abs. 2 KFG 1967 ohne Relevanz. Solche Bedenken können nicht zur Grundlage eines Aufforderungsbescheides nach dieser Gesetzesbestimmung gemacht werden.

Schließlich ist es nicht völlig unerheblich, aus welchen Gründen der Beschwerdeführer - offenbar vor Erlassung des angefochtenen Bescheides - vom Strafgericht in Ansehung von Vorfällen (zu denen auch der Vorfall vom 14. März 1997 gehört) freigesprochen wurde. Sollte der Freispruch deswegen erfolgt sein, weil der Beschwerdeführer das ihm zur Last gelegte strafbare Verhalten nicht gesetzt habe, so dürfte es von vornherein in keiner Weise gegen den Beschwerdeführer verwertet werden.

Der festgestellte Sachverhalt reicht nicht aus, um Bedenken gegen die geistige und körperliche Eignung des Beschwerdeführers zum Lenken von Kraftfahrzeugen zu tragen. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1997110368.X00

Im RIS seit

19.03.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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