RS Vfgh 2020/2/24 E3600/2019

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Veröffentlicht am 24.02.2020
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Index

L8230 Abwasser, Kanalisation

Norm

B-VG Art7 Abs1
Oö AbwasserentsorgungsG 2001 §12, §13
VwGVG §8
VfGG §7 Abs2

Leitsatz

Verletzung im Gleichheitsrecht durch Zurückweisung einer Säumnisbeschwerde mangels rechtlichen Interesses wegen "faktischer Erledigung" des Antrags auf Ausnahme von der Kanalanschlusspflicht nach dem Oö AbwasserentsorgungsG 2001 auf Grund behördlicher Untätigkeit

Rechtssatz

§13 Oö AbwasserentsorgungsG 2001 (Oö AEG 2001) sieht vor, dass die Behörde über Antrag des Eigentümers land- und forstwirtschaftliche Objekte unter den im Gesetz genannten Voraussetzungen von der Anschlusspflicht mit Bescheid auszunehmen hat. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (LVwG) geht davon aus, dass der Beschwerdeführer am 07.03.2006 einen entsprechenden Antrag korrekt gestellt habe, kommt jedoch entgegen der gesetzlich unmissverständlich festgelegten Pflicht zur Bescheiderlassung zum Ergebnis, dass dem Beschwerdeführer auf Grund der Untätigkeit der Behörde über Jahre hinweg eine faktische Ausnahme von der Anschlusspflicht gewährt und dieser Antrag somit "faktisch erledigt" worden sei.

In der Folge geht das LVwG von einer amtswegigen Einleitung eines neuen Verfahrens über die Ausnahme von der Anschlusspflicht aus, obwohl §13 Abs1 Oö AEG 2001 ausschließlich die Einleitung des Verfahrens über einen Antrag vorsieht. Es wertet das in Entsprechung der Aufforderung der Gemeinde am 29.07.2017 erneut eingebrachte Formular als neuen Antrag, ohne sich mit der Frage auseinanderzusetzen, in welchem Verhältnis diese Eingabe zum ursprünglich gestellten Antrag vom 07.03.2006 steht. Damit verkennt das LVwG auch allgemein die Regelungssystematik des §13 Oö AEG 2001, weil nach dessen Abs3 und 4 nur dann ein amtswegiges Einschreiten der Behörde vorgesehen ist, wenn die Voraussetzungen für die mit Bescheid gewährte Ausnahme nicht mehr vorliegen. Auch der Widerruf der Ausnahme hätte mit Bescheid zu erfolgen.

Schließlich trennt das LVwG ohne jegliche Begründung den verfahrensrechtlichen vom materiellen Erledigungsanspruch und zieht daraus den nicht nachvollziehbaren Schluss, dass in Erfüllung des verfahrensrechtlichen Erledigungsanspruches in der Sache mit Zurückweisung vorzugehen sei. Damit widerspricht es auch seinen eigenen Feststellungen, dass der Gemeinderat als säumig zu betrachten und daher die Sache durch das LVwG vollständig zu erledigen sei.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Säumnisbeschwerde, Säumnis, Landesverwaltungsgericht, Gemeinderat, Kanalisation Abgaben

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2020:E3600.2019

Zuletzt aktualisiert am

26.05.2020
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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