TE Vwgh Erkenntnis 1998/3/26 97/11/0267

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Veröffentlicht am 26.03.1998
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
23/04 Exekutionsordnung;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §56;
AVG §58 Abs2;
AVG §62 Abs4;
B-VG Art82 Abs2;
EO §1 Z12;
EO §42;
VwGG §33 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z2;
VwGG §56;
VwGG §58 Abs1;
VwGG §58 Abs2 idF 1997/I/088;
VwRallg;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 97/11/0268 97/11/0314

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerden der Dr. P in W, vertreten durch Dr. Friedrich H. Knöbl, Rechtsanwalt in Wien XII, Meidlinger Hauptstraße 28, gegen die Bescheide des (im verwaltungsgerichtlichen Verfahren durch Dr. Armenak Utudjian, Rechtsanwalt in Wien I, Gonzagagasse 9, vertretenen) Beschwerdeausschusses der Ärztekammer für Wien 1. vom 30. Juni 1997, Zl. B 114/97, betreffend Zurückweisung einer Berufung, 2. vom 30. Juni 1997, Zl. B 115/97, betreffend Aufhebung der Vollsteckbarkeitsklausel, Aufhebung der Exekution, Zustellung des Rückstandsausweises und Einwendungen gegen diesen, und 3. vom 9. Oktober 1997, Zl. B 114/97, betreffend Berichtigung,

Spruch

den Beschluß gefaßt:

Die Beschwerde gegen den erstangefochtenen Bescheid wird als gegenstandslos erklärt und das Verfahren wird eingestellt. zu Recht erkannt:

Die Beschwerden gegen den zweit- und den drittangefochtenen Bescheid werden als unbegründet abgewiesen.

Die Ärztekammer für Wien hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,--, die Beschwerdeführerin hat der Ärztekammer für Wien Aufwendungen in der Höhe von S 8.565,--, jeweils binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution, zu ersetzen.

Begründung

1.1. Gegen die Beschwerdeführerin, ein Mitglied der Ärztekammer für Wien, wurde bei Gericht Exekution zur Einbringung offener Beiträge zum Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien (im folgenden: Wohlfahrtsfonds) eingeleitet.

Im Zuge dieses Verfahrens stellte die Beschwerdeführerin mit der an den Wohlfahrtsfonds gerichteten Eingabe vom 20. Mai 1996 den Antrag, die Einbringung bis zur rechtskräftigen Entscheidung über ihren Antrag auf Befreiung von der "Beitragspflicht zum Wohlfahrtsfonds" (vom 12. Dezember 1995) auszusetzen. Der Antrag wurde mit Bescheid des Verwaltungsausschusses des Wohlfahrtsfonds vom 5. März 1997 abgewiesen. Dagegen erhob die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 16. April 1997 Beschwerde an die belangte Behörde. Diese hob mit dem erstangefochtenen Bescheid den erstinstanzlichen Bescheid auf und entschied in der Sache selbst dahin, daß "die als Berufung bezeichnete Beschwerde vom 16.4.1997 zurückgewiesen wird".

Gegen diesen Bescheid richtet sich die zu hg.

Zl. 97/11/0267 protokollierte Beschwerde.

1.2. Im Zuge des oben erwähnten Vollstreckungsverfahrens stellte die Beschwerdeführerin mit der an den Wohlfahrtsfonds gerichteten Eingabe vom 16. April 1997 die Anträge, ihr den Rückstandsausweis vom 17. Februar 1997 zuzustellen, die Vollstreckbarkeitsklausel aufzuheben und die Exekution bis zur Entscheidung über diese Anträge aufzuheben. Gleichzeitig erhob sie Einwendungen gegen den Rückstandsausweis.

Mit Bescheid des Verwaltungsausschusses des Wohlfahrtsfonds vom 7. Mai 1997 wurden die Anträge auf Aufhebung der Vollstreckbarkeitsklausel und Zustellung des Rückstandsausweises sowie die Einwendungen gegen den Rückstandsausweis abgewiesen und der Antrag auf Aufhebung der Exekution zurückgewiesen. Mit dem zweitangefochtenen Bescheid wurde die dagegen erhobene Beschwerde abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die zu Zl. 97/11/0268 protokollierte Beschwerde.

1.3. Mit dem drittangefochtenen Bescheid ("Berichtigter Bescheid") wurde der erstangefochtene Bescheid dahin berichtigt, daß der Spruch statt auf Zurückweisung der Beschwerde vom 16. April 1997 auf Zurückweisung des Antrages der Beschwerdeführerin vom 20. Mai 1996 lautet.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die zur Zl. 97/11/0314 protokollierte Beschwerde.

1.4. Die Beschwerdeführerin stellt in ihren Beschwerden jeweils den Antrag auf kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und zu den Beschwerden gegen den zweit- und drittangefochtenen Bescheid jeweils eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet. Die Beschwerdeführerin und die belangte Behörde haben im Beschwerdeverfahren betreffend den zweitangefochtenen Bescheid eine Replik und eine "Gegenreplik" eingebracht.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Beschwerden wegen ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Beschlußfassung verbunden und über sie erwogen:

2.1. Zu den Beschwerden Zlen. 97/11/0267 und 97/11/0314:

2.1.1. Beim drittangefochtenen, mit "Berichtigter Bescheid" überschriebenen Bescheid handelt es sich zum einen um die Berichtigung des erstangefochtenen Bescheides gemäß § 62 Abs. 4 AVG (dies zeigen der - von der berichtigten Wendung und dem zugehörigen Begründungssatz abgesehen - idente Wortlaut der beiden Bescheide und die ausdrückliche Bezugnahme auf § 62 Abs. 4 AVG in der Begründung) und zum anderen um die gleichzeitige Erlassung des Bescheides in der berichtigten Fassung, wofür insbesondere auch die Bezeichnung "Berichtigter Bescheid" spricht. Es ist nicht ersichtlich, daß die gewählte Vorgangsweise eine Verletzung von Rechten der Beschwerdeführerin bewirkt hätte. Die Beschwerdeführerin wäre im Falle der Erlassung bloß eines Berichtigungsbescheides nicht besser gestellt. Damit scheidet eine Aufhebung des drittangefochtenen Bescheides allein deshalb, weil er sich nicht auf die Berichtigung gemäß § 62 Abs. 4 AVG beschränkt, aus.

Als Folge der gewählten Vorgangsweise kommt dem erstangefochtenen Bescheid keine normative Bedeutung mehr zu. Träger des Bescheidinhaltes ist allein noch der drittangefochtene Bescheid. Die Beschwerdeführerin kann durch den erstangefochtenen Bescheid in Rechten nicht mehr verletzt sein. Damit ist die Beschwerde gegen den erstangefochtenen Bescheid nach ihrer Einbringung gegenstandslos geworden. In sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG war somit die Beschwerde als gegenstandslos zu erklären und das Beschwerdeverfahren einzustellen.

2.1.2. Nach § 62 Abs. 4 AVG kann die Behörde Schreib- und Rechenfehler oder diesen gleichzuhaltende offenbar auf einem Versehen beruhende Unrichtigkeiten in Bescheiden jederzeit von Amts wegen berichtigen.

Eine solche Unrichtigkeit lag beim erstangefochtenen Bescheid vor. Wenn nämlich laut dessen Spruch "die als Berufung bezeichnete Beschwerde vom 16.4.1997" zurückgewiesen wird, so handelt es sich dabei bloß um ein Vergreifen im Ausdruck, wie ein Blick auf den ersten Spruchteil (mit dem der unterinstanzliche Bescheid aufgehoben wird) und die Bescheidbegründung unschwer erkennen läßt, in der ausschließlich vom Fehlen einer Rechtsgrundlage für den Antrag der Beschwerdeführerin, an keiner Stelle jedoch von der Unzulässigkeit der Beschwerde an die belangte Behörde oder einem sie bewirkenden Umstand die Rede ist. Es ist offenkundig, daß der in Rede stehende Spruchteil den Gedanken, den die belangte Behörde offenbar aussprechen wollte, unrichtig wiedergibt. Infolge dessen ergab sich ein ins Auge springender Widerspruch zwischen Spruch und Begründung. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin handelt es sich hier bloß um eine textliche Unstimmigkeit und nicht um eine unrichtige rechtliche Beurteilung. Für die Beschwerdeführerin ist auch mit dem Vorbringen (unter Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 20. November 1990, Zl. 90/18/0155), daß die Abänderung eines Berufungsbescheides durch einen bloßen Berichtigungsbescheid außerhalb des Rahmens des § 62 Abs. 4 AVG rechtswidrig sei, nichts zu gewinnen. Im Beschwerdefall wurde, wie vorhin dargestellt, dieser Rahmen durch die vorgenommene Berichtigung nach § 62 Abs. 4 AVG nicht überschritten.

Die Zurückweisung des Aussetzungsbegehrens der Beschwerdeführerin vom 20. Mai 1996 begründete die belangte Behörde mit dem Fehlen jeglicher Rechtsgrundlage für dieses Begehren. Eine Aussetzung sei der Beitragsordnung für den Wohlfahrtsfonds fremd, der Antrag der Beschwerdeführerin mithin auf etwas gerichtet, was rechtlich überhaupt nicht existiere.

Die Beschwerdeführerin verweist demgegenüber (in ihrer Beschwerde gegen den erstangefochtenen Bescheid) auf die Aussetzungsmöglichkeit nach § 38 AVG und auf § 42 Abs. 2 lit. e der Satzung des Wohlfahrtsfonds, wonach zu den Aufgaben des Verwaltungsausschusses des Wohlfahrtsfonds die Beschlußfassung über Ansuchen um Ermäßigung, Stundung oder Nachlaß der Fondsbeiträge sowie deren Abstattung in Teilbeträgen zählt.

Das Beschwerdevorbringen vermag keine Verletzung von Rechten der Beschwerdeführerin durch die gegenständliche Entscheidung aufzuzeigen. Der Hinweis auf § 38 AVG ist im Ansatz verfehlt. Die Beschwerdeführerin läßt außer acht, daß es bei der Einbringung, die ausgesetzt werden sollte, um ein auf Antrag der Ärztekammer für Wien als betreibender Partei eingeleitetes gerichtliches Exekutionsverfahren geht, für welches die Exekutionsordnung und nicht das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz gilt. Im übrigen fällt die Zuständigkeit zur "Aussetzung" (gemeint wohl: Aufschiebung gemäß § 42 EO) eines gerichtlichen Exekutionsverfahrens in die Zuständigkeit des Exekutionsgerichts und nicht der belangten Behörde. Davon abgesehen findet sich für den von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Anspruch auf "Aussetzung" weder im Ärztegesetz 1984 noch in der Satzung (einschließlich des von der Beschwerdeführerin erwähnten § 42 Abs. 2 lit. e) oder in der Beitragsordnung für den Wohlfahrtsfonds eine Grundlage.

Die Beschwerde gegen den drittangefochtenen Bescheid war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

2.2. Zur Beschwerde Zahl 97/11/0268:

Die mit dem zweitangefochtenen Bescheid getroffene Entscheidung (Abweisung der Anträge auf Aufhebung und Zustellung des Rückstandsausweises an die Beschwerdeführerin, Abweisung der Einwendungen gegen den Rückstandsausweis, Zurückweisung des Antrages auf Aufschiebung der Exekution) begründete die belangte Behörde mit dem Hinweis auf die Vorschreibung der in Rede stehenden Fondsbeiträge für das Jahr 1994 mit Bescheid des Verwaltungsausschusses vom 13. Mai 1995 (der Bescheid sei der damals noch nicht anwaltlich vertretenen Beschwerdeführerin zugestellt worden und in Rechtskraft erwachsen) und auf die einen Rekurs der Beschwerdeführerin betreffende Entscheidung des Landesgerichts für ZRS Wien vom 6. Juni 1997, wonach die Zustellung eines Rückstandsausweises nicht erforderlich sei.

Soweit in dieser Beschwerde behauptet wird, die Beschwerdeführerin sei durch die bekämpfte Entscheidung im Recht auf rechtskonforme Bestimmung des Wohlfahrtsfondsbeitrages 1994 verletzt, geht das Vorbringen angesichts des Inhaltes des angefochtenen Bescheides, der nicht über den Fondsbeitrag 1994 sondern über die (unter 1.2. wiedergegebenen) Anträge der Beschwerdeführerin vom 16. April 1997 abspricht, ins Leere. Gleiches gilt für die Behauptung, die Beschwerdeführerin sei durch die rechtswidrige Schaffung eines Exekutionstitels über S 232.461,69 infolge grob unrichtiger Anwendung des einfachen Gesetzes im Recht auf Eigentum verletzt worden. Die weiters aufgestellte Behauptung einer Verletzung in diesem Recht durch die Zwangsvollstreckung und den in diesem Verfahren erteilten Auftrag zur Leistung des Offenbarungseides betrifft das gerichtliche Exekutionsverfahren und nicht die hier bekämpfte verwaltungsbehördliche Entscheidung.

Das Vorbringen, der Wohlfahrtsfondsbeitrag 1994 sei niemals bescheidmäßig vorgeschrieben worden, steht im Widerspruch zur Aktenlage. Dazu genügt es, auf das Schreiben des Beschwerdevertreters vom 19. August 1997 an den Vertreter der Ärztekammer für Wien im gerichtlichen Exekutionsverfahren hinzuweisen, in welchem ausgeführt wird, eine eingehende Überprüfung des Aktes habe ergeben, daß der Fondsbeitrag für das Jahr 1994 tatsächlich bereits in Rechtskraft erwachsen sei und die Beschwerdeführerin daher trachten werde, ihrer Zahlungspflicht "aus diesem bedauerlicherweise rechtskräftigen Bescheid" nachzukommen.

Schließlich geht auch das Vorbringen betreffend den Antrag der Beschwerdeführerin vom 12. Dezember 1995 auf Befreiung von der "Beitragspflicht zum Wohlfahrtsfonds" sowie die Art und Weise der Ausfertigung von Erledigungen der Ärztekammer für Wien am Inhalt des angefochtenen Bescheides vorbei.

Die Beschwerde gegen den zweitangefochtenen Bescheid war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

2.3. Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG, in Ansehung des Einstellungsbeschlusses insbesondere auf § 58 Abs. 2 VwGG (idF der Novelle BGBl. I Nr. 88/1997), iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Die Rechtswidrigkeit des erstangefochtenen Bescheides (Widerspruch zwischen Spruch und Begründung) liegt auf der Hand; er wäre, wenn nicht das Rechtsschutzinteresse nachträglich weggefallen wäre, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben gewesen. Der Beschwerdeführerin gebührt daher Aufwandersatz wie im Falle der Aufhebung dieses Bescheides.

Schlagworte

Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2 Besondere Rechtsgebiete Verfahrensrecht AVG VStG VVG VwGG Einstellung des Verfahrens wegen Klaglosstellung gemäß VwGG §33 Abs1 Grundsätzliches zur Rechtmäßigkeit und zur Rechtsverletzungsmöglichkeit Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Parteienrechte und Beschwerdelegitimation Verwaltungsverfahren Mangelnde Rechtsverletzung Beschwerdelegitimation verneint keineBESCHWERDELEGITIMATION Spruch und Begründung Zuspruch von Aufwandersatz gemäß §58 Abs2 VwGG idF BGBl 1997/I/088

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1997110267.X00

Im RIS seit

08.11.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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