TE Vwgh Erkenntnis 1989/3/6 86/15/0109

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Veröffentlicht am 06.03.1989
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Index

Bewertungsrecht

Norm

BewG 1955 §10 Abs2
BewG 1955 §53 Abs10
BewG 1955 §53 Abs11
BewG 1955 §55 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Simon und die Hofräte Dr. Großmann, Dr. Närr, Dr. Wetzel und Dr. Steiner als Richter, im Beisein der Schriftführer Dr. Samonig und Kommissär Dr. Egger, über die Beschwerde des Vereines Schulschiheim M in M, vertreten durch Dr. Heimo Hofstätter, Rechtsanwalt in Graz, Marburgerkai 47, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Steiermark vom 2. September 1986, Zl. B 116-5/85, betreffend Einheitswert zum 1. Jänner 1979 und Grundsteuermeßbetrag auf den 1. Jänner 1979, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 9.870,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

In Übereinstimmung mit dem Vorbringen beider Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ergibt sich aus den vorgelegten Verwaltungsakten im wesentlichen folgendes:

Der beschwerdeführende Verein wurde im Jahre 1974 gegründet. Ordentliche Mitglieder des Vereines sind die Republik Österreich, das Land Steiermark, die Stadtgemeinde M und die Marktgemeinde S. Auf der Grundlage einer Vereinbarung vom 17. März 1975 wurde vom Beschwerdeführer auf dem ihm von der Stadt M übertragenen Grundstück Nr. 521/23 der EZ. 376, KG. X, aus Mitteln des Bundes und des Landes Steiermark das beschwerdegegenständliche Schulschiheim errichtet und im Jahre 1977 in Betrieb genommen. Das Grundstück hat ein Gesamtausmaß von 10.356 m2, wovon 816 m2 bebaut sind. Der umbaute Raum hat ein Ausmaß von 10.167 m3.

Aus Gründen, die im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht von Bedeutung sind, wurde vom Finanzamt Judenburg mit Feststellungsbescheid vom 13. Juni 1984 im Wege der Wertfortschreibung gemäß § 21 Abs. 1 BewG der Einheitswert für das genannte Grundstück zum 1. Jänner 1979 unter Zugrundelegung eines Quadratmeter-Preises von S 50,-- und eines Gebäudewertes von S 5,585.079,-- mit S 4,500.000,-- festgestellt. Weiters wurde mit zwei Bescheiden gleichen Datums die Erhöhung des Einheitswertes zum 1. Jänner 1980 um 20 v. H. und zum 1. Jänner 1983 um 35 v. H. ausgesprochen.

In der vom Beschwerdeführer gegen diese Bescheide erhobenen Berufung wurde im wesentlichen unter Hinweis auf die geringe Ertragsfähigkeit des Schulschiheimes die Feststellung des Einheitswertes mit dem wesentlich niedrigeren gemeinen Wert gemäß S 53 Abs. 10 BewG begehrt.

In mehrfachen Anträgen auf Verlängerung der Rechtsmittelfrist führte der Beschwerdeführer im wesentlichen aus, eine langfristig bestehende Last im Betriebsvermögen des Vereines stelle eine der Ursachen dar, daß der Beherbergungsbetrieb "Schulschiheim" eine sehr geringe Ertragsfähigkeit aufweise. Andere Ursachen für die geringe Ertragsfähigkeit seien der außerordentlich hohe Energieverbrauch, daß der Betrieb als Saisonbetrieb einen schlecht frequentierten Beherbergungsbetrieb darstelle und sein Stammpersonal auch außerhalb der Saison erhalten müsse. Diese Faktoren würden den gemeinen Wert beeinflussen und seien bei der Bewertung des bebauten Grundstückes nach dem gemeinen Wert zu berücksichtigen. Die durch die Einräumung der Gebrauchsrechte entstandene Belastung könne nur bei der Feststellung des Einheitswertes des Betriebsvermögens in Abzug gebracht werden.

In einem an den Beschwerdeführer gerichteten Vorhalt vom 20. Jänner 1986, mit dem die Einladung zur Einbringung einer allfälligen Stellungnahme verbunden war, verwies die belangte Behörde darauf, daß eine jederzeit einvernehmlich lösbare vertragliche Unverkäuflichkeit sowie eine mit betriebswirtschaftlichen Argumenten einleuchtend begründbare praktische Unanbringlichkeit eines Wirtschaftsgebäudes zu einem an seinen Anschaffungs- und Herstellungskosten orientierten Veräußerungspreis nicht den Schluß zuließen, daß der Bewertungsgegenstand völlig wertlos sei. Die Ermittlung des gemeinen Wertes habe nach dem zu keinen Zweifeln Anlaß gebenden Wortlaut des Gesetzes (§ 10 Abs. 2 BewG) gerade von der Fiktion einer Veräußerung auszugehen. Es sei keinesfalls erwiesen, daß nicht der Bund oder das Land oder andere öffentliche Rechtsträger, wie z. B. der Österreichische Gewerkschaftsbund, Kammern, Sozialversicherungsanstalten u. ä., im Falle der Auflassung des Schulschiheimes dieses erwerben und einem ihrem Aufgabenkreis entsprechenden Verwendungszweck zuführen. Die stillgelegte "Pension K", gegen deren Reaktivierung ebenfalls alle vernünftigen wirtschaftlichen Überlegungen gesprochen hätten, sei vom Bund für öffentliche Zwecke benötigt und im Jahre 1969 zu einem Kaufpreis von S 2,720.000,-- erworben worden. Dieser Kaufpreis habe dem auf der Basis des Sachwertes ermittelten Schätzwert entsprochen. Ferner sei auch das "Hotel H" in M im Jahre 1981 für Internatszwecke (Berufsschule) von der Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Steiermark erworben worden. Der Kaufpreis habe S 5,000.000,-- betragen. Zur Klarstellung werde noch darauf hingewiesen, daß nicht die Vermutung der Angemessenheit eines gemeinen Wertes in der Höhe der Baukosten oder des Buchwertes des Gebäudes zuzüglich des Bodenwertes vom Beschwerdeführer zu widerlegen, sondern der Nachweis zu erbringen sei, daß der gemeine Wert des ganzen Bewertungsgegenstandes geringer sei, als der auf Grund des § 53 Abs. 1 bis 9 BewG ermittelte Wert von gerundet S 4,500.000,--. In Ansehung von Kaufpreisen, die von privaten Unternehmern für zwei namentlich angeführte Pensionsliegenschaften in Höhenlagen tatsächlich gezahlt worden seien, könne mit großer Wahrscheinlichkeit angenommen werden, daß auch von privater Seite für einen Neubau mit einem umbauten Raum von ca. 10.000 m3 ein Kaufpreis von mindestens S 4,500.000,-- gezahlt würde.

In zwei Schriftsätzen wurde vom Beschwerdeführer zu diesem Vorhalt im wesentlichen dahin Stellung genommen, die Transaktionen "Pension K" und "Hotel H" würden einen Vergleich schon wegen der sie begleitenden Umstände, die in den Bereich ungewöhnlicher oder persönlicher Verhältnisse fielen, nicht rechtfertigen. Bei der Bewertung bebauter Grundstücke sei anders als bei der Bewertung unbebauter Grundstücke vorzugehen. Bei Ermittlung des gemeinen Wertes von bebauten Grundstücken könne kein Vergleich zu Verkäufen anderer Grundstücke angestellt werden. Überdies sei der Vergleich mit den von der belangten Behörde angeführten Grundstücken schon deshalb abzulehnen, weil das Schulschiheim hinsichtlich des umbauten Raumes alle anderen Objekte bei weitem "überrage". Bund und Land sowie alle Institutionen, die von diesen beiden Gebietskörperschaften beeinflußt werden würden, entfielen als potentielle Käufer des Schulschiheimes, weil laut der mit ihnen am 17. März 1975 abgeschlossenen Vereinbarung die Liegenschaft bei Vereinsauflösung in das Eigentum der Stadtgemeinde M mit der Verpflichtung der Betriebsfortführung übergehe. Alle anderen noch verbleibenden möglichen Kaufinteressenten würden bei Berücksichtigung der Betriebsergebnisse mit großer Wahrscheinlichkeit nur einen symbolischen Kaufpreis bezahlen, der weit unter dem entsprechend § 53 Abs. 1 bis 9 BewG ermittelten Wert von S 4,500.000,-- liege. Die Ermittlung des gemeinen Wertes erfordere aber die Berücksichtigung der Ertragskraft oder Ertragsfähigkeit des Betriebes. Nach Twaroch-Wittmann-Frühwald, Kommentar zum Bewertungsgesetz, S. 282/283, zählten Beherbergungsbetriebe mit geringer Ertragskraft zu den Anwendungsfällen des § 53 Abs. 10 BewG. Die Ertragskraft oder Ertragsfähigkeit sei die Fähigkeit eines Betriebes, nachhaltig Gewinn zu erzielen. Wie der Beschwerdeführer die Ertragslage des Schulschiheimes von betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten ausgehend dargestellt habe, würden durch das Schulschiheim keine Erträge, sondern nur Verluste erzielt werden.

In dem vom Beschwerdeführer zum Nachweis seiner Behauptungen vorgelegten Gutachten von Univ.-Doz. Mag. RB, Universität Graz, über den gemeinen Wert des Schulschiheimes M wurde vom Gutachter in einer betriebswirtschaftlichen Analyse der Ertragswert, der Substanzwert und der Liquidationswert (gemeiner Wert) des Schulschiheimes M für das Jahr der Gutachtenserstellung 1986 errechnet. Das Gutachten komme zu dem Ergebnis, daß das Schulschiheim eine negative Ertragslage aufweise, die bei Fortführung als Schulschiheim nicht verbessert werden könne. Nur eine Änderung der Bewirtschaftung könnte zu einer Verbesserung der Ertragskraft führen. Denkbar wäre nur die Umwandlung des Schulschiheimes in einen Hotelbetrieb, der Touristen (insbesondere Wanderer und Sportler) anspreche. Die Einrichtung von Wohn- oder Industrieanlagen sei nicht möglich (Lage, Zufahrt, Entfernung von der Stadt, Energieversorgung, Flächenwidmung etc.). Die Umwandlung in einen Hotelbetrieb erfordere jedoch "derartige Kosten" und würde überdies zu einer Verringerung der Bettenkapazität führen, was bedeute, daß der Nächtigungspreis weit über dem regional geforderten durchschnittlichen Höchstpreis liegen müßte. Es handle sich somit beim Schulschiheim um ein ertragloses Unternehmen, einen sogenannten Zuschußbetrieb. Aus dieser Ertragsbetrachtung, die letztlich den Preis eines Vermögensgutes bestimme, sei das Gebäude objektiv wertlos. Das insgesamt 10.356 m2 große Grundstück sei nur im Ausmaß von ca. 2000 m2 ebener Grund, auf dem das Schulschizentrum und die Sportanlage errichtet seien. Die restliche Fläche bestehe aus unbrauchbarem, bewaldetem Gelände in teilweise starker Hanglage. Für den ebenen bebauungsfähigen Grund wäre ein Preis von ca. S 100,-- pro m2 und für den nicht bebaubaren Hang ein Preis von höchstens S 30,-- pro m2 zu erzielen. Das ergebe einen gemeinen Wert für das Grundstück von S 450.680,--, wobei schon die Zufahrtsmöglichkeit sowie die Entsorgung als such die Versorgung positiv berücksichtigt worden sei.

Ungeachtet des laufenden Berufungsverfahrens hat das Finanzamt Judenburg mit den Bescheiden vom 8. Mai 1985, das dem Feststellungsbescheid zum 1. Jänner 1979, Wertfortschreibung (§ 21 Abs. 1 Z. 1 BewG), zu Grunde liegende Feststellungsverfahren gemäß § 303 BAO wieder aufgenommen, den Feststellungsbescheid vom 13. Juni 1984 aufgehoben und den Einheitswert zum 1. Jänner 1979 und die Erhöhung desselben zum 1. Jänner 1979, 1980 und 1983 unverändert festgesetzt. Diese Bescheide wurden von der belangten Behörde mit Bescheid vom 2. September 1986 in Ausübung des Aufsichtsrechtes gemäß § 299 Abs. 2 BAO aufgehoben.

Mit weiterem Bescheid vom 2. September 1986 wies die belangte Behörde die Berufung gegen den Feststellungsbescheid als unbegründet ab, gab der Berufung gegen den Grundsteuermeßbescheid jedoch Folge und setzte den Grundsteuermeßbetrag auf den 1. Jänner 1979 mit S 672,-- fest. Zur Begründung führte die belangte Behörde sinngemäß im wesentlichen folgendes aus:

Gegenstand der Bewertung sei ein bebautes Grundstück, also eine wirtschaftliche Einheit des zum Grundbesitz (§ 18 Abs. 2 BewG) zahlenden Grundvermögens. Daraus folge zwangsläufig, daß eine Wertfeststellung für Grundvermögen und nicht etwa für Betriebsvermögen oder sonstiges Vermögen zu treffen sei. Zur Lösung des Falles könne daher eine betriebswirtschaftliche Untersuchung über den Unternehmenswert des Betriebes "Schulschiheim" nichts beitragen, weil daraus kein Schluß auf den gemeinen Wert des Grundbesitzes gezogen werden könne. Mit dem Wesen eines objektiven Grundstückswertes sei es nicht vereinbar, daß die Ertragslage eines Betriebes mitbestimmend sei. Es könnten nur die Grundsätze der Bewertung von Grundvermögen Anwendung finden, nicht aber die Grundsätze der betrieblichen Unternehmensbewertung. Der Annahme, von der der Beschwerdeführer und das von ihm vorgelegte Gutachten ausgehe, daß durch den negativen Ertrag des Betriebes das Objekt aus wirtschaftlichen Gründen unverkäuflich sei, und daher nur der Grund und Boden - nach Beseitigung des Gebäudes - einer bescheidenen Verwertung zugänglich gemacht werden könnte, könne nicht gefolgt werden. Es sei schon nicht einsichtig, daß ein Wirtschaftsgut, für dessen Anschaffung und Herstellung ca. S 34,000.000,-- aufgewendet worden seien, nach seiner Fertigstellung nur mehr einen Marktwert von S 450.000,-- besitzen sollte. Nach dem Gesetz sei der gemeine Wert weder dem Grunde noch der Höhe nach von der Frage abhängig, ob der Bewertungsgegenstand unter ganz bestimmten Voraussetzungen möglicherweise veräußert werden könne. Das Gesetz ordne vielmehr an, daß gerade von der Fiktion einer Veräußerung auszugehen sei. Nach dem Wortlaut des § 53 Abs. 10 BewG habe die Abgabenbehörde nicht den von dieser Vorschrift erfaßten "geringeren gemeinen Wert", etwa durch Sachverständige, zu ermitteln, sondern vielmehr in freier Beweiswürdigung zu beurteilen, ob ein von der Partei antragsweise behaupteter und allenfalls durch Gutachten untermauerter gemeiner Wert erwiesenermaßen niedriger sei als der auf Grund der Bestimmungen der Abs. 1 bis 9 des § 53 BewG für denselben Bewertungsgegenstand (bebautes Grundstück) ermittelte Wert. Der Beschwerdeführer habe die Beweisführung ausschließlich auf den Wert des "Betriebes Schulschiheim" abgestellt und damit keine Aussage über den Wert des Grundbesitzes, auf dem dieser Betrieb unterhalten werde, getroffen. Überdies seien die Grundsätze der betrieblichen Unternehmensbewertung keine geeignete Grundlage für die Feststellung des gemeinen Wertes von Grundbesitz. Die vertragliche Verpflichtung, die Liegenschaft unter bestimmten Voraussetzungen an die Stadtgemeinde M zu übergeben, könne zu keiner Beeinträchtigung des gemeinen Wertes führen, weil die bei seiner Feststellung zu unterstellende Veräußerung im gewöhnlichen Geschäftsverkehr gerade die Berücksichtigung solcher Verfügungsbeschränkungen verbiete. Dabei könne von einer Mehrzahl von verschiedenen Verwendungsmöglichkeiten für eine Mehrzahl von Käufern - vorwiegend aus dem öffentlichen Bereich - ausgegangen werden. Festgehalten werde, daß die von der belangten Behörde angezogenen Kauffälle von Liegenschaften mit Beherbergungsbetrieben nicht dem Wertvergleich oder der Wertableitung dienen sollten, sondern nur aufgezeigt worden wäre, daß es an - öffentlichen und privaten - Käufern für solchen Grundbesitz nicht mangle und die gezahlten Kaufpreise schon vor Jahren erheblich über dem jetzt für das Streitobjekt behaupteten gemeinen Wert gelegen gewesen seien. Das vorgelegte Gutachten, das ausdrücklich die Feststellung des

"gemeinen Wertes des Betriebes des Schulschiheimes ... im Jahre

1986" zum Gegenstand gehabt habe, könne schon deshalb nicht von Bedeutung sein, weil es hinsichtlich des Bewertungszieles, der Bewertungsmethode und des Bewertungsstichtages nicht der Rechtslage entspreche. Dem Beschwerdeführer sei daher der Nachweis nicht gelungen, daß der gemeine Wert des Bewertungsgegenstandes geringer sei als der auf Grund des § 53 BewG ermittelte Wert.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf gesetzmäßige Anwendung des § 53 BewG insofern verletzt, als der in dem von ihm vorgelegten Gutachten ermittelte gemeine Wert nicht als Einheitswert im Sinne des § 53 Abs. 10 BewG der Einheitsbewertung zu Grunde gelegt wurde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 53 Abs. 1 BewG ist bei der Bewertung von bebauten Grundstücken vom Bodenwert und vom Gebäudewert auszugehen. Nach Abs. 2 dieser Gesetzesstelle ist als Bodenwert der Wert maßgebend, mit dem der Grund und Boden allein als unbebautes Grundstück gemäß § 55 leg. cit. zu bewerten wäre. Dabei sind insbesondere die Lage und die Form des Grundstückes sowie alle anderen den gemeinen Wert von unbebauten Grundstücken beeinflussende Umstände zu berücksichtigen. Nach § 53 Abs. 11 BewG sind als Einheitswert eines bebauten Grundstückes mindestens 7/10 des Wertes anzusetzen, mit dem der Grund und Boden gemäß Abs. 2 zu bewerten ist.

§ 55 BewG, auf den Abs. 2 des § 53 leg. cit. verweist, bestimmt in Abs. 1, daß unbebaute Grundstücke mit dem gemeinen Wert zu bewerten sind.

Zufolge § 53 Abs. 10 BewG ist bei bebauten Grundstücken, deren gemeiner Wert geringer ist als der auf Grund der Bestimmungen des Abs. 1 bis 9 dieses Paragraphen ermittelte Wert, auf Antrag der gemeine Wert zu Grunde zu legen.

Der gemeine Wert wird gemäß § 10 Abs. 2 BewG durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Dabei sind alle Umstände, die den Preis beeinflussen, zu berücksichtigen. Ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse sind nicht zu berücksichtigen. Als persönliche Verhältnisse sind nach Abs. 3 der genannten Gesetzesstelle auch Verfügungsbeschränkungen anzusehen, die in der Person des Steuerpflichtigen oder eines Rechtsvorgängers begründet sind.

Vom Beschwerdeführer wurde im Verwaltungsverfahren gegen den erstinstanzlichen Bescheid, mit dem der Einheitswert des gegenständlichen bebauten Grundstückes zum 1. Jänner 1979 im Wege der Wertfortschreibung mit S 4,500.000,-- festgestellt worden ist, eingewendet, der gemeine Wert des Grundstückes sei geringer als der auf Grund des § 53 Abs. 1 bis 9 BewG ermittelte Wert. Dementsprechend stellte er gemäß § 53 Abs. 10 leg. cit. den Antrag, den gemeinen Wert der Einheitsbewertung zu Grunde zu legen. Nach dem vom Beschwerdeführer zur Untermauerung seines Standpunktes vorgelegten Gutachten beträgt der gemeine Wert des in Rede stehenden bebauten Grundstückes S 450.000,--.

Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen hat, führt die Bewertung von bebauten Grundstücken nach dem Mindestwertprinzip zur Annahme eines fiktiven Wertes, nämlich des gemeinen Wertes, mit dem der Grund und Boden als unbebautes Grundstück zu bewerten wäre. Aber auch bei dieser Mindestbewertung erfaßt der Einheitswert das ganze Grundvermögen, also Grund und Gebäude. Der gemeine Wert wird durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Wirtschaftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Der gemeine Wert ergibt sich im wesentlichen aus Angebot und Nachfrage im gewöhnlichen Geschäftsverkehr und wird durch viele Umstände beeinflußt, deren Auswirkung auf die Wertbildung im einzelnen nicht immer auf der Hand liegt. Der gemeine Wert ist eine objektive Größe und daher grundsätzlich nicht willkürlich festzusetzen. Er muß festgestellt, also gefunden werden. Bei der Feststellung des gemeinen Wertes von Grundstücken ist vor allem auf die Form und die Lage des Grundstückes zu achten. Auch die Größe ist für den Wert je Flächeneinheit mitbestimmend, weil mitunter für größere Grundstücke der erzielbare Quadratmeter-Preis geringer sein kann als bei Grundstücken mittleren oder kleineren Ausmaßes. Die Ertragschancen des Liegenschaftsbesitzes sind bei Ermittlung des gemeinen Wertes dann zu berücksichtigen, wenn durch sie der Grundstückswert und damit auch der Preis mitbeeinflußt wird, der im Fall einer Veräußerung der Liegenschaft zu erzielen wäre (vgl. u. a. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. Jänner 1969, Zl. 1788/67, vom 8. Jänner 1970, Zl. 1246/68, vom 17. Dezember 1970, Zl. 520/69, vom 15. Dezember 1976, Zl. 2201/75, und vom 18. Februar 1983, Zl. 81/17/0005, und Twaroch-Wittmann-Frühwald, Kommentar zum Bewertungsgesetz, zu § 10 und § 53, S. 74 f und 282 f).

Im gegenständlichen Fall wird von der belangten Behörde dem Beschwerdeführer zwar zugestanden, er sei der sich aus § 53 Abs. 10 BewG ("auf Antrag") ergebenden Pflicht zum Nachweis seiner Behauptung, daß der gemeine Wert des konkreten bebauten Grundstückes geringer sei als der auf Grund der Bestimmungen der Abs. 1 bis 9 des § 53 BewG ermittelte Wert, durch die ausführliche Begründung seines Rechtsmittels und die Vorlage eines einschlägigen Gutachtens nachgekommen. Dennoch kam die belangte Behörde in Würdigung des Parteienvorbringens und des Gutachtens zu dem Schluß, dem Beschwerdeführer sei es nicht gelungen, nachzuweisen, daß der gemeine Wert des bebauten Grundstückes - eines Geschäftsgrundstückes - geringer sei als der nach § 53 Abs. 1 bis 9 BewG ermittelte Wert. Das Gutachten habe sich "in der Wahl des Bewertungszieles, der Bewertungsmethode und des Bewertungsstichtages vergriffen", weshalb es nicht als Beweismittel dienen könne. Als Hauptargument dafür wird von der belangten Behörde angeführt, das Gutachten habe nicht den gemeinen Wert des Grundstückes im Sinne des § 10 Abs. 2 BewG, sondern den Wert des Grundstückes im Rahmen der Bewertung des Betriebsvermögens festgestellt.

Der belangten Behörde ist zwar insofern beizupflichten, daß das vom Beschwerdeführer vorgelegte Gutachten vorwiegend eine nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen erstellte Analyse über den Ertragswert des Schulschiheimes M enthält. Dennoch kann der Verwaltungsgerichtshof der belangten Behörde in ihrer Auffassung nicht folgen, daß das Gutachten den Ertragswert des Schulschibetriebes in unzulässiger Weise bei Ermittlung des gemeinen Wertes des Grundstückes berücksichtigt habe. Von der belangten Behörde wird nämlich übersehen, daß das Bewertungsgesetz keine Vorschrift darüber enthält, auf welche Art der ohnedies schwer zu erbringende Nachweis dafür, daß der gemeine Wert geringer ist als der nach § 53 Abs. 1 bis 9 BewG ermittelte Wert, zu erbringen ist. Wird - wie im vorliegenden Fall - der Nachweis durch Vorlage eines Gutachtens geführt, so kann dem Gutachten Beweiskraft nur dann abgesprochen werden, wenn es jene Voraussetzungen vernachlässigt, die bei Ermittlung des gemeinen Wertes gemäß den genannten Vorschriften des Bewertungsgesetzes Berücksichtigung finden müssen. Dies kann aber dem im Beschwerdefall vom Beschwerdeführer vorgelegten Gutachten nicht zum Vorwurf gemacht werden. Das Gutachten bringt nämlich eindeutig zum Ausdruck, daß es deshalb zu einem vom festgestellten Einheitswert abweichenden Ergebnis gelangt, weil der Wert des Gebäudes infolge Unverkäuflichkeit desselben mit Null anzusetzen sei und daher der Bodenwert allein den gemeinen Wert des bebauten Grundstückes bilde. Den negativen Ertragswert des Schulschiheimes hat das Gutachten erkennbar nur deshalb zur Darstellung gebracht, um daraus die Unverwertbarkeit des auf dem Grundstück stehenden Gebäudes, das nach Ansicht des Gutachters nur für die Verwendung als Beherbergungsbetrieb geeignet sei, abzuleiten. Die Ertragslage des Betriebes diente daher dem Gutachten nur mittelbar als Indiz dafür, um auf die Unverwertbarkeit des Gebäudes schließen zu können. In einem solchen Fall, in dem es in Wahrheit nicht um die Ertragsfähigkeit des Betriebes geht, der derzeit in dem Gebäude untergebracht ist, sondern um die für jeden potentiellen Erwerber des Grundstückes gegebene Ertragsfähigkeit, kann die Ertragslage bei Ermittlung des gemeinen Wertes schon deshalb nicht unberücksichtigt bleiben, weil sie einen den Preis, der im Fall einer Veräußerung der Liegenschaft zu erzielen wäre, mitbeeinflussenden objektiven Faktor darstellt. Ebenso kann der belangten Behörde nicht gefolgt werden, wenn sie im Zusammenhang mit der Behauptung des Beschwerdeführers, daß das Objekt aus wirtschaftlichen Gründen unverkäuflich sei, den Standpunkt vertrat, das Gesetz habe den gemeinen Wert weder dem Grunde noch der Höhe nach von der Frage abhängig gemacht, ob der Bewertungsgegenstand unter ganz bestimmten Voraussetzungen möglicherweise nicht veräußert werden könne, sondern angeordnet, daß gerade von der Fiktion einer Veräußerung auszugehen sei. Wenngleich zwar richtig ist, daß die Zulässigkeit der Bewertung eines Wirtschaftsgutes nicht davon abhängt, ob dieses Wirtschaftsgut einmal verkauft werden wird, so kann es nicht unmaßgeblich sein, ob nach den Gegebenheiten des Einzelfalles eine Veräußerung tatsächlich zustandekommen kann.

Die belangte Behörde hat kein Ermittlungsverfahren durchgeführt und auch keine Feststellungen über den hier für die Anwendung des § 53 Abs. 10 BewG zu beurteilenden Sachverhalt getroffen. So fehlen vor allem Feststellungen über die örtliche Lage und die bauliche Ausgestaltung und Beschaffenheit des Gebäudes. Ohne derartige Feststellungen kann nicht beurteilt werden, inwiefern die Behauptungen des Beschwerdeführers, das Gebäude eigne sich nur für einen Beherbergungsbetrieb ähnlicher Art wie das Schulschiheim und der Interessentenkreis wäre schon deshalb erheblich beschränkt, den Tatsachen entsprechen. Die diese Fragen betreffenden Bemerkungen der belangten Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides stellen lediglich Vermutungen dar, die aber in der Aktenlage keine Deckung finden, zumal auch der Bescheid der Abgabenbehörde erster Instanz hierüber keine nahere Begründung enthält.

Der angefochtene Bescheid last sohin eine hinreichende Begründung zu der entscheidungswesentlichen Frage vermissen, ob für das gegenständliche bebaute Grundstück einschließlich des Gebäudes ein Kaufinteresse, bezogen auf den Stichtag der Wertfortschreibung (1. Jänner 1979), vorhanden gewesen wäre. In diesem Zusammenhang sei erwähnt, daß das Gutachten unrichtig nicht zum 1. Jänner 1979, sondern zum Jahre 1986 erstellt worden ist. Das allein rechtfertigte jedoch nicht, dem Gutachten jeden Beweiswert abzusprechen, zumal dieser Fehler dem Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren nicht vorgehalten und damit keine Gelegenheit zur Verbesserung gegeben worden ist.

Aus den dargelegten Gründen war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben. Bei dieser Sach- und Rechtslage war es entbehrlich, auf weitere Einzelheiten der Beschwerde und der Gegenschrift einzugehen.

Von der Durchführung der vom Beschwerdeführer beantragten Verhandlung konnte aus den im § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG genannten Gründen abgesehen werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243.

Wien, am 6. März 1989

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1989:1986150109.X00

Im RIS seit

27.05.2020

Zuletzt aktualisiert am

27.05.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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