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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
RAO 1868 §45 Abs4;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 98/21/0100Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Robl und Dr. Pelant als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Ogris, 1. über den Antrag des JS in Wien, geboren am 1. Juli 1967, vertreten durch Dr. Markus Groh, Rechtsanwalt in 1080 Wien, Florianigasse 19, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 2. Oktober 1997, Zl. Fr 2284/97, betreffend Ausweisung, und 2. in dieser Beschwerdesache den Beschluß gefaßt:
Spruch
1. Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird gemäß § 46 VwGG nicht stattgegeben.
2. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer aus dem Bundesgebiet ausgewiesen. Die Zustellung dieses Bescheides erfolgte gemäß den Angaben im Verfahrenshilfeantrag am 31. Oktober 1997.
Mit Beschluß vom 13. November 1997 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 61 VwGG die Verfahrenshilfe zur Erhebung der Beschwerde gegen den eben genannten Bescheid bewilligt. Der Ausschuß der Rechtsanwaltskammer Wien bestellte zunächst Rechtsanwältin Dr. Evelyn Dürmayer zur Verfahrenshelferin, nahm jedoch in weiterer Folge mit Bescheid vom 15. Dezember 1997 (beim Verwaltungsgerichtshof eingelangt am 17. Dezember 1997) eine Umbestellung auf den nunmehrigen Beschwerdevertreter vor.
Mit Postaufgabe 30. Jänner 1998 brachte der neue Verfahrenshelfer die vorliegende Beschwerde ein. Die nach § 28 Abs. 1 Z. 7 VwGG erforderlichen Angaben zur Beurteilung der Rechtzeitigkeit der Beschwerde beschränkten sich darauf, daß ihm der angefochtene Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich laut beiliegendem Schreiben der vorerst bestellten Verfahrenshelferin Rechtsanwalt Dr. Dürmayer am 22. Dezember 1997 "zugestellt" worden sei. Davon ausgehend wurde ein Mängelbehebungsauftrag erteilt, und zwar dahingehend, es möge angegeben werden, wann der Umbestellungsbescheid des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer Wien vom 15. Dezember 1997 zugestellt wurde.
In fristgerechter Entsprechung des Mängelbehebungsauftrages, Postaufgabe 19. Februar 1997, teilte der Beschwerdeführer mit, daß ihm der Umbestellungsbescheid am 17. Dezember 1997 zugestellt worden sei. Unter einem erklärte er, es sei erst aufgrund des Verbesserungsauftrages zur Kenntnis gelangt, daß die am 30. Jänner 1998 zur Post gegebene Beschwerde möglicherweise verspätet sei. Es werde daher die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Beschwerdeerhebung an den Verwaltungsgerichtshof beantragt. Dieses Begehren begründet der Beschwerdeführer damit, daß die sechswöchige Beschwerdefrist beginnend mit dem 22. Dezember 1997 (dem Einlangen des angefochtenen Bescheides in der Kanzlei des nunmehrigen Verfahrenshelfers) berechnet worden sei. Die seit Jahren mit dem Fristenwesen betraute Kanzleimitarbeiterin habe es aufgrund eines leichten Versehens unterlassen, den Fristenvormerk bereits ab Einlangen des Umbestellungsbeschlusses zu setzen. Ein derartiges Versehen sei ihr bis dato noch nie passiert, weshalb die Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegeben seien.
Bevor auf die Wiedereinsetzungsfrage eingegangen werden kann, muß vorerst geklärt werden, ob die gegenständliche, am 30. Jänner 1998 zur Post gegebene Beschwerde verspätet eingebracht wurde. Dabei ist im vorliegenden Zusammenhang nur fraglich, ob die durch den Verfahrenshilfeantrag unterbrochene Beschwerdefrist in letzter Konsequenz schon mit Zustellung des Umbestellungsbescheides an den nunmehrigen Verfahrenshelfer (17. Dezember 1997) oder erst mit der nachfolgenden Weiterleitung des angefochtenen Bescheides an ihn
(22. Dezember 1997) neu in Lauf gesetzt wurde. Daß es darauf und nicht etwa auf die Zustellungen an die ursprünglich bestellte Verfahrenshelferin ankommt, ist seit der
hg. Entscheidung eines verstärkten Senates vom 13. Dezember 1991, Zl. 91/18/0010, Slg. Nr. 13.547/A, klargestellt. In Folgeentscheidungen wurde aber auch eindeutig ausgesprochen, daß allein die Zustellung des Umbestellungsbescheides maßgeblich ist. Die über Wunsch des Verfahrenshelfers erfolgte Übermittlung von Unterlagen bewirkt keine Fristverlängerung (vgl. die hg. Beschlüsse vom 8. Februar 1995, 94/03/0132 bis 0137, und vom 24. Mai 1995, Zl. 95/03/0086 bis 0091). An dieser Rechtslage hat auch der neu geschaffene Abs. 3 des § 61 VwGG (BGBl. Nr. 470/1995) nichts geändert, wonach bei Umbestellungen im Rahmen der Verfahrenshilfe die Rechtsanwaltskammer den Verwaltungsgerichtshof von der Umbestellung unverzüglich unter Beischluß eines Zustellungsnachweises in Kenntnis zu setzen hat. Ausweislich der Materialien (198 BlgNR 19. GP, 6) soll durch die neue Regelung (u.a.) nämlich klargestellt werden, wann die Zustellung des Umstellungsbescheides an den neu bestellten Verfahrenshelfer erfolgte, weil davon abhängt, wann die neue Beschwerdefrist zu laufen begonnen hat. Auch danach ist also bloß auf die Zustellung des Umstellungsbescheides abzustellen, weshalb die eingangs gestellte Frage dahin beantwortet werden muß, daß die unterbrochene Beschwerdefrist am 17. Dezember 1997, ohne weitere Hemmung, neu zu laufen begonnen hat. Die vorliegende, erst am 30. Jänner 1998 zur Post gegebene Beschwerde wurde daher in der Tat verspätet eingebracht, sodaß ihr weiteres Schicksal vom Erfolg des mit der Mängelbehebung gestellten Wiedereinsetzungsantrages abhängig ist.
Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Ein minderer Grad des Versehens hindert die Wiedereinsetzung nicht.
Der Beschwerdeführer argumentiert damit, daß die sechswöchige Beschwerdefrist irrtümlich falsch berechnet worden sei. Die seit Jahren in der Kanzlei des Verfahrenshelfers mit dem Fristenwesen betraute Mitarbeiterin habe aus näher dargestellten Gründen den Fristvormerk falsch gesetzt. Bis dato sei ihr ein derartiges Versehen noch nie passiert, sodaß die Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegeben seien.
Diese Argumentation ist schon vom Ansatz her verfehlt. Der Beschwerdeführer übersieht dabei nämlich, daß der Rechtsanwalt die Festsetzung der Fristen seinen Kanzleibediensteten nicht völlig überlassen darf, weil nur er selbst die Fristen zu setzen und ihre Vormerkung anzuordnen hat. Indem der Beschwerdevertreter das Fristenwesen demgegenüber offenkundig völlig eigenständig einer Kanzleimitarbeiterin überließ, hat er in ihm - und in der Folge auch dem Beschwerdeführer - zurechenbarer Weise die im Verkehr mit Gerichten und für die Einhaltung von Terminen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer acht gelassen und somit ein Verhalten gesetzt, welches nicht mehr dem Begriff des minderen Grades des Versehens untergeordnet werden kann (vgl. den hg. Beschluß vom 3. September 1997, Zl. 97/01/0425, 0426, m.w.N.). Ein näheres Eingehen auf die dargestellte Vorgangsweise der Kanzleimitarbeiterin des Verfahrenshelfers kann davon ausgehend dahingestellt bleiben, zumal auch nicht dargetan wird, ob und in welcher Intensität er sie hinsichtlich der Wahrnehmung ihrer dienstlichen Obliegenheiten überwacht und überprüft hat.
Selbst wenn man jedoch den Überlegungen des Beschwerdeführers folgen wollte, wäre für ihn nichts gewonnen. Spätestens mit Verfassung der gegenständlichen Beschwerde (nach dem darin angeführten Datum am 30. Jänner 1998) hätte sein Vertreter nämlich bei pflichtgemäßer Sorgfalt erkennen müssen, daß die Beschwerdefrist bereits am 28. Jänner 1998 geendet hat. Der erst am 19. Februar 1998 zur Post gegebene Wiedereinsetzungsantrag müßte daher gemäß § 46 Abs. 3 VwGG als verspätet zurückgewiesen werden.
Zusammenfassend ergibt sich, daß dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde kein Erfolg beschieden sein konnte.
Dies hat weiters zur Folge, daß die Beschwerde gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen Versäumung der Einbringungsfrist ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen war.
Davon ausgehend erübrigt sich eine Entscheidung des Berichters über den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Schlagworte
Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Analogie Schließung von Gesetzeslücken VwRallg3/2/3 FristEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1998210066.X00Im RIS seit
11.07.2001