TE Bvwg Erkenntnis 2019/10/14 W272 2112011-3

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Veröffentlicht am 14.10.2019
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Entscheidungsdatum

14.10.2019

Norm

B-VG Art. 133 Abs4
FPG §88
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W272 2112011-3/11E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. BRAUNSTEIN als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , Staatsangehörigkeit Afghanistan, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung - Diakonie Flüchtlingsdienst, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.03.2019, Zahl XXXX zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird gem. § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 88 Fremdenpolizeigesetz 2005 abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer reiste im August 2014 in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Mit Bescheid vom 07.07.2015 Zahl XXXX wurde der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen und dem Beschwerdeführer der Status des Asylberechtigten nicht zuerkannt. Weiters wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 1 iVm. Abs. 2 Z 13 leg. cit. der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt. Ferner wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung nach Afghanistan gemäß § 46 FPG zulässig ist. Es wurde ausgesprochen, dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt.

3. Gegen den Bescheid brachte der Beschwerdeführer rechtzeitig Beschwerde ein. Mit mündlich verkündetem Erkenntnis vom 17.10.2018 wurde dem BF die Beschwerde gegen die Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten und des Status des subsidiär Schutzberechtigten als unbegründet abgewiesen. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt III wurde stattgegeben und die Rückkehrentscheidung gem. § 9 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt und dem BF gem. § 55 Abs. 1 Z 1 und Z 2 und § 54 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 der Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung plus" für die Dauer von 12 Monaten erteilt. Das Erkenntnis wurde rechtskräftig.

4. Der Beschwerdeführer stellte am 07.02.2019 einen Antrag auf Ausstellung eines Fremdenpasses gem. § 88 Abs. 1 Z.3 und begründete dies damit, dass er eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis 16.10.2019 besitzt, er keine Geburtsurkunde von Afghanistan habe und daher keinen afghanischen Pass bekomme, diesen jedoch für Reisen wegen seines Berufes benötige.

5. Das BFA erteilte dem BF mit Schreiben vom 07.02.2019 ein Parteiengehör und teilte ihm neben den gesetzlichen Bestimmungen mit, dass er aufgefordert wird bekanntzugeben, welches positive Interesse der Republik Österreich vorliege, damit ihm ein Fremdenpass ausgestellt werden soll und unter welchen Voraussetzungen des § 88 FPG sein Antrag gestellt wurde. Für den Fall, dass der BF staatenlos oder eine ungeklärte Staatsangehörigkeit besitze, solle er dies mit tauglichen Beweismitteln belegen. Für den Fall, dass er eine unbefristete Aufenthaltsrecht besitze wurde er aufgefordert diese entsprechend nachzuweisen. Auch für den Fall, dass er die Voraussetzungen für einen Daueraufenthalt EU besitze oder der Antrag im Zusammenhang mit einer Auswanderung bestehe, wurde er aufgefordert die entsprechenden Nachweise zu bringen. Weiters wurde er aufgefordert entsprechende Nachweise vorzulegen, falls sein Antrag in Zusammenhang mit besonderen Leistungen im Interesse des Bundes oder Landes stehe. Es wurde dem BF eine Frist von 4 Wochen eingeräumt.

6. Der BF erstattete hierzu eine Stellungnahme, in welcher er darauf hinwies, dass er zweimal bei der afghanischen Botschaft gewesen sei und er eine afghanische Geburtsurkunde und/oder einen Reisepass beantragt habe, diese von den Behörden, jedoch ohne Begründung, verweigert worden war. Weiters brachte er vor, dass er als Lehrling einen Reisepass benötige, da er auch im Ausland Exkursionen besuche. Es wurde auf gerichtliche Entscheidungen hingewiesen, in welcher subsidiär Schutzberechtigte dann nicht in der Lage sind Reisedokumente zu erhalten, wenn die Vertretungsbehörde die Ausstellung verweigere. Weiters gebe es keine zwingenden Gründe der nationalen Sicherheit oder der öffentlichen Ordnung, die gegen die Ausstellung eines Reisedokumentes sprechen würde.

7. Mit Bescheid vom 22.03.2019, XXXX , wies das BFA den Antrag auf Ausstellung eines Fremdenpasses ab. Begründend führte das BFA im Wesentlichen aus, dass der BF unter keinen Personenkreis, denen ein Fremdenpass gem. § 88 Abs. 1 und 2 FPG ausgestellt werden kann, falle. Zudem habe er auch keinerlei Nachweise erbracht, die ein Interesse der Republik Österreich an der Ausstellung des Fremdenpasses für seine Person bestätigen würde.

8. Gegen den Bescheid vom 22.03.2019 brachte der BF fristgerecht Beschwerde, wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und der Verletzung von Verfahrensvorschriften, ein. Begründend im Wesentlichen damit, dass die Behörde negiere, dass der BF seitens der afghanischen Botschaft keinen Reisepass oder Geburtsurkunde ausgestellt wurde und er daher kein gültiges Reisedokument erlangen konnte. Es weiters keine zwingenden Gründe der nationalen Sicherheit oder der öffentlichen Ordnung, gegen die Ausstellung eines Reisedokumentes sprechen würde. Auch aufgrund seiner Lehre würde der BF einen Reisepass benötigen, um seinen beruflichen Werdegang zu vervollständigen. Es sei im Interesse der Republik Österreich, dass der BF einen positiven Lehrabschluss erhalten. Zudem sei die Vorlage eines Reisedokumentes grundsätzlich Voraussetzung für zur Erlangung des Aufenthaltstitels "Rot-Weiß-Rot Karte +". Die Beweiswürdigung sei mangelhaft gewesen. Der BF habe ein unbefristetes Aufenthaltsrecht und das öffentliche Interesse sei gegeben. Weiters würde der § 88 FPG in die Grundrechte des BF auf Freizügigkeit eingreifen, welches ihm gem. Art 2 ZPR 4 der EMRK zustehe. Einschränkungen seien nur durch Abs. 3 aufgezählte Gründe erlaubt. Diese müssen für einen Normadressaten vorausberechenbar sein. Der § 88 FPG sei jedoch unbestimmt und daher sei die gesamte Gesetzmäßigkeit in Frage zu stellen. Die Regelung verlange in seinem Abs. 1 einen Nachweis des Interesses der Republik Österreich, es sei jedoch in keinster Weise zu entnehmen, worin das relevante Republikinteresse bestehen solle. Sodass auch hier gegen das vom VfGH aus Art. 18 Abs. 1 B-VG abgeleitete Bestimmtheitsgebot verstoßen wird bzw. bedenklich ist. Es sei in keinster Weise nachvollziehbar, wann und warum ein Interesse vorliegt und wann nicht. Dies führe in erhöhtem Maße zur Rechtsunsicherheit. Es werde daher angeregt, den § 88 FPG dem Verfassungsgerichtshof zur Überprüfung vorzulegen, um dessen Verfassungsmäßigkeit feststellen zu lassen und ihn gegebenenfalls aufzuheben. Auch gebe es keine Rechtsprechung dahingehend, ob es nicht eine positive Verpflichtung des Mitgliedstaates iS des Art 2 Abs. 2 des 4. Zusatzprotokoll zur EMKR gebe, dass der Mitgliedstaat dem Drittstaatsangehörigen ein Reisedokument auszustellen habe, um ihm eine entsprechende Freizügigkeit zu ermöglichen. Beigelegt wurde eine Bestätigung, dass der BF im Betrieb XXXX als Maurerlehrling beschäftigt sei und die Anfragebeantwortung der Staatendokumentation: "Afghanistan Reisepassdokumente in Österreich" vom 26.06.2017 vorgelegt.

9. Das Gericht gab mit Schreiben vom 16.07.2019 dem BF Parteiengehör, insbesondere zur Vorlage von Nachweisen, dass der BF verpflichtet sei an Exkursionen im Ausland teilzunehmen und bejahendenfalls entsprechende Nachweise mit Ort, Datum und Zweck vorzulegen. Weiters eine Bestätigung, dass bei Nichtteilnahme an den Exkursionen, der BF keine positive Lehrabschlussprüfung absolvieren könne. Der BF legte keine entsprechenden Nachweise vor und verwies auf die Möglichkeit von Exkursionen (Anfrage bei WK) und der Tatsache, dass die Berufsschule in den Sommermonaten geschlossen habe. Weiters verwies der BF auf den Eingriff seiner Freizügigkeitsrechte gem. 4 Zusatzprotokoll der EMRK.

10. Aufgrund einer Anfrage bei der Berufsschule des BF durch das Gericht, wurde dem BVwG mitgeteilt, dass der BF im 1. Lehrgang ist und in diesem Jahr keine Exkursion in das Ausland geplant sind. Wenn eine Exkursion geplant sei und er nicht teilnehmen kann, so werde er in eine andere Klasse beschult oder zur Arbeit in die Firma entsendet. Eine entsprechende Beurteilung von Arbeitsaufträgen im Ausland, können nur teilweise die gesamte Note beeinflussen. Es ist kein Fall bekannt, wo ein Lehrling an der Schule bzgl. einer Exkursion nicht abschließen könne.

11. Der BF hatte die Möglichkeit zum Schreiben der Berufsschule eine Stellungnahme abzugeben und verzichtete darauf.

Das Bundesverwaltungsgericht hat von Amts wegen erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist afghanischer Staatsbürger

Der Beschwerdeführer wurde mit mündlich verkündeten Erkenntnis vom 17.10.2018 gem. §55 Abs. 1 Z 1 und Z 2 und § 54 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 der Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung plus" für die Dauer von 12 Monaten erteilt. Gleichzeitig wurde seine Beschwerde auf Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten oder eines subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen. Das Erkenntnis erwuchs in Rechtskraft.

Der BF besitzt ein befristete "Aufenthaltsberechtigung plus" bis zum 16.10.2019.

Der BF ist Maurerlehrling und muss in diesem Schuljahr keine Exkursion in das Ausland durchführen. Eine Nichtteilnahme an einer Auslandsexkursion würde nicht zu einem negativen Abschluss der Lehre führen.

Der BF stellte am 07.02.2019 einen Antrag auf Ausstellung eines Fremdenpasses.

Der BF konnte trotz Nachfrage bei der afghanischen Vertretung keinen afghanischen Reisepass oder Geburtsurkunde erlangen.

Der BF konnte kein Interesse der Republik Österreich an der Ausstellung eines Fremdenpasses vorbringen.

2. Beweiswürdigung:

Die Identität des BF ergibt sich aus den Vorverfahren zum Asylverfahren und der Angaben im Verfahren und aus dem Verwaltungsakt. Der Sachverhalt ist aktenkundig, unstrittig und deshalb erwiesen.

Die befristete "Aufenthaltsberechtigung plus" bis 16.10.2019 ergibt sich aus dem Erkenntnis und dem vom BF im Antragsschreiben festgeschriebenen Aufenthaltstitel.

Dass der BF keinen afghanischen Reisepass und Geburtsurkunde bis zur Antragsstellung erhalten hat, ergibt sich aus seinen Auskünften und den auch in der Anfragebeantwortung ersichtlichen Hürden bei Ausstellung eines entsprechenden Dokumentes bei fehlender Tazkira.

Dass der BF an keiner Exkursion im Ausland für seine Maurerlehre teilnehmen muss, ergibt sich aus der Beantwortung der Fragen des Direktors der Landesberufsschule Dornbirn (email vom 16.09.2019). Der BF erhob dagegen keine Einwände. Auch wurde in diesem Schreiben glaubwürdig dargelegt, dass auch eine Nichtteilnahme des BF an einer Exkursion im Ausland nicht zu einer negativen Gesamtnote führen wird.

Die Antragstellung ist aus dem Verwaltungsakt ersichtlich.

3. Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

§ 88 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idgF lautet:

"Ausstellung von Fremdenpässen"

§ 88. (1) Fremdenpässe können, sofern dies im Hinblick auf die Person des Betroffenen im Interesse der Republik gelegen ist, auf Antrag ausgestellt werden für

1. Staatenlose oder Personen ungeklärter Staatsangehörigkeit, die kein gültiges Reisedokument besitzen;

. ausländische Staatsangehörige, die über ein unbefristetes Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet verfügen und nicht in der Lage sind, sich ein gültiges Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen;

3. ausländische Staatsangehörige, die nicht in der Lage sind, sich ein gültiges Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen und bei denen im Übrigen die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels "Daueraufenthalt - EU" (§ 45 NAG) gegeben sind;

4. ausländische Staatsangehörige, die nicht in der Lage sind, sich das für die Auswanderung aus dem Bundesgebiet erforderliche Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen oder

5. ausländische Staatsangehörige, die seit mindestens vier Jahren ununterbrochen ihren Hauptwohnsitz im Bundesgebiet haben, sofern der zuständige Bundesminister oder die Landesregierung bestätigt, dass die Ausstellung des Fremdenpasses wegen der vom Fremden erbrachten oder zu erwartenden Leistungen im Interesse des Bundes oder des Landes liegt.

(2) Fremdenpässe können auf Antrag weiters ausgestellt werden für Staatenlose, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, oder Personen ungeklärter Staatsangehörigkeit, die kein gültiges Reisedokument besitzen und sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten.

(2a) Fremdenpässe sind Fremden, denen in Österreich der Status des subsidiär Schutzberechtigten zukommt und die nicht in der Lage sind, sich ein gültiges Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen, auf Antrag auszustellen, es sei denn, dass zwingende Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung dem entgegenstehen.

(3) Die Gestaltung der Fremdenpässe wird entsprechend den für solche Reisedokumente international üblichen Anforderungen durch Verordnung des Bundesministers für Inneres bestimmt. Im Übrigen hat die Verordnung den für Reisepässe geltenden Regelungen des Paßgesetzes 1992, BGBl. Nr. 839, zu entsprechen.

(4) Hinsichtlich der weiteren Verfahrensbestimmungen über die Ausstellung eines Fremdenpasses, der Bestimmungen über die Verarbeitung und Löschung von personenbezogenen Daten und der weiteren Bestimmungen über den Dienstleister gelten die Bestimmungen des Paßgesetzes entsprechend."

§ 45 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, BGBl Nr. 100/2005 idgF lautet:

Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt-EU":

§ 45. (1) Drittstaatsangehörigen, die in den letzten fünf Jahren ununterbrochen tatsächlich niedergelassen waren, kann ein Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - EU" erteilt werden, wenn sie

1. die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllen und

2. das Modul 2 der Integrationsvereinbarung (§ 10 IntG) erfüllt haben.

(2) Zur Niederlassung berechtigten Drittstaatsangehörigen ist die Zeit eines unmittelbar vorangehenden rechtmäßigen Aufenthalts im Bundesgebiet auf Grund einer Aufenthaltsbewilligung (§ 8 Abs. 1 Z 12) oder eines Aufenthaltstitels "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" (§ 57 AsylG 2005) zur Hälfte auf die Fünfjahresfrist gemäß Abs. 1 anzurechnen. Zur Niederlassung berechtigten Drittstaatsangehörigen ist die Zeit eines unmittelbar vorangehenden rechtmäßigen Aufenthaltes im Bundesgebiet aufgrund einer "Aufenthaltsberechtigung plus" (§ 54 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005) oder einer "Aufenthaltsberechtigung" (§ 54 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005) zur Gänze auf die Fünfjahresfrist anzurechnen.

Zu A)

Der Beschwerdeführer fällt offensichtlich weder unter die Fälle des § 88 Abs. 1 Z 1, 3-5 FPG, noch des § 88 Abs. 2 oder 2a FPG. Der BF brachte auch selbst bei Antragsstellung vor, dass er ein afghanischer Staatsangehöriger ist, welcher ein befristetes Aufenthaltsrecht bis zum 16.10.2019 besitzt. Dass der Beschwerdeführer auswandern wolle oder er erbrachte oder zu erwartende Leistungen im Interesse des Bundes oder des Landes vollbracht habe, wurde von ihm nicht vorgebracht. Die Absolvierung des Lehrberufes ist auch ohne entsprechende Exkursion im Ausland möglich. Der Aufenthaltstitel ist eine Aufenthaltsberechtigung plus, welche mit Erkenntnis des BVwG vom 17.10.2018 zuerkannt wurde. Wenngleich die Beschwerde auch Bezug zur Ausstellung von Fremdenpässen für Fremde, welche den Status des subsidiär Schutzberechtigten zukommt, nimmt, so ist dem entgegenzuhalten, dass gerade mit dem oa. Erkenntnis der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt wurde, da diese Beschwerde im gegenständlichen Punkt abgewiesen wurde. Das Erkenntnis erwuchs in Rechtskraft, dies wurde auch nicht bestritten.

Die vom BF in Antragsstellung vermerkte Voraussetzung des Abs. 1 Z 3 kann nach Prüfung des Gerichtes und Nichtvorlage weiterer Urkunden, nicht bestätigt werden, zumal zwar eine Aufenthaltsberechtigung plus, wie der BF seit 17.10.2018 besitzt, und für die in § 45 NAG notwendige fünfjährige Niederlassung zur Gänze anzurechnen ist, im gegebenen Fall der BF, jedoch erst ein Jahr diese Aufenthaltsberechtigung besitzt. Eine sonstige Aufenthaltsberechtigung bzw. die Erfüllung der notwendigen Fünfjahresfrist wurde nicht vorgebracht und konnte von amts wegen auch nicht festgestellt werden.

Mit der auch im antragsbedürftigen Verfahren amtswegigen Pflicht zur Sachverhaltsfeststellung korrespondiert die Pflicht der Parteien, an der Ermittlung des Sachverhaltes mitzuwirken. Die Offizialmaxime befreit die Parteien nicht davon, durch substanziiertes Vorbringen zur Ermittlung des Sachverhaltes beizutragen, wenn es einer solchen Mitwirkung bedarf; eine solche Mitwirkungspflicht ist dann anzunehmen, wenn der behördlichen Ermittlungen faktische Grenzen gesetzt sind und die Behörde von sich aus nicht in der Lage ist, ohne Mitwirkung der Partei tätig zu werden (VwGH 24.4.2007, 2004/05/0285). Der BF hatte keine weiteren Beweise oder substanziiertes Vorbringen erbracht, welches die Erfüllung eines Tatbestandes nach § 88 Abs. 1 Z 1- 5 darlegen konnte.

Da der BF über keinen Status als subsidiär Schutzberechtigten verfügt ist auch die in Z. 2a notwendigen zwei weiteren Voraussetzungen nämlich, ob der BF nicht in der Lage ist ein gültiges Reisedokument seines Heimatstaates zu beschaffen und ob zwingende Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung dem entgegenstehen, nicht zu prüfen. Daher erweist sich das Vorbringen des BF in seiner Beschwerde dahingehend, dass ihm seitens der afghanischen Vertretung keine Dokumente ausgestellt hat als nicht gegenständlich zu beurteilendes, zumal es dem BF schon an der ersten Voraussetzung fehlt.

Wenn nun der BF weiters vorbringt, dass der Begriff "im Interesse der Republik gelegen" als zu unbestimmt definiert ist und nur angeführt wird, dass dieses Interesse gem. der Judikatur des VwGH (17.03.1998, 97/21/0295) "restriktiv auszulegen" ist, so ist dem entgegenzuhalten, dass im gegenständlichen Verfahren, dieses Interesse nicht geprüft werden muss, zumal keine Voraussetzungen gem. § 88 Abs. 1 Z 1 - 5 vorliegen, sodass der BF durch diesen Begriff nicht in seinen Rechten eingeschränkt wird. Auch hat der BF kein mögliches Interesse der Republik an der Ausstellung des Fremdenpasses vorgebracht. Wenngleich der BF vermeine der Abschluss der Lehre wäre ein solches, so ist dem wieder entgegenzuhalten, dass er diese Lehre auch innerhalb Österreich abschließen kann und keine Reise in das Ausland zwingend notwendig ist. Die Voraussetzungen der Z. 1 - 5 sind gesetzlich klar determiniert und für jeden Normadressaten vorausberechenbar.

Österreich eröffnet mit der Ausstellung eines Fremdenpasses dem Inhaber die Möglichkeit zu reisen und übernimmt damit auch eine Verpflichtung gegenüber den Gastländern. Diese an sich nur gegenüber Staatsbürgern einzunehmende Haltung erfordert einen restriktiven Maßstab (VwGH 29.01.2008, 2007/18/0601). Dieses Erkenntnis zeigt auch, dass der Staat wohl eine Einschränkung bei der Ausstellung eines Fremdenpasses vornehmen kann und nicht eine positive Verpflichtung des Mitgliedstaates besteht, dem Drittstaatsangehörigen ein Reisedokument auszustellen, um jedenfalls seine Reisefreizügigkeit zu ermöglichen. Wenngleich auch der BF nicht in Österreich festgehalten wird und er daher in Österreich reisen kann und in das Ausland, jedoch nur ohne entsprechende Verpflichtung des österreichischen Staates gegenüber den ausländischen Staaten.

Dass dem Beschwerdeführer durch die Nichtausstellung eines Fremdenpasses die Möglichkeit einer Reise in das Ausland genommen werde stellt gerade keinen Grund dar, der ein öffentliches Interesse im Sinne des § 88 Abs. 1 FPG dartun könnte (VwGH 15.09.2010, 2010/18/0279).

Auch der Umstand, der Fremdenpass werde benötigt, damit der Fremde reisen könne, bildet nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes keinen Grund, der ein öffentliches Interesse dartun könnte (VwGH 02.09.1999, 96/18/0137, VwGH 19.11.2003, 2003/21/0053).

Schließlich bringt der BF nun vor einen Eingriff in das Recht auf Freizügigkeit und zwar insbesondere sein Recht, jedes Land, einschließlich sein eigenes verlassen zu dürfen (Art. 2 Abs. 2 4. Zusatzprotokoll zur EMRK). Diese Garantie der EMRK gilt auch für Personen, die nicht die Staatsangehörigkeit des Mitgliedstaates der EMRK besitzen, aus dem sie ausreisen wollen (Grabenwarter/Pabel, Europäische Menschenrechtskonvention, 5. Auflage, Abs. 44 zu § 21. S. 217).

Mit dieser Grundrechtsgarantie ist unter anderen das Recht gemeint, ein Land für ein anderes Land der Wahl einer betroffenen Person verlassen zu dürfen, sofern dieses die Einreise erlaubt (EGMR, Baumann/Frankreich, 22.05.2001, Zl. 33592/96, § 61). Im Zusammenhang mit Ausreisebeschränkungen, vor allem beim Vorenthalt von Reisedokumenten, entschied der EGMR - so wie auch in der Beschwerde vorgebracht - bisher folgende Szenarien:

Ausreisebeschränkungen wegen anhängiger Strafverfahren, wegen der Durchsetzung von strafrechtlichen Verurteilungen, bei anhängigen Insolvenzverfahren, bei der Weigerung Steuern, Zollstrafen oder Zusprüche an Private nach Gerichtsentscheidungen zu bezahlen, der Kenntnis von Staatsgeheimnissen, der Verweigerung des Wehrdienstes, Gerichtsentscheidungen betreffend die Außerlandesbringung von Minderjährigen, bei Befürchtung der Verletzung von Einwanderungsbestimmung eines anderen Staates und schließlich bei der fehlender Kinderunterhaltszahlung (siehe für eine Auflistung der entsprechenden Referenzen EGMR, Battista/Italien, 01.12.2014, Zl. 43978/09, § 36).

Dort, wo die Rechtsprechung Ausländer betraf, ging es um die Einbehaltung von Reisedokumenten (siehe dazu z.B. wie oben Baumann/Frankreich, § 57; Riener/Bulgarien, 23.05.2006, Zl. 46343/99). Keine Rechtsprechung des Gerichtshofes befasste sich bisher damit, ob Art. 2 Abs. 2 4. Zusatzprotokoll zur EMRK auch eine positive Verpflichtung des Mitgliedstaates beinhalten würde, Drittstaatenangehörigen Reisedokumente auszustellen, um ihnen eine entsprechende Freizügigkeit zu ermöglichen.

Inwieweit eine solche Verpflichtung auch für die Situation des BF besteht, kann im gegenständlichen Fall dahingestellt bleiben. Der Eingriff beruht auf einem ausreichend bestimmten und nachvollziehbaren Gesetz, nämlich § 88 FPG, und verfolgt wohl die legitimen Ziele der Aufrechterhaltung des ordre public und des Schutzes der Rechte Freiheiten anderer dahingehend, dass die Verantwortungsübernahme Österreichs gegenüber Gastländern und der Eingriff in die Souveränität anderer Staaten an die Einhaltung bestimmter formeller Kriterien gebunden sein soll.

Das Bundesverwaltungsgericht vermeint schließlich auch, dass die Maßnahme bzw. der Eingriff verhältnismäßig ist. Die beschwerdeführende Partei ist zurzeit daran gehindert, einen Fremdenpass zu erlangen, weil sie über keinen unbefristeten Aufenthaltstitel in Österreich bzw. nicht über die Voraussetzungen für die Erteilung des Titels "Daueraufenthalt - EU" verfügt und auch noch nicht abschließend geklärt ist, ob sie nicht zum Erteilungszeitpunkt "Daueraufenthalt-EU" Reisedokumente von ihrem Herkunftsstaat erlangen kann. Damit kann ihr jedoch die Erlangung eines Fremdenpasses in der Zukunft, nach Erfüllen der notwendigen Voraussetzungen für einen unbefristeten Aufenthalt in Österreich und entsprechender, zum Zeitpunkt der Antragsstellung, zielführender aber ergebnisloser Versuch bei der Botschaft offenstehen und ist ihre Freizügigkeitsbeschränkung daher voraussichtlich nicht dauerhaft.

Gerade der Absatz 3 des Artikel 2 des 4 ZP zu EMRK sieht vor, dass die Ausübungen dieser Rechte Einschränkungen unterworfen werden kann, wenn diese gesetzliche vorgesehen sind und in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale oder öffentliche Sicherheit, zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung, zur Verhütung von Straftaten, zum Schutz der Gesundheit oder der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig sind.

In Hinblick auf das nachvollziehbar große Interesse der Republik an einer restriktiven und an einen unbefristeten Aufenthalt gebundenen Übernahme von Verantwortung für Fremde in Bezug auf Gastländer genauso wie im Verhältnis zu anderen Staaten, deren Angehörigkeit Fremde haben, sowie der Subsidiarität der Ausstellung eines Fremdenpasses in Bezug auf Dokumente des Herkunftsstaats sind diese Kriterien für Personen, die einen österreichischen Fremdenpass wollen, nicht unverhältnismäßig und zumutbar. Zumal auch der BF keine unbefristete Einschränkung seiner Reisefreiheit zu erwarten hat und die Einschränkung aufgrund gesetzlicher Bestimmungen erfolgte. Räumliche Beschränkungen sind gerade erlaubt, wenn es nationale Rechtsbestimmungen gibt (EGMR 20.11.2007, Application Nr. 44294/04, Sunday E. Omwenveke against Germany).

Grundsätzlich wird darauf hingewiesen, dass verfassungsrechtliche Bedenken der Vertretung des BF in der Beschwerde nicht geteilt werden und somit von einer verfassungsrechtlich unproblematischen Anwendung der Bestimmungen des § 88 FPG ausgegangen wird, weshalb auch keine Anregung an den Verfassungsgerichtshof zur Gesetzesprüfung erfolgt.

2. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG unterbleiben, zumal der entscheidungsrelevante Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt war. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Gemäß § 24 VwGVG kann - soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist - das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteienantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen.

Im vorliegenden Fall ergibt sich, dass aus dem Inhalt des Verwaltungsaktes in Verbindung mit der Beschwerde der maßgebliche Sachverhalt als geklärt anzusprechen ist.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Die hier anzuwendenden Regelungen erweisen sich als klar und eindeutig (vgl. dazu auch OGH 22.3.1992, 5 Ob 105/90; vgl. zur Unzulässigkeit der Revision bei eindeutiger Rechtslage trotz fehlender Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes etwa VwGH 28.05.2014, Ro 2014/07/0053).

Schlagworte

Fremdenpass, mangelnder Anknüpfungspunkt, Verhältnismäßigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W272.2112011.3.00

Zuletzt aktualisiert am

26.05.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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