TE Bvwg Erkenntnis 2019/10/14 W268 1420002-4

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Veröffentlicht am 14.10.2019
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Entscheidungsdatum

14.10.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §57
AVG §68 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z5
FPG §55 Abs1a

Spruch

W268 1420002-4/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin MMag. Iris GACHOWETZ über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , ungeklärte Staatsangehörigkeit, alias staatenlos, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.09.2019, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A)

I. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt VII. des angefochtenen Bescheides wird mit der Maßgabe stattgegeben, dass gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I. Nr. 100/2005 idgF, die Dauer des Einreiseverbotes auf 5 Jahre herabgesetzt wird.

II. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Erstes Asylverfahren:

1.1. Der Beschwerdeführer (im Weiteren kurz "BF" genannt), dessen Staatsangehörigkeit bis dato unbekannt ist, gelangte laut eigenen Angaben im Sommer 2010 illegal in das österreichische Bundesgebiet und stellte am 25.08.2010 - nach Festnahme wegen des Verdachts der Verwaltungsübertretung gemäß § 120 FPG - einen Antrag auf internationalen Schutz.

Im Zuge seiner Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 25.08.2010 in arabischer Sprache gab der BF ua an, er stamme aus dem Gazastreifen, welchen er vor zweieinhalb Jahren aufgrund des Krieges und mangelnder Jobaussichten verlassen habe.

1.2. Im Zuge einer weiteren Einvernahme am 22.03.2011 wurden dem BF verschiedene Fragen zu seinem behaupteten Herkunftsgebiet gestellt, etwa nach der Anzahl und den Namen der Bezirks- bzw. Stadtteile von Gaza-Stadt, nach den Namen der palästinensischen Flüchtlingslager, nach dem Namen des Grenzüberganges nach Israel, ob es jüdische Siedlungen im Gazastreifen gebe, nach den Namen weiterer Städte im Gaza-Streifen, nach der geografischen Lage von Gaza-Stadt, welche Währung im Gazastreifen verwendet werde und wie die politischen Parteien der Palästinenser heißen würden. Der BF war nur in äußerst geringem Maße in der Lage, die oben angeführten Fragen zutreffend oder schlüssig zu beantworten, zum Großteil waren seine Erklärungen unzureichend oder falsch bzw. gab er auf die Fragen als Antwort "ich weiß es nicht" an. Er würde dabei bleiben, er habe die Wahrheit gesagt und komme aus Gaza.

1.3. Mit Bescheid des Bundesasylamtes wurde der Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I). Gemäß § 8 Abs. 6 AsylG wurde der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen (Spruchpunkt II.) und der Beschwerdeführer gem. § 8 Abs. 6 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgewiesen (Spruchpunkt III.). Einer Beschwerde gegen diesen Bescheid wurde gemäß § 38 Abs. 1 Z 3 AsylG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt IV.).

1.4. In Erledigung einer gegen diesen Bescheid eingebrachten Beschwerde wurde vom Asylgerichtshof der bekämpfte Bescheid mit Erkenntnis vom 29.08.2011 behoben und die Angelegenheit gemäß § 66 Abs. 2 AVG zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesasylamt zurückverwiesen.

1.5. Am 04.10.2011 wurde der BF vom Bundesasylamt erneut niederschriftlich einvernommen; dazu wurde er aus der Strafhaft vorgeführt. Im Zuge der Einvernahme wurde dem BF die seitens des BAA vertretene Ansicht, wonach er nicht aus dem Gazastreifen stamme und sein ausreisekausales Vorbringen als tatsachenwidrig qualifiziert werde, vorgehalten, jedoch bestätigte der BF sein bisheriges Vorbringen bzw. erklärte der BF, der einvernehmende Referent könne sagen und schreiben, was er wolle. Er habe seinem bisherigen Vorbringen nichts hinzuzufügen und wolle auch nichts daran abändern. Ergänzend führte er aus, dass er wegen Suchtgifthandels zu einer unbedingten siebenmonatigen Haftstrafe verurteilt worden sei.

1.6. Mit neuerlichem Bescheid des Bundesasylamtes vom 07.10.2011 wurde der Antrag des BF vom 25.08.2010 auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I). Gemäß § 8 Abs. 6 AsylG wurde der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen (Spruchpunkt II.) und der BF gem. § 8 Abs. 6 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgewiesen (Spruchpunkt III.). Zudem wurde einer Beschwerde gegen diesen Bescheid gemäß § 38 Abs. 1 Z 3 AsylG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt IV.).

1.7. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 29.12.2011 abgewiesen.

1.8. Das Verfahren erwuchs mit 30.12.2011 in Rechtskraft.

2. Zweites Asylverfahren:

2.1. Am 05.06.2015 brachte der BF nach einer Rücküberstellung aus Finnland im Rahmen des Dubliner Übereinkommens einen Antrag auf internationalen Schutz ein und gab zu seinen Fluchtgründen an, dass in seiner Heimat Krieg herrsche und er dort viele Probleme gehabt habe. Er wolle sich in Österreich ein neues Leben aufbauen. Er habe seine gesamte Familie verloren und habe niemanden mehr in seiner Heimat. Er halte seine Asylgründe vom ersten Antrag aufrecht. Er habe auch in Österreich Probleme aufgrund seines Drogenkonsums bekommen.

2.2. Am 07.07.2015 wurde der BF einer niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA unterzogen, in welcher er neuerlich vorbrachte, dass er Palästinenser sei und nicht in seinen Herkunftsstaat zurückkehren könne, da dort Krieg sei. Im Rahmen der Einvernahme wurde dem BF die Möglichkeit eingeräumt, binnen einer Frist bis zum 27.07.2015 Dokumente betreffend seinen Herkunftsstaat vorzulegen. Weiters machte der BF psychische Probleme aufgrund seiner Drogensucht geltend.

Die Ladung zu einer ärztlichen PSY III Untersuchung übernahm der BF nicht.

2.3. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in weiterer Folge "BFA" genannt) vom 16.10.2015 wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 05.06.2015 gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückverwiesen.

2.4. Dieser Bescheid erwuchs mangels Beschwerdeerhebung mit 28.10.2015 in Rechtskraft.

3. Drittes Asylverfahren:

3.1. Am 21.05.2019 wurde der BF im Rahmen einer Identitätskontrolle angehalten und festgenommen. Er wurde mit Suchtgift betreten.

3.2. Am 22.05.2019 wurde eine Einvernahme zur Verhängung der Schubhaft im PAZ Hernalser Gürtel durchgeführt. Dort gab er befragt nach allfälligen Verfolgungsgründen in seinem Herkunftsstaat an, dass er wegen des Kriegs gegen Israel verfolgt werde. Im Rahmen der Einvernahme schloss der herangezogene Dolmetscher eine Herkunft des BF aus Palästina aus. In Folge wurde über den BF die Schubhaft mittels Bescheid verhängt.

3.3. Am 23.05.2019 stellte der BF aus dem Stande der Schubhaft den gegenständlichen dritten Antrag auf internationalen Schutz.

3.4. Im Rahmen der Erstbefragung am 24.05.2019 führte der BF diesbezüglich aus, dass er seine bisherigen Fluchtgründe weiterhin aufrecht halte und ergänzend dazu angeben wolle, dass er keine Familie habe und seine Eltern verstorben seien. Er wisse nicht, wohin er gehen könne. Er sei drogenabhängig und benötige eine Therapie. Er habe alle seine Gründe genannt und wolle nichts hinzufügen. Befragt nach seinen Rückkehrbefürchtungen gab der BF an, dass die Juden vor etwa 12 oder 13 Jahren sein Familienhaus weggenommen hätten. Er habe Palästina im Alter von etwa sechs Jahren verlassen. Es gebe keine Änderung bei seinen Fluchtgründen.

3.5. Am 03.06.2019 führte das BFA eine Einvernahme mit dem BF durch, in welcher dieser vorbrachte, dass seine Fluchtgründe aus dem ersten Verfahren weiterhin bestehen würden. Die Israelis würden ihnen das Leben schwer machen. Sie hätten ihr Haus bombardiert und alle seien gestorben. Der BF habe niemanden mehr. Er sei psychisch krank und nehme Drogen. Befragt, weshalb der BF immer wieder untergetaucht sei, gab er an, dass er keine Dokumente und Papiere bekommen habe, jedoch immer da gewesen sei. Es gebe keine Neuigkeiten bei seinen Fluchtgründen, er habe jedoch immer wieder Panikattacken und könne nicht schlafen.

Seitens des BFA wurde in Folge eine Sprachanalyse veranlasst, welche am 11.06.2019 durchgeführt wurde. Demnach spreche der BF keinen palästinensischen Dialekt, sondern eine Variante von Arabisch, welche sehr wahrscheinlich Nordafrika, hierbei insbesondere Algerien oder Marokko zuzuordnen sei.

Weiters wurde vom BFA dem Facharzt für Psychiatrie im PAZ HG ein Fragebogen übermittelt, um festzustellen, ob eine Abschiebung des BF eine Verschlechterung seines Gesundheitszustandes bewirken würde, was verneint wurde.

Am 02.07.2019 wurde der BF wegen Haftunfähigkeit aus der Schubhaft entlassen.

3.6. Am 11.09.2019 wurde der BF vor dem BFA niederschriftlich einvernommen und wurde ihm das Ergebnis der Sprachanalyse zu Kenntnis gebracht. Der BF gab hierzu an, dass er Palästina schon sehr jung verlassen habe und sein ganzes Leben nur mit Algeriern und Marokkanern verbracht habe und deshalb so wie diese rede.

3.7. Mit Bescheid des BFA vom 17.09.2019 wurde der Antrag auf internationalen Schutz des BF hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten sowie hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß §68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückverwiesen (Spruchpunkte I. und II.). Gemäß § 57 AsylG 2005 wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt und gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkte III. und IV.). Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG in seinen Herkunftsstaat zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1 a FPG wurde keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt VI.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 5 FPG idgF wurde gegen den BF ein auf die Dauer von 10 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VII.).

Vom BFA wurde unter anderem ausgeführt, dass die Identität des BF nicht feststehe und er kein Staatsangehöriger von Palästina sei. Er sei jung, gesund, arbeitsfähig und für niemanden sorgepflichtig. Er sei mehrfach strafrechtlich in Erscheinung getreten und mehrmals rechtskräftig verurteilt worden. Er habe sich während seines Aufenthalts in Österreich mehrmals in Haft befunden und befinde sich auch derzeit in Untersuchungshaft. Er habe keine Familienangehörigen in Österreich. Der BF habe keine glaubwürdigen Fluchtgründe vorgebracht. Er stamme nicht aus Palästina, weshalb auch sein Fluchtvorbringen nicht der Wahrheit entspreche. Welche Staatsangehörigkeit der BF tatsächlich habe, könne nicht festgestellt werden. Laut Auskunft der palästinensischen Botschaft handle es sich beim BF nicht um einen Palästinenser aus dem Gazastreifen, sondern sei der BF höchstwahrscheinlich Staatsangehöriger von Algerien. Bereits im ersten Asylverfahren des BF sei festgestellt worden, dass der BF nicht aus Palästina stamme. Aus dem nunmehrigen Vorbringen des BF ergebe sich kein neuer Sachverhalt. Der BF sei als Person nicht glaubwürdig und habe bezüglich Palästina gar keine Kenntnisse. Auch in der Sprachanalyse sei festgestellt worden, dass der BF höchstwahrscheinlich aus Algerien oder Marokko stamme. Zur Verhängung des auf 10 Jahre befristeten Einreiseverbotes wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der BF durch sein Verhalten einerseits gezeigt habe, dass er kein Interesse daran habe, die Gesetze Österreichs zu respektieren und dass er eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstelle. Insbesondere Suchtgiftkriminalität stelle ein besonders verpöntes Verhalten dar, bei dem erfahrungsgemäß eine hohe Wiederholungsgefahr gegeben sei.

3.8. Gegen Spruchpunkte III.-VII. des Bescheids wurde binnen offener Frist Beschwerde erhoben. Darin wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der BF bereits seit vielen Jahren in Österreich lebe und bereits sehr gut Deutsch spreche. Er wäre bereit, jede Arbeit anzunehmen, falls er Zugang zum Arbeitsmarkt hätte. Zu einem anderen Staat außer Österreich habe der BF keine Anknüpfungspunkte. Auch habe der BF keine lebenden Verwandten oder Bekannte in anderen Ländern. Die Behörde habe unberücksichtigt gelassen, dass der BF in der Haft seine Alkohol- und Drogenabhängigkeit zu überwinden versucht und er sich lediglich in Untersuchungshaft befinde. Zusätzlich spreche der BF sehr gut Deutsch. Weiters habe die Behörde keine Feststellungen zu den Anknüpfungspunkten des BF zu seinem Herkunftsland treffen können, jedoch dennoch eine Abschiebung als notwendig beurteilt. Es würden keine Kontakte zu Familienangehörigen in keinem Land bestehen. Die Eltern des BF seien bereits verstorben. Zudem habe die Behörde eine unrichtige rechtliche Beurteilung vorgenommen. Der BF halte sich seit geraumer Zeit in Österreich auf, könnte jederzeit einer geregelten Arbeit nachgehen, sei bereit, seine Drogenabhängigkeit zu therapieren und spreche sehr gut Deutsch. Eine Rückkehrentscheidung sei daher nicht geboten. Im Hinblick auf das verhängte Einreiseverbot würde eine nachvollziehbare einzelfallbezogene Gefährdungsprognose fehlen. Hätte die Behörde eine solche vorgenommen, hätte sie in Betracht gezogen, dass er nunmehr clean sei, und wäre zur Einsicht gekommen, dass der BF künftig keine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellen werde. Ein 10-jähriges Einreiseverbot sei weder erforderlich noch verhältnismäßig. Zudem sei auch die Begründung der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung mangelhaft gewesen. Letztendlich wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung zur Klärung des maßgeblichen Sachverhalts - insbesondere zur Gefährlichkeitsprognose beantragt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Identität des BF steht nicht fest. Der BF stammt nicht aus Gaza bzw. Palästina. Sein wahres Herkunftsland ist nicht feststellbar, da der BF dieses - nach wie vor - verschleiert.

Diese Feststellungen lagen bereits dem rechtskräftigen Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 29.12.2011 zugrunde. Mit dem genannten Erkenntnis des Asylgerichtshofes wurde die Beschwerde des BF gegen den seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz vom 25.08.2010 abweisenden Bescheid des Bundesasylamtes gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 6 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen und gemäß 10 Abs. 1 Z 2 iVm § 8 Abs. 6 die vom Bundesasylamt ausgesprochene Ausweisung bestätigt.

Der zweite Antrag des BF auf internationalen Schutz wurde mit Bescheid des BFA vom 16.10.2015 gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückverwiesen und erwuchs mangels Beschwerdeerhebung in Rechtskraft.

Der BF stütze seinen neuen (dritten) Folgeantrag auf internationalen Schutz vom 23.05.2019 auf seine bereits dargetanen Fluchtgründe hinsichtlich des von ihm behaupteten Herkunftslandes Gaza/Palästina. Neue Beweismittel wurden vom BF dazu nicht vorgelegt.

Der BF leidet aktuell an keiner akuten, lebensbedrohlichen Erkrankung und ist haftfähig. Es wurde vom BF eine Alkohol- bzw. Drogensucht geltend gemacht, welche auch schon Gegenstand der Vorverfahren gewesen ist. Feststellungen zur Erhältlichkeit der Medikamente bzw. Behandlungsmöglichkeiten im Herkunftsland des BF können mangels Feststellbarkeit des Herkunftslandes nicht getroffen werden.

Der BF hält sich zumindest seit 2010 mit Unterbrechungen im Bundesgebiet auf. Er hat in dieser Zeit bislang drei unbegründete Asylanträge gestellt. Ein nicht auf asylrechtliche Bestimmungen gestütztes Aufenthaltsrecht ist dem BF nie zugekommen.

Der BF hat in Österreich keine Familienangehörigen, jedoch Freunde und Bekannte. Er hat in Österreich Deutschkurse besucht und beherrscht die deutsche Sprache. Sehr gute Deutschkenntnisse können jedoch nicht festgestellt werden. Er ist nicht selbsterhaltungsfähig und bislang keiner legalen Erwerbstätigkeit nachgegangen. Nicht festgestellt werden kann letztendlich eine ausgeprägte und verfestigte entscheidungserhebliche individuelle Integration des BF in Österreich.

Der BF wurde wegen der Begehung von Straftaten mehrfach rechtskräftig verurteilt:

1) Urteil des Landesgerichts für Strafsachen XXXX vom XXXX zur Zahl

XXXX gemäß § 27 Abs. 1/1, 27 Abs. 3 SMG, § 15 StGB und § 27 Abs. 1/1 u § 27 Abs.2/2 SMG rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von fünf Monaten, bedingt, Probezeit auf drei Jahre.

2) Urteil des Landesgerichts für Strafsachen XXXX vom XXXX zur XXXX gemäß § 27 Abs. 1/1, 27 Abs. 3 SMG, § 15 StGB rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten.

3) Urteil des Landesgerichts für Strafsachen XXXX vom XXXX zur XXXX gemäß § 27 Abs. 1/1 1.Fall, §27 Abs. 1 Z1 2.Fall, 27 Abs. 2 SMG, § 27 Abs. 1 Z1 8.Fall, § 27 Abs. 3 SMG und § 15 StGB rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten.

4) Urteil des Landesgerichts für Strafsachen XXXX vom XXXX zur XXXX gemäß § 127, 129 Z3, 130 1.Fall StGB rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten.

Der BF ist in Österreich somit insgesamt 4 Mal rechtskräftig, davon drei Mal wegen Drogendelikten sowie einmal aufgrund eines Eigentumsdelikts, verurteilt worden.

Der BF befindet sich nunmehr neuerlich seit 17.06.2019 in Justizhaft (Untersuchungshaft), da er mit Suchtgift betreten wurde. Es wurde gegen ihn eine Anzeige gemäß §27 Abs. 1 SMG erstattet.

Er befand sich während seines Aufenthaltszeitraums in Österreich über zweieinhalb Jahre in Justizhaft.

Gründe für ein Aufenthaltsrecht aus berücksichtigungswürdigen Gründen konnten nicht festgestellt werden.

Zur Situation im Herkunftsland konnten - mangels Feststellbarkeit des Herkunftslandes - keine Feststellungen getroffen werden.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zur Identität des BF, seiner Staatsangehörigkeit und Volksgruppenzugehörigkeit wurden bereits mit Bescheid des BFA festgestellt und gründen auf dessen eigenen Angaben im Asylverfahren.

Die Ausführungen zum Verfahrensverlauf hinsichtlich seines Asylverfahrens ergeben sich aus dem Akteninhalt.

Die Feststellungen zur persönlichen und familiären Situation des BF in Österreich ergeben sich aus seinen Angaben im Rahmen der Verfahren sowie aus Abfragen in den entsprechenden amtlichen österreichischen Registern (Zentrales Melderegister, Fremdeninformationssystem, Grundversorgungs-Informationssystem).

Die Feststellungen zu den Verurteilungen ergeben sich aus der Einsichtnahme in das Strafregister. Zudem wurden die Urteile des Landesgerichts XXXX eingesehen und sind nunmehr im Akt eingelegt.

Den Feststellungen des BFA, abgesehen von denen zu seinen Deutschkenntnissen, wurde im Rahmen der Beschwerde nicht entgegengetreten. Das Bundesverwaltungsgericht kam bezüglich der sprachlichen Kenntnisse des BF letztendlich zur Auffassung, dass dieser zwar Deutsch spricht und in der Lage ist, sich zu verständigen. Von sehr guten Deutschkenntnissen kann insofern nicht gesprochen werden, als aus dem Einvernahmeprotokoll vom 03.06.2019 hervorgeht, dass der BF die ihm auf Deutsch gestellten Fragen nur teilweise verstand.

Die Aufnahme weiterer Beweise erwies sich als nicht erforderlich.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG zufolge erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden

1. gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit;

2. gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit;

3. wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch eine Verwaltungsbehörde;

4. gegen Weisungen gemäß Art. 81a Abs. 4.

Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

In vorliegendem Fall ist in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen und obliegt somit in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es gemäß § 27 VwGVG den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs.1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen. Gemäß § 9 Abs.1 VwGVG hat die Beschwerde u.a. (Z 3) die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, sowie (Z 4) das Begehren zu enthalten. In den erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage zur Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51/2012, wurde zu § 27 VwGVG ausgeführt: "Der vorgeschlagene § 27 legt den Prüfungsumfang des Verwaltungsgerichtes fest. Anders als die Kognitionsbefugnis einer Berufungsbehörde (vgl. § 66 Abs. 4 AVG) soll die Kognitionsbefugnis des Verwaltungsgerichtes durch den Inhalt der Beschwerde beschränkt sein."

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, erfolgen gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG die Entscheidungen und Anordnungen des Bundesverwaltungsgerichtes durch Beschluss.

Zu Spruchteil A):

3.2. Beschwerde gegen Spruchpunkte III. -VI. des angefochtenen Bescheides

3.2.1. Gemäß § 10. Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt wird, sowie kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt.

Zwar sehen weder § 10 AsylG idgF noch der mit "Rückkehrentscheidung" betitelte § 52 FPG idgF eine zwingende Verbindung einer Entscheidung, mit der ein Antrag auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache zurückgewiesen wird, mit einer Rückkehrentscheidung vor, doch ergibt sich durch Auslegung der Materialien zum Fremdenbehördenneustrukturierungsgesetz (BGBl. I Nr. 87/2012), dass § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 52 Abs. 2 Z 2 FPG auch für den Fall der Zurückweisung eines Antrages auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache nach § 68 AVG in einer Konstellation wie der vorliegenden die Rechtsgrundlage für die Verbindung dieser Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung darstellt (vgl. VwGH 19.11.2015, Zl. Ra 2015/20/0082). Es ist daher - mangels anderer gesetzlicher Anordnung - die bisherige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Erforderlichkeit der Verbindung einer ab- oder zurückweisenden Entscheidung der Asylbehörden mit einer Ausweisung, unabhängig davon, ob zum Entscheidungszeitpunkt bereits eine rechtskräftige Ausweisung vorliegt (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 07.05.2008, Zl. 2007/19/0466, und vom 19.02.2009, Zl. 2008/01/0344) auf die ab 01.01.2014 geltende Rechtslage übertragbar (VwGH 19.11.2015, Zl. Ra 2015/20/0082).

Gemäß § 52 Abs. 2 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird, und kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

Es konnte nicht festgestellt werden, dass der BF ein begünstigter Drittstaatsangehöriger ist, und es kommt ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zu. Im vorliegenden Verfahren liegt auch kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005 vor.

3.2.2. Gemäß § 57 Abs. 1 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Abs. 1a FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

Der Aufenthalt des BF war nicht geduldet. Er ist nicht Zeuge oder Opfer von strafbaren Handlungen und auch kein Opfer von Gewalt im Sinne der genannten Bestimmung. Die Voraussetzungen für die amtswegige Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 liegen daher nicht vor.

3.2.3. Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

Gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG sind bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

Gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG ist über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl I Nr 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

Gemäß § 9 Abs. 4 BFA-VG darf gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich auf Grund eines Aufenthaltstitels rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, eine Rückkehrentscheidung nicht erlassen werden, wenn

1. ihm vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes die Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 (StbG), BGBl. Nr. 311, verliehen hätte werden können, es sei denn, eine der Voraussetzungen für die Erlassung eines Einreiseverbotes von mehr als fünf Jahren gemäß § 53 Abs. 3 Z 6, 7 oder 8 FPG liegt vor, oder

2. er von klein auf im Inland aufgewachsen und hier langjährig rechtmäßig niedergelassen ist.

Gemäß § 9 Abs. 5 BFA-VG darf gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.

Gemäß § 9 Abs. 6 BFA-VG darf gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl Nr 60/1974 gilt.

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Art. 8 Abs. 2 EMRK erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinne wird eine Ausweisung nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie schwerer wögen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung. Bei dieser Abwägung sind insbesondere die Dauer des Aufenthaltes, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens und dessen Intensität, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, den Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert, die Bindungen zum Heimatstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, aber auch Verstöße gegen das Einwanderungsrecht und Erfordernisse der öffentlichen Ordnung maßgeblich. Auch die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, ist bei der Abwägung in Betracht zu ziehen (Vgl. VfGH vom 29.09.2007, B 1150/07-9).

3.2.4. Vom Prüfungsumfang des Begriffes des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK ist nicht nur die Kernfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern umfasst, sondern z.B. auch Beziehungen zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, Rs. B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Eltern und erwachsenen Kindern (etwa EKMR 06.10.1981, Rs. B 9202/80, EuGRZ 1983, 215). Sowohl eheliche als auch uneheliche minderjährige Kinder aus einer Familienbeziehung, die unter Art. 8 EMRK fällt, sind von ihrer Geburt ipso iure Teil der Familie (vgl. u.a. EGMR 01.09.2004, Lebbink v. Netherlands, Nr. 45582/99). Von der Kommission wurde für die Beziehung zwischen Eltern und erwachsenen Kindern das Kriterium einer gewissen Beziehungsintensität gefordert (EKMR 06.10.1981, Rs. B 9202/80, EuGRZ 1983, 215). "Zur Beurteilung der Frage, ob ein ‚Familienleben' im Sinne des Art. 8 EMRK besteht, ist im Einzelfall auf das tatsächliche Vorliegen enger persönlicher Bindungen (‚close personal ties') abzustellen, wobei es insbesondere auf das nachweisliche Interesse des betreffenden Elternteiles am Kind und sein diesbezügliches Engagement ankommt (vgl. etwa das Urteil des EGMR vom 3. Dezember 2009, Zaunegger gegen Deutschland, Beschwerde Nr. 22028/04, Rdnr. 37 und 38, mit weiteren Hinweisen auf die Rechtsprechung des EGMR)" (VwGH 28.06.2011, 2008/01/0583).

Unter dem "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. Sisojeva ua gg Lettland, EuGRZ 2006, 554). In diesem Zusammenhang komme dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu.

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Interessenabwägung gemäß Art. 8 EMRK ist bei einem mehr als zehn Jahre dauernden inländischen Aufenthalt des Fremden regelmäßig von einem Überwiegen der persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich auszugehen. Nur dann, wenn der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit überhaupt nicht genützt hat, um sich sozial und beruflich zu integrieren, wurden etwa Aufenthaltsbeendigungen ausnahmsweise auch nach so langem Inlandsaufenthalt noch für verhältnismäßig angesehen. Diese Rechtsprechung zu Art. 8 EMRK ist auch für die Erteilung von Aufenthaltstiteln relevant (VwGH 10.11.2015, Zl. 2015/19/0001; VwGH 26.03.2015, Zl. 2013/22/0303; VwGH 16.12.2014, Zl. 2012/22/0169; VwGH 19.11.2014, Zl. 2013/22/0270; VwGH 10.12.2013, Zl. 2013/22/0242). Diese Judikatur wurde auch auf Aufenthalte ausgedehnt, die beinahe zehn Jahre erreichen (vgl. etwa VwGH 09.09.2014, Zl. 2013/22/0247 zu einem Aufenthalt von über neuneinhalb Jahren). Die zitierte Judikatur findet grundsätzlich auch auf Aufenthaltszeiten Anwendung, die sich auf einen unrechtmäßigen Aufenthalt stützen (vgl. dazu etwa VwGH 16.09.2015, Zl. 2015/22/0075; VwGH 10.12.2013, Zl. 2012/22/0151; VwGH 14.04.2011, Zl. 2010/21/0294, aber auch VfGH 21.02.2013, Zl. B880/12).

Die "Zehn-Jahres-Grenze" in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes spielt jedoch nur dann eine Rolle, wenn einem Fremden kein - massives - strafrechtliches Fehlverhalten vorzuwerfen ist. Hierbei kommt es ebenso auf den Zeitpunkt und die Art des jeweiligen Fehlverhaltens sowie das seither erfolgte Wohlverhalten an (vgl. VwGH 03.09.2015, Zl. 2015/21/0121; aber auch VwGH 10.11.2015, Zl. 2015/19/0001). So erkannte der Verwaltungsgerichtshof etwa die Erlassung einer Rückkehrentscheidung im November 2012 gegen einen Fremden, der im April 2003 zusammen mit seiner Frau illegal eingereist war, dessen Asylverfahren im November 2010 rechtskräftig negativ abgeschlossen wurde, der im Zeitraum von August 2003 bis Oktober 2008 zwei Mal rechtskräftig zu bedingt ausgesprochenen Haftstrafen in der Dauer von jeweils sechs Monaten wegen Vermögensdelikten verurteilt wurde, eine Deutschprüfung A1 abgeschlossen und eine Ausbildung als Stapelfahrer absolviert hatte, über eine Einstellungszusage verfügte, ehrenamtlich für die Caritas tätig war und mit seiner Frau, die offenbar ebenfalls illegal aufhältig und wirtschaftlich nicht integriert war, zusammengelebt hat, angesichts seiner während einer Aufenthaltsdauer von nicht ganz zehn Jahren erlangten Integration als unverhältnismäßig (vgl. VwGH 26.03.2015, Zl. 2013/22/0303). in Fällen gravierender Kriminalität und daraus ableitbarer hoher Gefährdung der öffentlichen Sicherheit steht die Zulässigkeit der Erlassung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auch gegen langjährig in Österreich befindliche Fremden, selbst wenn sie Ehegatten österreichischer Staatsbürger sind, nicht in Frage (vgl. VwGH B 23.02.2016, Zl. Ra 2015/01/0249, mit Verweis auf VwGH 03.09.2015, Zl. 2015/21/0121).

Nach der bisherigen Rechtsprechung ist auch auf die Besonderheiten der aufenthaltsrechtlichen Stellung von Asylwerbern Bedacht zu nehmen, zumal das Gewicht einer aus dem langjährigen Aufenthalt in Österreich abzuleitenden Integration dann gemindert ist, wenn dieser Aufenthalt lediglich auf unberechtigte Asylanträge zurückzuführen ist (vgl. VwGH vom 17.12.2007, Zl. 2006/01/0126).

Aus der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist weiters abzuleiten, dass auch erhebliches fremdenrechtliches Fehlverhalten (so etwa Ermöglichung des illegalen Aufenthaltes durch Untertauchen, Vorgabe einer Alias-Identität und/oder Urkundenfälschung) bei einer über zehnjährigen Aufenthaltsdauer nicht automatisch das Überwiegen des betroffenen öffentlichen Interesses nach sich zieht, sondern immer alle Aspekte des Einzelfalles - auch unter Würdigung des persönlichen Eindrucks - in einer individuellen Gesamtabwägung zu bewerten sind (vgl. dazu etwa VwGH 30.06.2016, Zl. Ra 2016/21/0165; VwGH 17.11.2016, Zl. Ra 2016/21/0299; VwGH 04.08.2016, Zl. Ra 2015/21/0249). Auch ein aufrechtes Rückkehrverbot bzw. Einreiseverbot steht einer Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung nach § 55 AsylG 2005 grundsätzlich nicht entgegen (vgl. etwa VwGH B 30.06.2016, Zl. Ra 2016/21/0103; VwGH 16.12.2015, Zl. Ro 2015/21/0037 zu § 60 Abs. 1 AsylG 2005).

Der BF hält sich seit seiner illegalen Einreise im Jahr 2010 - sohin seit etwa neun Jahren - mit kurzen Unterbrechungen im Bundesgebiet auf. Er hat in diesem Zeitraum drei unbegründete Asylanträge gestellt, und zu keinem Zeitpunkt über einen - nicht auf Asylverfahren - gestützten Aufenthaltstitel verfügt. Der BF, der keiner legalen Beschäftigung nachgegangen ist, konnte außer der angeeigneten Deutschkenntnisse auch keine Anhaltspunkte für integrative Fortschritte dartun. Diesbezüglich ist jedoch auch auszuführen, dass für die Einvernahme ein Arabisch-Dolmetscher hinzugezogen wurde und er die auf Deutsch gestellten Fragen nur teilweise verstand und auf Deutsch beantworten konnte. Insofern wird dem Vorbringen in der Beschwerde, wonach der BF sehr gut Deutsch spreche, nicht gefolgt. Letztendlich kann es dahingestellt bleiben, inwiefern der BF gut bzw. sehr gut Deutsch spricht, da selbst die Annahme von sehr guten Deutschkenntnissen zu keiner anderen Beurteilung seines Falls führen würde.

Der BF hat keine Angehörigen in Österreich und viele seiner persönlichen Kontakte liegen im Drogenmilieu. Zudem fallen auch die kontinuierlichen strafrechtlichen Verurteilungen des BF, die sich seit 2011 wie ein roter Faden durch seinen Aufenthalt ziehen, besonders schwerwiegend ins Gewicht. Trotz verbüßter Haftstrafen wurde der BF immer wieder einschlägig straffällig, wobei zudem die Intensität der Straftaten zugenommen hat und der BF zuletzt wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen Einbruchsdiebstahls zu einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten unbedingt rechtskräftig verurteilt wurde. Er wurde zuletzt im Mai 2019 neuerlich mit Suchtgift betreten und befindet sich derzeit diesbezüglich in Haft in der Justizanstalt XXXX Josefstadt. Sohin kann zum Entscheidungszeitpunkt auch keine positive Zukunftsprognose getroffen werden.

Letztlich ist dem Bundesamt, in dem es den maßgeblichen öffentlichen Interessen am Schutz der öffentlichen Ordnung und insbesondere Sicherheit in einer Interessensabwägung deutlich mehr Gewicht als dem subjektiven Interesse des BF am Verbleib im Inland zugestanden hat, in der vorliegenden Konstellation nicht entgegenzutreten (vgl. VwGH B 23.02.2016, Zl. Ra 2015/01/0249).

Es liegt daher kein Eingriff in das Familien- und Privatleben des BF vor, welcher zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele (Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens, Interesse an geordneter Zuwanderung und wirtschaftliches Wohl des Landes, Schutz der öffentlichen Sicherheit und Verhinderung von Kriminalität) nicht geboten oder zulässig wäre.

3.2.5. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich sei.

Wie bereits ausgeführt, kann das Herkunftsland des BF aus von ihm zu vertretenden Gründen nicht festgestellt werden, weshalb seitens des Bundesamtes zu Recht keine Feststellung gemäß § 46 FPG erfolgte.

Sollte es allerdings in weiterer Folge zu einer Abschiebung kommen, da der tatsächliche Herkunftsstaat des BF eruiert werden kann, so wird eine Prüfung allfälliger Rückschiebungshindernisse von Amts wegen durch die zuständige Behörde zu erfolgen haben (vgl. Feßl/ Holzschuster, AsylG 2005, 280; Bruckner/Hudsky/Marth/Taucher/Vogl, Fremdenrecht4, 96).

3.2.6. Im Hinblick auf die in der Beschwerde geltend gemachte mangelhafte Begründung der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung ist auszuführen, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl in zutreffender Weise davon ausgegangen ist, dass gemäß § 55 Abs. 1a FPG, in der Fassung BGBl. I Nr. 68/2013, eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht für die Fälle einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 AVG besteht.

3.3. Beschwerde gegen Spruchpunkt VII. des angefochtenen Bescheides

3.3.1. Herabsetzung der Dauer des befristeten Einreiseverbotes

3.4.1. Gemäß § 53 Abs. 1 FPG kann mit einer Rückkehrentscheidung vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

Gemäß § 53 Abs. 3 FPG ist ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 9 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt.

Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten oder mindestens einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist (Z 1).

Gemäß § 53 Abs. 4 FPG beginnt die Frist des Einreiseverbotes mit Ablauf des Tages der Ausreise des Drittstaatsangehörigen.

3.4.2. Bei der Erstellung der für jedes Einreiseverbot zu treffenden Gefährlichkeitsprognose ist das Gesamt(fehl)verhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die in § 53 Abs. 3 FPG umschriebene Annahme gerechtfertigt ist. Bei dieser Beurteilung kommt es demnach nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf das diesen zugrundeliegende Fehlverhalten, die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild an (vgl. VwGH 19.02.2013, 2012/18/0230; 20.10.2016, Ra 2016/21/02 89). Ebenso ist bei der Entscheidung über die Länge des Einreiseverbotes die Dauer der vom Beschwerdeführer ausgehenden Gefährdung zu prognostizieren. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist für die Annahme eines Wegfalls der sich durch das bisherige Fehlverhalten manifestierten Gefährlichkeit in erster Linie das Verhalten in Freiheit maßgeblich. Außerdem ist auf die privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers Bedacht zu nehmen (vgl. VwGH 20.12.2016, Zl. Ra 2016/21/0109).

Schließlich darf bei der Verhängung eines Einreiseverbots das Ausschöpfen der vorgesehenen Höchstfristen nicht regelmäßig schon dann erfolgen, wenn einer der Fälle des § 53 Abs. 2 Z 1 bis 9 bzw. des § 53 Abs. 3 Z 1 bis 8 FPG vorliegt (vgl. etwa VwGH 30.6.2015, Ra 2015/21/0002 mwH).

3.4.3. Dass der BF drei Mal rechtskräftig wegen Suchtmitteldelikten, die er im öffentlichen Raum beging, sowie aufgrund eines Eigentumsdelikts verurteilt wurde, ist unbestritten. Durch die dreimalige Verurteilung aufgrund der gleichen schädlichen Neigung und der dreimaligen Verhängung einer unbedingten sieben-, neun-, bzw. zwölfmonatigen Freiheitsstrafe ist der Tatbestand des § 53 Abs. 3 Z 1 FPG erfüllt.

Dabei ist festzustellen, dass der BF, nachdem er einer Straftat für schuldig befunden bzw. deshalb verurteilt wurde, umgehend wieder einschlägig straffällig wurde - so wurde er, nachdem er am 30.03.2011 für schuldig befunden, aber lediglich eine bedingte Haftstrafe ausgesprochen wurde, gleich wieder straffällig und deshalb am 13.09.2011 zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von sieben Monaten verurteilt. Dies hinderte den BF nicht an der Fortsetzung seiner Delinquenz, sodass er nur wenige Monate später, am 27.06.2012, wieder wegen eines (am 16.06.2012 begangenen) Suchtmitteldelikts verurteilt wurde. Der BF wurde in diesem Fall zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt. Davon unbeeindruckt setzte der BF seine Delinquenz erneut fort, was zu einer Verurteilung am 20.08.2013 führte. Der Tatzeitpunkt lag dabei am 27.07.2013 etwa ein Jahr nach der dritten Verurteilung. In diesem Fall handelte es sich um ein Eigentumsdelikt, indem er das Verbrechen des gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch beging und hierfür zu einer zwölfmonatigen Freiheitsstrafe verurteilt wurde. Binnen eines Zeitraums von knapp über einem Jahr wurde der BF daher drei Mal wegen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften verurteilt, diese Verurteilungen hielten den BF aber keineswegs davon ab, weiter Suchtmittel zu verkaufen. Dass er sich weder von der bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe (erste Verurteilung) noch angesichts dessen, dass bei der zweiten Verurteilung bereits eine unbedingte Freiheitsstrafe gegen ihn ausgesprochen wurde, von seinen Straftaten abhalten ließ, zeigt die hohe kriminelle Energie des BF. Wenn er sich auch im Rahmen der Strafverfahren jeweils geständig zeigte - was jeweils als bei der Strafbemessung mildernd bewertet wurde - so zeigt sich doch, dass der BF seine kriminellen Handlungen immer nach dem gleichen Schema, nämlich dem Verkauf kleinerer Mengen Marihuana bzw. Cannabiskraut an öffentlichen Plätzen - fortsetzte. Es ist aufgrund des Verhaltens des BF daher auch nicht anzunehmen, dass der BF durch die gegen ihn geführten Strafverfahren und die jeweiligen Verurteilungen sich von einer weiteren Delinquenz abhalten ließe, weil diese bislang völlig wirkungslos waren und den BF nicht von weiterer Tatbegehung abhielten. Es ergibt sich hingegen nichts, aufgrund dessen auf ein künftiges Wohlverhalten geschlossen werden könnte. Mit dem gewerbsmäßigen Verkauf von Suchtmitteln ging vom BF eine erhebliche Gefahr aus, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt und es handelt sich bei der Suchtmittelkriminalität um eine besonders gefährliche Kriminalitätsform. Hinzu kommt, dass sich die Schwere seiner Delikte auch durch die Begehung eines als Verbrechen qualifizierten Delikts (Einbruchsdiebstahl) steigerte.

Vom BF wurden im gegenständlichen Verfahren auch keine überzeugenden Umstände geltend gemacht (wie etwa Aussicht auf eine Arbeitsstelle oder Ausbildung), die überzeugende Anzeichen einer Änderung in seiner persönlichen Entwicklung erkennen ließen. Auch wenn die letzte Verurteilung schon im Jahr 2013 war, ist darauf hinzuweisen, dass sich der BF nunmehr neuerlich in Strafhaft befindet, zumal er erst kürzlich neuerlich mit Suchtgift betreten wurde. Da sich der BF seit 17.08.2018 durchgehend in Strafhaft befindet und er zuvor auch von 22.05.2019 bis 02.07.2019 in Schubhaft war, ist zum Entscheidungszeitpunkt auch kein Wohlverhalten des BF in Freiheit auszumachen. In Anbetracht der Lebensumstände des BF in Österreich, der hier nie einer legalen Beschäftigung nachging, sondern vielmehr ohne Beschäftigung ist und dessen Aufenthalt in Österreich, da er keinen zum Aufenthalt berechtigenden Titel verfügt, auch unrechtmäßig ist, ist es auch nicht ersichtlich, dass der BF sein Verhaltensmuster in näherer Zukunft ändern würde, da sich daraus keine auf eine Besserung deutenden Aspekte ergeben. Das BVwG kommt daher in einer Gesamtschau, übereinstimmend mit dem BFA, zu der Auffassung, dass nichts darauf hindeutet, dass sich der BF zukünftig wohl verhalten und die österreichische Rechtsordnung wahren würde.

Unter Berücksichtigung aller genannten Umstände sowie in Ansehung des bisherigen Fehlverhaltens und des sich daraus ergebenden Persönlichkeitsbildes des BF kann eine Gefährdung von öffentlichen Interessen, insbesondere an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit und dem Schutz des gesundheitlichen Wohles der Menschen, als gegeben angenommen werden (vgl. VwGH 19.05.2004, 2001/18/0074).

Es kann daher der belangten Behörde nicht vorgeworfen werden, wenn sie im vorliegenden Fall von einer schwerwiegenden Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit ausging, welche die Anordnung eines Einreiseverbotes erforderlich macht.

Es erweist sich daher die Verhängung eines Einreiseverbotes gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG als gerechtfertigt und kommt eine gänzliche Aufhebung des Einreiseverbotes nicht in Betracht.

Im gegenständlichen Fall erweist sich allerdings die von der belangten Behörde verhängte Dauer des Einreiseverbotes mit zehn Jahren als nicht angemessen. Dies aus folgenden Erwägungen:

Das dargestellte Verhalten des BF ist unbestritten den Grundinteressen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit massiv zuwidergelaufen. Er zeigte damit auch, dass er sich weder von Strafverfahren noch von Verurteilungen davon abhalten ließ, seine Delinquenz fortzusetzen. Dies zeigt nicht nur eine hohe kriminelle Energie, sondern auch eine erhebliche Missachtung gegenüber der österreichischen Rechtsordnung, aufgrund der besonders verpönten Suchtmitteldelinquenz auch eine Missachtung der Gesellschaftsordnung. Es zeigt sich darin ein besonders negatives Persönlichkeitsbild vom BF, insbesondere in der angesichts der von gegen ihn ergangenen Strafurteilen unbeeindruckt fortgesetzten Delinquenz und der sich darin manifestierten schädlichen Neigung. Deshalb ist auch anzunehmen, dass die entsprechende Gefährdung noch weiterhin von ihm ausgehen wird. Der BF ist auch weder privat noch familiär in einem relevanten Ausmaß an Österreich oder einen anderen Mitgliedstaat gebunden (vgl. dazu die Erwägungen im Rahmen der Rückkehrentscheidung, auf die an dieser Stelle verwiesen wird), sodass hier keine Aspekte maßgeblich sind, die für eine Verkürzung der Dauer des Einreiseverbots zu gewichten wären.

Es wird vom BVwG nicht verkannt, dass der BF innerhalb kurzer Zeit vier Mal strafgerichtlich verurteilt wurde und sich nicht überzeugend reumütig oder einsichtig zeigte und kann demgemäß auch die diesbezügliche Zukunftsprognose, wie dargestellt, nicht positiv ausfallen. Insbesondere können weitere strafbare Handlungen in Zukunft nicht ausgeschlossen werden. Es ist aber auch zu beachten, dass der BF, soweit aus den Verurteilungen ersichtlich, nur geringe Mengen Suchtmittel (zwischen 2,3 und 77,8 g Marihuana bzw. Cannabiskraut) gegen einen geringen Gegenwert (einmal EUR 20,-, zweimal EUR 30,-) verkaufte und der BF bei Tatbegehung unter 21 Jahre alt war. Hinzu kommt, dass der BF selbst drogensüchtig ist und davon auszugehen ist, dass er sich letztendlich durch die Begehung der Delikte seine eigene Drogensucht zu finanzieren versucht. Der BF wurde drei Mal aufgrund von Vergehen sowie einmal aufgrund eines Verbre

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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