TE Bvwg Erkenntnis 2019/11/12 W215 1433875-4

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 12.11.2019
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Entscheidungsdatum

12.11.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §52
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
FPG §55

Spruch

W215 1433875-3/23E

W215 1433875-4/16E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. STARK über die Beschwerden von XXXX , geb. XXXX , Staatsangehörigkeit Republik Kasachstan, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 1) 12.10.2016 und

2) 05.11.2018, Zahlen 1) 621183700-2398595 und 2) 621183700-2398595, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:

A)

1) Die Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.10.2016, Zahl 621183700-2398595 wird gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG), in der Fassung BGBl. I Nr. 87/2012 und § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG als unbegründet abgewiesen.

2) I. Die Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 05.11.2018, Zahl 621183700-2398595, wird hinsichtlich Spruchpunkte I., II. und III. gemäß

§ 57 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 70/2015, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017, § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG), in der Fassung BGBl. I Nr. 56/2018, § 52 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG), in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017, und § 55 FPG, in der Fassung BGBl I Nr. 68/2013, als unbegründet abgewiesen.

II. Der Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt IV. wird insoweit stattgegeben, als die Dauer des befristeten Einreiseverbotes gemäß § 53 Abs. 1 FPG, in der Fassung BGBl. I Nr. 68/2013, iVm § 53 Abs. 3 Z 1 FPG, in der Fassung BGBl. I Nr. 56/2018, auf vier Jahre herabgesetzt wird.

III. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt V. wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheides wie folgt lautet: "Gemäß § 55 FPG, in der Fassung BGBl. I Nr. 68/2013, beträgt die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung."

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz,

BGBl Nr. 1/1930 (B-VG), in der Fassung BGBl. I Nr. 51/2012, nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Asylverfahren:

Der Beschwerdeführer reiste im Jahr 2013, gemeinsam mit seiner Familie, illegal in das österreichische Bundesgebiet ein, und sein Vater stellte für den damals minderjährigen Beschwerdeführer, als dessen gesetzlicher Vertreter, am 04.02.2013 dessen ersten Antrag auf internationalen Schutz.

Die Familie des Beschwerdeführers besteht aus seinem Vater 1) XXXX , dessen zweiter Ehegattin 2) XXXX , seiner minderjährigen Schwester

3) XXXX sowie seinen minderjährigen Halbgeschwistern 4) XXXX ,

5) XXXX , sowie den in Österreich geborenen Halbgeschwistern 6) XXXX , und 7) XXXX . Die Asylverfahren der Familienmitglieder des Beschwerdeführers sind zu den Zahlen

1) W215 1433874-3, 2) W215 1433877-3, 3) W215 1433876-3, 4) W215 1433879-3,

5) W215 1433878-3, 6) W215 2139184-1 und 7) W215 2196237-1 ebenfalls im Bundesverwaltungsgericht anhängig und werden mit Erkenntnissen vom heutigen Tag, Zahlen 1) W215 1433874-3/18E, 2) W215 1433877-3/13E, 3) W215 1433876-3/12E,

4) W215 1433879-3/9E, 5) W215 1433878-3/10E, 6) W215 2139184-1/10E und

7) W215 2196237-1/11E, entschieden.

Als Fluchtgrund gaben der Vater und dessen zweite Ehegattin in den ersten Asylverfahren zusammengefasst an, dass die zweite Ehegattin des Vaters bei XXXX gearbeitet habe und während ihres XXXX gestohlen worden sei. Die Polizei habe sie in den folgenden Monaten mehrmals sehr lange einvernommen und sie der Tatbegehung beschuldigt. Aus diesem Grund sei die Familie geflüchtet. Für den Beschwerdeführer wurden keine eigenen Fluchtgründe geltend gemacht und gab dieser in seinen Befragungen an, dass er keine Ahnung habe, warum er mit seiner Familie die Republik Kasachstan verlassen habe.

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 07.03.2013, Zahl 13 01.490-BAT, wurde der erste Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 04.02.2013 in Spruchpunkt I. gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG, bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und in Spruchpunkt II. gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Kasachstan abgewiesen und der Beschwerdeführer in Spruchpunkt III. des Bescheides gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Kasachstan ausgewiesen.

Eine gegen diesen Bescheid des Bundesasylamtes vom 07.03.2013, Zahl 13 01.490-BAT, eingebrachte Beschwerde wurde mit rechtskräftigem Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 27.08.2013, Zahl D7 433875-1/2013/5E, gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit

§ 3 Abs. 1 AsylG, § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG und § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG als unbegründet abgewiesen.

2. Asylverfahren:

1. Nach rechtskräftigem Abschluss seines ersten Asylverfahrens kam die Familie ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nach, blieb illegal im Bundesgebiet und der Vater des damals noch minderjährigen Beschwerdeführers brachte am 25.09.2013 den gegenständlichen zweiten Antrag auf internationalen Schutz für den Beschwerdeführer ein.

Im Rahmen der Erstbefragung am 25.09.2013 und den niederschriftlichen Befragungen im Bundesasylamt vom 09.10.2013 und 22.10.2013 wiederholten der Vater des Beschwerdeführers und dessen Ehegattin die Fluchtgründe aus den vorangegangenen Verfahren und brachten vor, dass die Ehegattin des Vaters von der Polizei wegen des Diebstahls XXXX gesucht werde. Sie würden nunmehr über neue Beweise zu verfügen, so hätten sie aus der Zeitung erfahren, dass ein Onkel des Beschwerdeführers in Kasachstan in diesem Zusammenhang unschuldig zu sieben Jahren Haft verurteilt und ins Gefängnis gebracht worden sei. Für den Beschwerdeführer wurden keine eigenen Fluchtgründe angegeben.

Der Beschwerdeführer gab in seinen Befragungen an, dass ein Onkel verhaftet worden sei und sein Vater und dessen Ehegattin Angst hätten, in die Heimat zurückzukehren. Bei seinem ersten Asylantrag habe er nicht genau über die Fluchtgründe der Familie Bescheid gewusst, zwischenzeitlich habe er davon erfahren.

Der zweite Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid Bundesasylamtes vom 05.12.2013, Zahl 13 13.854-EAST West, gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen und der Beschwerdeführer in Spruchpunkt II. des Bescheides gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG aus dem österreichische Bundesgebiet nach "Kasachstan Föderation" (Anmerkung: wörtliches Zitat) ausgewiesen.

Der dagegen erhobenen Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht wurde mit Beschluss vom 31.01.2014, Zahl W215 1433875-2/5Z, zunächst gemäß § 17 Abs. 1 Z 1 und

Abs. 4 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 26.02.2014, Zahl W215 1433875-2/7E, wurde der Beschwerde gemäß § 21 Abs. 3 BFA-VG stattgegeben, der bekämpfte Bescheid wegen Ermittlungsmängeln behoben und an das (mit 01.01.2014 neu eingerichtete) Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Erlassung eines neuen Bescheides zurückverwiesen.

Im fortgesetzten Verfahren wurden der Vater des Beschwerdeführers und dessen Ehegattin, ebenso wie der Beschwerdeführer, neuerlich im Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl niederschriftlich zu den Fluchtgründen, den Lebensumständen in der Republik Kasachstan sowie zur Integration in Österreich befragt. Dabei gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen an, dass er in seiner Heimat. der Republik Kasachstan, keine Probleme habe. Er stütze sich mit seinen Fluchtgründen auf die Probleme der Ehegattin seines Vaters und ersuche um Behandlung im Rahmen des Familienverfahrens. Im Fall einer Rückkehr würde die Ehegattin seines Vaters wieder von der Polizei befragt werden und große Angst bekommen. Der Beschwerdeführer hätte bei seiner Rückkehr keine Probleme. Er wolle hierbleiben, denn es gefalle ihm.

Dem Beschwerdeführer wurde mit Bescheid des AMS vom XXXX eine Beschäftigungsbewilligung für XXXX in der Zeit von XXXX erteilt.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.10.2016, Zahl

621183700-2398595, wurde der zweite Antrag auf internationalen Schutz vom 25.09.2013 (Anmerkung: im Spruch steht "04.02.2013", gemeint wohl: 25.09.2013) hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt I.) und hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Kasachstan gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt II.). In Spruchpunkt III. wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt und gemäß

§ 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 3 FPG erlassen. Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Kasachstan zulässig ist. Es wurde ausgesprochen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt (Spruchpunkt III.).

Gegen diesen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.10.2016, Zahl 621183700-2398595, zugestellt am 17.10.2016, erhob der Beschwerdeführer fristgerecht am 27.10.2016 gegenständliche Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.

2. Die Beschwerdevorlage vom 08.11.2016 langte am 09.11.2016 im Bundesverwaltungsgericht ein.

Mit Bescheid des AMS vom XXXX wurde dem Beschwerdeführer eine (weitere) Beschäftigungsbewilligung für XXXX in der Zeit von XXXX erteilt.

Am XXXX langte die Information, dass der Beschwerdeführer in Untersuchungshaft sei, beim Bundesverwaltungsgericht ein.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl übermittelte dem Bundesverwaltungsgericht am 05.07.2018 die Kopie eines Bescheides einer österreichischen Bezirkshauptmannschaft vom XXXX , in welchem diese, in deren Eigenschaft als Sicherheitsbehörde, dem Beschwerdeführer mit sofortiger Wirkung gemäß § 12 Abs. 1 Waffengesetz iVm

§ 57 Abs. 1 AVG den Besitz von Waffen und Munition wegen Gefahr im Verzug im Interesse der öffentlichen Sicherheit verbot.

Am 23.08.2018 übermittelte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dem Bundesverwaltungsgericht einen Protokollvermerk und eine gekürzte Urteilsausfertigung bezüglich einer rechtskräftigen Verurteilung des Beschwerdeführers. Laut diesem Strafurteil eines österreichischen Landesgerichts vom XXXX wurde der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs. 1, 143 Abs. 1 2. Fall rechtskräftig seit XXXX , zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von fünfzehn Monaten, ein Teil von zehn Monaten bedingt nachgesehen, der unbedingte Teil der Freiheitsstrafe beträgt demnach fünf Monate, verurteilt. Gemäß § 38 Abs. 1 Z 1 StGB wurde die erlittene Vorhaft vom XXXX auf die Freiheitsstrafe angerechnet.

Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 29.08.2018, Zahl W215 1433875-3/13Z, wurde Spruchpunkt III. des Bescheides vom 12.10.2016, Zahl 621183700-2398595, behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG, zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass angesichts der strafgerichtlichen Verurteilung des Beschwerdeführers die Erlassung eines Einreiseverbots indiziert sein könnte.

Der Beschwerdeführer wurde am XXXX aus der Haft bedingt entlassen.

Im fortgesetzten Verfahren übermittelte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dem Beschwerdeführer eine Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 13.09.2018 und teilte ihm mit, dass beabsichtigt sei, gegen ihn eine Rückkehrentscheidung und ein Einreiseverbot zu erlassen. Zur Beurteilung des Sachverhaltes im Lichte seiner persönlichen Verhältnisse werde er um Beantwortung von näher dargestellten Fragen gebeten.

Mit Stellungnahme vom 22.10.2018 beantwortete der Beschwerdeführer die an ihn gestellten Fragen.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 05.11.2018, Zahl

621183700-2398595, wurde dem Beschwerdeführer in Spruchpunkt I. gemäß § 57 AsylG ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt und in Spruchpunkt II. gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. In Spruchpunkt III. wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebungen des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Kasachstan zulässig ist. In Spruchpunkt IV. wurde gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG ein auf die Dauer von sieben Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen und in Spruchpunkt V. wurde gemäß § 55 Abs. 1a FPG ausgesprochen, dass keine Frist für eine freiwillige Ausreise besteht. In Spruchpunkt VI. wurde einer Beschwerde gegen diese Entscheidung gemäß

§ 18 Abs. 1 Z 2 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer am 29.11.2018 fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht und brachte zusammengefasst vor, dass aufgrund der vielen Integrationsmaßnahmen des Beschwerdeführers die Rückkehrentscheidung einen unzulässigen Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens darstelle und daher gegen Art. 8 EMRK verstoße. Es könne auch nicht von einer massiven Gefahr für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung gesprochen werden und erweise sich das verhängte Einreiseverbot rechtswidrig.

3. Die Beschwerdevorlage vom 12.12.2018 langten am 14.12.2018 im Bundesverwaltungsgericht ein.

Mit Teilerkenntnis vom 18.12.2018, Zahl W215 1433875-4/2Z, gab das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides statt und behob diesen gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG ersatzlos.

Zur Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes wurde für den 08.04.2019 eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht anberaumt, zu welcher der Beschwerdeführer, sein Vater und dessen zweite Ehegattin in Begleitung ihrer zur Vertretung bevollmächtigten Rechtsberaterin erschienen. Weiters anwesend war ein Vertreter des ordnungsgemäß geladenen Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl. Der Beschwerdeführer machte auf Befragen Angaben zu seinen persönlichen Verhältnissen und Fluchtgründen. In der Verhandlung wurden die Quellen der zur Entscheidungsfindung herangezogenen Länderinformationen dargetan, auf deren Einsichtnahme und Ausfolgung der Beschwerdeführer und seine Vertreterin verzichteten.

Mit Schreiben vom 23.04.2019 und 10.05.2019 legte der Beschwerdeführer Nachweise betreffend seine Arbeitstätigkeit vor (Versicherungsdatenauszug, Lohnabrechnungen, Einkommensteuerbescheid XXXX und XXXX ), einen Zwischenbericht von XXXX vom XXXX sowie ein Zwischenzeugnis von XXXX vom XXXX vor, weiters ein Schreiben seines Bewährungshelfers vom XXXX .

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die zulässigen Beschwerden erwogen:

1. Feststellungen:

1. Die Identität des Beschwerdeführers steht fest, er ist Staatsangehöriger der Republik Kasachstan, gehört der Volksgruppe der Kasachen an und ist muslimischen Glaubens. Seine Muttersprache ist Kasachisch, er spricht darüber hinaus auch Russisch, Englisch und Deutsch.

Der Beschwerdeführer reiste gemeinsam mit seinem Vater 1) XXXX , dessen zweiter Ehegattin 2) XXXX , seiner Schwester 3) XXXX , sowie seinen minderjährigen Halbgeschwistern 4) XXXX , und 5) XXXX illegal nach Österreich ein. Die Asylverfahren seines Vaters, dessen Ehegattin, seiner Schwester und seiner vier Halbgeschwister (darunter der nach der Einreise in Österreich geborenen Halbschwester 6) XXXX , und des Halbbruders 7) XXXX ), sind zu den Zahlen

1) W215 1433874-3, 2) W215 1433877-3, 3) W215 1433876-3, 4) W215 1433879-3,

5) W215 1433878-3, 6) W215 2139184-1 und 7) W215 2196237-1, ebenfalls im Bundesverwaltungsgericht anhängig und werden auch mit Erkenntnissen vom heutigen Tag, Zahlen 1) W215 1433874-3/18E, 2) W215 1433877-3/13E, 3) W215 1433876-3/12E,

4) W215 1433879-3/9E, 5) W215 1433878-3/10E, 6) W215 2139184-1/10E und

7) W215 2196237-1/11E, entschieden.

2. Es kann nicht festgestellt werden, dass die zweite Ehegattin des Vaters des Beschwerdeführers in der Republik Kasachstan beschuldigt wurde, am Diebstahl XXXX beteiligt gewesen zu sein und deshalb einer Verfolgung durch die kasachische Polizei ausgesetzt war, weshalb die Familie das Land verlassen hat. Für den Beschwerdeführer wurden keine eigenen Verfolgungsgründe glaubhaft geltend gemacht. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer in der Republik Kasachstan einer asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt war oder sein wird.

3. Im gegenständlichen Verfahren können keine stichhaltigen Gründe für die Annahme festgestellt werden, dass der gesunde Beschwerdeführer im Fall seiner Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in die Republik Kasachstan einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe oder sonst einer konkreten individuellen Gefahr ausgesetzt sein wird. Es kann weiters nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Fall seiner Rückkehr in die Republik Kasachstan in eine seine Existenz gefährdende Notsituation geraten würde.

Der volljährige Beschwerdeführer stammt aus XXXX und hat dort die achtjährige Schulpflicht beendet. Er ging nach Abschluss der Grundschule in eine XXXX , wo er zum Ausreisezeitpunkt die XXXX besuchte. Er wohnte gemeinsam mit seinem Vater, dessen zweiter Ehegattin, seiner Schwester und zwei Halbgeschwistern in einer Eigentumswohnung.

Der Beschwerdeführer verfügt über eine in Österreich ab XXXX und war hier bereits mehrere Jahre berufstätig. Seine Berufsausbildung und Erfahrung als XXXX werden ihm auch im Heimatland beim Aufbau einer Existenz zu Gute kommen. Wenngleich der Beschwerdeführer mit seinem Vater, dessen zweiter Ehegattin und seinen Halbgeschwistern derzeit nicht mehr in einem gemeinsamen Haushalt wohnt, darf nicht außer Acht gelassen werden, dass er gemeinsam mit diesen Familienangehörigen in die Republik Kasachstan zurückkehrt und davon auszugehen ist, dass er auch von seinem Vater und dessen Ehegattin Unterstützung bekommt: Der Vater des Beschwerdeführers ist von Beruf XXXX und arbeitete bis zum Jahr XXXX XXXX . Danach war er bis zur Ausreise als XXXX ) tätig. Dessen Ehegattin schloss an der Universität ein Studium als XXXX ab. Sie arbeitete danach bis zu ihrer Ausreise XXXX . Die Familie des Beschwerdeführers bezog zudem staatliches Kindergeld und war immer in der Lage, den Lebensunterhalt zu bestreiten.

Darüber hinaus halten sich zahlreiche weitere Verwandte des Beschwerdeführers in der Republik Kasachstan auf, die den Beschwerdeführer beim Aufbau einer Existenz unterstützen können und bei denen der Beschwerdeführer zumindest für die Anfangszeit auch Unterkunft finden kann.

4. Der Beschwerdeführer reiste im Februar 2013 im Alter von XXXX Jahren in Begleitung seines Vaters, dessen Ehegattin, seiner Schwester und zwei Halbgeschwistern in das Bundesgebiet ein. Er hält sich seit seiner ersten Asylantragstellung am 04.02.2013 durchgehend in Österreich auf und absolvierte im Bundesgebiet XXXX Der Beschwerdeführer arbeitete zwei Jahre beim XXXX und war danach - unterbrochen durch den Bezug von Arbeitslosengeld - etwa einen Monat in einem XXXX beschäftigt. Danach bezog der Beschwerdeführer wieder Arbeitslosengeld, eher er ein Jahr in einem XXXX tätig war. Von XXXX bezog der Beschwerdeführer in kurzen Zeiträumen abwechselnd Arbeitslosengeld, Krankengeld und Notstandhilfe. Von XXXX war er als

XXXX beschäftigt; seither geht der Beschwerdeführer weder einer legalen Arbeit nach, noch bezieht er Arbeitslosengeld.

Der Beschwerdeführer lebte nach seiner illegalen Einreise in Österreich zunächst gemeinsam mit seiner Familie in einer Flüchtlingsunterkunft. Im Zeitraum von XXXX war er zwischenzeitlich ohne aufrechte Meldung, ehe er erneut an der vorherigen Adresse mit seiner Familie Unterkunft nahm. Ab XXXX übersiedelte der Beschwerdeführer in ein anderes Flüchtlingswohnheim und es besteht seitdem kein gemeinsamer Haushalt mehr mit seiner Familie. Der Beschwerdeführer war bis XXXX an der Adresse der Flüchtlingsunterkunft gemeldet, hatte aber anschließend in der Zeit bis zu seiner Einlieferung in die Justizanstalt XXXX am XXXX keinen festen Wohnsitz. Nach seiner Entlassung aus der Justizanstalt am XXXX hatte der Beschwerdeführer zunächst ebenfalls keinen festen Wohnsitz und ist erst wieder seit XXXX bei seinem in Österreich nach dem NAG aufenthaltsberechtigten Onkel gemeldet, wo sich seit XXXX auch die Schwester des Beschwerdeführers aufhält. In der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht äußerte der Beschwerdeführer jedoch die Absicht, demnächst auszuziehen. Der Beschwerdeführer ist mit einer in XXXX lebenden kirgisischen Staatsangehörigen verlobt, die im Bundesgebiet subsidiär schutzberechtigt ist. Zwischen dem in einem XXXX wohnhaften Beschwerdeführer und seiner in XXXX lebenden Verlobten besteht kein gemeinsamer Haushalt; es finden nur etwa alle zwei Wochen Treffen statt.

Der Beschwerdeführer befand sich von XXXX in Untersuchungshaft und wurde mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom XXXX , XXXX , rechtskräftig seit XXXX , wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach

§§ 142 Abs. 1, 143 Abs. 1, 2. Fall StGB zu einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten verurteilt. Ein Teil der Freiheitsstrafe von zehn Monaten wurde bedingt nachgesehen, der unbedingte Teil der Freiheitsstrafe betrug demnach fünf Monate. Gemäß § 38 Abs. 1 Z 1 StGB wurde die erlittene Vorhaft vom XXXX auf die Freiheitsstrafe angerechnet. Der Beschwerdeführer wurde am XXXX aus der Strafhaft bedingt entlassen und es wurde ihm nachträglich Bewährungshilfe angeordnet.

5. Zur aktuellen Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers wird festgestellt:

Politische Lage

Kasachstan hatte im Juli 2018 mehr als 18,7 Millionen Einwohner (CIA Factbook last update 27.10.2019, abgefragt am 05.11.2019).

Kasachstan ist mit einer Fläche von 2.724.900 km² der neuntgrößte Staat der Erde. Kasachstan grenzt an China, Kirgisistan, Turkmenistan, Usbekistan und Russland (LIP Überblick Oktober 2019, abgefragt am 05.11.2019).

Kasachstans Präsident Nursultan Nasarbajew hat am 19.03.2019 in einer TV-Ansprache seinen Rücktritt vom Amt erklärt. Der heute 78-jährige war ab 1989 KP-Chef der Sowjetrepublik und wurde seit der Unabhängigkeit Kasachstans 1991 fünfmal zum Präsidenten gewählt. Seine Amtszeit sollte eigentlich erst 2020 auslaufen (Standard 20.03.2019). Übergangspräsident Kassym-Schomart Tokajew hat die Wahl zum Staatsoberhaupt am 09.06.2019 wie erwartet gewonnen (Standard 10.06.2019). Bei den vorgezogenen Präsidentschaftswahlen in Kasachstan verkündete die zentrale Wahlkommission am 09.06.2019 den Sieg von Interimspräsident Kasym-Schomart Tokajew. Tokajew, welcher nach dem Rücktritt des langjährigen Regierungschefs Nursultan Nasarbajew im März 2019 zum Übergangspräsident ernannt worden war, gewann mit 70,8% der Stimmen. Der Oppositionspolitiker und ehemalige Journalist, Amirschan Kosanow, lag mit 16% an zweiter Stelle. Der OSZE zufolge seien die Wahlen jedoch nicht frei und fair abgelaufen. Rund um die Wahl kam es zu zahlreichen Protesten in ganz Kasachstan. Es wurden hunderte Personen teils gewaltsam von kasachischen Sicherheitskräften festgenommen. Die Demonstranten hatten gegen die sozialen Missstände und Korruption protestiert. Insgesamt sollen Medienangaben zufolge 670 Personen inhaftiert worden sein, davon wurden 311 Inhaftierte bereits wieder freigelassen. Etwa 280 Personen erhielten Geldstrafen oder Verwarnungen (BAMF 17.06.2019).

Am 09.06.2019 gewann Amtsinhaber Tokajew bei einer offiziellen Wahlbeteiligung von 77% die Präsidentschaftswahlen mit 70,9% der abgegebenen Stimmen. Die Wahlen wurden in Nur-Sultan, Almaty und Schimkent von Protestdemonstrationen begleitet, bei denen nach Angaben des Innenministeriums 500 Personen festgenommen wurden. Am 10.06.2019 kam die Wahlbeobachtungsmission von OSZE/ODIHR in ihrem vorläufigen Abschlussbericht zu dem Ergebnis, dass die Präsidentschaftswahl technisch gut organisiert, aber durch einen Mangel an Beachtung fundamentaler Rechte, wie dem auf friedlichen Protest, und zahlreiche Unregelmäßigkeiten gekennzeichnet war (ZA 28.06.2019).

Das unabhängige Kasachstan hatte sich 1993 seine erste - parlamentarische - Verfassung gegeben. Schon 1995 wurde sie ersetzt durch eine neue Konstitution, die orientiert an der französischen, einen starken Präsidenten etabliert. Durch mehrere Verfassungsänderungen wurden dessen Kompetenzen auf Kosten von Regierung und Parlament noch erweitert (Anfang 2017 erstmals in wenigen Punkten eingeschränkt). Der Präsident bestimmt die Richtlinien der Politik und hat weitgehende Rechte bei der Besetzung wichtiger Ämter. Er hat das Vorschlagsrecht für den Premier- und die wichtigsten Minister, und ernennt und entlässt die Regierung, wie auch die Akime (Gouverneure) der Gebiete des Landes. Der Präsident hat das Recht das Parlament aufzulösen und ist Oberbefehlshaber der Armee. Grundsätzlich besteht eine Begrenzung auf zwei Amtszeiten. Für den Präsidenten des unabhängigen Kasachstan gelten allerdings Sonderregelungen. Der Präsident wird vom Volk gewählt. Die Regierung ist dem Präsidenten gegenüber verantwortlich und rechenschaftspflichtig gegenüber dem Parlament. Ihre Struktur wird durch Neu- und Umverteilung von Aufgaben zwischen den Ressorts immer wieder verändert. Das Parlament besteht seit 1995 aus zwei Kammern:

dem Senat und der Madschilis. Der Senat hat 47 Sitze. 15 Senatoren werden direkt vom Präsidenten ernannt, 32 von den Volksvertretungen der Gebiete für sechs Jahre gewählt. Die Madschilis, das Unterhaus des Parlamentes, hat 107 Sitze. 98 Abgeordnete werden alle fünf Jahre nach Parteilisten von der Bevölkerung gewählt, neun Sitze von der Versammlung des Volkes Kasachstans, einer speziellen Vertretung der vielen Nationalitäten des Landes, besetzt. Nach der Verfassung haben beide Kammern des Parlaments einige gemeinsame Kompetenzen (z.B. Bestätigung von Verfassungsänderungen, Annahme des Haushalts), viele weitere sind getrennt. Faktisch folgen beide den Wünschen des Präsidenten. Schon nach den Buchstaben der Verfassung hat der Präsident weitgehende Vollmachten, de facto bestimmt er die Politik des Landes. Eine Teilung der Gewalten ist nicht gegeben. Kasachstan hat eine regionale Verwaltungsgliederung von der Sowjetunion geerbt. Nach mehreren Verwaltungsreformen und Zusammenlegungen hat das Land heute 14 Gebiete und drei Städte von republikweiter Bedeutung (Nur-Sultan [vormals Astana], Almaty, Schimkent). Bei der Größe des Landes unterscheiden sich die natürlichen wie sozioökonomischen Verhältnisse in den einzelnen Gebieten stark. Flächenmäßig am größten ist das Gebiet Karaganda (428.000 km²), die höchste Bevölkerungsdichte hat das Gebiet Turkestan (2.788.000 Einwohner, =19,5/km²). Den Gebieten steht ein vom Präsidenten eingesetzter Akim (Gouverneur) vor. Die Gebietsparlamente werden von der Bevölkerung gewählt (LIP Geschichte und Oktober 2019, abgefragt am 05.11.2019).

Kasachstan erlangte seine Unabhängigkeit im Dezember 1991. Das Land ist eine Republik mit starker Stellung des Präsidenten. Das Parlament hat zwei Kammern: den Senat (Oberhaus) mit 47 Sitzen, Mazhilis (Unterhaus) mit 107 Sitzen. Dominante politische Kraft ist die Partei "Nur Otan" ("Licht des Vaterlands"). Bei den Unterhauswahlen im Jahr 2016 erhielt sie 82% der Stimmen. Die vorgezogenen Präsidentenwahlen am 09.06.2016 gewann der bisherige Senatspräsident Kassim-Schomart Tokajew mit ca. 71% der Stimmen. Tokajew knüpft an die Politik seines Vorgängers an und treibt ein umfangreiches Reformprogramm voran (AA politisches Porträt Stand 02.10.2019, abgefragt am 04.11.2019).

Kasachstan ist auch aktives Mitglied in einer Vielzahl internationaler Organisationen wie der UN und ihren Unterorganisationen, (seit 01.01.2017 mit einem nichtständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat), der ECO, der OSCE (Vorsitz 2010) und der OIC (Vorsitz 2011). Nach langjährigen Verhandlungen wurde Kasachstan am 30.11.2015 Mitglied der WTO. Im eurasischen Raum gehört es folgenden Bündnissen an: GUS, Shanghai Cooperation Organisation (SCO), Collective Security Treaty Organization (CSTO), Eurasian Economic Union (LIP Geschichte und Staat Oktober 2019, abgefragt am 05.11.2019).

Russland spielt in der kasachstanischen Außenpolitik eine ganz besondere Rolle; zwar hat es im bilateralen Verhältnis immer wieder kleinere Probleme gegeben, die kasachstanische Elite ist aber grundsätzlich Russland freundlich. Die Vorgänge in der Ukraine seit dem Frühjahr 2014 stellen aber ganz neue Herausforderungen. Kasachstan sieht sich jetzt nicht mehr nur mit Überlegungen einzelner russischer Nationalisten über eine ethnische oder historische Zugehörigkeit seines Nordens zur Russischen Föderation konfrontiert, sondern das Beispiel der Annexion der Krim und Äußerungen des russischen Präsidenten werden in Kasachstan ebenfalls als Gefahr für seine territoriale Integrität und Staatlichkeit wahrgenommen - und als Problem für die bewährte Multi-Vektoren-Politik. Die noch aus der Sowjetzeit stammenden und seither an die Russische Föderation verpachteten militärischen Testgelände in der kasachischen Steppe werden nach und nach geschlossen. Manche Beobachter sehen das Kaspische Meer als Zone einer neuen militärischen Konkurrenz beider Staaten, bzw. befürchten eine Militarisierung des Gewässers, andere befürchten im Gegenteil mangelnden Schutz vor Terroranschlägen auf die Erdölförderanlagen. Das Ergebnis der bisherigen Verhandlungen über den Status des Gewässers wurde im Vorfeld ebenfalls widersprüchlich eingeschätzt, das Ergebnis wird als enttäuschend bewertet. Auch grundsätzlich wird der russische Einfluss in Kasachstan recht unterschiedlich bewertet:

tendenziell hoch, vor allem, aber nicht nur, auf die Russen des Landes oder aber (bedauerlicherweise) schwindend. Kasachstans Mitgliedschaft in der vom russischen Präsidenten Putin initiierten Eurasischen Wirtschaftsunion als Nachfolger der Zollunion wurde vorab in der kasachstanischen Öffentlichkeit kritisch bewertet, (die breite Bevölkerung soll aber trotz vieler Probleme hinter diesem Schritt stehen. Beobachter sehen eine wachsende Unabhängigkeit der kasachstanischen Außenpolitik gegenüber russischen Positionen und darüber hinaus (LIP Geschichte und Staat Oktober 2019, abgefragt am 05.11.2019).

(CIA, Central Intelligence Agency, The World Factbook, Kazakhstan, last update 27.10.2019, abgefragt am 05.11.2019, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/kz.html

Standard, Parlamentschef als neuer Präsident von Kasachstan vereidigt, 20.03.2019,

https://derstandard.at/2000099815065/Kasachstans-PraesidentNasarbajew-kuendigt-nach-knapp-28-Jahren-Ruecktritt-an,

LIP, Liportal, Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), Kasachstan, Überblick, letzte Aktualisierung Oktober 2019, abgefragt am 05.11.2019, https://www.liportal.de/kasachstan/ueberblick

AA, Auswärtiges Amt, Kasachstan, politisches Porträt, Stand 02.10.2019, abgefragt am 04.11.2019, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/kasachstan-node/politisches-portrait/206674

Der Standard, Tokajew bleibt Präsident, 10.06.2019, https://www.derstandard.at/story/2000104613705/hunderte-festnahmen-bei-wahl-protesten-in-kasachstan

BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 17.06.2019,

https://www.ecoi.net/en/file/local/2010680/Deutschland___Bundesamt_für_Migration_und_Flüchtlinge%2C_Briefing_Notes%2C_17.06.2019_%28deutsch%29.pdf

ZA, Zentralasien Analysen, Deutsche Gesellschaft für Osteuropakunde (DGO), Nr. 135, 28.06.2019,

http://www.laender-analysen.de/zentralasien/pdf/ZentralasienAnalysen135.pdf

LIP, Liportal, Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), Kasachstan, Geschichte und Staat, letzte Aktualisierung Oktober 2019, abgefragt am 05.11.2019, https://www.liportal.de/kasachstan/geschichte-staat)

Sicherheitslage

Am 12.06.2019 wird berichtet, dass im aktuellen Index des Globalen Friedens Kasachstan unter 163 Ländern den 64. Platz einnimmt und demnach das friedlichste Land Zentralasiens ist (ZA 28.06.2019).

Die Sicherheitslage in Kasachstan kann im Vergleich zu den Nachbarländern als stabil bezeichnet werden (BMEIA Stand 05.11.2019).

Die politische und soziale Lage kann als stabil bezeichnet werden. Lokal begrenzte gewaltsame Demonstrationen können aber vorkommen, vor allem im Westen des Landes, wo sich die Erdölfelder befinden. Meiden Sie im ganzen Land Kundgebungen jeder Art. Die kasachischen Behörden machen auf das Risiko terroristischer Akte aufmerksam. Anfang Juni 2016 wurden bei Angriffen mit Schusswaffen in Aktobe mehrere Personen verletzt oder getötet (EDA gültig am 06.11.2019).

Seit 2014 spürt das Land eine in diesem Ausmaß unerwartete Wirtschaftskrise, ausgelöst durch die Probleme der russischen Wirtschaft und den global sinkenden Ölpreis. Als Reaktion wurde im November 2014 die Strategie Nurly Zhol (Heller Weg) verkündet, die vor allem mit Infrastrukturmaßnahmen die Wirtschaft ankurbeln wollte, natürlich sind aber auch Sparmaßnahmen - bis hin zu den Brotpreisen - erforderlich. Nach seiner Wiederwahl verkündete Nasarbajew im Mai 2015 einen Plan der 100 (Reform)Schritte in fünf Bereichen: Bildung eines effektiven Staatsapparates, Sicherstellung der Rechtsstaatlichkeit, Förderung von Industrialisierung und Wirtschaftswachstum, Entwicklung von nationaler Identität und Einigkeit sowie Erhöhung der Rechenschaft der Regierung. Die derzeitigen innen- wie außenpolitischen Herausforderungen sind gewaltig, die Ereignisse des Frühjahrs 2016 müssen die Führung beunruhigen. Die Bevölkerung, die lange erstaunlich gelassen auf die Krise und ihre Folgen reagiert hatte, ging, ausgelöst durch das Projekt eines neuen Landgesetzes, erstmals in relativ großer Zahl und in diversen Provinzstädten auf die Straße. Der Staat reagierte wie gewohnt mit Verhaftungen, Beschuldigungen und harten Urteilen, sah sich aber auch gezwungen, das Gesetzesprojekt einzufrieren. Unmittelbar nachdem so die Ruhe wieder hergestellt war, fanden in Aktobe im Westen Kasachstans, wo auch die Proteste gegen das Gesetz ihren Ausgang genommen hatten, zeitgleich mehrere Terroranschläge statt. Die Regierung wurde offensichtlich völlig von den Ereignissen überrascht und macht eine größere salafistische Terrorzelle dafür verantwortlich. Auch wenn offiziell versichert wird, man habe die Lage im Griff, bleibt die Situation im Westen - und vermutlich auch in der Führung des Landes - angespannt. Dies umso mehr, als am 18.07.2016 die innere Ruhe schon wieder erschüttert wurde als ein offenbar islamistischer Einzeltäter mit krimineller Vergangenheit bewaffnet eine Polizeistation in Almaty stürmte und fünf Menschen tötete. Schon im Herbst 2016 wurden die Tatverdächtigen zu harten Strafen verurteilt: Im Falle der Anschläge von Aktobe wurden Freiheitsstrafen von bis zu 25 Jahren wegen Terrorismus verkündet, der Attentäter von Almaty wurde wegen Terrorismus sogar zum Tode verurteilt. Da in Kasachstan ein Moratorium für die Todesstrafe gilt, wird die Strafe wohl in lebenslänglich umgewandelt. Doch fordern derzeit mehrere Politiker und Juristen den Vollzug der Todesstrafe im Falle von Terrorismus. Das Jahr 2017 hat keine neuen islamistischen Anschläge gebracht, aber Arbeiter haben an mehreren Orten versucht, mit Streiks ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen - und wurden dafür juristisch belangt. Sicherheitspolitische Maßnahmen wie auch die sozioökonomische und geopolitische Lage des Landes zu Beginn des Jahres 2018 werden leicht skeptisch und als im Wartestand vor zu erwartenden größeren Veränderungen nach dem Ende der Ära Nasarbajew gesehen. Im Sommer 2018 war die Ermordung eines prominenten Sportlers Anlass über die Schlagkraft der Polizei und notwendige Reformen nachzudenken (LIP Geschichte und Staat Oktober 2019, abgefragt am 05.11.2019).

Auch in Kasachstan gibt es vereinzelte terroristische Angriffe, zuletzt im Sommer 2016 auf ein Waffengeschäft in Aktöbe und auf eine Polizeistation in Almaty. In Almaty und der Hauptstadt Nur-Sultan (ehem. Astana) müssen Sie mit der üblichen Großstadtkriminalität wie Taschendiebstahl, Raub, Trickbetrügerei, Freikauf aus angeblichen Polizeikontrollen rechnen (AA Reise- und Sicherheitshinweise unverändert gültig seit 23.08.2019, Stand 05.11.2019).

(BMEIA, Bundesministerium Europa, Integration und Äußeres, Republik Kasachstan, unverändert gültig seit 29.10.2018, Stand 05.11.2019, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/kasachstan

EDA, Schweizerische Eidgenossenschaft, Eidgenössisches Department für Auswärtige Angelegenheiten, Reisehinweise für Kasachstan publiziert am 29.03.2019, gültig am 06.11.2019, https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/vertretungen-und-reisehinweise/kasachstan/reisehinweise-fuerkasachstan.html

LIP, Liportal, Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), Kasachstan, Geschichte und Staat, letzte Aktualisierung Oktober 2019, abgefragt am 05.11.2019, https://www.liportal.de/kasachstan/geschichte-staat

AA, Auswärtiges Amt, Kasachstan, Reise- und Sicherheitshinweise, unverändert gültig seit 23.08.2019, Stand 05.11.2019, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/kasachstan-node/kasachstansicherheit/206342

ZA, Zentralasien Analysen, Deutsche Gesellschaft für Osteuropakunde (DGO), Nr. 135, 28.06.2019,

http://www.laender-analysen.de/zentralasien/pdf/ZentralasienAnalysen135.pdf)

Justiz

Die Gesetze sehen keine unabhängige Justiz vor. Die Exekutive beschränkte stark die richterliche Unabhängigkeit. Staatsanwälte genossen eine quasi-richterliche Rolle und haben die Befugnisse gerichtliche Entscheidungen auszusetzen. Korruption war in allen Ebenen der Gerichtsverfahren offensichtlich. Obwohl Richter zu den bestbezahlten Beamten gehörten, behaupteten Rechtsanwälte und Menschenrechtsbeobachter, dass Richter, Staatsanwälte und andere Behördenmitarbeiter Bestechungsgelder, im Gegenzug für günstige Urteile, in vielen Straf- und Zivilverfahren annahmen. Richter wurden für Verstöße gegen die Gerichtsethik bestraft. Laut offiziellen Statistiken wurden in den ersten neun Monaten des Jahres 2018 zwei Richter wegen Korruptionsstraftaten verurteilt. Am 13.06.2018 verurteilte das Gericht in Shymkent einen Richter des Makhta-Aral Bezirksgerichtes, Herrn Abay Niazbekov, wegen Annahme von Bestechungsgeld und verurteilte ihn zu 4,5 Jahren Freiheitsstrafe und einem lebenslangen Arbeitsverbot in Regierungseinrichtungen sowie staatseigenen Unternehmen. Am 30.01.2018 erwischten Behörden Niazbekov als er Bestechungsgeld in der Höhe von 500.000 Tenge (1.360 US-Dollar) in seinem Büro annahm (USDOS 13.03.2019).

Höchstes Organ der Judikative ist das Oberste Gericht. Nachdem die Finanzkrise 2008 noch ohne größere Erschütterungen bewältigt werden konnte, wurde das verbreitete Bild vom stabilen Kasachstan 2011 erstmals erschüttert. Zum einen gab es mehrere kleinere islamistisch-terroristische Anschläge, bis dahin hatte man das Land als von Islamismus nicht bedroht betrachtet. Zum anderen wurde ein monatelanger Streik von Erdölarbeitern in der Stadt Schanaosen im Gebiet Mangistau am Kaspischen Meer gewaltsam beendet, nachdem man fast neun Monate lang versucht hatte, das Problem auszusitzen, statt es zu lösen. Ablauf und Verantwortlichkeiten sind nach wie vor unklar, klar ist, dass Sicherheitskräfte am 16.12.2011 unerwartet gegen die auf dem Hauptplatz der Stadt versammelten Streikenden und ihre Angehörigen losgingen, Schüsse fielen und mehrere Menschen zu Tode kamen. Eine Aufarbeitung der tragischen Ereignisse ist nach wie vor nicht möglich. Die Führung des Landes reagierte auf diese Ereignisse mit Maßnahmen, die zu einer erheblichen Verschärfung des innenpolitischen Klimas führten. Die gerichtliche Aufarbeitung der Vorgänge wirkte einseitig. Oppositionspolitiker, Journalisten sowie Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, wie auch der bekannte Theatermacher Bulat Atabajew, die sich im Fall Schanaosen engagiert hatten, wurden verhaftet und strafrechtlich verfolgt. Ob sich die sozioökonomischen Ursachen der Unruhen vor Ort zum Besseren verändert haben, ist umstritten. Gesamtstaatlich reagierte die Führung des Landes, Präsident Nasarbajew, auf diese Herausforderungen mit neuen Programmen und Gesetzen, am bekanntesten die Strategie 2050. 2013 wurde ein neues Anti-Terror-Gesetz, gefolgt von einer Anti-Terror-Strategie, verabschiedet, gefolgt von einem kostenintensiven Programm zur Bekämpfung des religiösen Extremismus und Terrorismus im März 2018. Verschärfungen des Strafrechts beunruhigen Menschenrechtler, weil sie die Grundrechte verletzt und die Tätigkeit von NGOs bedroht sehen. Mehrere politisch motivierte Prozesse unter dem Schlagwort religiöser Extremismus im Jahr 2018 geben zu großer Sorge Anlass (LIP Geschichte und Staat Oktober 2019, abgefragt am 05.11.2019).

Militärgerichte sind für zivile Angeklagte in jenen Fällen, die in Zusammenhang mit Militärangehörigen stehen, zuständig. Militärgerichte verwenden dasselbe Strafgesetzbuch wie Zivilgerichte (USDOS 13.03.2019).

Am 25.04.2019 hat der Senat fünf Richter des Obersten Gerichtes entlassen, meldet Tengrinews (ZA 28.06.2019).

(USDOS, United States Department of State, Country Report on Human Rights Practices 2018, 13.03.2019, Kasachstan, https://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/2018/sca/289248.htm

LIP, Liportal, Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), Kasachstan, Geschichte und Staat, letzte Aktualisierung Oktober 2019, abgefragt am 05.11.2019, https://www.liportal.de/kasachstan/geschichte-staat

ZA, Zentralasien Analysen, Deutsche Gesellschaft für Osteuropakunde (DGO), Nr. 135, 28.06.2019,

http://www.laender-analysen.de/zentralasien/pdf/ZentralasienAnalysen135.pdf)

Sicherheitsbehörden

Das Innenministerium beaufsichtigt die nationale Polizei, die vor allem für die nationale Sicherheit verantwortlich ist, inklusive Strafverfolgung, Verbrechensverhinderung, Verwaltungsübertretungen und Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit. Die Behörde für Angelegenheiten des öffentlichen Dienstes und Antikorruption hat Kompetenzen in den Bereichen Verwaltungs- und Strafrechtsverfolgung. Das Komitee für nationale Sicherheit (KNB) spielt eine wichtige Rolle in den Bereichen Grenzsicherheit, innere und äußere Sicherheit, Antiterrorkampf sowie bei der Ausforschung und dem Verbot von illegalen oder nicht registrierten Gruppen, wie z. B. extremistische und militärische Gruppierungen, politische Parteien, religiöse Gruppierungen und Gewerkschaften. Im Juli 2017 hat der Präsident Gesetzesänderungen zur Reform der Strafverfolgungsbehörden unterzeichnet, darunter eine Ermächtigung des KNB zur Untersuchung von Korruption bei Offizieren des Geheimdienstes, im Antikorruptionsbüro und beim Militär. Der KNB, Syrbar (Auslandsgeheimdienst) und die Finanz- und Antikorruptionspolizei berichten direkt dem Präsidenten. Viele Regierungsminister unterhielten Internetforen, in denen Bürger Beschwerden einbringen können. Obwohl die Regierung einiges unternahm Beamte zu verfolgen die Missbrauch begingen, existiert immer noch Straflosigkeit, besonders wenn es um Korruption geht oder die Betroffenen persönliche Beziehungen zu Regierungsmitarbeitern pflegen. Eine Person, die als Tatverdächtiger festgenommen wurde, wird zur Vernehmung in eine Polizeidienststelle gebracht. Vor der Vernehmung sollte der Beschuldigte die Möglichkeit haben, sich mit einem Anwalt zu treffen. Sollte innerhalb von 48 Stunden nach einer Verhaftung die Verwaltung der Haftanstalt keine gerichtliche Zustimmung zur Festnahme erwirkt haben, sollte der Festgenommene unverzüglich freilassen werden. Der für den Fall zuständigen Beamten und der Staatsanwalt sind davon in Kenntnis zu setzen. Die Dauer der Untersuchungshaft kann in einer Vielzahlt von Fällen auf 72 Stunden ausgedehnt werden, dazu zählen schwere oder terroristische Straftaten, Bandenkriminalität, Drogenhandel, Sexualdelikte begangen an Minderjährigen und andere. Der Generalstaatsanwalt berichtete, dass durch die Änderungen der Strafprozessordnung im Dezember 2017 die Anzahl der Haftgründe und die Dauer der Untersuchungshaft von 72 auf 48 Stunden reduziert wurden sowie die Zahl der festgenommenen Verdächtigen um 1.500 sank. 83 Prozent der Inhaftierten bleiben nicht länger als 48 Stunden in Gewahrsam. Staatsanwälte berichteten von sechs Fällen willkürlicher Verhaftungen und Inhaftierungen in den ersten sechs Monaten des Jahres 2018 (USDOS 13.03.2019).

(USDOS, United States Department of State, Country Report on Human Rights Practices 2018, 13.03.2019, Kasachstan, https://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/2018/sca/289248.htm)

Folter und unmenschliche Behandlung

Das Gesetz verbietet Folter; dennoch sollen Polizei- und Gefängnisbeamte Häftlinge gefoltert und missbraucht haben. Menschenrechtsaktivisten behaupteten, dass die innerstaatliche rechtliche Definition von Folter nicht mit der Definition von Folter in der UN-Konvention gegen Folter übereinstimmt. Der Nationale Präventivmechanismus (NPM) gegen Folter trat 2014 in Kraft, als der Premierminister Regeln unterzeichnete, welche die Überwachung der Institutionen ermöglichen. Die NPM gehört zum Büro Ombudsmanns für Menschenrechte und ist daher nicht unabhängig von der Regierung. Der Ombudsmann für Menschenrechte berichtete, dass er 135 Beschwerden über Folter, Gewalt und andere grausame und erniedrigende Behandlung und Strafe im Jahr 2017 erhielt. In seinem Bericht von April 2018, Berichtzeitraum Tätigkeit im Jahr 2017, berichtete der NPM, dass es trotz einiger Fortschritte, schwerwiegende Probleme mit Menschenrechtsverletzungen in Gefängnissen sowie in Haftanstalten für vorübergehende Anhaltungen gab. In seinem offiziellen Bericht wies der Generalstaatsanwalt auf 103 Fälle von Folter in den ersten sieben Monaten des Jahres hin, von denen16 Fälle untersucht und an Gerichte weitergeleitet wurden (USDOS 13.03.2019).

Laut den Angaben einer Koalition von im Menschenrechtsbereich tätigen NGOs am 26.06.2019, darunter die Helsinki-Stiftung für Menschenrechte, gab es 2018 in Kasachstan insgesamt 143 gemeldete Vorwürfe wegen Folter und anderer Formen von Misshandlungen im Strafvollzug. Am 18.07.2019 ernannte Präsident Tokajew Arudschan Sain, Gründerin und Direktorin der Stiftung Barmherzigkeit, zur neuen Ombudsfrau für die Angelegenheiten und Rechte von Kindern (ZA 26.07.2019).

Präsident Tokajew ordnete Ermittlungen zu Folter im Gefängnis in Saretschnoje an, nachdem ein Video erschien das mutmaßliche Folter in der Haftanstalt zeigt (EurasiaNet 01.08.2019).

Der stellvertretende Direktor sowie vier Wachleute der Haftanstalt der kasachischen Stadt Zarechny nahe Almaty wurden im Zusammenhang mit der Veröffentlichung eines Videos im Internet, welches die Folter eines Gefängnisinsassen durch mehrere Wärter zeigt, verhaftet. Seit langem kritisieren Menschenrechtsorganisationen die Haftbedingungen in kasachischen Gefängnissen, in denen es aufgrund der schwierigen Bedingungen in den letzten Jahren zu zahlreichen Gefängnisaufständen kam (BAMF 05.08.2019).

(USDOS, United States Department of State, Country Report on Human Rights Practices 2018, 13.03.2019, Kasachstan, https://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/2018/sca/289248.htm

ZA, Zentralasien Analysen, Deutsche Gesellschaft für Osteuropakunde (DGO), Nr. 136, 26.07.2019,

http://www.laender-analysen.de/zentralasien/pdf/ZentralasienAnalysen136.pdf

EurasiaNet, Kasachstan, Tokajews Kommentare zu Folter könnten ein Signal für eine neue politische Richtung sein, 01.08.2019, https://eurasianet.org/kazakhstan-tokayev-remarks-on-torture-may-signal-new-policy-direction

BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 05.08.2019,

https://www.ecoi.net/en/file/local/2014113/Deutschland___Bundesamt_für_Migration_und_Flüchtlinge%2C_Briefing_Notes%2C_05.08.2019_%28deutsch%29.pdf)

Korruption

Das Gesetz sieht strafrechtliche Sanktionen für Korruption durch Beamte vor. Die Regierung hat das Gesetz nicht effektiv umgesetzt und Beamte wenden häufig ungestraft korrupte Praktiken an. Das Innenministerium, die Behörde für Angelegenheiten des öffentlichen Dienstes und Antikorruption, der KNB und die Disziplinarkommission für den öffentlichen Dienst sind für Korruptionsbekämpfung zuständig. Der KNB untersucht Korruptionsstraftaten die von Mitarbeitern der Sondereinheiten, des Antikorruptionsbüros und des Militärs begangen wurden. Laut offiziellen Statistiken wurden in den ersten sieben Monaten des Jahres 2018 1.024 Delikte in Zusammenhang mit Korruption registriert. Die häufigsten Straftaten waren Bestechung (52 Prozent), Unterschlagung (21 Prozent) und Machtmissbrauch (17 Prozent). Die Regierung beschuldigte 663 Beamte der Korruption und 1.370 Fälle wurden an Gerichte weitergeleitet. Das Gesetz schreibt Behördenmitarbeitern, Bewerbern für Staatsposten und aus dem Staatsdienst Entlassenen vor, ihre Einkünfte und Vermögenswerte im In- und Ausland jährlich den Steuerbehörden bekannt zu geben. Die gleichen Anforderungen gelten für deren Ehegatten, unterhaltsberechtigte und volljährige Kinder. Ähnliche Vorschriften bestehen für Abgeordnete und Richter. Steuererklärungen sind der Öffentlichkeit nicht zugänglich. Das Gesetz sieht bei Nichteinhaltung der Vorschriften Verwaltungsstrafen vor (USDOS 13.03.2019).

Im Corruption Perceptions Index 2017 von Transparency International lag die Republik Kasachstan auf Platz 122 von 180 bewerteten Ländern (TI Index 2017); im Index 2018 auf Platz 124 von 180 (TI Index 2018).

Am 19.06.2019 ratifiziert das Parlament ein Gesetz, nach dem Vorgesetzte in Zukunft für die Korruption ihrer Untergebenen verantwortlich gemacht werden können (ZA 28.06.2019).

Am 10.07.2019 verurteilt ein Gericht in Nur-Sultan die ehemalige stellvertretende Bildungs- und Wissenschaftsministerin Elmira Surchanberdijewa, die Anfang Juni festgenommen worden war, wegen Korruption während ihrer Amtszeit zu einer Strafzahlung von 6,3 Millionen Tenge (16.000 US-Dollar) und einem lebenslangen Arbeitsverbot für den öffentlichen Dienst und staatliche Unternehmen. Am 15.07.2019 verurteilt ein Gericht im Gebiet Akmola fünf hochrangige Polizeibeamte zu Freiheitsstrafen zwischen sechs und 11 Jahren wegen Gründung einer kriminellen Vereinigung. Die Beamten sollen über mehrere Jahre systematisch Bestechungsgelder von illegalen Goldsuchern angenommen haben (ZA 26.07.2019).

(TI, Transparency International, Corruption Perceptions Index 2017, http://www.transparency.org/country/KAZ

TI, Transparency International, Corruption Perceptions Index 2018, http://www.transparency.org/country/KAZ

USDOS, United States Department of State, Country Report on Human Rights Practices 2018, 13.03.2019, Kasachstan, https://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/2018/sca/289248.htm

ZA, Zentralasien Analysen, Deutsche Gesellschaft für Osteuropakunde (DGO), Nr. 135, 28.06.2019,

http://www.laender-analysen.de/zentralasien/pdf/ZentralasienAnalysen135.pdf

ZA, Zentralasien Analysen, Deutsche Gesellschaft für Osteuropakunde (DGO), Nr. 136, 26.07.2019,

http://www.laender-analysen.de/zentralasien/pdf/ZentralasienAnalysen136.pdf)

Nichtregierungsorganisationen (NGOs)

Eine Reihe von nationalen und internationalen Menschenrechtsgruppen konnten, mit einem gewissen Grad an Freiheit, Fälle von Menschenrechtsverletzungen untersuchen und ihre Ergebnisse veröffentlichen; dennoch gibt es immer noch einige Beschränkungen bezüglich der Aktivitäten von Menschenrechts-NGOs. Internationale und örtliche Menschenrechtsgruppen berichteten, dass die Regierung NGO-Aktivitäten überwacht, wenn es um sensible Themen und ausgeübten Schikanen geht, einschließlich Polizeibesuchen in und Überwachung von NGO Büros, sowie deren Mitarbeitern und ihren Familienangehörigen. Behördenmitarbeiter sind oft nicht kooperativ oder reagierten nicht auf deren Anliegen. Da vom Außenministerium geleitetet Beratungsgremium (Consultative Advisory Body, CAB) für Dialog über Demokratie, Menschenrechte, Rechtstaatlichkeit und Gesetzgebung setzte seine Arbeit im Lauf des Jahres fort. Das CAB umfasst neben Ministerien und wichtigen internationalen und inländischen NGOs auch Beobachter internationaler Organisationen. Die "NGO-Community" äußerte sich generell positiv in Bezug auf die Arbeit von CAB, und gab an, dass diese Plattform eine bessere Kommunikation mit der Regierung zu besorgniserregenden Themen ermöglicht. Dennoch konnten sich die Regierung und die NGOs nicht auf Empfehl

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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