TE Bvwg Erkenntnis 2019/11/25 G307 2208731-1

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Veröffentlicht am 25.11.2019
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Entscheidungsdatum

25.11.2019

Norm

BFA-VG §18 Abs2 Z1
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs5
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
FPG §55 Abs4

Spruch

G307 2208731-1/20E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Markus MAYRHOLD als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, alias XXXX, alias XXXX, geb. am XXXX, StA.: Serbien, vertreten durch Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, vom 02.10.2018, Zl. XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 08.11.2019, zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird s t a t t g e g e b e n und der angefochtene Bescheid behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit jeweiligen Schreiben der seinerzeitigen Bundespolizeidirektion (im Folgenden: BPD) XXXX, Zl.: XXXX, vom XXXX2011 und XXXX2011, wurde der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) anlässlich seiner Verurteilungen im Bundesgebiet von der in Aussicht genommenen Erlassung einer Rückkehrentscheidung samt Einreiseverbotes in Kenntnis gesetzt. Zudem wurde der BF zur Stellungnahme binnen zwei Wochen aufgefordert.

Mit bei der BPD XXXX am XXXX2012 eingelangtem Schriftsatz gab der BF eine Stellungnahme ab.

2. Mit Schreiben vom 26.04.2018 wurde der BF anlässlich seiner Anhaltung in Untersuchungshaft vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) über die in Aussicht genommene Erlassung einer Rückkehrentscheidung samt Einreiseverbots in Kenntnis gesetzt. Auch diesmal wurde der BF zur Stellungnahme aufgefordert und wurde ihm dazu eine Frist von 10 Tagen eingeräumt.

Eine Stellungnahme langt bis dato bei der belangten Behörde nicht ein.

3. Der BF wurde mit Schreiben der Bundespolizeidirektion XXXX, XXXX, vom XXXX2012, über die Einstellung des Aufenthaltsbeendigungsverfahrens in Kenntnis gesetzt.

4. Mit dem oben im Spruch angeführten Bescheid des BFA, dem BF zugestellt am 05.10.2018, wurde gemäß § 52 Abs. 5 FPG iVm. § 9 BFA-VG gegen den BF eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt I.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Serbien zulässig ist (Spruchpunkt II.), gemäß § 55 Abs. 4 FPG eine Frist zur freiwilligen Ausreise nicht gewährt (Spruchpunkt III.), Gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt IV.) sowie gemäß § 53 Abs. 1 iVm. Abs. 3 Z 1 FPG gegen den BF ein auf 6 Jahre befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt V.).

5. Mit per Telefax am 25.10.2018 beim BFA eingebrachtem Schriftsatz, erhob der BF durch seine Rechtsvertretung (im Folgenden: RV) Beschwerde gegen den im Spruch genannten Bescheid an das Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG).

Darin wurden neben der Anberaumung einer mündlichen Verhandlung und Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung, jeweils in eventu, die ersatzlose Behebung des Bescheides, die Erteilung des Aufenthaltstitels "Daueraufenthalt EU" gemäß § 45 NAG, die Erteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 55 oder 57 AsylG, die Abänderung des Bescheides dahingehend, dass die Rückkehrentscheidung aufgrund der realen Gefährdung der Verletzung von Art 2 und 3 EMRK, aufgehoben wird, die Behebung des Einreiseverbotes, die Herabsetzung der Befristung desselben sowie die Zurückverweisung der Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde, beantragt.

6. Die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden dem BVwG vom BFA vorgelegt, wo sie am 02.11.2018 einlangten.

7. Am 08.11.2019 fand in der Grazer Außenstelle des BVwG eine mündliche Verhandlung statt, an jener der BF sowie seine RV persönlich teilnahmen.

Die belangte Behörde wurde geladen, verzichtete jedoch auf eine Teilnahme.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der BF führt die im Spruch angeführte Identität (Namen und Geburtsdatum) und ist Staatsangehöriger der Republik Serbien, geschieden, und Vater von drei erwachsenen Kindern.

1.2. Der BF hält sich seit dem Jahr 1972, abgesehen von kurzem Urlaubsfahrten nach Serbien, durchgehend im Bundesgebiet auf und weist beginnend mit 18.10.1974 Wohnsitzmeldungen in Österreich auf.

1.3. Der BF war durchgehend im Besitz von zum Aufenthalt in Österreich berechtigender Rechtstitel. Seit 2007 verfügt der BF über ein unbefristetes Daueraufenthaltsrecht und wurde ihm zuletzt am XXXX2011 mit Gültigkeit bis 2016 ein Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt EG" ausgestellt. Der BF hat am XXXX2016 einen Antrag auf Verlängerung desselben gestellt, über welchen bis dato durch die zuständige NAG-Behörde noch nicht entschieden wurde.

1.4. Der BF besuchte in Österreich insgesamt 7 Jahre lang die Pflicht-Schule und brach eine Lehre zum Beruf des Koches und Kellners nach zwei Jahren ab.

1.5. Im Bundesgebiet halten sich die Eltern, Geschwister und erwachsenen Kinder des BF auf und weist der BF soziale Bezugspunkte in Österreich auf. Die Geschwister des BF sind österreichische Staatsbürger und halten sich auch die andere Angehörigen seit vielen Jahren rechtmäßig in Österreich auf.

1.6. Der BF ist gesund und arbeitsfähig und ging immer wieder Erwerbstätigkeiten im Bundesgebiet nach, bezog jedoch auch wiederholt Leistungen aus der staatlichen Arbeitslosenversicherung. Seit 04.11.2016 geht der BF jedoch keiner Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet mehr nach.

1.7. Der BF erweist er sich als vermögenslos und hat zudem Verbindlichkeit in Höhe EUR 15.000,- ausständig.

1.8. Der BF ist der Deutschen Sprache in Wort und Schrift mächtig, spricht jedoch auch serbisch.

1.9. Das Bestehen von familiären und/oder sozialen Anknüpfungspunkten in Serbien konnte nicht festgestellt werden.

1.10. Aktuell wird der BF seit XXXX2016 in Justizanstalten in Österreich angehalten und ist dessen Entlassung am XXXX2020 geplant.

1.11. Der BF weist folgende Verurteilungen in Österreich auf:

1. BG XXXX, Zl. XXXX, vom XXXX2010, RK XXXX2010, wegen §§ 223/1, 198/1, 83/1 StGB: Bedingt nachgesehene Freiheitsstrafe von 2 Monaten.

2. LG XXXX, Zl. XXXX, vom XXXX2011, RK XXXX2011, wegen §§ 146, 147/2 StGB: Bedingt nachgesehene Freiheitsstrafe von 3 Jahren.

Der BF wurde für schuldig befunden, mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Angestellte genannter Institutionen durch Täuschung über Tatsachen zu Handlungen verleitet zu haben, welche diese in ihrem Vermögen schädigten, wobei der Gesamtschaden EUR 3.000,- jedoch nicht EUR 50.000,- übersteigt, und zwar:

* In XXXX Angestellte des XXXX in der Zeit von Juli 2005 bis Oktober 2007 durch Vorgabe, geschieden und alleinstehend zu sein, obwohl er seit XXXX2005 verheiratet war, mithin durch Täuschung über Tatsachen zu Handlungen, nämlich Auszahlung von monatlicher Notstandshilfe für Zeiträume zwischen XXXX2005 bis XXXX2007, in der Gesamthöhe von EUR 6.823,69, mithin zu Handlungen verleitet, welche das XXXX an seinem Vermögen schädigte, sowie

* In XXXX unter seinem ehemaligen Namen am XXXX2007 Angestellte einer Bank durch Vorgabe, ein geregeltes monatliches Einkommen zu beziehen und in einem aufrechten Arbeitsverhältnis zu stehen, mithin durch Täuschung über Tatsachen, zur Gewährung eines Kredites in der Höhe EUR 4.000,- und Ausfolgung einer SCS-Karte, mithin zu Handlungen verleitet, die diese an ihrem Vermögen schädigten, wobei der Gesamtschaden EUR 6.735,18 zum Nachteil der besagten Bank beträgt.

Mildernd wurde dabei, der bisherige ordentliche Lebenswandel, das Geständnis, die teilweisen Zahlungen und das lange Zurückliegen der Tat auch hinsichtlich des Bedachtnahmeurteils, erschwerend jedoch mehrere Angriffe, das Zusammentreffen mehrerer Vergehen hinsichtlich des Bedachtnahmeurteils, gewertet.

3. LG XXXX, Zl.: XXXX, vom XXXX2013, RK XXXX2013, wegen §§ 223 (2), 224 StGB: Bedingt nachgesehene Freiheitsstrafe von 4 Monaten.

4. LG XXXX, Zl. XXXX, vom XXXX2017, RK XXXX2017, wegen §§ 127, 129

(2) Z 1 iVm (1) Z1, 130 (3) StGB, § 15 StGB, § 105 (1) StGB:

Freiheitsstrafe von 2 Jahren.

Der BF wurde für schuldig befunden, am XXXX2016 in XXXX gewerbsmäßig fremde bewegliche Sachen, konkret Schmuck, Parfum, Laptops und Laptop-Zubehör in nicht mehr feststellbarem Wert, mit dem Vorsatz, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, durch Einbruch in eine Wohnstätte einem anderen weggenommen bzw. wegzunehmen versucht zu haben, indem er mit einem derzeit noch nicht bekannten Mittäter unter Verwendung eines besonderen Mittels, nämlich eines eigens dafür mitgeführten Brecheisens, mittels Riegelzuges in die Wohnung der beiden Geschädigten eindrang, sowie einen der Geschädigten durch gefährliche Drohung mit den Auflauern und Zusammenschlagen, zu einer Unterlassung, nämlich dem weiteren Nachlaufen nach Betretung auf frischer Tat, genötigt zu haben.

Mildernd wurde dabei das teilweise reumütige Geständnis, dass es teilweise beim Versuch geblieben ist, sowie die Schadenswiedergutmachung, erschwerend jedoch das Zusammentreffen von einem Verbrechen mit einem Vergehen, gewertet.

5. LG XXXX, Zl. XXXX, vom XXXX2018, RK XXXX2018, wegen §§ 127, 129

(2) Z 1, 130 (1) 1. Fall, 130 (3) StGB, § 15 StGB: Freiheitsstrafe von 2 Jahren und 6 Monaten.

Der BF wurde für schuldig befunden, in XXXX gewerbsmäßig fremde bewegliche Sachen in einem EUR 5.000,- übersteigender Gesamtwert durch Einbruch in Wohnstätten bzw. Gebäude mit dem Vorsatz, sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern, anderen teils im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter und teils alleine weggenommen bzw. wegzunehmen versucht zu haben, und zwar indem

* Der BF im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter (§ 12 StGB) am XXXX2016, XXXX2016 und XXXX2016 in Wohnung einbrach, wobei es nur beim Versuch blieb und keine Gegenstände gestohlen wurden, und

* Der BF am XXXX2018 in eine Wohnung in Wien einbrach und Bargeld in der Höhe von § 10,- erbeutete.

Mildernd wurde das umfassende und reumütige Geständnis, dass es zum Teil beim Versuch geblieben ist und die teilweise Sicherstellung der Beute, erschwerend die mehrfache Tatbegehung im Rahmen der Gewerbsmäßigkeit, die einschlägige Vorstrafenbelastung sowie die Delinquenz während der Strafhaft gewertet.

Es wird festgestellt, dass der BF die besagten Straftaten begangen hat.

1.13. Darüber hinaus weist der BF insgesamt 66 Verwaltungsstrafen überwiegend wegen Parkverstößen in Österreich auf.

Mit seit XXXX2014 in Rechtskraft erwachsenem Straferkenntnis der LPD XXXX, Gz: XXXX, vom XXXX2014, wurde der BF wegen Lenkens eines Kraftfahrzeuges in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand (0,42 mg/l Alkoholgehalt der Atemluft) am XXXX2014 gemäß § 99 Abs. 1b iVm. § 5 Abs. 1 StVO mit einer Geldstrafe von EUR 880,- belegt.

1.14. Serbien gilt als sicherer Herkunftsstaat.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

2.2. Die oben getroffenen Feststellungen beruhen auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der Durchführung einer mündlichen Verhandlung sowie der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens und werden in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt:

Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität (Namen und Geburtsdatum), zur Staatsangehörigkeit, zur Vaterschaft, zum durchgehenden Aufenthalt im Bundesgebiet, zu den Wohnsitzmeldungen beginnend mit 18.10.1974, zum Besitz von zum Aufenthalt in Österreich berechtigenden Rechtstiteln, zum Schulbesuch in Österreich, zu den familiären Anknüpfungspunkten in Österreich samt deren rechtmäßigen Aufenthalte sowie zu den Deutsch-Sprachkenntnissen des BF getroffen wurden, beruhen diese auf den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, jenen weder in der gegenständlichen Beschwerde noch in der mündlichen Verhandlung seitens des BF entgegengetreten wurde.

Zudem finden die Wohnsitzmeldungen des BF in Österreich im Datenbestand des Zentralen Melderegisters sowie die Aufenthaltstitel des BF in jenem des Zentralen Fremdenregisters eine Bestätigung. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung konnte sich der erkennenden Richter ferner von den Deutsch-Sprachkenntnissen des BF überzeugen.

Dem Datenbestand des Zentralen Fremdenregisters lässt sich zudem entnehmen, dass der BF am XXXX2016 einen Verlängerungsantrag hinsichtlich seines Aufenthaltstitels gestellt hat, und über diesen bis dato von der zuständigen NAG-Behörde noch nicht entschieden wurde.

Den konsistenten Vorbringen des BF vor der belangten Behörde sowie den Ausführungen in der gegenständlichen Beschwerde und in der mündlichen Verhandlung wiederum folgen die Feststellungen zu den wiederholten Urlaubsfahrten nach Serbien, zu den sozialen Anknüpfungspunkten in Österreich, zum Gesundheitszustand, zur Arbeitsfähigkeit, zur Vermögenslosigkeit sowie zu den ausstehenden Schulden. Der aktuelle Familienstand des BF beruht ebenfalls auf den konkreten Angaben des BF in der mündlichen Verhandlung, wo er vorbrachte mittlerweile von seiner Gattin geschieden zu sein. Der BF vermittelte in der mündlichen Verhandlung einen glaubwürdigen Eindruck und vermochte er alle ihm gestellten Fragen konkret und ohne Umschweife beantworten. Anhaltspunkte dafür, dass der BF die Unwahrheit gesagt haben könnte, konnten nicht festgestellt werden. Ferner sind die Angaben des BF vor dem Hintergrund seines langen Aufenthaltes in Österreich im Hinblick auf das Bestehen von sozialen Anknüpfungspunkten in Österreich sowie Fehlen von Bezugspunkten in Serbien nachvollziehbar. Insbesondere, da festgestellt werden konnte, dass die gesamte Kernfamilie des BF ebenfalls seit vielen Jahren in Österreich aufhältig ist. Dies - das Fehlen familiärer Bezugspunkte im Herkunftsstaat - wiederum stützt auch das Vorbringen des BF, immer wieder nur kurze Urlaubsfahrten nach Serbien unternommen zu haben. Die Vermögenslosigkeit sowie die offene Schuldenbelastung des BF wurde zudem auch vom LG XXXX in seinem Urteil, XXXX, festgestellt. Letztlich widerspräche es logischen Überlegungen in einem Aufenthaltsbeendigungsverfahren wahrheitswidrig seine Gesundheit und Arbeitsfähigkeit zu behaupten sowie seine Vermögenslosigkeit bei offenen Schulden eizugestehen. Insofern war dem BF Glauben zu schenken und die besagten Feststellungen zu treffen.

Im Zuge der mündlichen Verhandlung konnte vom erkennenden Richter insofern wahrgenommen werden, dass der BF der serbischen Sprache mächtig ist, als der BF sich nach der Verhandlung mit der Serbisch-Dolmetscherin im Wartebereich auf Serbisch unterhalten hat. (siehe AV G307 2208731-1/19Z)

Laut Zentralen Melderegister wird der BF seit XXXX2016 in Justizanstalten in Österreich angehalten, was seitens des BF in der mündlichen Verhandlung zudem bestätigt wurde. Die Entlassung des BF aus seiner Freiheitsstrafe sei laut dessen eigenen Angaben mit XXXX2020 geplant.

Die strafgerichtlichen Verurteilungen des BF samt den näheren Ausführungen zu einzelnen Strafurteilen sowie die Feststellung, dass der BF die besagten Straftaten begangen hat, beruhen auf dem Amtswissen des erkennenden Gerichts (Einsicht in das Strafregister der Republik Österreich) sowie Ausfertigungen der oben zitierten Strafurteile des LG XXXX, Zlen. XXXX und XXXX und LG XXXX Zl. XXXX. (siehe AS 38f, 93f, 147f)

Die verwaltungsstrafrechtlichen Belangungen des BF wiederum ergeben sich aus Anfragenbeantwortungen der Landespolizeidirektion XXXX, vom XXXX2019, (siehe OZ 16) sowie der Stadt XXXX vom XXXX2019 (siehe OZ 71). Ferner findet sich im Akt eine Ausfertigung des oben zitierten Straferkenntnisses der LPD-XXXX (siehe AS).

Die Feststellung, dass Serbien als sicherer Herkunftsstaat gilt, beruht auf § 1 Z 6 HstV.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

3.1. Zur Stattgabe der Beschwerde:

3.1.1. Gemäß § 2 Abs. 4 Z 1 FPG gilt als Fremder, wer die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt, und gemäß Abs. 4 Z 10 leg cit, jeder Fremder der nicht EWR-Bürger oder Schweizer Bürger ist, als Drittstaatsangehöriger.

Der BF als Staatsangehöriger von Serbien und ist sohin Drittstaatsangehöriger iSd. § 2 Abs. 4 Z 10 FPG.

3.1.2. Gemäß § 31 Abs. 1 FPG halten sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet auf, wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während des Aufenthaltes im Bundesgebiet die Befristung oder Bedingungen des Einreisetitels oder des visumfreien Aufenthaltes oder die durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten haben (Z 1), oder sie auf Grund einer Aufenthaltsberechtigung oder eine Dokumentation des Aufenthaltsrechtes nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zur Niederlassung oder zum Aufenthalt oder aufgrund einer Verordnung für Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt sind (Z 2).

§ 81 Abs. 29 NAG normiert, dass vor dem 1. Jänner 2014 ausgestellte Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - Familienangehöriger" und "Daueraufenthalt - EG" innerhalb ihrer Gültigkeitsdauer als Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - EU" weitergelten.

Gemäß § 20 Abs. 3 NAG sind Inhaber eines Aufenthaltstitels "Daueraufenthalt - EU" (§ 45) in Österreich - unbeschadet der befristeten Gültigkeitsdauer des diesen Aufenthaltstiteln entsprechenden Dokuments - unbefristet niedergelassen. Dieses Dokument ist für einen Zeitraum von fünf Jahren auszustellen und, soweit keine Maßnahmen nach dem Fremdenpolizeigesetz 2005 durchsetzbar sind, abweichend von § 24 auch nach Ablauf auf Antrag zu verlängern.

Der BF fällt nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG.

"Personen, die über einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - EU" verfügen, kommt nach § 20 Abs. 3 NAG 2005 in Österreich - unbeschadet der befristeten Gültigkeitsdauer des diesem Aufenthaltstitel entsprechenden Dokumentes - ein unbefristetes Niederlassungsrecht zu (vgl. VwGH 15.12.2015, Ra 2015/22/0024). Die Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung ist in diesem Fall am Maßstab des § 52 Abs. 5 FrPolG 2005 zu prüfen, wobei sich Einschränkungen der Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung auch noch aus § 9 BFA-VG 2014 ergeben." (cgl. VwGH 29.05.2018, Ra 2018/21/0067)

Der BF hält sich seit dem Jahr 1972 im Bundesgebiet auf und war der BF durchgehend im Besitz von zum Aufenthalt in Österreich berechtigenden Rechtstiteln. Aktuell ist der BF im Besitz eines Aufenthaltstitels "Daueraufenthalt EU", und hat der BF am XXXX2019 einen Verlängerungsantrag hinsichtlich seiner am XXXX2016 abgelaufenen Aufenthaltskarte gestellt, welcher bis dato noch offen ist.

Der bisherige Aufenthalt des BF war durchgehend legitimiert und verfügt dieser zudem, unbeschadet der befristeten Gültigkeit des diesem Aufenthaltstitels entsprechenden Dokumentes, einen unbefristeten Aufenthaltstitel für Österreich, weshalb sich dessen Aufenthalt im Bundesgebiet als - durchgehend - rechtmäßig erweist.

Die Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung ist - wie von der belangten Behörde vorgenommen - sohin gemäß § 52 Abs. 5 FPG zu prüfen.

3.1.3. Der mit "Rückkehrentscheidung" betitelte § 52 FPG lautet:

"§ 52. (1) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich

1. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält oder

2. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und das Rückkehrentscheidungsverfahren binnen sechs Wochen ab Ausreise eingeleitet wurde.

(2) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

1. dessen Antrag auf internationalen Schutz wegen Drittstaatsicherheit zurückgewiesen wird,

2. dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

3. ihm der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder

4. ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird

und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

(3) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 AsylG 2005 zurück- oder abgewiesen wird.

(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

1. nachträglich ein Versagungsgrund gemäß § 60 AsylG 2005 oder § 11 Abs. 1 und 2 NAG eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels entgegengestanden wäre,

1a. nachträglich ein Versagungsgrund eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Einreisetitels entgegengestanden wäre oder eine Voraussetzung gemäß § 31 Abs. 1 wegfällt, die für die erlaubte visumfreie Einreise oder den rechtmäßigen Aufenthalt erforderlich ist,

2. ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 oder 2 NAG erteilt wurde, er der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht und im ersten Jahr seiner Niederlassung mehr als vier Monate keiner erlaubten unselbständigen Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,

3. ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 oder 2 NAG erteilt wurde, er länger als ein Jahr aber kürzer als fünf Jahre im Bundesgebiet niedergelassen ist und während der Dauer eines Jahres nahezu ununterbrochen keiner erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,

4. der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels ein Versagungsgrund (§ 11 Abs. 1 und 2 NAG) entgegensteht oder

5. das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, aus Gründen, die ausschließlich vom Drittstaatsangehörigen zu vertreten sind, nicht rechtzeitig erfüllt wurde.

Werden der Behörde nach dem NAG Tatsachen bekannt, die eine Rückkehrentscheidung rechtfertigen, so ist diese verpflichtet dem Bundesamt diese unter Anschluss der relevanten Unterlagen mitzuteilen. Im Fall des Verlängerungsverfahrens gemäß § 24 NAG hat das Bundesamt nur all jene Umstände zu würdigen, die der Drittstaatsangehörige im Rahmen eines solchen Verfahrens bei der Behörde nach dem NAG bereits hätte nachweisen können und müssen.

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes auf Dauer rechtmäßig niedergelassen war und über einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - EU" verfügt, hat das Bundesamt eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 die Annahme rechtfertigen, dass dessen weiterer Aufenthalt eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellen würde.

(6) Ist ein nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältiger Drittstaatsangehöriger im Besitz eines Aufenthaltstitels oder einer sonstigen Aufenthaltsberechtigung eines anderen Mitgliedstaates, hat er sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses Staates zu begeben. Dies hat der Drittstaatsangehörige nachzuweisen. Kommt er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach oder ist seine sofortige Ausreise aus dem Bundesgebiet aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich, ist eine Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 zu erlassen.

(7) Von der Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 ist abzusehen, wenn ein Fall des § 45 Abs. 1 vorliegt und ein Rückübernahmeabkommen mit jenem Mitgliedstaat besteht, in den der Drittstaatsangehörige zurückgeschoben werden soll.

(8) Die Rückkehrentscheidung wird im Fall des § 16 Abs. 4 BFA-VG oder mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar und verpflichtet den Drittstaatsangehörigen zur unverzüglichen Ausreise in dessen Herkunftsstaat, ein Transitland gemäß unionsrechtlichen oder bilateralen Rückübernahmeabkommen oder anderen Vereinbarungen oder einen anderen Drittstaat, sofern ihm eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht eingeräumt wurde. Im Falle einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung ist § 28 Abs. 2 Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 auch dann anzuwenden, wenn er sich zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet aufhält.

(9) Mit der Rückkehrentscheidung ist gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

(10) Die Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 kann auch über andere als in Abs. 9 festgestellte Staaten erfolgen.

(11) Der Umstand, dass in einem Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung deren Unzulässigkeit gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG festgestellt wurde, hindert nicht daran, im Rahmen eines weiteren Verfahrens zur Erlassung einer solchen Entscheidung neuerlich eine Abwägung gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG vorzunehmen, wenn der Fremde in der Zwischenzeit wieder ein Verhalten gesetzt hat, das die Erlassung einer Rückkehrentscheidung rechtfertigen würde."

Der mit "Aufenthaltstitel aus Gründen des Art 8 EMRK" betitelte § 55 ASylG lautet:

"§ 55. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn

1. dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und

2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955) erreicht wird.

(2) Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen."

Der mit "Schutz des Privat- und Familienlebens" betitelte § 9 BFA-VG lautet:

"§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

(Anm.: Abs. 4 aufgehoben durch Art. 4 Z 5, BGBl. I Nr. 56/2018)

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.

(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt."

Der mit "Einreiseverbot" betitelte § 53 FPG lautet:

"§ 53. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

(Anm.: Abs. 1a aufgehoben durch BGBl. I Nr. 68/2013)

(2) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige

1. wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159, iVm § 26 Abs. 3 des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997, gemäß § 99 Abs. 1, 1 a, 1 b oder 2 StVO, gemäß § 37 Abs. 3 oder 4 FSG, gemäß § 366 Abs. 1 Z 1 der Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl. Nr. 194, in Bezug auf ein bewilligungspflichtiges, gebundenes Gewerbe, gemäß den §§ 81 oder 82 des SPG, gemäß den §§ 9 oder 14 iVm § 19 des Versammlungsgesetzes 1953, BGBl. Nr. 98, oder wegen einer Übertretung des Grenzkontrollgesetzes, des Meldegesetzes, des Gefahrengutbeförderungsgesetzes oder des Ausländerbeschäftigungsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist;

2. wegen einer Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von mindestens 1 000 Euro oder primären Freiheitsstrafe rechtskräftig bestraft wurde;

3. wegen einer Übertretung dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist, sofern es sich dabei nicht um eine in Abs. 3 genannte Übertretung handelt;

4. wegen vorsätzlich begangener Finanzvergehen oder wegen vorsätzlich begangener Zuwiderhandlungen gegen devisenrechtliche Vorschriften rechtskräftig bestraft worden ist;

5. wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften, mit denen die Prostitution geregelt ist, rechtskräftig bestraft worden ist;

6. den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag;

7. bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für denselben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung, bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen;

8. eine Ehe geschlossen oder eine eingetragene Partnerschaft begründet hat und sich für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, zwecks Zugangs zum heimischen Arbeitsmarkt oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen, aber mit dem Ehegatten oder eingetragenen Partner ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geführt hat oder

9. an Kindes statt angenommen wurde und die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, der Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, der Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, der Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt oder die Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausschließlicher oder vorwiegender Grund für die Annahme an Kindes statt war, er jedoch das Gericht über die wahren Verhältnisse zu den Wahleltern getäuscht hat.

(3) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 9 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn

1. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten oder mindestens einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;

2. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht wegen einer innerhalb von drei Monaten nach der Einreise begangenen Vorsatztat rechtskräftig verurteilt worden ist;

3. ein Drittstaatsangehöriger wegen Zuhälterei rechtskräftig verurteilt worden ist;

4. ein Drittstaatsangehöriger wegen einer Wiederholungstat oder einer gerichtlich strafbaren Handlung im Sinne dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft oder verurteilt worden ist;

5. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;

6. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB) oder eine Person zur Begehung einer terroristischen Straftat anleitet oder angeleitet hat (§ 278f StGB);

7. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet;

8. ein Drittstaatsangehöriger öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt oder

9. der Drittstaatsangehörige ein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung hat und im Hinblick auf deren bestehende Strukturen oder auf zu gewärtigende Entwicklungen in deren Umfeld extremistische oder terroristische Aktivitäten derselben nicht ausgeschlossen werden können, oder auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass er durch Verbreitung in Wort, Bild oder Schrift andere Personen oder Organisationen von seiner gegen die Wertvorstellungen eines europäischen demokratischen Staates und seiner Gesellschaft gerichteten Einstellung zu überzeugen versucht oder versucht hat oder auf andere Weise eine Person oder Organisation unterstützt, die die Verbreitung solchen Gedankengutes fördert oder gutheißt.

(4) Die Frist des Einreiseverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise des Drittstaatsangehörigen.

(5) Eine gemäß Abs. 3 maßgebliche Verurteilung liegt nicht vor, wenn sie bereits getilgt ist. § 73 StGB gilt.

(6) Einer Verurteilung nach Abs. 3 Z 1, 2 und 5 ist eine von einem Gericht veranlasste Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher gleichzuhalten, wenn die Tat unter Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustandes begangen wurde, der auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad beruht."

3.1.4. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich:

3.1.4.1. Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jede Person Anspruch auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung und ihres Briefverkehrs.

Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit ein Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Bei der Setzung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, wie sie eine Ausweisung eines Fremden darstellt, kann ein ungerechtfertigter Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens des Fremden iSd. Art. 8 Abs. 1 EMRK vorliegen. Daher muss überprüft werden, ob die Ausweisung einen Eingriff und in weiterer Folge eine Verletzung des Privat- und/oder Familienlebens des Fremden darstellt:

Die Zulässigkeit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, insbesondere die gegenständlichen Rückkehrentscheidung, setzt nach § 9 Abs. 1 BFA-VG unter dem dort genannten Gesichtspunkt eines Eingriffs in das Privat- und/oder Familienleben voraus, dass ihre Erlassung zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist (vgl. VwGH vom 12.11.2015, Zl. Ra 2015/21/0101).

Wie der Verfassungsgerichtshof (VfGH) bereits in zwei Erkenntnissen vom 29.09.2007, Zl. B 328/07 und Zl. B 1150/07, dargelegt hat, sind die Behörden stets dazu verpflichtet, das öffentliche Interesse an der Aufenthaltsbeendigung gegen die persönlichen Interessen des Fremden an einem weiteren Verbleib in Österreich am Maßstab des Art. 8 EMRK abzuwägen, wenn sie eine Ausweisung verfügt. In den zitierten Entscheidungen wurden vom VfGH auch unterschiedliche - in der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) fallbezogen entwickelte - Kriterien aufgezeigt, die in jedem Einzelfall bei Vornahme einer solchen Interessenabwägung zu beachten sind und als Ergebnis einer Gesamtbetrachtung dazu führen können, dass Art. 8 EMRK einer Ausweisung entgegensteht:

• die Aufenthaltsdauer, die vom EGMR an keine fixen zeitlichen Vorgaben geknüpft wird (EGMR 31.01.2006, Rodrigues da Silva und Hoogkamer, Zl. 50435/99, ÖJZ 2006, 738 = EuGRZ 2006, 562; 16.09.2004, Ghiban, Zl. 11103/03, NVwZ 2005, 1046),

• das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (EGMR 28.05.1985, Abdulaziz ua., Zl. 9214/80, 9473/81, 9474/81, EuGRZ 1985, 567; 20.06.2002, Al-Nashif, Zl. 50963/99, ÖJZ 2003, 344; 22.04.1997, X, Y und Z, Zl. 21830/93, ÖJZ 1998, 271) und dessen Intensität (EGMR 02.08.2001, Boultif, Zl. 54273/00),

• die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

• den Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert (vgl. EGMR 04.10.2001, Adam, Zl. 43359/98, EuGRZ 2002, 582; 09.10.2003, Slivenko, Zl. 48321/99, EuGRZ 2006, 560; 16.06.2005, Sisojeva, Zl. 60654/00, EuGRZ 2006, 554; vgl. auch VwGH 05.07.2005, Zl. 2004/21/0124; 11.10.2005, Zl. 2002/21/0124),

• die Bindungen zum Heimatstaat,

• die strafgerichtliche Unbescholtenheit, aber auch Verstöße gegen das Einwanderungsrecht und Erfordernisse der öffentlichen Ordnung (vgl. zB EGMR 24.11.1998, Mitchell, Zl. 40447/98; 11.04.2006, Useinov, Zl. 61292/00), sowie

• auch die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren (EGMR 24.11.1998, Mitchell, Zl. 40447/98; 05.09.2000, Solomon, Zl. 44328/98; 31.01.2006, Rodrigues da Silva und Hoogkamer, Zl. 50435/99, ÖJZ 2006, 738 = EuGRZ 2006, 562; 31.07.2008, Omoregie ua., Zl. 265/07).

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) sind die Staaten im Hinblick auf das internationale Recht und ihre vertraglichen Verpflichtungen befugt, die Einreise, den Aufenthalt und die Ausweisung von Fremden zu überwachen (EGMR 28.05.1985, Abdulaziz ua., Zl. 9214/80 ua, EuGRZ 1985, 567; 21.10.1997, Boujlifa, Zl. 25404/94; 18.10.2006, Üner, Zl. 46410/99; 23.06.2008 [GK], Maslov, 1638/03; 31.07.2008, Omoregie ua., Zl. 265/07). Die EMRK garantiert Ausländern kein Recht auf Einreise, Aufenthalt und Einbürgerung in einem bestimmten Staat (EGMR 02.08.2001, Boultif, Zl. 54273/00; 28.06.2011, Nunez, Zl. 55597/09).

Hinsichtlich der Rechtfertigung eines Eingriffs in die nach Art. 8 EMRK garantierten Rechte muss der Staat ein Gleichgewicht zwischen den Interessen des Einzelnen und jenen der Gesellschaft schaffen, wobei er in beiden Fällen einen gewissen Ermessensspielraum hat. Art. 8 EMRK begründet keine generelle Verpflichtung für den Staat, Einwanderer in seinem Territorium zu akzeptieren und Familienzusammenführungen zuzulassen. Jedoch hängt in Fällen, die sowohl Familienleben als auch Einwanderung betreffen, die staatliche Verpflichtung, Familienangehörigen von ihm Staat Ansässigen Aufenthalt zu gewähren, von der jeweiligen Situation der Betroffenen und dem Allgemeininteresse ab. Von Bedeutung sind dabei das Ausmaß des Eingriffs in das Familienleben, der Umfang der Beziehungen zum Konventionsstaat, weiters ob im Ursprungsstaat unüberwindbare Hindernisse für das Familienleben bestehen, sowie ob Gründe der Einwanderungskontrolle oder Erwägungen zum Schutz der öffentlichen Ordnung für eine Ausweisung sprechen. War ein Fortbestehen des Familienlebens im Gastland bereits bei dessen Begründung wegen des fremdenrechtlichen Status einer der betroffenen Personen ungewiss und dies den Familienmitgliedern bewusst, kann eine Ausweisung nur in Ausnahmefällen eine Verletzung von Art. 8 EMRK bedeuten (EGMR 31.07.2008, Omoregie ua., Zl. 265/07, mwN; 28.06.2011, Nunez, Zl. 55597/09; 03.11.2011, Arvelo Aponte, Zl. 28770/05; 14.02.2012, Antwi u. a., Zl. 26940/10).

"Bei Beurteilung der Frage, ob die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005 zur Aufrechterhaltung des Privat- und/oder Familienlebens iSd Art. 8 MRK geboten ist bzw. ob die Erlassung einer Rückkehrentscheidung einen unverhältnismäßigen Eingriff in die nach Art. 8 MRK geschützten Rechte darstellt, ist unter Bedachtnahme auf alle Umstände des Einzelfalles eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen des Fremden, insbesondere unter Berücksichtigung der in § 9 Abs. 2 BFA-VG 2014 genannten Kriterien und unter Einbeziehung der sich aus § 9 Abs. 3 BFA-VG 2014 ergebenden Wertungen, in Form einer Gesamtbetrachtung vorzunehmen (vgl. E 12. November 2015, Ra 2015/21/0101)." (vgl. VwGH 08.11.2018, Ra 2016/22/0120)

Bei einem mehr als zehn Jahre dauernden inländischen Aufenthalt des Fremden ist regelmäßig von einem Überwiegen der persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich auszugehen. Nur dann, wenn der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit überhaupt nicht genützt hat, um sich sozial und beruflich zu integrieren, wurden etwa Aufenthaltsbeendigungen ausnahmsweise auch nach so langem Inlandsaufenthalt noch für verhältnismäßig angesehen. Diese Rechtsprechung zu Art. 8 MRK ist auch für die Erteilung von Aufenthaltstiteln relevant (vgl. E 26. Februar 2015, Ra 2015/22/0025; E 19. November 2014, 2013/22/0270). Auch in Fällen, in denen die Aufenthaltsdauer knapp unter zehn Jahren lag, hat der VwGH eine entsprechende Berücksichtigung dieser langen Aufenthaltsdauer gefordert (vgl. E 16. Dezember 2014, 2012/22/0169; E 9. September 2014, 2013/22/0247; E 30. Juli 2014, 2013/22/0226). Im Fall, dass ein insgesamt mehr als zehnjähriger Inlandsaufenthalt für einige Monate unterbrochen war, legte der VwGH seine Judikatur zum regelmäßigen Überwiegen der persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich bei einem mehr als zehnjährigen Inlandsaufenthalt des Fremden zugrunde (vgl. E 26. März 2015, Ra 2014/22/0078 bis 0082). (Vgl. VwGH 08.11.2018, Ra 2016/22/0120

Im Fall, dass ein insgesamt mehr als zehnjähriger Inlandsaufenthalt für einige Monate unterbrochen war, legte der VwGH seine Judikatur zum regelmäßigen Überwiegen der persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich bei einem mehr als zehnjährigen Inlandsaufenthalt des Fremden zugrunde (vgl. E 26. März 2015, Ra 2014/22/0078 bis 0082). (Vgl. VwGH 08.11.2018, Ra 2016/22/0120

"Nach § 66 Abs. 2 FrPolG 2005 und § 9 BFA-VG 2014 ist bei Erlassung einer auf § 66 FrPolG 2005 gestützten Ausweisung eine Abwägung des öffentlichen Interesses an der Beendigung des Aufenthalts des EWR-Bürgers mit dessen Interesse an einem Verbleib in Österreich vorzunehmen, bei der insbesondere die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts im Bundesgebiet, das Alter, der Gesundheitszustand, die familiäre und wirtschaftliche Lage, die soziale und kulturelle Integration im Bundesgebiet und das Ausmaß der Bindungen zum Heimatstaat sowie die Frage der strafgerichtlichen Unbescholtenheit zu berücksichtigen sind." (VwGH 30.08.2018, Ra 2018/21/0049)

"Es trifft zwar zu, dass im Rahmen einer Interessenabwägung nach Art. 8 MRK bei einem mehr als zehn Jahre dauernden inländischen Aufenthalt eines Fremden in der Regel von einem Überwiegen der persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich auszugehen ist (vgl. VwGH 1.2.2019, Ra 2019/01/0027, mwN). Diese Rechtsprechung betraf allerdings nur Konstellationen, in denen sich aus dem Verhalten des Fremden - abgesehen vom unrechtmäßigen Verbleib in Österreich - sonst keine Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit ergab. Die "Zehn-Jahres-Grenze" spielte in der bisherigen Judikatur nur dann eine Rolle, wenn einem Fremden kein - massives - strafrechtliches Fehlverhalten vorzuwerfen war (vgl. VwGH 10.11.2015, Ro 2015/19/0001, mwN)." (VwGH 28.02.2019, Ra 2018/01/0409)

3.1.4.2. Der BF hält sich mittlerweile seit 47 Jahren durchgehend und rechtmäßig im Bundesgebiet auf. Dabei gilt es zudem zu beachten, dass der BF bereits im Alter von 8 Jahren nach Österreich gereist ist und im Bundesgebiet die Pflichtschule absolviert hat. In Österreich hält sich zudem die gesamte Kernfamilie des BF auf und verfügt er über keine Bezugspunkte mehr in Serbien. Ferner ist der BF der Deutschen Sprache in Wort und Schrift mächtig und ging Erwerbstätigkeiten in Österreich nach. Wenn der BF auch die ersten 8 Jahre seines Lebens in Serbien verbracht hat, so kann bei einem nunmehr 47 Jahre andauernden Aufenthalt in Österreich, samt Schulbesuch und Aufenthalt der Kernfamilie im Bundesgebiet, von einer vollständigen Entwurzelung des BF in Bezug auf seinen Herkunftsstaat und Annahme Österreichs als Heimat ausgegangen werden. Der Umstand, dass der BF der serbischen Sprache nach wie vor mächtig ist und wiederholt in Serbien seine Urlaube verbracht hat, vermag daran nichts zu ändern. Kurze Urlaubsaufenthalte und Sprachkenntnisse allein, vermögen einen derart langen, seit Kindertagen anhaltenden Aufenthalt und die damit einhergehende Sozialisation nicht maßgeblich beeinflussen. Auch die Anhaltungen des BF in Justizanstalten, wenn diesen auch grundsätzlich relativierende Wirkung zukommt, können verfahrensgegenständlich keinen maßgeblichen Einfluss auf die aufenthaltsdauerbedingten und vom BF aktiv bewirkten Integrationssachverhalte nehmen; erweisen sich diese im Verhältnis zur Aufenthaltsdauer des BF als viel zu gering.

So kann nicht nur festgestellt werden, dass der BF seinen Lebensmittelpunkt beinahe sein gesamtes Leben in Österreich gehabt und der BF seinen Aufenthalt auch zur Integration genutzt und sich sozial und wirtschaftlich integriert hat.

Demgegenüber ist jedoch das vom BF gezeigte strafrechtswidrige Verhalten sowie die vielen Verwaltungsstrafen in Anschlag zu bringen, zumal der BF letztlich seit 2010 insgesamt 5 teils einschlägige Verurteilungen, zuletzt wegen teils versuchten, teils vollendeten gewerbsmäßigen Einbruchsdiebstählen, und zudem insgesamt 66 verwaltungsstrafrechtliche Belangungen aufweist, wobei eine solche auf das Lenken eines Fahrzeuges trotz Alkoholkonsum zurückzuführen ist.

Der VwGH hat wiederholt festgehalten das ein großes öffentliches Interesse an der Verhinderung von Gewalt- und Eigentumsdelikten besteht (VwGH 22.11.2017, Ra 2017/19/0474). Die wiederholten Verurteilungen sowie verwaltungsstrafrechtlichen Belangungen des BF lassen vor diesem Hintergrund sowie mit Blick auf § 53 Abs. 2 Z 1 und Abs. 3 Z 1 FPG eine Gefährdung öffentlicher Interessen jedenfalls erkennen. Insbesondere kommt dabei den letzten beiden Verurteilungen besondere Bedeutung zu. Der BF hat in nur kurzen Zeitabständen wiederholt einschlägig delinquiert, dessen Taten auf Gewerbsmäßigkeit ausgelegt, teils in Tatgemeinschaft mit einem Mittäter gehandelt und wurde letztlich zu unbedingten Freiheitsstrafen verurteilt. Erschwerend kommt hinzu, dass der BF zuletzt während aufrechter Freiheitsstrafe, im Rahmen des gelockerten Vollzuges delinquierte und strafgerichtliche Sanktionen und Benefizien bisher keine Wirkung zeigten. Zudem erweist sich der BF als vermögenslos und mit offen Schulden belastet.

Der BF zeigte sich jedoch vor dem erkennenden Gericht reuig und betonte aufgrund tatsächlichen Erfahrenmüssens der Unbill der Haft, nunmehr geläutert zu sein, wenn er auch sein Vorbringen nicht durch allfällige Zeiten des Wohlverhaltens in Freiheit seit letzter Delinquenz zu untermauern vermag (vgl. VwGH 26.06.2019, Ra 2019/21/0118).

Das erkennende Gericht verkennt keinesfalls, dass das vom BF gezeigte Verhalten den Schluss auf eine Gefährdung öffentlicher Interessen zulässt. Jedoch selbst unter Berücksichtigung des wiederholt rechtsverletzenden Verhaltens des BF und der diesem Verhalten innewohnenden Verwerflichkeit ist nach Abwägung der sich widerstreitenden Interessen im gegenständlich konkreten Fall dennoch

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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