Entscheidungsdatum
28.11.2019Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
W259 2211169-1/13E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Ulrike RUPRECHT als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX auch XXXX , geb. XXXX , StA. Iran, vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:
A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer ist ein iranischer Staatsangehöriger und Angehöriger der Volksgruppe der Lohr. Er reiste ins österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 27.11.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.
2. Im Rahmen der am selben Tag erfolgten Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen an, er sei Soldat gewesen und die iranische Behörde habe ihn zur kurdischen Grenze schicken wollen, da dort die Lage unsicher gewesen sei. Deshalb habe er sich entschlossen zu flüchten, weil dort sein Leben in Gefahr gewesen sei (AS 9).
3. Bei der Einvernahme durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge kurz "BFA") am 20.09.2018 gab der Beschwerdeführer zusammengefasst an, dass er seit 05.1388 (=2009) Soldat im Iran gewesen sei. Er sei wiederholt vor dem Militärdienst geflüchtet und sei dafür bestraft worden. Zuletzt hätten sie ihn wieder zum Dienst geschickt und an die Grenze von Kurdistan schicken wollen. Dort hätte er umgebracht werden können und er hätte dort Leute umbringen sollen. Er habe dort nicht hingehen wollen. Er sei wieder geflüchtet. Der Militärchef habe seinen Bruder angerufen und gesagt, dass sie den Beschwerdeführer finden werden, egal wo er sei. Er sei in XXXX bei seinen Tanten gewesen und sei dort aber auch gesucht worden. Dann habe er nach einer Möglichkeit gesucht, das Land zu verlassen. Sein Bruder habe alles dafür bezahlt. Seine letzte Flucht sei ein Monat vor seiner Ausreise gewesen (AS 38).
4. Mit Bescheid vom XXXX wies das BFA den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt I.), erkannte ihm den Status eines Asylberechtigten ebenso wie gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 den Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Iran nicht zu (Spruchpunkt II.) und erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 (Spruchpunkt III.). Weiters wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Iran gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt VI.).
5. Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht erhobene Beschwerde. In der Beschwerdebegründung wurde insbesondere ausgeführt, dass der Beschwerdeführer entgegen der Ansicht der belangten Behörde im Falle eine Rückkehr politische Verfolgung aufgrund seiner Wehrdienstverweigerungen zu gewärtigen habe. Zudem sei er vom Islam abgefallen (AS 246 ff).
6. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 01.08.2019 in Anwesenheit einer beeideten Dolmetscherin für die Sprache Farsi, im Beisein der rechtskundigen Vertreterin des Beschwerdeführers und eines Vertreters der belangten Behörde eine mündliche Verhandlung durch, in welcher der Beschwerdeführer ausführlich zu seinen Fluchtgründen befragt wurde.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest. Auf Grundlage des erhobenen Antrages auf internationalen Schutz, der Erstbefragung und Einvernahme des Beschwerdeführers durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sowie des BFA, der Beschwerde gegen den im Spruch genannten Bescheid des BFA, der im Verfahren vorgelegten Dokumente, der mündlichen Verhandlungen vor dem Bundesverwaltungsgericht und der Stellungnahme der rechtskundigen Vertretung, der Einsichtnahme in den Bezug habenden Verwaltungsakt, das Zentrale Melderegister, das Fremdeninformationssystem, das Strafregister und das Grundversorgungs-Informationssystem werden folgende Feststellungen getroffen und der Entscheidung zugrunde gelegt:
1. Feststellungen (Sachverhalt):
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer besitzt die iranische Staatsangehörigkeit, gehört der Volksgruppe der Lohr an. Er ist gebürtiger Moslem und übte den islamischen Glauben zuletzt mehrere Jahre in Iran nicht aktiv aus. Er ist im erwerbsfähigen Alter. Er leidet an keiner lebensbedrohlichen Krankheit. Der Beschwerdeführer ist ledig und hat keine Kinder.
Der Beschwerdeführer wurde am XXXX in der Stadt XXXX in der Provinz XXXX geboren.
Der Beschwerdeführer wuchs in die Stadt XXXX auf. Zu seiner Familie zählen drei Brüder und eine Schwester. Die Eltern des Beschwerdeführers sind verstorben. Darüber hinaus hat er drei Tanten väterlicherseits, zwei Onkel und drei Tanten mütterlicherseits. Seine Familienangehörigen und Verwandten leben in Iran. Der Beschwerdeführer pflegt mit seiner Familie regelmäßigen Kontakt. Seiner Familie geht es finanziell gut. Sie besitzt ein Apartment in XXXX. Ein Bruder des Beschwerdeführers ist Manager. Ein weiterer Bruder betreibt einen Supermarkt. Die Muttersprache des Beschwerdeführers ist Farsi.
Der Beschwerdeführer hat in Iran über 10 Jahre die Schule besucht.
In Iran arbeitete der Beschwerdeführer als Verkäufer in einer Boutique in einem Bekleidungsgeschäft in XXXX und in einem Unternehmen, das Schachteln erzeugte. Zuletzt war er im Unternehmen seines Bruders beschäftigt.
Der Beschwerdeführer hat Iran illegal verlassen.
Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafrechtlich unbescholten und hatte darüber hinaus keine Probleme mit österreichischen Behörden. Er ist in seinem Herkunftsstaat nicht vorbestraft Er ist kein Mitglied von politischen Parteien und war bisher auch sonst politisch nicht aktiv.
1.2. Zum Fluchtgrund:
Der Beschwerdeführer war in Iran nie einer individuellen konkreten Verfolgung oder Bedrohung ausgesetzt.
Der Beschwerdeführer wurde in Iran nicht angedroht, an die kurdische Grenze geschickt zu werden, um dort zu kämpfen. Der Beschwerdeführer hat Iran nicht aufgrund einer Flucht vor dem Wehrdienst verlassen.
Die Militärbehörde hat den Bruder des Beschwerdeführers in Iran nicht kontaktiert und ihm auch nicht mitgeteilt, dass die Militärbehörde den Beschwerdeführer sucht und in der Lage ist, den Beschwerdeführer überall zu finden.
1.3. Zu einer möglichen Rückkehr des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat:
Der Beschwerdeführer hat keine konkrete Verfolgung oder Bedrohung im Falle seiner Rückkehr nach Iran zu befürchten. Im Falle einer Rückkehr nach Iran wäre der Beschwerdeführer nicht psychischer oder physischer Gewalt ausgesetzt.
Im Falle einer Rückkehr läuft der Beschwerdeführer nicht Gefahr, aufgrund einer Befehls- bzw. Wehrdienstverweigerungen von den iranischen Behörden verfolgt zu werden.
Der Beschwerdeführer wird im Falle einer Rückkehr nach Iran aus Gründen der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Ansichten von staatlicher Seite oder von Seiten Dritter nicht bedroht.
Der Beschwerdeführer lebte zuletzt in Iran überwiegend in der Stadt XXXX. Eine Rückkehr in seine Heimatregion XXXX ist möglich. Dem Beschwerdeführer würde bei einer Rückkehr in seine Heimatstadt kein Eingriff in seine körperliche Unversehrtheit drohen. Es kann ausgeschlossen werden, dass eine allfällige Rückführung des Beschwerdeführers in seine Heimatregion XXXX mit einer ernstzunehmenden Gefahr für Leib und Leben verbunden ist.
Die Stadt XXXX ist über einen internationalen Flughafen erreichbar.
Der Beschwerdeführer läuft im Falle der Rückkehr in die Stadt XXXX nicht Gefahr, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten.
Es liegen keine außergewöhnlichen Gründe vor, die eine Rückkehr des Beschwerdeführers in die Herkunftsregion XXXX ausschließen. Der Beschwerdeführer kann dort seine Existenz- zumindest anfänglich - mit Hilfs- und Gelegenheitsarbeiten sichern. Seine Familie kann ihn im Falle einer Rückkehr in die Herkunftsregion unterstützen, sodass ihm eine Unterkunft und Versorgung zur Verfügung stehen.
1.4. Zum Leben in Österreich:
Der Beschwerdeführer hält sich seit November 2015 in Österreich auf. Der Beschwerdeführer hat bereits Deutschkurse besucht. Er verfügt über ein Deutschzertifikat des Niveau A2 und kann sich entsprechend auf Deutsch artikulieren. Da der Beschwerdeführer über keine Arbeitserlaubnis verfügt, war er bisher in Österreich nicht erwerbstätig. Der Beschwerdeführer hat in Österreich 2 Wochen freiwillige Tätigkeiten übernommen. Er lebt in Österreich von der Grundversorgung. Ferner verfügt er über keine Einstellzusage in Österreich. Der Beschwerdeführer ist nicht Mitglied in einem Verein. Der Beschwerdeführer führt in Österreich eine Beziehung mit einer rumänischen Staatsangehörigen. Von Juli 2018 bis Oktober 2019 lebte er mit seiner Freundin in einer gemeinsamen Wohnung. In seiner Freizeit geht er mit seiner Freundin schwimmen, einkaufen oder in ein Kaffeehaus. Die Miete der gemeinsamen Wohnung wurde von seiner Freundin bezahlt. Es besteht aktuell keine konkrete Heiratsabsicht. Es konnten keine substanziellen Anknüpfungspunkte im Bereich des Privatlebens festgestellt werden. Es konnte nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer ein besonders intensives Abhängigkeits- oder Naheverhältnis in Österreich pflegt. Es leben keine nahen Angehörigen des Beschwerdeführers in Österreich.
1.5. Das Bundesverwaltungsgericht trifft aufgrund der im Beschwerdeverfahren eingebrachten aktuellen Erkenntnisquellen folgende entscheidungsrelevante Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat:
1.5.1. Auszug aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 14.06.2019:
Sicherheitslage:
Den komplexen Verhältnissen in der Region muss stets Rechnung getragen werden. Bestimmte Ereignisse und Konflikte in Nachbarländern können sich auf die Sicherheitslage im Iran auswirken. Latente Spannungen im Land haben wiederholt zu Kundgebungen geführt, besonders im Zusammenhang mit (religiösen) Lokalfeiertagen und Gedenktagen. Dabei ist es in verschiedenen iranischen Städten bisweilen zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen den Sicherheitskräften und Demonstranten gekommen, die Todesopfer und Verletzte gefordert haben, wie beispielsweise Ende Dezember 2017 und im Januar 2018 (EDA 11.6.2019).
Das Risiko von Anschlägen besteht im ganzen Land. Am 22. September 2018 forderte ein Attentat auf eine Militärparade in Ahvaz (Provinz Khuzestan) zahlreiche Todesopfer und Verletzte. Am 7. Juni 2017 wurden in Teheran Attentate auf das Parlament und auf das Mausoleum von Ayatollah Khomeini verübt. Sie haben über zehn Todesopfer und zahlreiche Verletzte gefordert. In den Grenzprovinzen im Osten und Westen werden die Sicherheitskräfte immer wieder Ziel von bewaffneten Überfällen und Anschlägen (EDA 11.6.2019, vgl. AA 11.6.2019b). In Iran kommt es, meistens in Minderheitenregionen, unregelmäßig zu Zwischenfällen mit terroristischem Hintergrund. Seit den Pariser Anschlägen vom November 2015 haben iranische Behörden die allgemeinen Sicherheitsmaßnahmen im Grenzbereich zu Irak und zu Pakistan, aber auch in der Hauptstadt Teheran, erhöht (AA 11.6.2019b).
Die Bewegungsfreiheit ist eingeschränkt und es gibt vermehrte Sicherheits- und Personenkontrollen. Wiederholt wurden Ausländer in der Region festgehalten und längeren Verhören unterzogen. Eine Weiterreise war in manchen Fällen nur noch mit iranischer Polizeieskorte möglich. Dies geschah vor dem Hintergrund von seit Jahren häufig auftretenden Fällen bewaffneter Angriffe auf iranische Sicherheitskräfte in der Region (AA 20.6.2018b). Die Grenzzone Afghanistan, östliches Kerman und Sistan-Belutschistan stehen teilweise unter dem Einfluss von Drogenhändlerorganisationen sowie von extremistischen Organisationen. Sie haben wiederholt Anschläge verübt und setzen teilweise Landminen auf Überlandstraßen ein. Es kann hier jederzeit zu bewaffneten Auseinandersetzungen mit Sicherheitskräften kommen (EDA 11.6.2019). Iran verfügt über einen internationalen Flughafen Imam-e Khomeini (AA 12.1.2019).
Religionsfreiheit
In Iran leben ca. 82 Millionen Menschen, von denen ungefähr 99% dem Islam angehören. Etwa 90% der Bevölkerung sind Schiiten, ca. 9% sind Sunniten und der Rest verteilt sich auf Christen, Juden, Zoroastrier, Baha'i, Sufis, Ahl-e Haqq und nicht weiter spezifizierte religiöse Gruppierungen (BFA Analyse 23.5.2018). Der Islam schiitischer Prägung ist in Iran Staatsreligion. Gleichwohl dürfen die in Art. 13 der iranischen Verfassung anerkannten "Buchreligionen" (Christen, Juden, Zoroastrier) ihren Glauben im Land relativ frei ausüben. In Fragen des Ehe- und Familienrechts genießen sie verfassungsrechtlich Autonomie. Jegliche Missionstätigkeit kann jedoch als "mohareb" (Krieg gegen Gott) verfolgt und mit dem Tod bestraft werden. Auch unterliegen Vertreter religiöser Minderheiten Beschränkungen beim Zugang zu höheren Staatsämtern. Nichtmuslime sehen sich darüber hinaus im Familien- und Erbrecht nachteiliger Behandlung ausgesetzt, sobald ein Muslim Teil der relevanten Personengruppe ist (AA 12.1.2019, vgl. ÖB Teheran 12.2018).
Anerkannte religiöse Minderheiten - Zoroastrier, Juden, (v.a. armenische und assyrische) Christen - werden diskriminiert. Nicht anerkannte religiöse Gruppen - Bahá'í, konvertierte evangelikale Christen, Sufi (Derwisch-Orden), Atheisten - werden in unterschiedlichem Ausmaß verfolgt. Sunniten werden v.a. beim beruflichen Aufstieg im öffentlichen Dienst diskriminiert. Vertreter von anerkannten religiösen Minderheiten betonen immer wieder, wenig oder kaum Repressalien ausgesetzt zu sein. Sie sind in ihrer Religionsausübung - im Vergleich mit anderen Ländern der Region - nur relativ geringen Einschränkungen unterworfen (religiöse Aktivitäten sind nur in den jeweiligen Gotteshäusern und Gemeindezentren erlaubt; christliche Gottesdienste in Farsi sowie missionarische Tätigkeiten sind generell verboten) . Darüber hinaus haben sie gewisse anerkannte Minderheitenrechte, etwa - unabhängig von ihrer zahlenmäßigen Stärke - eigene Vertreter im Parlament sowie das Recht auf Alkoholkonsum bei religiösen Riten und im Privatbereich, wenn keine Muslime anwesend sind (ÖB Teheran 12.2018). Fünf von 290 Plätzen im iranischen Parlament sind Vertretern von religiösen Minderheiten vorbehalten (BFA Analyse 23.5.2018, vgl. FH 4.2.2019). Zwei dieser fünf Sitze sind für armenische Christen reserviert, einer für chaldäische und assyrische Christen und jeweils ein Sitz für Juden und Zoroastrier. Nichtmuslimische Abgeordnete dürfen jedoch nicht in Vertretungsorgane, oder in leitende Positionen in der Regierung, beim Geheimdienst oder beim Militär gewählt werden (BFA Analyse 23.5.2018).
Auch in einzelnen Aspekten im Straf-, Familien- und Erbrecht kommen Minderheiten nicht dieselben Rechte zu wie Muslimen. Es gibt Berichte von Diskriminierung von Nichtschiiten aufgrund ihrer Religion, welche von der Gesellschaft/Familien ausgeht und eine bedrohliche Atmosphäre kreiert. Diskriminierung geht jedoch hauptsächlich auf staatliche Akteure zurück (ÖB Teheran 12.2018).
Das Recht auf Religions- und Glaubensfreiheit wird sowohl durch Gesetze als auch im täglichen Leben systematisch verletzt. Die Behörden zwingen weiterhin Personen aller Glaubensrichtungen einen Kodex für Verhalten in der Öffentlichkeit auf, der auf einer strikten Auslegung des schiitischen Islams gründet. Muslime, die keine Schiiten sind, dürfen weder für das Amt des Präsidenten kandidieren noch andere hochrangige politische Ämter bekleiden. Das Recht, eine Religion zu wechseln oder aufzugeben, wird weiterhin verletzt. Personen, die zum Christentum übertreten, können hohe Gefängnisstrafen erhalten, die in einigen Fällen von zehn bis 15 Jahren reichen. Es gibt weiterhin Razzien in Hauskirchen (AI 22.2.2018).
Anerkannten ethnisch christlichen Gemeinden ist es untersagt, konvertierte Christen zu unterstützen. Gottesdienste in der Landessprache sind in Iran verboten, ebenso die Verbreitung christlicher Schriften. Teilweise werden einzelne Gemeindemitglieder vorgeladen und befragt. Unter besonderer Beobachtung stehen insbesondere auch hauskirchliche Vereinigungen, deren Versammlungen regelmäßig aufgelöst und deren Angehörige gelegentlich festgenommen werden (AA 12.1.2019).
Schiitische Religionsführer, die die Politik der Regierung oder des Obersten Führers Khamenei nicht unterstützen, können sich auch Einschüchterungen und Repressionen bis hin zu Haftstrafen gegenübersehen (US DOS 29.5.2018).
Laut der in den USA ansässigen NGO "United for Iran" waren 2017 mindestens 102 Mitglieder von religiösen Minderheiten aufgrund ihrer religiösen Aktivitäten inhaftiert, 174 Gefangene wegen "Feindschaft gegen Gott", 23 wegen "Beleidigung des Islam" und 21 wegen "Korruption auf Erden" (US DOS 15.8.2017).
Personen, die sich zum Atheismus bekennen, können willkürlich festgenommen, inhaftiert, gefoltert und anderweitig misshandelt werden. Sie laufen Gefahr, wegen "Apostasie" (Abfall vom Glauben) zum Tode verurteilt zu werden (AI 22.2.2018).
Apostasie, Konversion zum Christentum, Proselytismus, Hauskirchen
Apostasie (d.h. Religionswechsel weg vom Islam) ist im Iran zwar nicht im Strafgesetzbuch aber aufgrund der verfassungsrechtlich verankerten islamischen Jurisprudenz verboten und mit langen Haftstrafen (bis hin zur Todesstrafe) bedroht (ÖB Teheran 12.2018). Konvertierte werden jedoch zumeist nicht wegen Apostasie bestraft, sondern aufgrund anderer Delikte, wie zum Beispiel "mohareb" ("Waffenaufnahme gegen Gott"), "mofsid-fil-arz/fisad-al-arz" ("Verdorbenheit auf Erden"), oder "Handlungen gegen die nationale Sicherheit". In der Praxis sind Verurteilungen wegen Apostasie selten, bei keiner der Hinrichtungen in den letzten zehn Jahren gibt es Hinweise darauf, dass Apostasie ein bzw. der eigentliche Verurteilungsgrund war. Hingegen gab es mehrere Exekutionen wegen "mohareb" (ÖB Teheran 12.2018, vgl. DIS/DRC 23.2.2018). [...]
Ethnische Minderheiten
Iran gehört mit etwa 80 Millionen Einwohnern zu den 20 bevölkerungsreichsten Ländern der Erde. Das Bevölkerungswachstum beträgt etwa 1,3%. Dabei ist die iranische Gesellschaft weit heterogener als die offizielle Staatsdoktrin glauben machen will. Nur etwa 51% der Iraner sind Perser. Dazu kommt die Volksgruppe der Aseris mit 24% der Gesamtbevölkerung, etwa 8% Gilakis und Mazanderanis, 7% Kurden, 3% Araber und je etwa 2% Turkmenen, Luren und Belutschen. Die diesbezüglich genannten Zahlen variieren teils beträchtlich. Zudem leben viele Flüchtlinge im Land, von denen die afghanischen mit etwa zwei Millionen weiterhin die größte Gruppe stellen, gefolgt von irakischen. Insgesamt ist Iran im Moment das fünftgrößte Aufnahmeland für Flüchtlinge weltweit. Die ethnischen Minderheiten des Iran leben eher in den Grenzregionen des Landes zu seinen Nachbarn, die Kurden etwa im Nordwesten, die Araber in der Region um den Persischen Golf. Dennoch sind Entwicklungen wie etwa im Irak oder Afghanistan in Iran nicht zu erwarten. Abseits eines gern gepflegten Patriotismus zur eigenen Ethnie sind separatistische Bewegungen ethnischer Minderheiten kein vielen Nachbarstaaten vergleichbares Problem. Sie beschränken sich auf einige Gruppierungen in Belutschistan und Kurdistan, wobei gerade hier die Regierung immer wieder gern selbst Separatismus unterstellt, um diesem mit Gewalt zuvorzukommen (GIZ 3.2019c).
Es sind keine Rechtsverletzungen gegen Mitglieder ethnischer Minderheiten aus rein ethnischen Gesichtspunkten bekannt (ÖB Teheran 12.2018). Von Diskriminierungen im Alltag (rechtlich, wirtschaftlich und/oder kulturell, z.B. Zugang zu Wohnraum, Wasser und Bildung) wurde jedoch betreffend u.a. Angehöriger der arabischen Gemeinschaft der Ahwazi, Aseris, Belutschen, Kurden und Turkmenen berichtet. Der Gebrauch ihrer jeweiligen Muttersprache in Behörden und Schulen ist weiterhin verboten, trotz entsprechender Zusagen von Präsident Rohani während seines Wahlkampfes im Jahr 2013. Menschen, die sich für Minderheitenrechte einsetzen, können bedroht, festgenommen und bestraft werden (ÖB Teheran 12.2018, vgl. FH 4.2.2019).
Der Vielvölkerstaat Iran verfolgt gegenüber ethnischen Minderheiten grundsätzlich eine auf Ausgleich bedachte Politik, v.a. die Aseri sind in Staat und Wirtschaft sehr gut integriert (AA 12.1.2019). Die Infrastruktur von Regionen, wo Minderheiten wohnen, sind allerdings zum Teil stark vernachlässigt (BMI 2015, vgl. AA 12.1.2019, FH 4.2.2019). In der Provinz Sistan und Belutschistan berichteten viele Dorfbewohner, dass es ihnen an Wasser, Elektrizität, Schulen und Gesundheitseinrichtungen mangele. In der verarmten Provinz sind die Analphabetenquote bei Mädchen und die Kindersterblichkeit sehr hoch. Angehörigen ethnischer Minderheiten, die die Verletzung ihrer Rechte kritisieren, drohen willkürliche Inhaftierung, Folter und andere Misshandlungen, grob unfaire Gerichtsverfahren, Gefängnisstrafen und die Todesstrafe. Geheimdienste und Sicherheitsorgane beschuldigten Aktivisten, die sich für die Rechte von Minderheiten einsetzten, sie würden "separatistische Strömungen" unterstützen, die Irans territoriale Integrität bedrohten (AI 22.2.2018).
Wehrdienst und Rekrutierung
Die Länge des verpflichtenden Wehrdienstes ist von den individuellen Verhältnissen abhängig und beträgt 18 bis 24 Monate. Aus gesundheitlichen oder sozialen Gründen können Wehrpflichtige ausgemustert werden. Ein Freikauf vom Wehrdienst ist möglich: 2.500 Euro für Schulabgänger ohne Matura, 5.000 Euro für Maturanten. Studenten können, wenn sie im Ausland studieren möchten, unter Hinterlegung einer Kaution, gestaffelt nach Bachelor, Master oder Promotion (7.500, 10.000 bzw. 12.500 Euro) freigestellt werden. Die Wehrdienstzeit wird bei verheirateten Iranern pro Kind um drei Monate verkürzt und bei Freikauf von der Wehrpflicht ein Nachlass i. H.v. 5% bzw. weiteren 5% pro Kind gewährt. Religionsführer Khamenei hat die Jahrgänge bis einschließlich 1975, die bislang keinen Wehrdienst geleistet hatten, freigestellt (AA 12.1.2019).
Es gibt keinen Wehrersatzdienst. In besonderen Fällen, etwa bei psychischen oder physischen Leiden oder wenn sonst kein Mann für die Familie sorgen kann, wird der Wehrdienst erlassen (ÖB Teheran). Weitere Gründe vom Wehrdienst befreit zu werden sind beispielsweise, wenn man der einzige Sohn einer Familie ist, wenn man alte Eltern hat oder wenn man einen Bruder hat, der momentan im Militär dient (DFAT 7.6.2018). Für Sportler oder bei guten Beziehungen zu relevanten Stellen, kann nach einer 60-tägigen Grundausbildung jedoch eine Art "Ersatzdienst" für weitere 22 Monate u.a. in Ministerien oder bei Sportverbänden absolviert werden. Es gibt auch Möglichkeiten, nur einen kürzeren Wehrdienst abzuleisten, etwa für Iraner, deren Väter bereits im Irak-Iran-Krieg gekämpft haben. Wehrdienstpflichtige, d.h. männliche Staatsangehörige über 18 Jahren, die nicht etwa aufgrund eines Studiums vorübergehend von der Wehrdienstpflicht befreit sind, dürfen mit wenigen Ausnahmen vor Ableistung ihres Wehrdienstes das Land nicht verlassen (d.h. sie erhalten erst danach einen Reisepass). Angehörige der Streitkräfte und der Polizei dürfen das Land nur mit Zustimmung ihres Dienstes verlassen. Die Zustände beim iranischen Militär sind in der Regel wesentlich härter als in europäischen Streitkräften (berichtet wird regelmäßig über unzureichende Verpflegung, unzureichende Ausrüstung, drakonische Strafen etc.) (ÖB Teheran 12.2018).
Wehrdienstverweigerung / Desertion
Die Strafen bei Nichtmeldung variieren abhängig von der Frage, ob sich das Land im Kriegszustand befindet oder nicht (AA 12.1.2019). Junge Männer ab 18 Jahren, die zum Wehrdienst einberufen wurden und sich nicht bei den Behörden melden, werden als Wehrdienstverweigerer betrachtet. In Iran gibt es keinen Wehrersatzdienst, und eine Wehrdienstverweigerung aus Gewissensgründen wird nicht anerkannt (ACCORD 7.2015). Die Verweigerung des Militärdienstes bis zu einem Jahr in Friedenszeiten oder zwei Monaten in Kriegszeiten kann dazu führen, dass die Gesamtlänge des Militärdienstes um drei bis sechs Monate verlängert wird. Eine mehr als einjährige Wehrdienstverweigerung in Friedenszeiten oder mehr als zwei Monate in Kriegszeiten kann zu einer strafrechtlichen Verfolgung führen. Die Wehrdienstverweigerer können soziale Vorteile und Bürgerrechte verlieren, einschließlich des Zugangs zu Posten im öffentlichen Dienst oder höherer Bildung oder des Rechts auf Unternehmensgründung. Die Regierung kann auch die Erteilung von Führerscheinen für Wehrdienstverweigerer verweigern, ihren Pass einziehen oder ihnen verbieten, das Land ohne besondere Genehmigung zu verlassen. Iranische Behörden gehen regelmäßig gegen Wehrdienstverweigerer vor (DFAT 7.6.2018).
Grundversorgung
Die Grundversorgung ist in Iran gesichert, wozu neben staatlichen Hilfen auch das islamische Spendensystem beiträgt. Der Mindestlohn liegt bei ca. 14 Mio. IRR im Monat (ca. 97 Euro). Das durchschnittliche pro Kopf Einkommen liegt bei ca. 388 Euro (AA 12.1.2019).
Von 2016-2017 konnte sich die iranische Wirtschaft mit Wachstumsraten von 4-4,5% jährlich erholen. Das weitere Wachstum ist angesichts der im August 2018 in Kraft getretenen US-Sanktionen gegen Iran (Edelmetalle, Automobilsektor, Flugzeuge), des dramatischen Währungsverfalls und der importierten Inflation stark gefährdet. Mit den US-Sanktionen u.a. auf Ölexporte seit November 2018 ist mit einer weiteren Verschlechterung der Lage zu rechnen. Die Weltbank erwartet in den Jahren 2018-2021 eine anhaltende Rezession, der IWF einen Rückgang des BIP um 1,5% im Jahr 2019 und 3,6% im Jahr 2020. Das Budget wird durch die sinkenden Erdölexporte erheblich belastet werden, weshalb ein Sinken der öffentlichen Ausgaben zu erwarten ist (ÖB Teheran 12.2018).
Aufgrund der im Vergleich zu Europa extrem jungen Bevölkerung strömen jedes Jahr viele Berufseinsteiger auf den Arbeitsmarkt. Um diesen Menschen Arbeit zu geben, wäre die Schaffung von rund 1 Mio. Arbeitsplätzen pro Jahr erforderlich. Neben Arbeitslosigkeit spielt in Iran auch Unterbeschäftigung eine Rolle. Ausgebildete Arbeitskräfte (Facharbeiter, Uni-Absolventen) finden oft keine ihrer Ausbildung entsprechenden Jobs. Daraus folgen soziale Spannungen aber auch ein gewaltiger "brain drain", der die iranische Gesellschaft und Wirtschaft nachhaltig beeinträchtigen wird (ÖB Teheran 12.2018). Ende Dezember 2017 entstanden Proteste aufgrund der schlechten ökonomischen Lage in einigen Städten (FH 4.2.2019).
Die iranische Wirtschaft ist weitestgehend zentralisiert und steht zu großen Teilen unter staatlicher Kontrolle. So haben viele iranische Unternehmen neben wirtschaftlichen, auch politische Ziele zu erfüllen. Durch regelmäßige staatliche Eingriffe über Preisregulierungen und Subventionen, die in aller Regel politische Ursachen haben, konnte sich bisher eine eigenständige Wirtschaft nur bedingt entwickeln. Eine etablierte Privatwirtschaft gibt es vor allem auf dem Basar, in der Landwirtschaft und im Dienstleistungsgewerbe. Erst in den letzten eineinhalb Jahrzehnten wurden, vor allem durch die 2001 gegründete Iranian Privatization Organization, vermehrt Anstrengungen zur Privatisierung weiterer Teile der Wirtschaft unternommen. Der wichtigste Sektor der iranischen Wirtschaft ist die Erdöl- und Erdgasproduktion. Die Ölförderung ist durch die National Iranian Oil Company monopolisiert, 80-85% der staatlichen Einnahmen stammen aus dem Ölverkauf. Da zudem etwa 60% dieses Budgets in die Finanzierung staatlicher Unternehmen und Institutionen fließen, ist Iran nahezu komplett von den Einnahmen aus dem Ölexport abhängig. Nicht nur die Wirtschaft, auch der Lebensstandard vieler Iraner hängt vom Ölpreis ab. Hindernisse bei der Modernisierung iranischer Förderanlagen und Raffinerien führten nicht zuletzt dazu, dass in den letzten Jahren immer wieder große Mengen an Benzin importiert werden mussten, um den heimischen Bedarf zu decken. Da Benzin staatlich subventioniert ist, kostete dies den Staat in den letzten Jahren etwa 11% des BIP. Hob er den Benzinpreis an oder begrenzte die ausgegebenen Rationen, führte das immer wieder zu teils gewaltsamen Ausschreitungen (GIZ 3.2019b).
Ein wichtiger, in nicht wenigen Bereichen sogar zentraler Faktor der iranischen Wirtschaft sind die halbstaatlichen religiösen Stiftungen, die Bonyads. Heute gibt es etwa 120 davon. Hier verschmelzen Religion, Politik und Wirtschaft am deutlichsten. Entsprechend islamischer Grundsätze ist die Hauptaufgabe einer religiösen Stiftung die öffentliche Wohlfahrt, etwa in Form des Erhalts von Straßen oder der Pflege eines Pilgerzentrums. Daneben sind viele der Stiftungen heute jedoch international agierende Großkonzerne. Die größte Stiftung des Landes ist die Ostan-e Qods-e Rezavi, die Imam Reza Stiftung, die sich der Instandhaltung des religiösen Zentrums in Maschhad widmet. Daneben ist die Stiftung jedoch im (Teil-)Besitz zahlreicher Industrieunternehmen, wie etwa der Teheraner Busgesellschaft, und setzt jährlich geschätzte 14 Milliarden Dollar um. Zudem ist sie der größte Grundbesitzer des Landes. Die Bonyad-e Mostazafan wa Dschanbazan, die Stiftung der Unterdrückten und Kriegsveteranen, offiziell zuständig für die Versorgung der Kriegsversehrten und Armen, steht hingegen hinter der National Iranian Oil Company (GIZ 3.2019b).
Sozialbeihilfen
Dem Gesundheitsministerium ist auch die Verantwortung für Sozialhilfe und Versicherungswesen übertragen. Es gibt verschiedene Versicherungsträger, welche alle dem im Sozialministerium angesiedelten "Hohen Versicherungsrat" (HIC) unterstehen, der die Versicherungspolitik plant, koordiniert, durchführt und überwacht. Ein Hauptversicherer ist die "Organisation für Sozialversicherung" (SSIO). Alle Arbeitgeber und -nehmer zahlen in dessen System ein und erhalten dafür gewisse Unterstützungsleistungen (ÖB Teheran 12.2018). Alle angestellten Arbeitnehmer unterliegen einer Sozialversicherungspflicht, die die Bereiche Rente, Unfall und Krankheit umfasst. Der Rentenanspruch entsteht in voller Höhe nach 30 Einzahlungsjahren. Nachdem in die Sozialversicherungskasse zwei Jahre eingezahlt wurde, entsteht für Angestellte ein monatlicher Kindergeldanspruch in der Höhe von 1.111.269 IRR (ca. 7,70 Euro) pro Kind. Ebenfalls besteht ab diesem Zeitpunkt ein Anspruch auf Arbeitslosengeld in der Höhe von 70-80% des Gehaltes, das für mindestens ein Jahr gezahlt wird. Schließlich erhält ein geringer Teil der nicht oder gering verdienenden iranischen Bevölkerung zur Sicherung der Grundversorgung monatlich 450.000 IRR (ca. 3.10 Euro, sog. Yarane). Dabei handelt es sich jedoch um ein auslaufendes System, das keine Neuaufnahmen zulässt. Angesichts drängender Wirtschaftsnöte wurde im September 2018 zusätzlich die Ausgabe von 10 Millionen elektronischen Lebensmittelkarten beschlossen, ergänzt durch Nahrungsmittelpakete für die am meisten von Armut betroffenen Familien (AA 12.1.2019).
Aufnahmeeinrichtungen für Rückkehrer und ihre Familien sind nicht bekannt. Im Übrigen gibt es soziale Absicherungsmechanismen, wie z. B. Armenstiftungen, Kinder-, Alten-, Frauen- und Behindertenheime. Hilfe an Bedürftige wird durch den Staat, die Moscheen, religiöse Stiftungen, Armenstiftungen und oft auch durch NGOs oder privat organisiert (z.B. Frauengruppen) (AA 12.1.2019).
Kostenfreie Bildung und Gesundheitsversorgung sind als Teil des Sozialwesens für alle iranischen Bürger gewährleistet. Weitere Leistungen können vom Arbeitgeber angeboten werden (IOM 2018).
Eine staatliche Arbeitslosenhilfe gibt es nicht, es sei denn der Rückkehrer oder dessen Arbeitgeber haben monatliche Beiträge an eine entsprechende Versicherungsfirma gezahlt. Die Mitgliedschaft in der Sozialversicherung ist für alle Arbeitnehmer verpflichtend. Die Sozialsicherung schützt im Falle von Arbeitslosigkeit, Krankheit, Berufsunfällen und auch bei altersbedingtem Ausscheiden. Seit 2003 wurden die zuständigen Institutionen überholt und zusammengelegt, um Ineffektivität und Redundanzen zu vermeiden. Das System deckt alle Angestellten und FreiberuflerInnen ab, wobei letztere zwischen verschiedenen Sfufen wählen können. Freiwillige Abdeckung ist für vorher versicherte Personen bis 55 Jahre verfügbar (mindestens 30 Tage) sowie für die Gruppe der Berufskraftfahrer. Spezielle Systeme gibt es darüber hinaus für Staatsangestellte und Militärangehörige. Solange Rückkehrende für eine iranische Organisation/Firma arbeiten, übernehmen die Arbeitgeber den Großteil der Beiträge. Ansonsten muss (je nach gewähltem Angebot) selbst eingezahlt werden. Für Angestellte müssen 7% des monatlichen Gehalts abgegeben werden, während Selbstständige und Private einen individuell abgestimmten Beitrag in Gänze bezahlen (IOM 2018).
Für schutzbedürftige Gruppen im Iran gibt es zwei Arten von Zentren:
Öffentliche und private. Die öffentlichen Einrichtungen sind in der Regel überlaufen und es gibt lange Wartezeiten, weshalb Personen, die über die nötigen Mittel verfügen sich oft an kleinere spezialisierte private Zentren wenden. Die populärste Organisation ist BEHZISTI, welche Projekte zu Genderfragen, alten Menschen, Behinderten (inklusive psychischer Probleme) ethnischer und religiöser Minderheiten, etc. anbietet. Außerdem werden Drogensüchtige, alleinerziehende Mütter, Personen mit Einschränkungen etc. unterstützt. Zu den Dienstleistungen zählen unter anderem Sozio-psychologische Betreuung, Beratungsgespräche, Unterkünfte, Rehabilitationsleistungen etc. Es gibt einige Zentren unter Aufsicht der BEHZISTI Organisation, welche Personen in Not Hilfe gewähren. Solche Leistungen sind kostenfrei. Aufgrund der hohen Nachfrage und einiger Beschränkungen bevorzugen viele zahlungspflichtige private Zentren (IOM 2018).
Der Kampf gegen die Armut wird vor allem unter religiösen Vorzeichen geführt. Die großen religiösen Stiftungen haben hier theoretisch ihren Hauptaufgabenbereich. Außerdem liegt die Versorgung der Armen in der Verantwortung der Gesellschaft, das Almosengeben ist eine der Säulen des Islam. Die blauen Spendenbehälter, vom Staat aufgestellt um die sadeqe, die Almosen, zu sammeln, finden sich in jeder Straße. Ein Ansatz, gerade der Armut auf dem Land entgegenzuwirken, ist Bildung. Der Staat schickt beispielsweise Studenten, die als Pflichtteil des Studiums in Dörfern abgelegener Regionen unterrichten müssen. Viele weitere staatliche Anstrengungen zur Bekämpfung der Armut werden jedoch dadurch behindert, das der Staat selbst aufgrund des Verfalls des Ölpreises in finanziellen Schwierigkeiten steckt (GIZ 3.2019b).
Rückkehr
Allein der Umstand, dass eine Person einen Asylantrag gestellt hat, löst bei Rückkehr keine staatlichen Repressionen aus. In der Regel dürften die Umstände der Wiedereinreise den iranischen Behörden gar nicht bekannt werden. Trotzdem kann es in Einzelfällen zu einer Befragung durch die Sicherheitsbehörden über den Auslandsaufenthalt kommen. Bisher wurde kein Fall bekannt, in dem Zurückgeführte im Rahmen der Befragung psychisch oder physisch gefoltert wurden. Personen, die das Land illegal verlassen und sonst keine weiteren Straftaten begangen haben, können von den iranischen Auslandsvertretungen ein Passersatzpapier bekommen und nach Iran zurückkehren (AA 12.1.2019).
Zum Thema Rückkehrer gibt es kein systematisches Monitoring, das allgemeine Rückschlüsse auf die Behandlung von Rückkehrern zulassen würde. In Einzelfällen konnte im Falle von Rückkehrern aus Deutschland festgestellt werden, dass diese bei niederschwelligem Verhalten und Abstandnahme von politischen Aktivitäten, mit Ausnahme von Einvernahmen durch die iranischen Behörden unmittelbar nach der Einreise, keine Repressalien zu gewärtigen hatten. Allerdings ist davon auszugehen, dass Rückkehrer keinen aktiven Botschaftskontakt pflegen, der ein seriöses Monitoring ihrer Situation zulassen würde. Auch IOM Iran, die in Iran Unterstützungsleistungen für freiwillige Rückkehrer im Rahmen des ERIN-Programms anbietet, unternimmt ein Monitoring nur hinsichtlich der wirtschaftlichen Wiedereingliederung der Rückkehrer, nicht jedoch im Hinblick auf die ursprünglichen Fluchtgründe und die Erfahrungen mit Behörden nach ihrer Rückkehr. Australien zahlt Rückkehrhilfe an eine bislang überschaubare Gruppe an freiwilligen Rückkehrern in Teheran in Euro aus (ÖB Teheran 12.2018). Iranische Flüchtlinge im Nordirak können offiziell nach Iran zurückkehren. Dafür werden iranische Identitätsdokumente benötigt. Wenn Personen diese Dokumente nicht besitzen, können sie diese beantragen. Für die Rückkehr nach Iran braucht man eine offizielle Erlaubnis des iranischen Staates. Die Rückkehr wird mit den Behörden von Fall zu Fall verhandelt. Iranische Rückkehrer, die nicht aktiv kurdische Oppositionsparteien, wie beispielsweise die KDPI oder Komala unterstützen, werden nicht direkt von den Behörden ins Visier genommen werden. Sie können aber durchaus zu ihrem Leben im Nordirak befragt werden. Der Fall kann aber anders aussehen, wenn Rückkehrer Waffen transportiert haben, oder politisch aktiv sind und deshalb Strafverfolgung in Iran riskieren. Die Rückkehr aus einem der Camps in Nordirak kann als Zugehörigkeit zu einer der kurdischen Oppositionsparteien gedeutet werden und deshalb problematisch sein (DIS/DRC 23.2.2018).
In Bezug auf Nachkommen von politisch aktiven Personen wird berichtet, dass es solche Rückkehrer gibt, aber keine Statistiken dazu vorhanden sind. Es ist auch durchaus üblich, dass Personen die Grenze zwischen Irak und Iran überqueren. Auch illegale Grenzübertritte sind weit verbreitet. Nachkommen von politisch aktiven Personen riskieren nicht notwendigerweise Strafverfolgung, wenn sie nach Iran zurückkehren. Ob solch ein Rückkehrer Strafverfolgung befürchten muss, würde von den Profilen der Eltern und wie bekannt diese waren, abhängen. Befragungen durch Behörden sind natürlich möglich, aber wenn sie beweisen können, dass sie nicht politisch aktiv sind und nicht in bewaffneten Aktivitäten involviert waren, wird wohl nichts geschehen (DIS/DRC 23.2.2018).
Iraner, die im Ausland leben, sich dort öffentlich regimekritisch äußern und dann nach Iran zurückkehren, können von Repressionen bedroht sein (AA 12.1.2019). Wenn Kurden im Ausland politisch aktiv sind, beispielsweise durch Kritik an der politischen Freiheit in Iran in einem Blog oder anderen Online Medien, oder wenn eine Person Informationen an die ausländische Presse weitergibt, kann das bei einer Rückreise eine gewisse Bedeutung haben. Die Schwere des Problems für solche Personen hängt aber vom Inhalt und Ausmaß der Aktivitäten im Ausland und auch vom persönlichen Aktivismus in Iran ab (DIS/DRC 23.2.2018).
Das Verbot der Doppelbestrafung gilt nur stark eingeschränkt. Nach IStGB wird jeder Iraner oder Ausländer, der bestimmte Straftaten im Ausland begangen hat und in Iran festgenommen wird, nach den jeweils geltenden iranischen Gesetzen bestraft. Bei der Verhängung von islamischen Strafen haben bereits ergangene ausländische Gerichtsurteile keinen Einfluss. Insbesondere bei Betäubungsmittelvergehen drohen drastische Strafen. In jüngster Vergangenheit sind keine Fälle einer Doppelbestrafung bekannt geworden (AA 12.1.2019).
Zurückgeführte unbegleitete Minderjährige werden vom "Amt für soziale Angelegenheiten beim iranischen Außenministerium" betreut und in Waisenheime überführt, wenn eine vorherige Unterrichtung erfolgt (AA 12.1.2019).
2. Beweiswürdigung:
2.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit und Herkunft, insbesondere zu seiner Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit stützen sich auf die diesbezüglich glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers im Verfahren vor dem BFA, in der Beschwerde und in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht sowie auf die Kenntnis und Verwendung der Sprache Farsi. Insoweit der Beschwerdeführer sowohl vor dem BFA als auch in der mündlichen Verhandlung anführte, dass er keine Religion habe, kann dies lediglich als Schutzbehauptung gewertet werden, nachdem der Beschwerdeführer im Rahmen seiner Erstbefragung ausdrücklich angab, Moslem zu sein (AS 1 und 35; Seite 6 des Verhandlungsprotokolls). Insoweit der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang wiederholt anführte, dass er seinen islamischen Glauben nicht aktiv ausgeübt habe, war dem Beschwerdeführer aufgrund seiner Angaben, dass seine Familie bis auf seine Mutter nicht religiös gewesen sei und er bis zu seinem 18 Lebensjahr gebetete habe, zu glauben. Dass der Beschwerdeführer tatsächlich vom islamischen Glauben abgefallen ist, konnte jedoch nicht nachvollziehbar dargestellt werden. Der Beschwerdeführer vermochte in diesem Zusammenhang nur oberflächliche Angaben zu tätigen ohne eine identitätsprägende Veränderung seiner Person schlüssig darzustellen (AS 39, Seite 11 des Verhandlungsprotokolls; vgl. Pkt. 2.3.). Somit waren die entsprechenden Feststellungen zu treffen. Die Feststellungen zur Identität des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinen Angaben vor dem BFA, in der Beschwerde und in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht. Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität des Beschwerdeführers getroffen wurden, gelten diese ausschließlich für die Identifizierung der Person des Beschwerdeführers im Asylverfahren.
Die Angaben des Beschwerdeführers zu seinem Geburts- und Aufenthaltsort, den Eigentumsverhältnissen, Vermögensverhältnissen, seinem Gesundheitszustand, seinem Familienstand, seinen Familienangehörigen und deren Aufenthaltsort und finanziellen Situation sowie zu seinem beruflichen und schulischen Werdegang sind chronologisch stringent und vor dem Hintergrund der bestehenden sozio-ökonomischen Strukturen in Iran plausibel. Die vom Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang getätigten Angaben waren im Wesentlichen gleichbleibend und widerspruchsfrei. Insbesondere konnte der Beschwerdeführer zu seinen beruflichen Tätigkeiten gleichbleibende und ausführliche Angaben tätigen (AS 1 und 35 ff, Seite 9 des Verhandlungsprotokolls). Zudem gab der Beschwerdeführer einheitlich an, dass er Iran illegal verlassen habe (AS 5 und 35). Es konnten somit insgesamt die gegenständlichen Feststellungen getroffen werden.
Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer unbescholten ist und keine Probleme mit den österreichischen Behörden hatte, ergibt sich durch Einsichtnahme in einen aktuellen Strafregisterauszug. Der Beschwerdeführer gab auch nachvollziehbar an, dass er nicht Mitglied einer Partei oder politisch aktiv gewesen sei und im Herkunftsstaat nicht strafrechtlich verurteilt worden sei (AS 37; Seite 6, 8 und 16 des Verhandlungsprotokolls).
2.2. Zum Fluchtgrund und zur Rückkehr:
Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer in Iran nie einer individuellen Verfolgung oder Bedrohung ausgesetzt war und auch nicht im Falle einer Rückkehr nach Iran eine konkrete Verfolgung oder Bedrohung zu befürchten hätte, ergibt sich aus seinem diesbezüglichen Vorbringen in Zusammenschau mit den Länderfeststellungen. Der Beschwerdeführer vermochte weder in seiner Einvernahme vor dem BFA noch in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht eine Bedrohung oder Verfolgung seiner Person in Iran nachvollziehbar und schlüssig darzulegen.
Der Beschwerdeführer gab in der mündlichen Verhandlung an, dass er Soldat beim iranischen Militär gewesen sei und wiederholt seinen Dienst verweigert habe und dafür bestraft worden sei. Zuletzt hätte er in Irak kämpfen sollen, weshalb er erneut geflohen sei und nun in Iran gesucht werde (AS 38, Seite 12 f des Verhandlungsprotokolls)
Der Beschwerdeführer vermochte jedoch insgesamt kein einheitliches Vorbringen zu seinem Fluchtgrund vorzubringen.
So führte der Beschwerdeführer vor dem BFA an, dass er Befehle nicht ausgeführt haben und deshalb bestraft worden sei. Aufgrund dieser Strafen hätte er länger beim Militär bleiben müssen. Als weiteren Vorfall führte er an, dass er mit dem Chef des 21. Bezirkes in XXXX Probleme gehabt habe und vom Militärdienst geflüchtet sei. Danach sei er wieder im Dienst gewesen. Er habe erneut seinen Dienst verweigert und sei wiederum bestraft worden. Er sei abermals geflüchtet und sie hätten ihn um sieben Uhr morgens bei ihm zu Hause festgenommen. Er sei wiederum bestraft und für einen Monat inhaftiert worden. Zudem habe er 3 Millionen Toman Strafe bezahlen müssen. Danach sei er wieder zum Dienst geschickt worden und man habe ihn an die Grenze von Kurdistan schicken wollen. Er habe dort nicht hingehen wollen und sei erneut geflüchtet. Insgesamt brachte der Beschwerdeführer vor dem BFA somit vier Situationen vor, in denen er seinen Dienst verweigerte, und führte zudem aus, dass er dreimal vom Dienst geflüchtet sei. (AS 38). In der mündlichen Verhandlung führte auf die Frage, ob er noch wisse, wie oft er vom Militärdienst geflohen sei, an, dass er insgesamt dreimal geflüchtet sei. Nach der dritten Flucht sei er nicht mehr zurückgekehrt. (Seite 8 des Verhandlungsprotokolls). Im Gegensatz zu seinen Angaben vor dem BFA führte er in der mündlichen Verhandlung ergänzend aus, dass er das erste Mal sich selbst gestellt habe und eine Woche in das Gefängnis hätte gehen müssen. Das zweite Mal habe er sich ebenfalls selbst gestellt und habe einen Monat im Gefängnis verbringen müssen. Das dritte Mal sei er zu Hause festgenommen worden und habe zwei Monate im Gefängnis verbracht bei jeder Verurteilung habe er 3 Millionen Toman bezahlen müssen (Seite 9 des Verhandlungsprotokolls). Bereits diese Aussagen stimmen nicht überein, nachdem der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung noch ausdrücklich anführte das er nach der dritten Flucht nicht mehr zurückgekehrt sei. Die nunmehrige vom Beschwerdeführer vorgebrachte Darstellung seiner Bestrafung führt jedoch dazu, dass der Beschwerdeführer bereits eine dreimalige Rückkehr in dem Militärdienst nach einer erfolgten Flucht schilderte noch bevor er endgültig den Militärdienst und den Iran verlassen hat. Damit brachte er in der mündlichen Verhandlung insgesamt vier Fluchtsituation vor.
Auch das vor dem BF angeführte Ausmaß seiner Haftstrafe stimmt mit seinen Aussagen in der mündlichen Verhandlung nicht überein. Zwar führte der Beschwerdeführer vor dem BFA pauschal an, dass immer, wenn er geflüchtet sei, sie ihn inhaftiert hätten, jedoch konnte er lediglich betreffend seine letzte Strafe anführen, dass er für einen Monat inhaftiert worden sei und steht diese Angabe mit seiner Darstellung in der mündlichen Verhandlung, in der er in diesem Zusammenhang vorbrachte, zwei Monate, d. h. ungefähr 53 oder 54 Tage, im Gefängnis verbracht zu haben, nicht im Einklang. Somit weisen bereits seine Aussagen über seinen geltend gemachten Fluchtgrund Widersprüche auf und war der Beschwerdeführer nicht in der Lage, ein nachvollziehbares Vorbringen zu erstatten.
Dieses Aussageverhalten setzt sich auch in der weiteren Einvernahme fort und vermittelte der Beschwerdeführer dadurch den Eindruck, dass er nicht immer bei der Wahrheit blieb. So führte er einerseits vor dem BFA an, dass er acht Jahre lang auf der Flucht gewesen sei, aber der Militärdienst nur acht Monate gedauert habe (AS 39). In der mündlichen Verhandlung gab der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang zu Beginn der Verhandlung an, dass er glaube, dass er zwischen sieben und acht Jahre beim Militär gewesen sei (Seite 6 des Verhandlungsprotokolls). Zu einem späteren Zeitpunkt führte der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung wiederum aus, dass er zuerst sechs Monate beim Militärdienst gearbeitet habe, danach ca. vier oder acht Monate beim Militär verbracht habe und zuletzt ca. eine Woche in einem Militärcamp verbracht habe. Das würde wiederum eine aktive Militärzeit im Ausmaß von über 10 bis 14 Monate ergeben. In diesem Zusammenhang brachte der Beschwerdeführer ebenfalls vor, dass er sich im siebenten oder achten Monat des Jahres 2009 zum Militärdienst gemeldet habe. Nachdem der Beschwerdeführer im Oktober 2015 Iran verlassen habe würde sich daraus ein Zeitraum von ungefähr sechs Jahren ergeben. Somit stimmen auch die zeitlichen Angaben des Beschwerdeführers im Zusammenhang mit seiner militärischen Laufbahn nicht überein (Seite 8 und 14 bis Verhandlungsprotokolls). Zudem führte der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung einerseits aus, dass sein Bruder für einige Tage eine Wohnung gemietet habe und ihm nach ca. zehn Tagen erklärt habe, dass seine Flucht organisiert sei und er ausreisen könne. Zu einem späteren Zeitpunkt gab der Beschwerdeführer andererseits an, dass er einige Zeit versteckt gelebt habe, bis er flüchten habe können. Auf Nachfrage wie lange er versteckt, im Geheimen, gelebt habe, antwortete er, dass er nach seiner Flucht ca. ein Monat im Geheimen gelebt habe bis sein Bruder sich um seine Ausreise gekümmert habe. Auf weitere Nachfrage wo er versteckt gelebt habe, führte er nunmehr an, dass ein Freund für ihn eine Wohnung unter seinem Namen gemietet habe und dort habe er ca. ein Monat gelebt. Zwar versuchte der Beschwerdeführer seine Aussagen dahingehend abzuschwächen, in dem er anführte, dass er einige Zeit in der Wohnung seines Freundes gelebt habe und danach einige Tage in der Wohnung, die sein Bruder für ihn gemietet habe, jedoch vermag diese Aussage nicht zu erklären weshalb er nicht bereits zu Beginn anführte, dass er vor seiner Ausreise aus XXXX sowohl in einer Wohnung eines Freundes als auch in der Wohnung, die sein Bruder gemietet habe, gewohnt habe (Seite 12 f des Verhandlungsprotokolls). Dass der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang nicht bei der Wahrheit blieb, wurde auch durch seine Aussage vor dem BFA bestätigt. So führte er auf die Frage vor dem BFA, wo er die letzte Nacht vor der Ausreise verbracht habe, ausdrücklich an: "Ich war bei einem Freund in XXXX" (AS 36). Darüber hinaus brachte der Beschwerdeführer vor dem BFA eine weitere gegensätzliche Darstellung über seinen letzten Aufenthaltsort in Iran vor seiner Ausreise vor, indem er im Rahmen seiner Fluchtgeschichte ausdrücklich anführte, dass er in XXXX bei seinen Tanten gewesen sei und auch dort gesucht worden sei. Er habe dann nach einer Möglichkeit gesucht, den Iran zu verlassen (AS 38). Einen Aufenthalt bei seinen Tanten in XXXX führte er in der mündlichen Verhandlung zu keinem Zeitpunkt an. Somit konnte dem Beschwerdeführer auch in diesem Zusammenhang kein Glauben geschenkt werden.
Auch seine Darstellung, was ihm im Falle einer Rückkehr vor dem Militärgericht konkret passieren könnte, blieben vage und oberflächlich. So gab er in der mündlichen Verhandlung an, dass er nun seit vielen Jahren dem Militärdienst ferngeblieben sei und man ihn als einen Gegner des Militärs oder des Staates bezeichnen werde. Er könne sich vorstellen, dass man ihm unterstellen werde, dass er kein Muslim sei und es sogar sein könnte, dass er aufgrund dieser Tatsache hingerichtet werde. Diese Aussage wurde in weiterer Folge auf Nachfrage wiederum abgeschwächt und führte er nunmehr an, dass er nicht wisse, was ihm bei einer Rückkehr zum Militär erwarte. Er habe immer wieder seinem Dienstgeber gesagt, dass er nur im Büro arbeiten wolle. In irgendeiner Form habe er dort Gegner gefunden. Sie hätten alles, was er vorgebracht habe, abgelehnt. Er wisse nicht, was diese Leute von ihm wollten (Seite 16 des Verhandlungsprotokolls). Auch das zuletzt mit Schreiben vom 12.08.2019 vorgelegte Foto des Beschwerdeführers, das diesen in Militärunform zeigt, vermag lediglich zu beweisen, dass der Beschwerdeführer am Militärdienst teilgenommen hat. Eine Verfolgung aufgrund einer Wehrdienstverweigerung kann daraus jedoch nicht abgeleitet werden (OZ 10). Der Beschwerdeführer vermochte durch seine diesbezüglichen Darstellungen eine Furcht vor Verfolgung im Falle einer Rückkehr nach Iran wegen einer vorgebrachten Wehrdienstverweigerung nicht schlüssig darzustellen und begründete diese lediglich auf Spekulationen und Mutmaßungen. Vor diesem Hintergrund konnte auch nicht festgestellt werden, dass der Bruder des Beschwerdeführers vom Militär kontaktiert wurde und ihm mitgeteilt wurde, dass die Militärbehörde nach dem Beschwerdeführer suche und in der Lage sei, den Beschwerdeführer überall zu finden (vgl. Seite 9 des Verhandlungsprotokolls). Es waren daher die entsprechenden Feststellungen zu treffen.
2.3. Zur vorgebrachten Gefährdung aufgrund seiner religiösen Überzeugung:
Zwar führte der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung wiederholt aus, dass er aufgrund seines Glaubens, wiederholt bestraft worden sei. Auf die Frage, was er im Falle einer Rückkehr nach Iran befürchte, gab der Beschwerdeführer jedoch lediglich allgemein an, dass er der Meinung sei, dass man aufgrund seines Glaubens nicht verfolgt oder getötet werden solle. Jeder solle die Möglichkeit erhalten, seinen Glauben frei auszuüben (Seite 10 und 12 des Verhandlungsprotokolls). Vor dem BFA beantwortete er die Frage, ob er in seinem Herkunftsstaat Probleme aufgrund seines Religionsbekenntnisses gehabt habe, mit "Ja" (AS 38). Auf Nachfrage, inwiefern er Probleme mit seiner Religionszugehörigkeit gehabt habe, führte er an, dass er seit er 18 sei keinen Glauben gehabt habe. Er glaube an nichts. Er habe Probleme mit dem Islam. Die Frage, ob er dadurch verfolgt oder bedroht worden sei, beantwortete er wiederum ausdrücklich mit: "Nein, ich wurde nicht verfolgt." Sie hätten es aber mitbekommen und daran gezweifelt, dass Beschwerdeführer keiner von ihnen sei. Auf die weiteren Fragen, was ihm am Islam nicht mehr gefallen habe, konnte der Beschwerdeführer keine konkreten Antworten geben. So gab er allgemein an, dass ihm gar nichts gefallen habe und dass das Beten so gezwungen sei. Er sei auch nicht zum Gebet gegangen sie hätten ihn nicht gerne gemocht. Auch beim Fasten habe er nicht gefastet und eine Militärdienstverlängerung bekommen (AS 39). Insbesondere vor dem Hintergrund, dass seine väterliche Familie nicht streng gläubig sei und auch seine Brüder nicht besonders streng gläubig seien, sondern normale Muslime, und nur ein Bruder regelmäßig beten und fasten würde, konnte der Beschwerdeführer eine konkrete Gefährdung aufgrund seiner nicht aktiven Glaubensausübung nicht nachvollziehbar darstellen. Insbesondere ergeben sich aufgrund seiner sehr allgemein gehaltenen Begründungen, weshalb er keinen Glauben mehr habe Zweifel daran, dass der Beschwerdeführer tatsächlich nicht mehr dem muslimischen Glauben angehört. Auch in der mündlichen Verhandlung gab der Beschwerdeführer auf die Frage, ob es einen Grund gab, warum er nicht mehr geglaubt habe, an, dass er große Angst gehabt habe zuzugeben, dass er nicht mehr gläubig sei. Dies begründetet er damit, dass er gedacht habe, dass Gott oder der Prophet Mohammed ihn bestrafen würden oder er sogar sterben könne (Seite 19 des Verhandlungsprotokolls). Diese Begründung kann jedoch nicht nachvollzogen werden. Es erscheint unschlüssig, dass er einerseits vorbrachte, an keine Religion zu glauben und anderseits vor Gott und dessen Propheten Angst vor Bestrafung zu haben. Der entsprechenden Darstellung des Beschwerdeführers konnte somit kein Glaube geschenkt werden und konnte eine Verfolgung aus religiösen Gründen ebenfalls nicht festgestellt werden. Es waren daher die entsprechenden Feststellungen zu treffen.
2.4. Zur Rückkehr in die Heimatregion:
Für eine existenzielle Gefährdung des Beschwerdeführers im Falle einer Rückkehr in seine Heimatregion bestehen ebenfalls keine Hinweise. Der Beschwerdeführer war vor der Ausreise aus Iran in der Lage, unterschiedlichen Arbeiten in XXXX nachzugehen (AS 36, Seite 8 des Verhandlungsprotokolls). Es gibt keinen Anhaltspunkt, wieso der Beschwerdeführer in der Stadt XXXX nicht in der Lage sein sollte, seine Existenz - etwa auch durch Gelegenheits- und Hilfsarbeiten oder mit Unterstützung seines Bruders im Rahmen einer Tätigkeit in dessen Unternehmen - zu sichern und eine einfache Unterkunft zu finden. Auch ergibt sich unter Zugrundelegung der Länderberichte unter dem Aspekt der Sicherheitslage in Iran keine besondere Gefährdungssituation für den Beschwerdeführer. In diesem Zusammenhang gab der Beschwerdeführer auch selbst an, dass es abgesehen von seinen Schwierigkeiten beim Militär und dass er keinen Glauben habe, keine anderen Gründe gebe, weshalb er nicht in den Iran zurückkehren könne (Seite 16 des Verhandlungsprotokolls). Die vom Beschwerdeführer angeführten "Schwierigkeiten" wurden bereits als nicht glaubhaft gewürdigt.
Die dargestellten Umstände rechtfertigen aus Sicht des erkennenden Gerichtes im Lichte einer Gesamtbetrachtung die Annahme, dass sich der Beschwerdeführer in seiner Heimatregion eine Existenz aufbauen und sichern kann. Dafür spricht nicht zuletzt auch die Tatsache, dass der Beschwerdeführer in der Lage war, über ihm unbekannte Länder die Flucht bis nach Österreich zu meistern, wobei er sicherlich ein überdurchschnittliches Maß an Anpassungs- und Selbsterhaltungsfähigkeit unter Beweis stellen musste.
Im Übrigen konnte der Beschwerdeführer darüber hinausgehende außergewöhnliche Gründe, die einer Rückkehr in seine Heimatregion entgegenstehen, nicht nennen. Es waren somit insgesamt entsprechende Feststellungen zu treffen.
Aus den Länderberichten ergibt sich, dass die Stadt Teheran über einen internationalen Flughafen verfügt (Flughafen Imam-e Khomeini; vgl. Pkt.1.5.1). Der Beschwerdeführer gab zudem nachvollziehbar an, dass er zuletzt überwiegend in XXXX gelebt habe (AS 36). Somit konnte eine Rückkehr in seine Heimatregion, die Hauptstadt XXXX , festgestellt werden.