Entscheidungsdatum
20.01.2020Norm
AsylG 2005 §54 Abs1 Z1Spruch
W272 2129466-1/18E
Schriftliche Ausfertigung des am 08.01.2020 verkündeten Erkenntnisses:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Braunstein als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.06.2016, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:
A)
I. Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG und § 9 Abs. 2 BFA-VG iVm § 52 Abs. 2 FPG (Spruchpunkt III) stattgegeben und festgestellt, dass gem. § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig ist und dem Beschwerdeführer gemäß § 54 Abs. 1 Z 1, § 58 Abs. 2 iVm § 55 Abs. 1 AsylG 2005 der Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung plus" für die Dauer von zwölf Monaten erteilt wird.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (in Folge: BF), ein afghanischer Staatsangehöriger, reiste illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 28.12.2014 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.
2. Am Tag der Antragstellung fand vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes die niederschriftliche Erstbefragung des Beschwerdeführers statt. Dabei gab der Beschwerdeführer an, dass er muslimischer Tadschike ist, keine Ausbildung absolviert hatte und in Herat geboren sei. Er habe als Lehrling in einer Tischlerei gearbeitet. Zum Fluchtgrund befragt gab er an, dass er in seiner Heimat einen Mann mit dem Motorrad getötet habe und in den Iran geflohen sei. Den Iran habe er ebenfalls verlassen, da er dort illegal aufhältig war und Angst hatte nach Afghanistan abgeschoben zu werden.
3. Bei seiner Einvernahme am 01.04.2016 führte der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in Folge: BFA), im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Dari aus, dass er gesund sei, aber Medikamente gegen Bauchschmerzen nehme. Er korrigierte seinen Namen und deren Schreibweise. Er sei im Iran verlobt. Seine Verwandten würden alle im Iran leben. Dazu gehört sein Vater, seine Mutter, vier Brüder und eine Schwester. Er selbst habe auch im Iran gelebt und dort ca. 5 Jahre als Tischler gearbeitet. Nach Afghanistan habe er keine Kontakte. Er sei auch einmal nach Afghanistan abgeschoben worden und hätte dort für eine Woche bei seinen Verwandten gelebt. Als Fluchtgrund gab er an, dass er am 05.Mai 2014 einen Motorradunfall gehabt habe und bei diesem Unfall ein Mann mit ca. 22. Jahre gestorben sei. Der Verstorbene hieße XXXX . Der Vater und der Onkel dieses Mannes würden ihn mit dem Tode bedroht haben. Zwei Onkel würden auch mit den Taliban zusammenarbeiten. Diese Talibangruppe würde ihn ebenfalls töten wollen. Der BF habe Angst bekommen und sei daraufhin, zwei Tage nach dem Unfall, mit dem Schlepper in den Iran geflohen. Als der BF im Iran waren seien auch Angehörige der Talibangruppierung zu seinen Eltern in Afghanistan gekommen und hätten ihn gesucht. Sie hätten seinen Bruder geschlagen, sodass er ca. 20 Tage im Krankenhaus gelegen sei. Als sein Bruder aus dem Krankenhaus entlassen worden sei, sei seine gesamte Familie in den Iran ausgereist. Im Iran hätte er Angst gehabt nach Afghanistan ausgewiesen zu werden und dort würde ihn der Onkel von XXXX umbringen. Im Zuge der Einvernahmen brachte der Beschwerdeführer folgende Unterlagen in Vorlage:
* Ambulanzbestätigung vom 22.03.2016
* Ambulanzbestätigung vom 07.08.2015
* Kurzarztbrief vom 07.08.2015
* Medikamentenschachteln, Sucralan, Ceolat, Pantaloc
* Skizze über den Motorradunfall
* Deutschkursbestätigung A2, weitere Deutschkursbestätigung "Willkommen Nachbar"
* Kursbesuchsbestätigung "Besser Lesen, Schreiben und Rechnen"
* Kursbesuchsbestätigung "Fortsetzung folgt Schwerpunkt Mathematik"
* Anwesenheitsbestätigung Abteilung Wirtschaftshof Villach, September 2015, Jänner, Februar 2016, März 2016,
* ÖSD-Zertifikat A1 gut bestanden vom 17.11.2015
* Entlohnungsbestätigung Gemeinde Weinberg 06/2015
4. Die Behörde fragte bei ACCORD an, ob die angegebenen Daten des BF richtig seien. Es konnten keine entsprechenden Daten gefunden werden, doch die Möglichkeit, dass Taliban in manchen Gebieten die Scharia zur Auslegung von Streitschlichtungen heranzieht, sei gegeben.
Dem BF wurden am 10.06.2016 ohne Beisein seines Rechtsanwaltes die Ergebnisse der Erhebungen mitgeteilt. Der BF war mit der Einvernahme einverstanden. Der BF bestritt, den Vorhalt, dass die Namens-, Orts- und Klinikangaben nicht wie von ihm angegeben in Afghanistan bestehen. Er habe noch Verwandte in Herat, aber keinen Kontakt zu ihnen.
Vorgelegt wurde:
* Bestätigung einer ehrenamtlichen Tätigkeit im Verein schau.Räume
* Anwesenheitsbestätigung Abteilung Wirtschaftshof Villach, April, Mai, Juni 2016
5. Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG ab (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG wurde dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Afghanistan nicht zuerkannt (Spruchpunkt II.). Unter Spruchpunkt III. wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt und ihn gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig ist. Zudem wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung gewährt (Spruchpunkt IV.).
Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Angaben des Beschwerdeführers hinsichtlich seiner familiären Umstände, Sprach- und Ortskenntnisse glaubhaft sind. Sein Fluchtgrund jedoch nicht glaubhaft sei. Dies aufgrund der Schilderung und der durchgeführten Recherche, abgestützt auf die Ergebnisse der Staatendokumentation. Der Motorradunfall habe nicht stattgefunden und daher sei keine Verfolgung gegeben. Auch aus den Schilderungen ist es nicht glaubhaft, dass ein Motorradunfall mit 80 - 85 km/h zu keinen offensichtlichen Verletzungen führen würde. Die Person müsste mehrere Meter weit weggeschleudert werden und nicht den Eindruck einer bewusstlosen Person vermitteln. Auch hätte das Motorrad eine so starke Beschädigung, dass eine Weiterfahrt nicht möglich gewesen wäre. Auch hätte der BF selbst massive Verletzungen davontragen müssen. Auch konnte der BF keine detaillierten Angaben zur Verletzung seines Bruders durch die Taliban aussagen, es sei nicht lebensnah, dass er seine Mutter nicht näher befragt habe. Auch, da keiner den Unfall gesehen habe, sei es nicht nachvollziehbar, dass man vom Unfallszeitpunkt am Abend bis zum nächsten Tag herausfinden hätte können, dass der BF der Verursacher war. Dem Vorhalt, dass die Recherchen ergeben habe, dass die vom BF genannten Personen nicht bekannt sind, sei der BF nicht entschieden entgegengetreten. Es drohe dem Beschwerdeführer auch keine Gefahr, die die Erteilung eines subsidiären Schutzes rechtfertigen würde. Festgestellt werde, dass der Beschwerdeführer in Afghanistan und im Iran berufstätig war, jung, arbeitsfähig und gesund sei und daher am Erwerbsleben teilnehmen könne. Zwar sehe die UNHCR-Richtlinie vor, dass bei Rückkehr auf ein soziales oder familiäres Netz zurückzugreifen sei, wenn sie einer vulnerablen Gruppe wie alleinstehende Frau, Eltern mit kleinen Kindern, unbegleitete ältere Personen, unbegleitete Minderjährige, traumatisierte Personen und Opfer sexueller Gewalt gewesen seien. Zu dieser vulnerablen Gruppe gehöre der BF nicht. Es ist daher nicht davon auszugehen, dass der BF keine neue Existenz in Herat, oder Kabul aufbauen könne. Er könne auch eine Unterstützung durch das Projekt RESTART erlangen.
6. Mit Schreiben vom 02.07.2016 brachte der BF vertreten durch einen Rechtsanwalt rechtzeitig Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit ein. Der BF beharrte auf die Richtigkeit seiner Aussagen und dem dargestellten Vorfall, sowie die Verfolgung durch die Familie des Getöteten bzw. durch die Taliban. Die durch die Behörde beauftragte Recherche sei nicht ausreichend, um darzulegen, dass die vom BF angegebenen Daten nicht richtig seien. Die Recherchen seien, wie auch unter den Quellen angegeben, aufgrund von Internetrecherchen und Pressemeldungen erfolgt. Dies sei jedoch im gegeben Fall nicht ausreichend, da im Internet kaum Pressemitteilungen über kleinere Unfälle vorhanden sind. Auch sei die angegebene Talibangruppen im Internet nicht ersichtlich, da sie nicht über diese Medien operiere. Auch wenn die Recherche andere Dörfer oder Kliniken ergeben haben, bedeute dies nicht, dass das Dorf oder die ärztliche Versorgung nicht existiere. ACCORD weist in der Anfragebeantwortung darauf hin, dass ein nicht Auffinden einer Person nicht bedeute, dass der Betreffende nicht existiere. Das Bundesamt habe daher zur Vor Ort Recherche einen falschen Weg beschritten und damit ein Nichtauffinden geradezu provoziert. Wäre das Bundesamt an der Verifizierung der Aussage interessiert gewesen, hätte sie eine Vor-Ort Recherche durchgeführt und hätte die Existenz des Unfalles und des Arztes bestätigt. Weiters erkenne man im Internet, dass im Bezirk Herat viele Kleinmotorräder unterwegs sind. Es sei daher völlig unwahrscheinlich, dass im ACCORD Recherchezeitraum auf einer Straße zu einem größeren Dorf XXXX kein oder distriktweit nur ein einziger Unfall geschehen sei. Dies zeigt auch, dass eine Vor-Ort Recherche wichtig gewesen wäre, da ein Unfall mit einem Toten in der Umgebung vermutlich in Erinnerung sein wird. Auch wenn der BF angegeben habe, er sei mit 80 km/h gefahren, so sei der Zusammenstoß, da auch eine Bremsung erfolgte, wahrscheinlich mit 30-40 km/h erfolgt. Bei einem derartigen Unfall kann man sterben, könne aber auch nur leichte Blessuren davongetragen haben. Da es sich um ein "weiches" Ziel handelte, sei es nicht unglaubwürdig, dass das Motorrad noch fahrbar gewesen sein. Bei rechtsrichtiger Würdigung sei die Aussage des BF glaubwürdig zu beurteilen gewesen. Auch wenn nun nicht der Staat der Verfolger sei, so sei die Sicherheitslage dermaßen schlecht, dass auch Private oder Taliban als Verfolger anzusehen seien, da die Behörden die Sicherheit nicht gewährleisten können und der staatliche Schutz fehle. Die Versorgungslage in Herat sei dermaßen schlecht, dass eine Ansiedelung und Rückkehr nicht möglich sei und daher dem BF Asyl, jedenfalls aber subsidiären Schutz zuzuerkennen sei. Der BF beantragte daher eine tatsächliche Vor-Ort Recherche und schlug Dr. XXXX zur Erhebung vor und beantragte die Abhaltung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung.
7. Der Akt wurde durch das Bundesamt am 04.07.2016 dem BVwG vorgelegt und auf die Durchführung und Teilnahme an einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
8. Mit Eingabe vom 09.08.2017 wurde vorgelegt:
* Schulbesuchsbestätigung am Lehrgang zum Nachholen des Pflichtschulabschlusses
* ÖSD Zertifikat A2 gut bestanden (datiert 18.11.2016)
* Anwesenheitsbestätigung Abteilung Wirtschaftshof Villach, April, Mai, Juni 2016
9. Mit Eingabe vom 07.09.2017 wurde vorgelegt
* ÖSD Zertifikat A2 gut bestanden (datiert 18.11.2016)
* Bestandene Integrationsmodule 5, 7 und Integrationspass Villach
* Bestätigung der ehrenamtlichen Tätigkeit des BF seit 29.11.2016 im Seniorenzentrum St. Johanner Höhe, inklusiver Empfehlungsschreiben
10. Mit Eingabe vom 06.05.2017 wurde vorgelegt
* Vollmachtsbekanntgabe für XXXX
* Arbeitsbestätigung - Abteilung Wirtschaftshof Villach Juli, August, Oktober, November, Dezember 2017, Jänner, Februar, März 2018
* ÖSD-Zertifikat B1 ausreichend bestanden (datiert 18.02.2019)
* Zeugnis über Pflichtschulabschlussprüfung mit bestanden vom 21.02.2019
* Bestätigung ehrenamtliche Tätigkeit Seniorenheim Haus. St. Johanner Höhe
* Bescheinigung Erste-Hilfe-Kurs 07.11.2017 - 16.11.2017
* ÖSD-Zertifikat A2 gut bestanden (18.11.2016)
* Urkunde der vollständig abgeschlossenen Module des Integrationspasses (Stadt Villach Modul 1 - 7, 2017 und 2018)
Der BF verweist auf die außergewöhnliche gute Integration des Beschwerdeführers.
11. Mit Eingabe vom 13.12.2019 wurde vorgelegt und ersucht bei der Entscheidungsfindung zu berücksichtigen.
* Einstellungszusage von XXXX (datiert 27.10.2019)
* Empfehlungsschreiben je von Dr. XXXX , XXXX , XXXX ,
* Bestätigung des Deutschkurses Niveau B1 mit Erfolg abgeschlossen (11.07.2019)
* Bestätigung Deutschsprachkurs B2 ab 04.11.2019
* Bestätigung der ehrenamtlichen Tätigkeit (Hauswirtschaftliche Tätigkeiten, Reinigungstätigkeiten, Betreuung von Bewohner - Spaziergänge) und Empfehlungsschreiben von Seniorenresidenz & Pflegeheime XXXX vom 30.10.2019
* Bescheinigung Erste-Hilfe-Kurs 07.11.2017 - 16.11.2017
* ÖSD-Zertifikat A2 gut bestanden (18.11.2016)
* Urkunde der vollständig abgeschlossenen Module des Integrationspasses (Stadt Villach Modul 1 - 7, 2017 und 2018)
12. Am 08.01.2010 erfolgte eine mündliche Beschwerdeverhandlung beim Bundesverwaltungsgericht. Die Parteien wurden geladen, das BFA erschien nicht zur Verhandlung.
Der BF und der Vertreter stellten zu Beginn der Verhandlung klar, dass die Beschwerde im vollen Umfang aufrecht bleibt (Seite 2 des Verhandlungsprotokolls). Die Akteninhalte wurde einzeln erörtert und der BF nahm zur Kenntnis und machte keine Einwände und blieb bei seinem Vorbringen, er verzichtete jedoch auf Aktenverlesung und -einsicht. (Seite 4 des Verhandlungsprotokolls). Vorgelegt wurde (Seite 4 des Verhandlungsprotokolls):
* Empfehlungsschreiben von XXXX
* Einstellungszusage von Fa. XXXX
Nach Einvernahme des BF zu seinen persönlichen Daten und der Integration in Österreich, gab der RV bekannt, dass er keine weiteren Fragen zur Integration des BF hat und dass das Vorgebrachte darlegt, dass der BF dermaßen integriert ist, dass eine Rückkehrentscheidung des BF auf Dauer unzulässig sei und eine Aufenthaltsberechtigung plus gegeben sei. Nach Unterbrechung der Verhandlung und Absprache der weiteren Vorgehensweise des RV mit dem BF, wurde die Beschwerde hinsichtlich der Zuerkennung des Asylstatus und eines subsidiär Schutzberechtigten zurückgezogen, die Beschwerde gegen Spruchpunkt III jedoch aufrecht gelassen.
14. Mit email vom 09.01.2020 ersuchte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl und Ausfertigung des Erkenntnisses.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Auf Grundlage des Verwaltungsaktes der belangten Behörde und der in diesem Verfahren herangezogenen Hintergrundberichte zur aktuellen relevanten Lage in Afghanistan sowie der mündlichen Verhandlung wird seitens des Bundesverwaltungsgerichtes Folgendes festgestellt:
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Der BF führt den Namen XXXX und wird mit Geburtsdatum XXXX geführt. Der BF gehört der Volksgruppen der Tadschiken an, ist sunnitischer Moslem und spricht Dari, sehr gut Deutsch und Persisch.
Der Beschwerdeführer ist im Distrikt Herat aufgewachsen und lebte vor Einreise in Österreich im Iran. Seine gesamte Kernfamilie (Vater, Mutter, Brüder, Schwester) leben nicht im Herkunftsstaat. Er hat auch zu sonstigen Verwandten in Afghanistan keinen Kontakt.
Der Beschwerdeführer ist verlobt und hat keine Kinder.
Der Beschwerdeführer hat kein familiäres oder soziales Netzwerk in Afghanistan. Sein Vater lebt mit seiner Mutter, zwei Brüder und einer Schwester im Iran. Zwei Brüder leben in der Türkei. Zu den zwei Tanten väterlicherseits und einer mütterlicherseits in Afghanistan besteht kein Kontakt, es kann nicht festgestellt werden, ob sie noch in Afghanistan leben.
Der BF hat keinen Kontakt zu seinen Verwandten.
Der BF ist in seinem Herkunftsstaat nicht vorbestraft, war dort nie inhaftiert, war kein Mitglied einer politischen Partei oder sonstigen Gruppierung, er hat sich nicht politisch betätigt und hatte keine Probleme mit staatlichen Einrichtungen oder Behörden im Herkunftsland. Der BF lebte immer wieder im Iran.
In Österreich verfügt der Beschwerdeführer über keine Familienmitglieder.
Der BF hält sich seit Dezember 2014 durchgehend in Österreich auf.
Der unbescholtene BF ist das sechste Jahr durchgehend im österreichischen Bundesgebiet und hat sich in diesem Zeitraum von Beginn an um eine umfassende Integration bemüht und ist sehr gut integriert.
Er hat in Österreich Deutschkurse besucht und Prüfungen über die Niveaustufe A2 sowie zuletzt B1 positiv absolviert. Er besucht derzeit den Deutschkurs B2. Der Beschwerdeführer hat in Österreich den Pflichtschulabschluss absolviert. Der Beschwerdeführer geht immer wieder und durchgehend einer ehrenamtlichen Tätigkeit nach und erhielt dafür auch eine Aufwandsentschädigung. Der Beschwerdeführer verfügt über einen österreichischen Freundeskreis. Er spricht Deutsch und wohnt in Villach und lebt derzeit von der Grundversorgung. Der Beschwerdeführer wird nach gesetzlicher Möglichkeit umgehend einer bezahlten Beschäftigung nachgehen, er hat glaubwürdige Einstellungszusagen und wird damit die Selbsterhaltungsfähigkeit erlangen. Er ist glaubwürdig, hat einen guten Umgang mit seinen Mitmenschen, hat die österreichische Kultur angenommen und kennt sie. Er ist pflichtbewusst, hilfsbereit und lebt die Gleichstellung zwischen Mann und Frau. Er lebt ein intensives gemeinschaftliches Leben mit seinen Mitbürgern und ist selbständig.
Festgestellt wird, dass der Beschwerdeführer gesund und arbeitsfähig ist. Der Beschwerdeführer leidet weder an einer körperlichen noch an einer psychischen Krankheit.
Der Beschwerdeführer hat den Antrag auf internationalen Schutz und damit die Beschwerde gegen Spruchpunkt I und II des gegenständlichen Bescheides zurückgezogen.
Die Zurückziehung erfolgte nicht aufgrund bewusst unwahren Fluchtvorbringens, welches von vornhinein einen unbegründeten Antrag darstellt.
2. Beweiswürdigung:
Der Beweiswürdigung liegen folgende maßgebende Erwägungen zugrunde:
Der Verfahrensgang ergibt sich aus den zur gegenständlichen Rechtssache vorliegenden Verfahrensakten des BFA und der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG. Der BF änderte seine bisherigen Angaben im Verfahren nicht ab, er zog die Beschwerde zu Spruchpunkt I und II des gegenständlichen Bescheides zurück, womit diese mit Beschluss eingestellt wurden.
2.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Die Feststellungen zur Nationalität, Religion des BF stützen sich auf die Angaben im Asylverfahren. Der BF machte diesbezüglich durchgehend gleichbleibende und glaubhaft Aussagen. Die Zugehörigkeit zur Religionsgemeinschaft der sunnitischen Moslems ergibt sich aus den Aussagen in den Vorverfahren, aber auch in der mündlichen Verhandlung gab der BF an, dass er sunnitischer Moslem ist und der Volksgruppe der Tadschiken angehöre (Seite 5 des Verhandlungsprotokolls). Er gab auch durchgehend im Verfahren vor dem BFA und vor dem BVwG an, dass seine Kernfamilie im Iran und nunmehr zwei Brüder in der Türkei sind (Seite 6 des Verhandlungsprotokolls). Dass er Verwandte in Afghanistan habe (drei Tanten) gab er vor dem BFA (Seite 6 des 2. Einvernahmeprotokolls) an und glaubhaft vor dem BVwG (Seite 6 des Verhandlungsprotokolls). Da er stringent angab, keinen Kontakt mit ihnen zu haben, ist er dem Gericht glaubwürdig und kommt das Gericht zum Schluss, dass der BF keine familiäre Unterstützung in Afghanistan hat.
Die Angaben des BF zu seinem Geburtsort, seinen Aufenthaltsorten im Iran und Afghanistan, zu seinem familiären Hintergrund, zu seinem Familienstand und seinem schulischen Werdegang sind chronologisch stringent. Die vom BF in diesem Zusammenhang getätigten Angaben waren gleichbleibend, widerspruchsfrei und damit glaubhaft.
Sein Gesundheitszustand ergibt sich aus seiner Aussage, sowie dem Eindruck vor dem Gericht. Seitens BF wurde angegeben, dass er an keinen Krankheiten leide, er jedoch Medikamente gegen Magenprobleme einnehme, (Seite 3 des Verhandlungsprotokolls) dies ist auch stringent mit dem ärztlichen Befund.
Die Feststellungen zur Integration des BF ergibt sich aus der Vielzahl an Empfehlungsschreiben, der Teilnahme an diversen Kursen und Modulen - zu Themen wie Demokratie, Frauen und Gleichstellung, Familie, Bildung, Zusammenleben, Gesundheit, Sport und Freizeit, Bräuche und Kultur-, der abgeschlossenen ÖSD Prüfungszertifikate A2 und B1, seiner berufliche ehrenamtliche Tätigkeit und der diesbezüglichen Entlohnung, den abgeschlossenen Pflichtschulabschluss, der Einstellungszusage, wonach ersichtlich ist, dass der BF bemüht ist die österreichische - europäische Kultur - kennenzulernen und nach ihr zu leben. Die Deutschkenntnisse sind durch das B1-Zertifikat und des persönlichen Eindruckes durch das Gericht mit gut einzustufen. Die weiteren Feststellungen zum Leben des BF in Österreich (Aufenthaltsdauer, seinen familiären und engen sozialen Anknüpfungspunkten in Österreich und seiner Integration in Österreich) stützen sich auf die Aktenlage und den Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG. Der BF lebt in Villach, hat Umgang mit anderen Österreichern, trifft sich mit ihnen, spielt Fußball oder fährt zu einem anderen Fußballplatz.
Der BF umgibt sich jedoch nicht nur mit Männern, sondern akzeptiert auch die Führung durch Frauen und geht mit ihnen ins Theater und Kino. Er kennt auch andere Teile Österreichs, so lebt er in Villach und besichtigte auch Klagenfurt und kennt das Wahrzeichen (Seite 8 des Verhandlungsprotokolls). Er besucht Kirtage und andere Feste und nimmt so intensiv am sozialen Leben in seinem Wohnungsumfeld teil. Er ist aber auch arbeitswillig und -fähig. Auch wenn der BF zurzeit nur Aufwandsentschädigungen für Tätigkeit in der Gemeinde Weinberg erhalten hat, so zeigt er durch seine andauernde Tätigkeit, insbesondere durch die Tätigkeit im Seniorenheim seit 2016, dass er bereit ist sich durch Arbeit und Verdient selbst zu erhalten und dies nur nicht möglich war, da er die entsprechende Arbeitsbewilligung nicht hatte. Für einen muslimischen Mann ist es außergewöhnlich, dass er im Seniorenheim Hilfstätigkeiten annimmt und unabhängig vom Geschlecht entsprechende Tätigkeiten wahrnimmt. Auch der Umgang mit dem evangelischen Pfarrer und die Unterstützung der Familie (Empfehlungsschreiben XXXX ) ist für einen muslimischen Mann außergewöhnlich und ist mit der Kultur der afghanischen Taliban nicht vereinbar, zumal die Christen nicht unterstützt werden. Es zeigt sich hier ebenfalls, dass der BF vollends mit der afghanischen Kultur gebrochen hat. Er gab glaubhaft an, dass er dort 3-mal wöchentlich arbeitet und bis zu 40 Min mit dem Fahrrad dorthin fährt, egal ob bei Regen oder Sonnenschein (Seite 8 des Verhandlungsprotokolls). Auch seine Empfehlungsschreiben zeigen, dass er viel Eigeninitiative hat und sich Bestens in Österreich integriert hat und sein Interesse es ist hier zu bleiben und selbständig zu leben. Dies wird durch den persönlichen Eindruck des Gerichtes bestärkt und die beiden Einstellungszusagen, welche auch den Lohn und die Wochenarbeitszeit darlegen, zeigen dem Gericht, dass es sich hier um ernsthafte Einstellungszusagen handeln.
Die Feststellung zur strafgerichtlichen Verurteilung des BF ergibt sich aus der Einsichtnahme in das Strafregister.
Darüber hinaus ergeben sich die Feststellungen zu illegalen Einreise nach Österreich und zur Antragstellung des Beschwerdeführers zweifelsfrei aus dem Akteninhalt.
Zu den Fluchtgründen des BF ergab sich keine Änderungen vom bisher Vorgebrachten. Der BF gab zu Beginn der Verhandlung und mit seinen Schriftsätzen weiterhin zum Ausdruck, dass er am Fluchtgeschehen festhält und für ihn einen Fluchtgrund darstellte, welcher ihn zur Antragsstellung berechtigte. Das Gericht erörterte mit dem BF, ob die Beschwerde aufrecht bleibt (Seite 2 des Verhandlungsprotokolls) und besprach nochmals den gesamten Akteninhalt und das Vorbringen und erläuterte dieses (Seite 4 des Verhandlungsprotokolls). Der BF gab keine Änderungen zum bisherigen Vorbringen an und brachte weiter Dokumente vor. Der RV erörterte mit dem BF die Rechtslage nach der Einvernahme über persönliche Daten und Integration und verwies darauf, dass er zurückzieht, da bereits das bisher Vorgebrachte (Verhandlung und Schriftsätze) und die Integration zu einer Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig sowie zu einer Aufenthaltsberechtigung Plus führen müsse (Seite 9 des Verhandlungsprotokolls). Das Gericht hatte den persönlichen Eindruck, dass der BF schlussendlich ein Ende des Verfahrens und nicht eine weitere Verzögerung wollte, zumal im Schriftsatz noch auf die Vor-Ort - Recherche hingewiesen wurde. Dass die Fluchtgeschichte missbräuchlich verwendet wurde konnte daher nicht festgestellt werden.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gegenständlich sind die Verfahrensbestimmungen des AVG, des BFA-VG, des VwGVG und jene im AsylG enthaltenen sowie die materiellen Bestimmungen des AsylG in der geltenden Fassung samt jenen Normen, auf welche das AsylG verweist, anzuwenden.
Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 in der geltenden Fassung, entscheidet über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des BFA das BVwG.
Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 in der geltenden Fassung, entscheidet das BVwG durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Gemäß § 15 AsylG hat der Asylwerber am Verfahren nach diesem Bundesgesetz mitzuwirken und insbesondere ohne unnötigen Aufschub seinen Antrag zu begründen und alle zur Begründung des Antrags auf internationalen Schutz erforderlichen Anhaltspunkte über Nachfrage wahrheitsgemäß darzulegen.
Gemäß § 18 AsylG hat die Behörde in allen Stadien des Verfahrens von Amts wegen darauf hinzuwirken, dass die für die Entscheidung erheblichen Angaben gemacht oder lückenhafte Angaben über die zur Begründung des Antrages geltend gemachten Umstände vervollständigt, die Bescheinigungsmittel für die Angaben bezeichnet oder die angebotenen Bescheinigungsmittel ergänzt und überhaupt alle Aufschlüsse gegeben werden, welche zur Begründung des Antrages notwendig erscheinen. Erforderlichenfalls sind Bescheinigungsmittel auch von Amts wegen beizuschaffen.
Rechtlich folgt daraus:
Die gegenständliche, zulässige und rechtzeitige Beschwerde wurde am 02.07.2016 beim BFA eingebracht und ist nach Vorlage beim BVwG eingegangen. Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidungen dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des BVwG zuständigen Einzelrichter.
Das BVwG stellt weiters fest, dass das Verwaltungsverfahren in wesentlichen Punkten rechtmäßig durchgeführt wurde. Dem BF wurde insbesondere durch die Erstbefragung und die Einvernahme vor dem BFA - unter Zuhilfenahme eines geeigneten Dolmetschers - ausreichend rechtliches Gehör gewährt.
Zu Spruchteil A):
Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides:
Gemäß § 52 Abs. 2 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird, und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.
Gem. § 52 Abs. 9 FPG ist mit der Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gem. § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.
Der BF ist als Staatsangehöriger von Afghanistan kein begünstigter Drittstaatsangehöriger, und es kommt ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zu, da mit der erfolgten Einstellung seines Antrags auf internationalen Schutz das Aufenthaltsrecht nach § 13 AsylG mit der Erlassung dieser Entscheidung endet. Ein Missbrauch des bisherigen Aufenthaltsrechtes war für das Gericht nicht feststellbar.
Gem. § 58 Abs. 2 AsylG ist die Erteilung eines Aufenthaltstitels gem. § 55 AsylG von Amts wegen zu prüfen, wenn die Rückkehrentscheidung aufgrund § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wird.
Voraussetzung für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 Abs. 1 AsylG ist, dass dies zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG iSd Art 8 EMRK geboten ist. Nur bei Vorliegen dieser Voraussetzung kommt ein Abspruch über einen Aufenthaltstitel nach § 55 AsylG überhaupt in Betracht (VwGH vom 12.11.2015, Ra 2015/21/0101).
§ 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG lautet:
"(1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre."
Gemäß Art 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
Unter Bedachtnahme auf alle Umstände des Einzelfalls ist eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen des Fremden, insbesondere unter Berücksichtigung der in § 9 Abs. 2 BFA-VG genannten Kriterien und unter Einbeziehung der sich aus § 9 Abs. 3 BFA-VG ergebenden Wertungen, in Form einer Gesamtbetrachtung vorzunehmen (vgl. VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0198; VwGH vom 25.01.2018 Ra 2017/21/0218).
Unter "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. Sisojeva ua. gg. Lettland, EuGRZ 2006, 554). Art 8 EMRK schützt unter anderem sowohl die individuelle Selbstbestimmung und persönliche Identität, als auch die freie Gestaltung der Lebensführung. So können persönliche Beziehungen, die nicht unter das Familienleben fallen, sehr wohl als "Privatleben" relevant sein. In diesem Zusammenhang kommt dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu.
Bei der Beurteilung der Frage, ob der BF in Österreich über ein schützenswertes Privatleben verfügen, spielt die zeitliche Komponente eine zentrale Rolle, da - abseits familiärer Umstände - eine von Art 8 EMRK geschützte Integration erst nach einigen Jahren im Aufenthaltsstaat anzunehmen ist.
Nach der bisherigen Rechtsprechung ist auch auf die Besonderheiten der aufenthaltsrechtlichen Stellung von Asylwerbern Bedacht zu nehmen, zumal das Gewicht einer aus dem langjährigen Aufenthalt in Österreich abzuleitenden Integration dann gemindert ist, wenn dieser Aufenthalt lediglich auf unberechtigte Asylanträge zurückzuführen ist (vgl. VwGH 17.12.2007, 2006/01/0216 mwN).
Es sind - unter der Schwelle des Art 2 und 3 EMRK - auch die Verhältnisse im Herkunftsstaat unter dem Gesichtspunkt des Privatlebens zu berücksichtigen, so sind etwa Schwierigkeiten beim Beschäftigungszugang oder Behandlungsmöglichkeiten bei medizinischen Problemen bzw. eine wegen der dort herrschenden Verhältnisse bewirkte maßgebliche Verschlechterung psychischer Probleme auch in die bei der Erlassung der Rückkehrentscheidung vorzunehmende Interessensabwägung nach § 9 BFA-VG miteinzubeziehen (vgl. dazu VwGH, 16.12.2015, Ra 2015/21/0119).
Die Verhältnismäßigkeit einer Rückkehrentscheidung ist dann gegeben, wenn der Konventionsstaat bei seiner aufenthaltsbeendenden Maßnahme einen gerechten Ausgleich zwischen dem Interesse des Fremden auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens einerseits und dem staatlichen Interesse auf Verteidigung der öffentlichen Ordnung andererseits, also dem Interesse des Einzelnen und jenem der Gemeinschaft als Ganzes gefunden hat. Dabei variiert der Ermessensspielraum des Staates je nach den Umständen des Einzelfalles und muss in einer nachvollziehbaren Verhältnismäßigkeitsprüfung in Form einer Interessenabwägung erfolgen.
Bei dieser Interessenabwägung sind - wie in § 9 Abs. 2 BFA-VG unter Berücksichtigung der Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ausdrücklich normiert wird - die oben genannten Kriterien zu berücksichtigen (vgl. VfSlg. 18.224/2007; VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479; 26.01.2006, 2002/20/0423).
Es ist weiters zu prüfen, ob mit einer Rückkehrentscheidung in das Privatleben des BF eingegriffen wird und bejahendenfalls, ob dieser Eingriff eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist (Art. 8 Abs. 2 EMRK).
Für den Aspekt des Privatlebens spielt auch die zeitliche Komponente im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessensabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt (vgl. dazu Chvosta, "Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 MRK", ÖJZ 2007, 852ff). In diesem Zusammenhang kommt gerade dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu.
Bezogen auf den nunmehr gestellten Antrag auf internationalen Schutz befindet sich der Beschwerdeführer im sechsten Jahr im österreichischen Bundesgebiet. Richtig ist zwar, dass dieser legale Aufenthalt lediglich auf die Stellung eines letztlich zurückgezogenen Antrags auf internationalen Schutz zurückzuführen ist, jedoch ist in diesem Zusammenhang darauf zu verweisen, dass die Dauer dieses Asylverfahrens nicht vom Beschwerdeführer zu vertreten ist, noch ist im Verfahren hervorgekommen, dass der BF bewusst, d.h. mit einem unwahren Fluchtvorbringen, einen von vornhinein unbegründeten Antrag gestellt hat.
Der Beschwerdeführer hat seine Aufenthaltsdauer auch nicht durch wiederholte Stellung unbegründeter Asylanträge zu verlängern versucht (vgl. auch VwGH 05.10.2017, Ra 2017/21/0033), sondern war sein einzige Verfahren auf internationalen Schutz seit Dezember 2014 anhängig, ohne dass den Beschwerdeführern diese lange Verfahrensdauer zu Last gelegt werden kann
Der BF hat in Österreich kein Familienleben, es war jedoch die privaten Bindungen des BF in Österreich zu würdigen. So hat der Beschwerdeführer den Aufenthalt in Österreich intensiv zur Integration sowohl in sprachlicher, gesellschaftlicher und beruflicher Hinsicht genutzt. In dieser Zeit entwickelte der BF ein schützenswertes Privatleben in Österreich, von welchem sich das erkennende Gericht insbesondere im Rahmen der abgehaltenen mündlichen Verhandlung zu überzeugen vermochte.
Er hat nicht nur mehrere Deutschkurse (bis zum Niveau B2) besucht, auch hat er den Pflichtschulabschluss in Österreich absolviert und hat mehrere ehrenamtliche Tätigkeiten durchgehend über einen Zeitraum von mehr als drei Jahren vollbracht, er spricht schon sehr gut Deutsch (wovon sich der zur Entscheidung berufene Einzelrichter im Rahmen der Beschwerdeverhandlung überzeugen konnte), verfügt über österreichische Freunde und lebt nach der österreichischen Kultur und Tradition.
Der BF verfügt über zwei Einstellungszusage für die berufliche Tätigkeit und konnte im Rahmen der mündlichen Verhandlung zudem glaubhaft darlegen, künftig weitere Integrationsschritte setzen zu wollen. Überzeugend war auch hier wiederum, dass der BF sich nicht durch äußerlichen Widrigkeiten (kein Fahrzeug, keine Berufsbeschäftigung) davon abzubringen, selbständig ein Leben zu führen. Dass der BF noch nicht selbsterhaltungsfähig ist kann ihm aufgrund der gesetzlichen Lage nicht zur Last gelegt werden. Er konnte glaubhaft darlegen, so schnell wie möglich Selbsterhaltungsfähig zu sein und nicht von der Grundversorgung oder sonstigen Sozialleistungen abhängig zu sein. Seine Selbständigkeit konnte auch von den Empfehlungsschreiben bestätigt werden.
Der BF nimmt intensiv am sozialen Leben in seinem Umfeld teil und wird von seinen Mitmenschen sehr geschätzt, wie in den zahlreich vorgelegten Unterstützungsschreiben hervorgehoben wurde. Im Rahmen dieser Schreiben wird der BF als außerordentlich motiviert, engagiert und zuverlässig, freundlich und hilfsbereit beschrieben. Auch wird in diesen Schreiben betont, dass der BF große handwerkliche Fähigkeiten aufweist und sehr schnelle Fortschritte macht. Dieser Eindruck bestätigte sich auch im Zuge der mündlichen Verhandlung vor dem Bundeverwaltungsgericht, in welcher der BF neben seinen sprachlichen Fähigkeiten einen überaus positiven, engagierten und höflichen Gesamteindruck hinterließ.
Festzuhalten ist auch, dass der BF über die gesamte Zeit hindurch unbescholten geblieben und strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten ist, wobei die strafgerichtliche Unbescholtenheit allein die persönlichen Interessen eines Fremden am Verbleib in Österreich gemäß der verwaltungsgerichtlichen Judikatur nicht entscheidend zu verstärken vermag (vgl. VwGH 25.02.2010, 2010/0018/0029).
Dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen kommt im Interesse des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) zwar grundsätzlich ein hoher Stellenwert zu (vgl. etwa VfGH vom 01.07.2009, U992/08 sowie VwGH vom 17.12.2007, Zl. 2006/01/0216; vom 26.06.2007, Zl. 2007/01/0479; vom 16.01.2007, Zl. 2006/18/0453; vom 08.11.2006, Zl. 2006/18/0336 bzw. 2006/18/0316; vom 22.06.2006, Zl. 2006/21/0109 und vom 20.09.2006, Zl. 2005/01/0699), im gegenständlichen Fall überwiegen aber aufgrund der dargestellten exzeptionellen Umstände in einer Gesamtabwägung dennoch die privaten Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich das öffentliche Interesse an einer Aufenthaltsbeendigung, für die sich in der vorliegenden Konstellation keine begründete Rechtfertigung erkennen lässt (vgl. VfSlg. 17.457/2005 sowie VwGH vom 26.03.2007, Zl. 2006/01/0595 und vom 22.02.2005, Zl. 2003/21/0096). Die vom Bundesamt im angefochtenen Bescheid verfügte Rückkehrentscheidung ist angesichts der vorliegenden Bindungen unverhältnismäßig im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK.
Aus all den dargelegten Umständen ergibt sich unzweifelhaft, dass der BF zahlreiche der oben angeführten Kriterien, die bei der Abwägung der betroffenen Interessen maßgeblich zu berücksichtigen sind, erfüllt und diese besonders intensiven privaten Interessen auch die öffentlichen Interessen an der Beendigung des Aufenthalts in Österreich überwiegen. So hat der BF auch selbst gezeigt, dass er um eine möglichst umfassende und letztlich auf Dauer angelegte persönliche Integration in Österreich bemüht war. Weiters ist auch ein Interesse des BF am Verbleib in Österreich gegeben, da er im Herkunftsstaat keine familiären Bindungen mehr hat und dort über kein soziales oder familiäres Netzwerk verfügt. Eine Bindung an den Herkunftsstaat liegt nicht vor.
Berücksichtigt man all diese Aspekte, so überwiegen im Rahmen einer Gesamtbetrachtung im gegenwärtigen Entscheidungszeitpunkt die aus den erwähnten Umständen in ihrer Gesamtheit erwachsenden privaten Interessen des BF am Verbleib im österreichischen Bundesgebiet und an der Fortführung seines bestehenden Privatlebens in Österreich die öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung zugunsten eines geordneten Fremdenwesens. Eine Rückkehrentscheidung gegen den BF würde sich daher zum maßgeblichen aktuellen Entscheidungszeitpunkt als unverhältnismäßig im Sinne von Art. 8 Abs. 2 EMRK erweisen.
Das Bundesverwaltungsgericht geht davon aus, dass die drohende Verletzung des Privatlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend, sondern auf Dauer sind. Es war daher gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG auszusprechen, dass die Rückkehrentscheidung gegen den BF auf Dauer unzulässig ist, auch wenn dem BF bewusst war, dass der bisherige Aufenthalt aufgrund eines Antrages auf internationalen Schutz erfolgte und daher nur vorübergehende berechtigt war. Dass der Antrag auf unwahre Angaben zur Fluchtgeschichte erfolgte und daher missbräuchlich war konnte nicht festgestellt werden.
Gemäß dem (mit 01.10.2017 in Kraft getretenen) § 55 Abs. AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn
1. dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und
2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. I Nr. 189/1955) erreicht wird.
Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist gemäß Abs. 2 leg. cit. eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen.
Das Modul 1 der Integrationsvereinbarung ist gemäß § 9 IntG erfüllt, wenn der Drittstaatsangehörige einen Nachweis des Österreichischen Integrationsfonds über die erfolgreiche Absolvierung der Integrationsprüfung gemäß § 11 vorlegt (Z1), einen gleichwertigen Nachweis gemäß § 11 Abs. 4 über die erfolgreiche Absolvierung der Integrationsprüfung vorlegt (Z2), über einen Schulabschluss verfügt, der der allgemeinen Universitätsreife im Sinne des § 64 Abs. 1 Universitätsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 120/2002, oder einem Abschluss einer berufsbildenden mittleren Schule entspricht (Z3), einen Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rot - Karte" gemäß § 41 Abs. 1 oder 2 NAG besitzt (Z4) oder als Inhaber eines Aufenthaltstitels "Niederlassungsbewilligung - Künstler" gemäß § 43a NAG eine künstlerische Tätigkeit in einer der unter § 2 Abs. 1 Z 1 bis 3 Kunstförderungsgesetz, BGBl. I Nr. 146/1988, genannten Kunstsparte ausübt; bei Zweifeln über das Vorliegen einer solchen Tätigkeit ist eine diesbezügliche Stellungnahme des zuständigen Bundesministers einzuholen.
§ 11 Abs. 2 Integrationsgesetz lautet:
"(2) Die Prüfung umfasst Sprach- und Werteinhalte. Mit der Prüfung ist festzustellen, ob der Drittstaatsangehörige über vertiefte elementare Kenntnisse der deutschen Sprache zur Kommunikation und zum Lesen und Schreiben von Texten des Alltags auf dem Sprachniveau A2 gemäß dem Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen und über Kenntnisse der grundlegenden Werte der Rechts- und Gesellschaftsordnung der Republik Österreich verfügt. Der Prüfungserfolg ist mit "Bestanden" oder "Nicht bestanden" zu beurteilen. Zur erfolgreichen Absolvierung der Prüfung muss sowohl das Wissen über Sprach- sowie über Werteinhalte nachgewiesen werden. Wiederholungen von nicht bestandenen Prüfungen sind zulässig. Die Wiederholung von einzelnen Prüfungsinhalten ist nicht zulässig."
Da die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 Abs. 1 AsylG 2005 im Falle des Beschwerdeführers in Folge des Ausspruches der dauerhaften Unzulässigkeit einer diesen betreffenden Rückkehrentscheidung und der Vorlage des Zertifikats B1 (und damit auch die Voraussetzungen nach § 55 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005) gegeben sind, war dem Beschwerdeführer der Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung plus" zu gewähren und spruchgemäß zu entscheiden. Der Aufenthaltstitel gilt gemäß § 54 Abs. 2 AsylG 2005 zwölf Monate lang, beginnend mit dem Ausstellungsdatum.
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat dem Antragsteller den Aufenthaltstitel gemäß § 58 Abs. 7 AsylG 2005 auszufolgen, der Antragsteller hat hieran gemäß § 58 Abs. 11 AsylG 2005 mitzuwirken. Der Aufenthaltstitel gilt gemäß § 54 Abs. 2 AsylG 2005 zwölf Monate lang, beginnend mit dem Ausstellungsdatum.
Zu Spruchteil B):
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Im vorliegenden Fall ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Wie der rechtlichen Beurteilung zu entnehmen ist, weicht die gegenständliche Entscheidung weder von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es zu irgendeinem Aspekt des gegenständlichen Falles an einer Rechtsprechung (vgl. VwGH 26.11.2018, Ra 2018/20/0498; VwGH vom 13.12.2018, Ra 2018/18/0260); weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden, noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.
Schlagworte
Aufenthaltsberechtigung plus, Aufenthaltsdauer, Deutschkenntnisse,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W272.2129466.1.01Zuletzt aktualisiert am
26.05.2020