Entscheidungsdatum
16.03.2020Norm
AsylG 2005 §10Spruch
W195 2153392-2/9E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Vizepräsidenten Dr. Michael SACHS als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX StA. Bangladesch, vertreten durch die XXXX gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.06.2019, XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 13.03.2020 zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
I.1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), ein Staatsangehöriger von Bangladesch, stellte am 30.05.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Im Rahmen einer am 31.05.2014 vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes erfolgten niederschriftlichen Erstbefragung gab der BF zu seinen Fluchtgründen an, er sei Parteimitglied und Sekretär der Bangladesh Nationalist Party (im Folgenden: BNP) gewesen. Vor ca. einem Jahr sei gegen den BF von den Leuten der Awami League (im Folgenden: AL) Strafanzeige erstattet worden. Der BF solle randaliert und einen Raubüberfall begangen haben. Die Polizei sei beim BF gewesen, aber er sei nicht zuhause gewesen. Vor ca. sechs Monaten hätten ihn die Leute der AL erwischt und zusammengeschlagen. Der BF sei halbtot und danach sehr lange im Spital gewesen. Diese Leute hätten ihn töten wollen. Der BF habe dann sein Geschäft geschlossen, er habe nicht mehr arbeiten gehen können. Die Polizei sei nicht sehr hilfsbereit, sie hätte gegen diese Leute nichts unternommen. Da der BF Angst um sein Leben gehabt habe, habe er beschlossen, das Land zu verlassen und zu fliehen. Das sei sein einziger Fluchtgrund.
I.2. Am 29.07.2016 wurde der BF vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) niederschriftlich einvernommen.
Dabei aufgefordert, seine persönlichen Fluchtgründe darzulegen, führte der BF aus, wegen politischer Probleme Bangladesch verlassen zu haben. Er sei bei der BNP-Partei tätig gewesen. Er sei von Mitgliedern der AL unterdrückt und bedroht worden. Mitglieder der AL hätten sein Geschäft zerstört, als die AL an die Macht gekommen sei. Das sei im Mai 2009 gewesen. 2009 hätten die Wähler die AL gewählt. Deswegen sei im Jahr 2009 die AL an die Macht, in die Regierung gekommen. Dem BF wurden Fragen zu den Wahlen in Bangladesch gestellt: "F: Wann waren die letzten Wahlen in Bangladesch? A: Im Jahr 2006. F: Im Jahr 2006 waren die letzten Wahlen in Bangladesch?
A: Im Jahr 2011. F: Wer gewann die Wahlen im Jahr 2011? A: Die Awami
League. F: Vorhin erzählten Sie, dass Ihr Geschäft von Mitgliedern der Awami League zerstört worden wäre, als diese 2009 an die Macht kamen. Jetzt erzählen Sie, dass die Wahlen 2011 waren, als die Awami
League an die Macht kam. Möchten Sie sich dazu äußern A: Nein. Im Jahr 2006 ist die Awami League an die Macht gekommen. F: Warum wäre ihr Geschäft dann im Jahr 2009 zerstört worden? A: Von 2006 bis 2009 hat mir die Awami League immer wieder verboten an Sitzungen der BNP teilzunehmen, oder an Demonstrationen teilzunehmen."
Der BF sei Präsident der Schüler der BNP, Präsident einer der Sektionen der BNP gewesen. Der BF sei Mitglied bei der BNP, aber er habe alle diese Papiere zuhause. Vielleicht könne sie nachbringen. Befragt, warum sich der BF in der Zeit seines Aufenthalts in Österreich von zwei Jahren keine diesbezüglichen Schriftstücke habe schicken lassen, gab er an, das Büro der BNP sei nicht oft besetzt. Er habe es bis jetzt nicht geschafft, sich etwas schicken zu lassen.
Zu seiner Position in der BNP und den Angriffen befragt, machte der BF folgende Angaben: "F: Wenn Sie eine so wichtige Persönlichkeit innerhalb der BNP wären bzw. gewesen wären, müsste man in diesem Fall nicht Ihren Namen im Internetsuchdienst GOOGLE mit der BNP in Verbindung bringen können. Dies ist nämlich nicht der Fall. Möchten Sie sich dazu äußern? A: In meinem Dorf bin ich sehr bekannt. F:
Warum hätten Mitglieder der Awami League 2009 Ihr Geschäft zerstören sollen? A: Weil Mitglieder der BNP nicht an Demonstrationen und Versammlungen der BNP teilnehmen dürfen. F: Das erklärt nicht, warum 2009 Ihr Geschäft zerstört wurde. Möchten Sie sich dazu äußern? A:
Dort wo ich wohnte, hatte niemand von der BNP bleiben sollen, deswegen haben sie mein Geschäft zerstört. F: Warum sind Sie nicht innerhalb von Bangladesch verzogen? A: Wohin soll ich gehen? Ich kann nicht woanders leben."
Auf Vorhalt, dass die vom BF geschilderten Vorfälle im Jahr 2009 gewesen seien, er aber erst 2014 das Land verlassen habe, führte er aus, er sei im Jänner 2014 von Mitgliedern der AL geschlagen worden. Er sei bei der Polizei gewesen, aber in Bangladesch nehme die Polizei nur Anzeigen von berühmten Persönlichkeiten entgegen. Er habe in der Folge Bangladesch verlassen, um sein Leben zu retten.
Im Falle einer Rückkehr würde dem BF der Tod drohen. Ein innerstaatliches Ausweichen sei dem BF nicht möglich, weil ganz Bangladesch unsicher sei.
I.3. Mit Bescheid vom 28.03.2017, XXXX , wies das BFA den Antrag des BF auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Bangladesch (Spruchpunkt II.) ab. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 wurde dem BF nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Darüber hinaus wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung nach Bangladesch gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III.) und ausgesprochen, dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt IV.).
I.4. In Erledigung einer dagegen erhobenen Beschwerde wurde dieser Bescheid mit Beschluss des BVwG vom 06.04.2018, XXXX , behoben und die Angelegenheit gem. § 28 Abs. 3 VwGVG an das BFA zurückverwiesen. Dieser Beschluss wurde insbesondere damit begründet, dass es das BFA unterlassen habe, Übersetzungen von vom BF vorgelegten Dokumenten zu veranlassen und sich mit der Echtheit und dem Inhalt der vorgelegten Bescheinigungsmittel in gehöriger Weise auseinanderzusetzen.
I.5. Am 12.06.2018 wurde der BF neuerlich vor dem BFA niederschriftlich einvernommen. Dabei wurde er zunächst allgemein zur BNP befragt. Sodann gab er zu seiner Position innerhalb der Partei an, arme Leute unterstützt zu haben. Er sei einfaches Parteimitglied gewesen, er sei immer dabei gewesen. Was nach den Parlamentswahlen im Jahre 2008 mit seiner Partei geschehen sei, wisse er nicht. Befragt, was am fünften Parteitag der BNP 2009 beschlossen worden sei, führte der BF folgendes aus (Zeichensetzung im Original): ".....Die Awami Liga hat Fahrzeuge zerstört.... Sie haben uns mit dem Umbringen bedroht.... Anm: die Frage wird wiederholt. Ich kann dazu nichts sagen. Ich weiß es nicht." Die Adresse des Hauptquartiers der Partei wisse der BF nicht. Er sei im Monat drei- bis viermal dort gewesen.
Solange die AL an der Macht sei, habe der BF Angst um sein Leben. Wenn sie weg sei, könne der BF nachhause gehen.
Der BF habe in Bangladesch ein Geschäft für Baustoffe betrieben. Die AL habe es im Jahr 2009 zerstört. Danach habe er es nicht mehr aufgebaut.
I.6. Das BFA führte vom BF vorgelegte bengalische Dokumente einer Übersetzung zu, welche mit E-Mail vom 29.03.2019 dem BFA übermittelt.
I.7. Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid vom 06.07.2018, XXXX wies das BFA den Antrag des BF auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Bangladesch (Spruchpunkt II.) ab. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 wurde dem BF nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Darüber hinaus wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung nach Bangladesch gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.) und ausgesprochen, dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt VI.).
Die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz bezüglich des Status eines Asylberechtigten begründete das BFA im Wesentlichen damit, dass der BF eine Verfolgung in Bangladesch nicht habe glaubhaft machen können, weswegen dem BF nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit die Gefahr, aus den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen verfolgt zu werden, drohe. Unter Berücksichtigung der individuellen (persönlichen) Umstände des BF sei nicht davon auszugehen, dass der BF im Falle einer Rückkehr in sein Heimatland in eine ausweglose Situation gerate, weswegen auch keine Anhaltspunkte für die Gewährung subsidiären Schutzes vorliegen würden. Ebenso wenig lägen Anhaltspunkte für die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" vor und zudem würden die öffentlichen Interessen an einem geordneten Vollzug des Fremdenwesens gegenüber den privaten Interessen des BF an einem Verbleib im Bundesgebiet überwiegen, weswegen eine Rückkehrentscheidung zu erlassen sei. Die Abschiebung des BF sei als zulässig zu bewerten.
I.8. Mit Schriftsatz vom 29.07.2019 wurde dieser Bescheid des BFA seitens des - durch die Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH vertretenen - BF wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung und Verletzung von Verfahrensvorschriften zur Gänze angefochten.
Nach Wiedergabe des bisherigen Verfahrensverlaufes und einer Darstellung der behaupteten Fluchtgründe - und neben weitwendiger Zitierung von Länderberichten, deren Verfahrensrelevanz die Beschwerde dahinstehen lässt - wurde dabei zusammengefasst begründend ausgeführt, der BF sei nur oberflächlich befragt worden und das BFA sei seiner amtswegigen Ermittlungspflicht nicht nachgekommen. Das BFA habe die ihm durch das Bundesverwaltungsgericht aufgetragenen Ermittlungen nicht gehörig nachgeholt und die Einvernahme des BF liege bereits ein Jahr zurück. Der BF sei zu seinem Privat- und Familienleben in Österreich überhaupt nicht befragt worden. Die Beweiswürdigung des BFA sei mangelhaft, woraus eine näher begründete inhaltliche Rechtswidrigkeit resultiere.
Es wurden die Anträge gestellt, den angefochtenen Bescheid zur Gänze zu beheben und dem BF Asyl zu gewähren, in eventu, den bekämpften Bescheid zur Gänze zu beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Durchführung des Verfahrens an das BFA zurückzuverweisen, für den Fall der Abweisung des obigen Beschwerdeantrags feststellen, dass dem BF der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat zukomme, in eventu, festzustellen, dass die Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig sei sowie eine mündliche Verhandlung durchzuführen.
I.6. Mit Schreiben vom 01.08.2019 legte das BFA die Beschwerde und die Akten des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.
I.7. Mit Schreiben vom 21.02.2020 wurde zur Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht geladen und damit dem BF auch das aktuelle Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Bangladesch zur allfälligen Stellungnahme bis längstens im Rahmen der für den 13.03.2020 angesetzten mündlichen Beschwerdeverhandlung, übermittelt.
I.9. Am 13.03.2020 führte das Bundesverwaltungsgericht in Anwesenheit eines Dolmetschers für die Sprache Bengali und des ausgewiesenen Rechtsvertreters des BF eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung durch, im Zuge derer der BF ausführlich u.a. zu seinen Fluchtgründen, seinen Rückkehrbefürchtungen, seinen Familienverhältnissen und seinen Lebensverhältnissen in Österreich befragt wurde.
Der BF ist - grundsätzlich - gesund, hat jedoch manchmal Schmerzen in der Brust in Folge von behaupteten Schlägen und würde er dagegen Medikamente, welche ihm der Hausarzt verschreiben würde, nehmen.
Der BF hat eine Familie in Bangladesch, mit der er täglich Kontakt habe. Seine Familie bestehe aus seiner Ehefrau und seinen zwei Kindern, welche er auch sehr vermisse. Darüber hinaus habe auch noch Verwandte in Bangladesch. Er finanziere seine Familie mit Teilen aus dem Geld, welches er vom Staat erhalte, und von seinen Arbeitseinkünften.
Es war in der Verhandlung vor dem BF, welcher sich seit 2014 in Österreich aufhält, faktisch sehr schwer möglich, eine Konversation in deutscher Sprache zu führen. Der Sprachwortschatz ist sehr begrenzt und die Antworten erfolgten, so ferne sie überhaupt kamen, nicht in vollen Sätzen.
Der BF arbeitet derzeit Gelegenheitsjobs, etwa bei der Caritas oder der Stadt XXXX . Er erhalte von der Caritas 320 Euro, von der Stadt Graz 375 Euro und über Prospektarbeit an die 150 oder 160 Euro pro Monat.
Er habe sehr engen Kontakt zu einer Familie in Österreich, deren Familienvater schon vor 30 Jahren von Bangladesch nach Österreich gekommen sei. Er sei dort mehrere Tage pro Woche. Dieser Freund wurde auch als Zeuge vor dem BVwG benannt.
Bei Befragung dieses Zeugen bestätigte der Zeuge, dass der BF ein sehr netter, freundlicher und hilfsbereiter Mensch sei. Auch wenn er schwer Deutsch lerne, so würde der BF dies durch seine soziale Kompetenz ausgleichen. Allerdings musste auch der Zeuge eingestehen, dass die Konversation mit dem BF nicht in deutscher Sprache, sondern in Bengali erfolge.
Zum Fluchtgrund befragt führte der BF aus, dass seit dem Regierungswechsel in Bangladesch im Jahre 2009 Mitglieder der BNP, zu denen er auch gehöre, verfolgt werden. Er habe sein Geschäft verloren und habe sich 2014 entschlossen, Bangladesch zu verlassen. Er sei dann über Indien und Russland bis nach Österreich geflohen.
Der BF berichtete in der Verhandlung vor dem BVwG, dass man ihn verfolgt habe. Nähere Details dazu führte er nicht aus und gab er auch keinen konkreten Anlassfall für seine Flucht an, außer die allgemeine Aussage, dass die BNP-Mitglieder ab 2014 noch stärker verfolgt worden seien und er zwischen 2009 und 2014 innerhalb Bangladeschs auf der Flucht gewesen sei.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
II.1. Feststellungen:
II.1.1. Zur Person des BF, seinen Familienverhältnissen und seinen
Lebensumständen in Österreich:
Der volljährige BF ist Staatsangehöriger von Bangladesch, gehört der Volksgruppe der Bengalen an und ist moslemischen Bekenntnisses. Seine Muttersprache ist Bengali (Angaben in der Erstbefragung AS 5).
Der BF ist im Ort XXXX geboren und war bis 2014 in Bangladesch. Er hat in seinem Heimatland für zehn Jahre die Schule besucht (AS 5) und in Bangladesch ein Geschäft betrieben (AS 40).
Der BF ist seit 2006 verheiratet und hat eine Tochter und einen Sohn (AS 39). Seine Frau hält sich mit den Kindern bei den Schwiegereltern des BF auf (AS 42 ff.). Zwischen dem BF und seinen Verwandten besteht aufrechter, täglicher Kontakt. Der BF vermisst sehr seine Familie.
Der BF ist im Mai 2014 nicht legal in das Bundesgebiet eingereist. Er ist in die staatliche Grundversorgung einbezogen. Der BF arbeitet zehn Tage im Monat für die Caritas, wofür er € 375,- ins Verdienen bringt (AS 275), auch hat er für die XXXX . gearbeitet (AS 297 ff.) und macht auch Arbeiten für die Stadt XXXX .
Der BF ist Mitglied im Verein " XXXX " (AS 280, 285).
Es besteht weder eine Lebensgemeinschaft des BF in Österreich noch gibt es in Österreich geborene Kinder des BF.
Der BF verfügt über sehr geringe Deutschkenntnisse. Deutschkursbesuchsbestätigungen liegen im Akt (AS 281 ff.), entsprechende erfolgreiche Zertifikate konnte der BF jedoch nicht vorweisen. Tatsächlich sind die Deutschkenntnisse des BF als unzureichend zu qualifizieren und musste der BF auch zugeben, dass er mit der (teilweise aus Bangladesch stammenden) Familie, mit der er am meisten in Österreich Kontakt habe, sich nur überwiegend auf Bengali unterhalte. Er ist strafrechtlich unbescholten.
Der BF ist gesund, obgleich er manchmal Schmerzen im Brustbereich hat und vom Hausarzt dagegen Medikamente verschrieben bekommen hat.
I.1.2. Zum Fluchtvorbringen des BF:
Der BF hat in der Verhandlung vor dem BVwG keine Glaubwürdigkeit mit seinem Fluchtvorbringen erlangt. Der BF konnte nicht darlegen, weshalb sein Geschäft 2009 von Vertretern der Awami League zerstört worden sei, er konnte auch seine Fluchtbewegung nicht genau darlegen und hat auch nicht ausgeführt, welche Rolle er innerhalb der BNP tatsächlich innehatte, und er deshalb von staatlichen Akteuren belangt und verfolgt werde.
Es kann daher eine konkrete Verfolgung des BF in Bangladesch nicht festgestellt werden. Es kann nicht festgestellt werden, dass der BF Mitglied oder gar Funktionär der BNP war. Es kann nicht festgestellt werden, dass der BF Bedrohungen und/oder Verfolgungshandlungen seitens der AL ausgesetzt war. Es kann nicht festgestellt werden, dass gegen den BF eine Strafanzeige wegen Vandalismus oder einem Raubüberfall erstattet worden wäre. Es kann nicht festgestellt werden, dass der BF Opfer einer Prügelattacke wurde und deshalb im Krankenhaus gelegen wäre. Es kann nicht festgestellt werden, dass Anhänger der AL das Geschäft des BF zerstört hätten. Es kann nicht festgestellt werden, dass dem BF im Falle einer Rückkehr der Tod droht. Dem BF steht eine Niederlassung in anderen Landesteilen Bangladeschs offen um allfälligen Behelligungen zu entgehen.
II.1.3. Zur maßgeblichen Lage in Bangladesch:
Politische Lage:
Bangladesch - offizielle Bezeichnung Volksrepublik Bangladesch (People' s Republic of Bangladesh / Ga?aprajatantri Ba?lades) ist seit 1991 eine parlamentarische Demokratie (GIZ 12.2018a). Das Land befindet sich größtenteils in der Deltaebene, die durch die Mündung der Flüsse Ganges und Brahmaputra in den Golf von Bengalen (Indischer Ozean) gebildet wird. Nachbarstaaten sind Indien (Westen, Norden und Osten) und Myanmar (Südosten). Die Hauptstadt ist Dhaka (ca. 20 Millionen Einwohner). Auf einer Fläche von ca. 148.000 km² (CIA 21.2.2019) leben etwa 159 bis 165 Millionen Einwohner (CIA 21.2.2019; vgl. GIZ 1.2019, AA 12.2018a). Bangladesch ist mit 1.127 Einwohnern pro Quadratkilometer der am dichtest besiedelte Flächenstaat der Welt (zum Vergleich: Österreich 104 Einwohner pro km²) (WPR o.D.; vgl. AA 12.2018a).
Das Staatsoberhaupt ist der Präsident, der vom Parlament alle fünf Jahre gewählt wird. Eine einmalige Wiederwahl ist möglich. Er übt größtenteils zeremonielle Funktionen aus, während die Macht in den Händen des Premierministers als Regierungschef liegt. Dieser wird von der stärksten im Parlament vertretenen Partei nominiert und vom Präsidenten formell ernannt. Der Premierminister ernennt die Regierungsmitglieder, die vom Präsidenten bestätigt werden. Nach Ende der fünfjährigen Legislaturperiode bildet der Präsident unter seiner Führung eine unabhängige Übergangsregierung, deren verfassungsmäßige Aufgabe es ist, innerhalb von 90 Tagen die Voraussetzungen für Neuwahlen zu schaffen (ÖB 12.2018; vgl. GIZ 12.2018a). Zusätzlich obliegt dem Premierminister die Kontrolle der Geheimdienste, der Streitkräfte und der paramilitärischen Einheiten (GIZ 12.2018a).
Das Parlament (National Parliament oder Jatiya Sangsad) besteht aus einer Kammer mit 300, in Einzelwahlkreisen auf fünf Jahre direkt gewählten, Abgeordneten (ÖB 12.2018) mit zusätzlichen 50 Sitzen, die nur für Frauen reserviert sind (AA 27.10.2017; vgl. GIZ 12.2018). Diese werden nicht direkt durch eine Wahl vergeben, sondern die Parteien, die es ins Parlament schaffen, nominiert (GIZ 12.2018a). Das Parlament tagt nicht während der Amtszeit der Übergangsregierung. Das Mehrheitswahlrecht führt zu stabilen Mehrheiten im Parlament und hat die Herausbildung der Bangladesch Nationalist Party (BNP) und der Awami League (AL) als dominierende und konkurrierende Parteien begünstigt. Während die konservative BNP Verbündete bei den islamistischen Parteien wie der Jamaat-e-Islami (JI) hat, bekommt die AL traditionell Unterstützung von linken und säkularen Parteien, wie der Arbeiterpartei, der liberaldemokratischen Partei, der national-sozialen Partei Jatiyo Samajtantrik Dal und jüngst auch von der Jatiya Partei, unter dem ehemaligen Militärdiktator Hossain Mohammad Ershad (ÖB 12.2018).
Das politische Leben wird seit 1991 durch die beiden größten Parteien, die "Awami League" (AL) und "Bangladesh Nationalist Party" (BNP) bestimmt. Klientelismus und Korruption sind weit verbreitet. Gewerkschaften, Studentenorganisationen, Polizei und Verwaltung sind parteipolitisch durchdrungen (AA 12.2018). Beide Parteien haben keine demokratische interne Struktur und werden von Familien geführt, die Bangladesch seit der Unabhängigkeit geprägt haben (FH 1.2018).
Seit 2009 ist Sheikh Hasina von der Awami League (AL) Premierministerin (GIZ 12.2018a; vgl. ÖB 12.2018). Im Jänner 2019 wurde Sheikh Hasina für ihre vierte Amtszeit, die dritte Amtszeit in Folge, als Premierministerin angelobt. Im Februar 2019 gab sie bekannt, dass sie nach dieser Amtszeit an die "junge Generation" übergeben wolle (DW 14.2.2019).
Bei den elften bangladeschischen Parlamentswahlen vom 30.12.2018 erzielte die "Große Allianz" um die regierende AL einen Erdrutschsieg mit 96 % der Stimmen und 289 der 300 zur Wahl stehenden Parlamentssitze (Guardian 30.12.2018; vgl. BN24 31.12.2018, DT 27.1.2019, DS 10.1.2019), wobei in zwei Wahlkreisen aufgrund von Gewalt (DS 10.1.2019) bzw. dem Tod eines Kandidaten Nachwahlen notwendig waren (DT 27.1.2019).
Es gibt Berichte über Wahlmanipulation. Die Opposition verurteilte die Wahl als "Farce" und fordert die Annullierung des Ergebnisses und Neuwahlen. Die Regierungspartei weist die Manipulationsvorwürfe und Neuwahlforderungen zurück und nennt die Wahl "völlig frei und unabhängig" (BBC 31.12.2018). In einer vorläufigen Bewertung erklärten Wahlbeobachter der SAARC (South Asian Association for Regional Cooperation), dass die Wahl "viel freier und fairer" ablief als die vorherigen (Hindu 1.1.2019). Bereits im Vorfeld der Wahl kam es zu Gewalt zwischen rivalisierenden Anhängern und zu harten Vorgehen der Regierung (BBC 31.12.2018; vgl. Hindu 1.1.2019). Von Oktober bis Anfang Dezember 2018 fanden wiederholt Fälle willkürlicher Verhaftungen und Inhaftierungen von Demonstranten und politischen Oppositionellen sowie von Gewalttaten und Einschüchterungen durch Mitglieder der Studenten- und Jugendabteilung der Regierungspartei statt. (HRW 13.12.2018). Am Wahltag waren rund 600.000 Sicherheitskräfte, darunter Armee und paramilitärische Truppen, im Einsatz, um die Gewalt einzudämmen (Guardian 30.12.2018). Am Wahltag wurden mindestens 17 Menschen bei Zusammenstößen zwischen Anhängern der regierenden Partei und der Opposition getötet (Reuters 1.1.2019).
2014 trat die BNP aus Protest gegen Verfahrensfehler bei der Organisation der Wahlen nicht zur Wahl an und forderte die Bevölkerung, ihre eigenen Parteimitglieder und Wähler zu einem Generalstreik (Hartal) auf. Eine der wichtigsten BNP-Vertreter der Opposition war und ist die ehemalige Premierministerin und amtierende BNP-Parteivorsitzende Khaleda Zia. Sie wurde im Februar 2018 wegen Veruntreuung zu einer Haftstrafe von fünf Jahren verurteilt (GIZ 12.2018a) und durfte bei den Parlamentswahlen am 30.12.2018 nicht als Kandidatin antreten (DT 8.12.2018). Die oppositionelle BNP hat aufgrund ihrer starken gesellschaftlichen Verankerung das Potential, durch Generalstreiks großen außerparlamentarischen Druck zu erzeugen (GIZ 12.2018a).
Infolge der Dominanz der AL und der fehlenden innerparteiischen Demokratie hat de facto die exekutive Spitze das ausschließliche Sagen bei Gesetzesentwürfen. Wie schon die Vorgängerregierungen baut auch die gegenwärtige AL-Regierung ihre Netzwerke in Verwaltung, Rechtswesen und Militär aus. Verschärfend kommt hinzu, dass die BNP als vormals größte Oppositionspartei nach ihrem Wahlboykott am 5.1.2014 überhaupt nicht mehr im Parlament vertreten war (GIZ 12.2018a) und bei den Parlamentswahlen am 30.12.2018 nur sechs Mandate erzielen konnte (BI 31.12.2018; vgl. DS 10.1.2019).
Durch Verfassungsänderung von Juni 1988 wurde der Islam zur Staatsreligion erklärt, bei gleichzeitiger verfassungsrechtlicher Verankerung des Rechts auf friedliche Ausübung anderer Religionen. Auch Säkularismus ist Staatsprinzip und genießt Verfassungsrang (AA 27.10.2017). Die verfassungsändernde Mehrheit der AL im Parlament führt zu einer enormen Machtkonzentration. Gesetzesinitiativen schränken den Spielraum der Zivilgesellschaft weiter ein. Die derzeitige Regierung hat es sich zum Ziel gemacht, Verbrechen des Unabhängigkeitskrieges von 1971 juristisch aufzuarbeiten. Angeklagt sind damalige Kollaborateure der pakistanischen Streitkräfte, von denen viele bis zur letzten innerparteilichen Wahl in führenden Positionen der islamistischen JI waren. Die Prozesse und (häufig Todes-) Urteile öffnen alte Wunden und führen zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen säkularen und islamistischen Kräften (AA 12.2018).
Bei den am 30.12.2015 in 234 Stadtbezirken durchgeführten Kommunalwahlen in Bangladesch ist die regierende AL in 176 Bezirken als Siegerin hervorgegangen (NETZ 2.1.2016). Die kommenden Kommunalwahlen werden an fünf verschiedenen Wahltagen zwischen 10.3. und 18.6.2019 stattfinden (bdnews24 3.2.2019). Am ersten Wahltermin wurden in den 78 Upazilas eine geringe Wahlbeteiligung beobachtet. Die Wahl wird von der BNP und einigen anderen Parteien boykottiert (DS 10.3.2019).
Der Verwaltungsaufbau von Bangladesch ist zentralstaatlich: Das Land ist in acht Regionen (Divisions), 64 Bezirke (Districts), 501 Landkreise bzw. Großstädte (Upazilas / City Corporations), 4.876 Gemeindeverbände (Union Councils / Municipalities) und circa 87.000 Dorfgemeinden gegliedert (AA 12.2018; vgl. ÖB 12.2018). Im Gebiet der Chittagong Hill Tracts gilt eine besondere Verwaltung, die der lokalen (indigenen), nicht-bengalischen Bevölkerung verstärkte Mitwirkungsmöglichkeiten einräumen soll (ÖB 12.2018).
Quellen:
* AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (12.2018):
Bangladesch - Innenpolitik,
https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/bangladesch-node/-/206322, Zugriff 7.3.2019
* AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (27.10.2017):
Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Oktober 2017).
* BBC (31.12.2018): Bangladesh election: PM Sheikh Hasina wins landslide in disputed vote,
https://www.bbc.com/news/world-asia-46718393, Zugriff 7.3.2019
* bdnews24 (3.2.2019): 87 Upazila councils go to election on Mar 10 in first phase,
https://bdnews24.com/bangladesh/2019/02/03/87-upazila-councils-go-to-election-on-mar-10-in-first-phase, Zugriff 7.3.2019
* BI - Bangla Insider (31.12.2018): final results of 11th parliamentary elction of Bangladesh 2018, https://en.banglainsider.com/bangladesh/4469/FINAL-RESULTS-OF-11th-PARLIAMENTARY-ELECTION-OF-BANGLADESH-2018, Zugriff 3.1.2019
* BN24 - Bangla News 24 (31.12.2018): Grand alliance wins 288 seats, https://www.banglanews24.com/english/national/article/73191/Grand-alliance-wins-288-seats, Zugriff 7.3.2019
* DS - Daily Star, the (10.1.2019): BNP's Sattar bags B'baria-2, https://www.thedailystar.net/bangladesh-national-election-2018/bangladesh-re-election-3-centres-brahmanbaria-2-constituency-going-peacefully-1685053, Zugriff 11.3.2019
* DS - Daily Star, the (10.3.2019): First phase upazila polls end, counting starts,
https://www.thedailystar.net/country/news/election-78-upazilas-begins-1712992, Zugriff 11.3.2019
* DT - Dhaka Tribune (27.1.2019): Ruling party's Dr Younus Ali Sarker wins Gaibandha 3
by-polls,https://www.dhakatribune.com/bangladesh/election/2019/01/27/voting-in-gaibandha-3-by-polls-underway, Zugriff 11.3.2019
* DT - Dhaka Tribune (8.12.2018): EC rejects Khaleda Zia's candidature by majority decision, https://www.dhakatribune.com/bangladesh/election/2018/12/08/khaleda-zia-s-appeal-remains-pending, Zugriff 7.3.2019
* DW - Deutsche Welle (14.2.2019): Bangladesh PM Sheikh Hasina hints at last term as prime minister, https://www.dw.com/en/bangladesh-pm-sheikh-hasina-hints-at-last-term-as-prime-minister/a-47513555, Zugriff 7.3.2019
* FH - Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2018 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/1442339.html, Zugriff 28.2.2019
* GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (12.2018a): Bangladesch - Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/bangladesch/geschichte-staat/, Zugriff 7.3.2019
* GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (1.2019): Bangladesch - Überblick, https://www.liportal.de/bangladesch/ueberblick/, Zugriff 11.3.2019
* Guardian, The (30.12.2018): Bangladesh PM Hasina wins thumping victory in elections opposition reject as 'farcical', https://www.theguardian.com/world/2018/dec/30/bangladesh-election-polls-open-after-campaign-marred-by-violence, Zugriff 7.3.2019
* Hindu, The (1.1.2019): Hasina's triumph: on Bangladesh election results,
https://www.thehindu.com/opinion/editorial/hasinas-triumph/article25874907.ece, Zugriff 7.3.2019
* NETZ - Partnerschaft für Entwicklung und Gerechtigkeit e.V. (2.1.2016): Bangladesch Aktuell, http://bangladesch.org/bangladesch/aktuell/detailansicht/news/detail/News/kommunalwahlen/cHash/781fa29261a9302cfb84107680f22794.html, Zugriff 7.3.2019
* ÖB DEL - Österreichische Botschaft Neu Delhi (12.2018):
Asylländerbericht Bangladesch [Arbeitsversion].
* Reuters (1.1.2019): Western powers call for probe into Bangladesh election irregularities, violence, https://www.reuters.com/article/us-bangladesh-election/western-powers-call-for-probe-into-bangladesh-election-irregularities-violence-idUSKCN1OV1PK, Zugriff 7.3.2019
* RW - Human Rights Watch (13.12.2018): Bangladesh: Crackdown as Elections Loom, https://www.ecoi.net/de/dokument/1454483.html, Zugriff 7.3.2019
* WPR - World Population Review (o.D.): World Countries by Population Density 2019,
http://worldpopulationreview.com/countries/countries-by-density/. Zugriff 7.3.2019
Sicherheitslage:
Der Hass zwischen den politischen Parteien, insbesondere Awami League und die Bangladesch National Party, ist für den größten Teil an Gewalt im Land verantwortlich (ACLED 9.11.2018; vgl. FH 1.2018). Beide Parteien sind - gemeinsam mit unidentifizierten bewaffneten Gruppen - in Vandalismus und gewalttätige Auseinandersetzungen verwickelt und greifen auch friedliche Zivilisten an (ACLED 9.11.2018).
Von nichtstaatlichen Akteuren (insbesondere Opposition, Islamisten, Studenten) geht nach wie vor in vielen Fällen Gewalt aus. Die öffentliche Sicherheit ist fragil. Das staatliche Gewaltmonopol wird durchbrochen. Es kommt häufig zu Morden und gewalttätigen Auseinandersetzungen aufgrund politischer (auch innerparteilicher) oder krimineller Rivalitäten. Eine Aufklärung erfolgt selten. Politische Auseinandersetzungen werden von allen Lagern - mit einem teilweise massiven Aufgebot an Menschen und unter Rekrutierung von Studenten- und Jugendorganisationen - auf der Straße ausgetragen (AA 27.10.2017). Spontane Streiks und Kundgebungen können jederzeit stattfinden (BMEIA 14.12.2018; vgl. AA 25.2.2019), dabei können Kämpfe zwischen Sicherheitsbehörden und Demonstranten, Brandstiftung, Gewalt und Vandalismus unvorhergesehen auftreten (UKHO 28.2.2019).
Gewalt gegen Zivilisten oder staatliche Kräfte durch Rebellen macht einen relativ kleinen Anteil an allen Gewaltereignissen aus. Es gibt radikale islamistische Gruppen wie die Mujahideen Bangladesh (JMB) und Ansarullah Bangla Team (ABT). Sowohl der Islamische Staat (IS) und Al Qaeda in the Indian Subcontinent (AQIS) geben an, in Bangladesch aktiv zu sein, was von der Regierung jedoch dementiert wird (ACLED 9.11.2018). Im März 2017 kam es zu drei Selbstmordattentaten mit Todesfolge, zu denen sich der Islamische Staat bekannte (BMEIA 14.12.2018, vgl. USDOS 20.4.2018).
Extremistische Gruppen führen Angriffe auf Angehörige vulnerabler Gruppen durch (USDOS 20.4.2018; vgl. AI 22.2.2017; AA 27.10.2017). In vielen Fällen ist nicht eindeutig differenzierbar, ob religiöse Motive oder säkulare Interessen, wie z. B. Racheakte oder Landraub, Grund für die Vorfälle sind. In vielen Fällen wird den Sicherheitsbehörden vorgeworfen, nicht oder zu spät reagiert zu haben, vereinzelt sogar an Gewaltakten aktiv teilgenommen zu haben (AA 27.10.2017).
In der Division Chittagong, insbesondere im Gebiet der Chittagong Hill Tracts (Bezirke Rangamati, Khagrachari und Bandarban) kommt es zu bewaffneten Unruhen und kriminellen Übergriffen (BMEIA 14.12.2018; vgl. AA 25.2.2019; UKHO 28.2.2019). Im Juni 2017 griff eine aufgebrachte Menschenmenge indigene Bewohner der Stadt Langadu im Bezirk Rangamati Hill an und tötete dabei mindestens eine Person. Außerdem wurden Hunderte Häuser niedergebrannt. Berichten zufolge unternahmen Polizisten und Soldaten nichts, um die indigenen Bewohner zu schützen (AI 23.5.2018). Im südöstlichen Verwaltungsbezirk Cox's Bazar der Division Chittagong, hat es zuletzt in bzw. in der Nähe von Flüchtlingslagern vereinzelt gewalttätige Zwischenfälle gegeben. Am 21. Februar 2019 wurden dabei auch ausländische Journalisten angegriffen (AA 25.2.2019).
An der Grenze zu Indien kommt es gelegentlich zu Schusswechseln zwischen indischen und bangladeschischen Grenzwächtern. Regelmäßig werden Menschen getötet, die versuchen, illegal die Grenze zu überqueren (UKHO 28.2.2019).
In der Monsunzeit von Mitte Juni bis Mitte Oktober muss mit Überschwemmungen gerechnet werden, im südlichen Landesdrittel von Oktober bis November und Mitte April bis Mitte Mai grundsätzlich auch mit Wirbelstürmen (AA 25.2.2019). Regelmäßig wiederkehrende Überschwemmungen sowie die Erosion von Flussufern führen zu einer umfangreichen Binnenmigration (AA 27.10.2017). Die Kriminalität hat ist hoch, insbesondere Raubüberfälle (BMEIA 14.12.2018).
Quellen:
* AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (25.2.2019):
Bangladesch: Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/bangladesch-node/bangladeschsicherheit/206292, Zugriff 27.2.2019
* AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (27.10.2017):
Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Oktober 2017).
* ACLED - Armed Conflict Location & Event Data Project (9.11.2018):
The Anatomy of Violence in Bangladesh, https://www.acleddata.com/2018/11/09/the-anatomy-of-violence-in-bangladesh/, Zugriff 6.3.2019
* AI - Amnesty International (23.5.2018): Bangladesch 2017/18, https://www.amnesty.de/jahresbericht/2018/bangladesch, Zugriff 5.3.2019
* BMEIA - Bundesministerium Europa, Integration und Äußeres (14.12.2018): Bangladesch - Reiseinformation, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/bangladesch/, Zugriff 6.3.2019
* FH - Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2018 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/1442339.html, Zugriff 28.2.2019
* ÖB - Österreichische Botschaft Neu Delhi (12.2018):
Asylländerbericht Bangladesch [Arbeitsversion].
* UKHO - UK Home Office (28.2.2019): Foreign travel advice Bangladesh - Safety and security, https://www.gov.uk/foreign-travel-advice/bangladesh/safety-and-security, Zugriff 6.3.2019
* USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430114.html, Zugriff 27.2.2019
Rechtsschutz/Justizwesen:
Das Gerichtssystem besteht aus zwei Instanzen, den untergeordneten Gerichten (Magistrates, Session- und District Judges) und dem Obersten Gerichtshof. Beide verhandeln Zivil- und Strafrechtssachen. Das Rechtssystem beruht weitgehend auf dem englischen "Common Law". Der Oberste Gerichtshof besteht aus zwei Abteilungen, dem "High Court", der Verfassungsfragen verhandelt und als Berufungsinstanz zu den erstinstanzlichen Gerichten fungiert, sowie dem "Appellate Court", dessen Entscheidungen für alle übrigen Gerichte bindend sind. Die Richter beider Abteilungen werden gemäß der Verfassung vom Präsidenten ernannt (ÖB 12.2018).
Die Unabhängigkeit der Richter wird von der Verfassung garantiert. In der Praxis unterstellt allerdings eine schon lange geltende temporäre Bestimmung der Verfassung die erstinstanzlichen Richter der Exekutive. Auch ihre Ernennung und Remuneration ist Sache der Exekutive. Demgegenüber haben die Richter des Obersten Gerichtshofs des Öfteren ihre Unabhängigkeit demonstriert und gegen die Regierung entschieden (ÖB 12.2018). Gemäß einer Verfassungsänderung hat das Parlament seit 2014 das Recht, oberste Richter abzusetzen (USDOS 20.4.2018).
Auf Grundlage mehrerer Gesetze ("Public Safety Act", "Law and Order Disruption Crimes Speedy Trial Act", "Women and Children Repression Prevention Act", "Special Powers Act") wurden Sondertribunale errichtet, die Fälle innerhalb eines festgesetzten Zeitrahmens erledigen müssen. Es fehlen allerdings Vorschriften für den Fall, dass sie dieser Verpflichtung nicht nachkommen. Diese "Speedy Trial" Tribunale haben Medienberichten zufolge in den vergangenen Jahren ca. 200 Personen zum Tode verurteilt (ÖB 12.2018).
Wie die meisten Beobachter von Bangladesch übereinstimmend angeben, stellen Korruption, Ineffizienz der Justiz, gezielte Gewalt gegen Richter und ein gewaltiger Rückstau an offenen Fällen große Probleme dar (ÖB 12.2018). Gerichtsverfahren sind durch eine überlange Verfahrensdauer geprägt, was viele Angeklagten bei der Inanspruchnahme ihres Rechts auf ein faires Verfahren hindert. Weiters kommt es zu Zeugenbeeinflussung und Einschüchterung von Opfern (USDOS 20.4.2018; vgl. FH 1.2018). Strafanzeigen gegen Mitglieder der regierenden Partei werden regelmäßig zurückgezogen (FH 1.2018). Die schiere Zahl der gegen die politische Opposition eingeleiteten Klagen im Vorfeld zur 11. Parlamentswahl vom 30.12.2018, deutet auf ein ungehindertes Spielfeld und die Kontrolle der Regierungspartei über die Justiz- und Sicherheitsinstitutionen hin (FIDH 9.1.2019).
Zwei Drittel aller Streitfälle erreichen nicht das formelle Justizsystem, sondern werden von informellen Dorfgerichten oder bedeutenden Persönlichkeiten der lokalen Gemeinschaften entschieden. Diese behandeln meist Fälle betreffend Familienrecht, Unterhalt, Zweitehen, Mitgiftstreitigkeiten und Landeigentum. Obwohl diese "Gerichte" eine durch Tradition legitimierte, schnellere und günstigere Alternative zu ordentlichen Gerichten darstellen, sind sie hinsichtlich der Einflussnahmemöglichkeiten durch lokal bedeutsame Persönlichkeiten sowie der gesellschaftliche Stellung von Frauen nicht unproblematisch. Die islamische Scharia ist zwar nicht formell als Gesetz eingeführt, spielt aber insbesondere in den Bereichen des Zivilrechts (Erbschaft, Grunderwerb, Heirat und Scheidung etc.) eine große Rolle (ÖB 12.2018).
Quellen:
* FH - Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2018 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/1442339.html, Zugriff 28.2.2019
* FIDH - International Federation for Human Rights (Hg.) (9.1.2019):
Joint statement [by AHRC - Asian Human Rights Commission; ANFREL - Asian Network for Free Elections; GNDEM - Global Network of Domestic Election Monitors; FIDH - International Federation for Human Rights; CMEV - Centre for Monitoring Election Violence, Sri Lanka] on the undemocratic electoral environment in Bangladesh, https://www.fidh.org/en/region/asia/bangladesh/joint-statement-on-the-undemocratic-electoral-environment-in, Zugriff 6.3.2019
* ÖB - Österreichische Botschaft Neu Delhi (12.2018):
Asylländerbericht Bangladesch [Arbeitsversion].
* USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430114.html, Zugriff 27.2.2019
Korruption:
Korruption ist in Bangladesch weit verbreitet und hat alle Teile der Gesellschaft durchdrungen (AA 27.10.2017; vgl. LIFOS 25.2.2019). Der Vorsitzende der Antikorruptionsbehörde, Iqbal Mahmood, wird mit den Worten zitiert, die Korruption habe ein solches Ausmaß erreicht, dass er ratlos sei, wie er sie reduzieren könne (AA 27.10.2017). Auf dem Korruptionsindex von Transparency International belegte Bangladesch im Jahr 2018 den 149. Platz unter 180 untersuchten Staaten, das ist eine Verschlechterung von sechs Plätzen im Vergleich zum Jahr 2017 (143/180) (TI 29.1.2019).
Vor allem im Bereich der erstinstanzlichen Gerichte, der Gerichtsbediensteten, der öffentlichen Ankläger, der Magistrate und der Anwälte wird Korruption als ein weit verbreitetes Problem angesehen. Wohlhabenden oder in den großen Parteien verankerten Personen stehen die Möglichkeiten des ineffizienten und korrupten Justizsystems offen. Das Ausmaß der Korruption stellt jedoch sicher, dass auch Opfer staatlicher Verfolgung davon profitieren können (ÖB 12.2018).
Laut Transparency International haben im Jahr 2015 47 % der befragten Haushalte und 49 % der befragten Unternehmen Bestechungsgeld gezahlt (TI 30.5.2016). Als korrupteste Behörden werden die Migrationsbehörden sowie die Rechtspflege genannt. Versicherungen, Banken und NGOs genießen den besten Ruf (AA 27.10.2017).
Als Korruptionsbekämpfungs- sowie Rechtsschutzinstrument besteht die Antikorruptionsbehörde (Anti Corruption Commission - ACC). Diese wird seitens der deutschen Botschaft Dhaka jedoch als "eher zahnloser Papiertiger" sowie "reines Aushängeschild" beurteilt (ÖB 12.2018). Eine im Jahr 2013 erlassene Gesetzesänderung führte dazu, dass die ACC der Korruption verdächtigte Beamte nur noch mit Zustimmung der Regierung anklagen darf. Faktisch hat die ACC in den vergangenen Jahren lediglich eine Handvoll von Regierungsvertretern angeklagt (AA 27.10.2017). Im Gegenzug wird der Regierung vorgeworfen, die ACC für politisch motivierte Strafverfolgung zu nutzen (USDOS 20.4.2018), beispielsweise gegen die oppositionelle BNP (FH 1.2018).
Es gibt Ambitionen der jüngsten Regierungen, Korruption einzuschränken (LIFOS 25.2.2019) und die Regierung setzt Schritte zur Bekämpfung der weitverbreiteten Polizeikorruption (USDOS 20.4.2018).
Quellen:
* AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (27.10.2017):
Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Oktober 2017).
* FH - Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2018 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/1442339.html, Zugriff 28.2.2019
* LIFOS - Center för landinformation och landanalys inom migrationsområdet (25.2.2019): Bangladesh falska handlingar, https://www.ecoi.net/en/file/local/1458189/1226_1551169348_190225550.pdf, Zugriff 5.3.2019
* ÖB - Österreichische Botschaft Neu Delhi (12.2018):
Asylländerbericht Bangladesch [Arbeitsversion].
* TI - Transparency International (29.1.2019): Corruption Perceptions Index 2018, https://www.transparency.org/cpi2018, https://www.transparency.org/files/content/pages/2018_CPI_Methodology.zip, Zugriff 6.3.2019
* TI - Transparency International (30.5.2016): U4 Expert Answer - Corruption and governance indicators in selected Asian countries, https://knowledgehub.transparency.org/assets/uploads/helpdesk/Corruption_trends_in_Asia_Pacific_region.pdf, Zugriff 6.3.2019
* USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430114.html, Zugriff 27.2.2019
Allgemeine Menschenrechtslage:
Bangladesch hat bisher mehrere UN Menschenrechtskonventionen ratifiziert, ist diesen beigetreten oder hat sie akzeptiert (ÖB 12.2018; vgl. UNHROHC o.D.). Die Verfassung von Bangladesch in der seit 17. Mai 2004 geltenden Fassung listet in Teil III, Artikel 26 bis 47A, einen umfassenden Katalog an Grundrechten auf. Artikel 102 aus Teil VI, Kapitel 1 der Verfassung regelt die Durchsetzung der Grundrechte durch die High Court Abteilung des Obersten Gerichtshofes. Jeder Person, die sich in ihren verfassungsmäßigen Grundrechten verletzt fühlt, steht der direkte Weg zum "High Court" offen. Die "National Human Rights Commission" wurde im Dezember 2007 unter dem "National Human Rights Commission Ordinance" von 2007 eingerichtet, hat aber noch keine nennenswerte Aktivität entfaltet (ÖB 12.2018).
Teils finden Menschenrechtsverletzungen auch unter Duldung und aktiver Mitwirkung der Polizei und und anderer Sicherheitskräfte statt (GIZ 12.2018a). Dazu zählen außergerichtliche Tötungen, Verschwinden lassen von Personen, willkürliche Festnahmen und Verhaftungen und Folter (USDOS 20.4.2018). Im Jahr 2017 sollen nach Angaben der bangladeschischen Menschenrechtsorganisation Odhikar 117 Personen durch Sicherheitskräfte getötet, 13 Personen dabei zu Tode gefoltert bzw. geprügelt worden sein (Odhikar 12.1.2018). Die Regierung verhaftete laut neuesten Berichten bis zu 2000 Mitglieder der RABs wegen diverser Vergehen. Obwohl die RABs in den letzten Jahren hunderte Tötungen bzw. mutmaßliche Morde verübt haben, kam es noch zu keiner Verurteilung wegen außergerichtlicher Tötungen, Folter oder willkürlicher Verhaftungen (ÖB 12.2018, siehe auch Abschnitt 5).
Zu den bedeutendsten Menschenrechtsproblemen zählen weiters, auch aufgrund des Fehlens von Rechenschaftspflicht, Einschränkungen der Bürgerrechte inklusive der Rede- und Pressefreiheit, der Aktivitäten von NGOs, ein Mangel an Freiheit, um an politischen Prozessen teilzunehmen, Korruption, Gewalt und Diskriminierung basierend auf Geschlecht, Religion, Kaste, Stamm, inklusive indigener Personen, sexueller Orientierung und Genderidentität. Auch Menschenhandel, Einschränkungen der Arbeitnehmerrechte und schlimme Formen der Kinderarbeit sind weiterhin ernsthafte Probleme (USDOS 20.4.2018).
Die meisten NGOs können uneingeschränkt arbeiten, jedoch werden Gruppen, die als übermäßig regierungskritisch gelten, überwacht und schikaniert und ihnen werden regelmäßig notwendige behördliche Genehmigungen verweigert (FH 1.2018; für mehr Informationen zu NGOs siehe Abschnitt 8).
Im April brachte die EU während der jährlichen bilateralen Menschenrechtskonsultationen ihre Besorgnis über Berichte über außergerichtliche Tötungen und gewaltsames Verschwindenlassen zum Ausdruck und forderte von der Regierung das Problem der Gewalt und Belästigung von Gewerkschaftern anzugehen (HRW 17.1.2019).
Das Gesetz verbietet Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen, es wird jedoch nicht effektiv durchgesetzt. Fälle von Diskriminierung und gesellschaftlicher Gewalt gegen religiöse und ethnische Minderheiten sowie von Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung bestehen fort (USDOS 20.4.2018). Das Informations- und Kommunikationstechnologiegesetz (Information and Communication Technology Act - ICT Act) wird angewandt, um Oppositionelle und Mitglieder der Zivilgesellschaft wegen Delikten von Verleumdung und Blasphemie juristisch zu verfolgen (USDOS 20.4.2018; vgl. FH 1.2018).
Die Regierung unternimmt Anstrengungen den "Prevention and Suppression of Human Trafficking Act (PSHTA)" von 2012 umzusetzen, erreicht aber noch nicht die Minimalstandards zur Verhinderung von Menschenhandel. Für 2017 hat die Regierung 778 Fälle von Menschenhandel gemeldet, wobei ein Vergleich mit den Jahren davor nicht möglich ist. Verurteilungen sind selten, da nicht ausreichend Ressourcen für die Ermittlungen in allen Fällen bereitgestellt werden. Für Frauen und Kinder, die Opfer von Menschenhandel waren, stellt die Regierung für maximal fünf Tage Unterkunft in Schutzhäusern zur Verfügung. NGOs kritisieren, dass die Unterstützung nicht ausreichend ist und die Gefahr neuerlich Opfer zu werden hoch ist. NGOs unterstützen männliche Opfer, bieten jedoch keine Unterkunft an (USDOS 28.6.2018).
Quellen:
* FH - Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2018 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/1442339.html, Zugriff 28.2.2019
* GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (12.2018a): Bangladesch, Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/bangladesch/geschichte-staat, Zugriff 5.3.2019
* HRW - Human Rights Watch (17.1.2019): World Report 2019 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2002245.html, Zugriff 27.2.2019
* ÖB - Österreichische Botschaft Neu Delhi (12.2018):
Asylländerbericht Bangladesch [Arbeitsversion].
* Odhikar (12.1.2018): Bangladesh Annual Human Rights Report 2017, http://odhikar.org/wp-content/uploads/2018/01/Annual-HR-Report-2017_English.pdf, Zugriff 1.3.2019
* UNHROHC- United Nations Human Rights Office of the High Commissioner (o.D.): View the ratification status by country or by treaty - Bangladesh,
http://tbinternet.ohchr.org/_layouts/TreatyBodyExternal/Treaty.aspx?CountryID=37&Lang=EN, Zugriff 5.3.2019
* USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430114.html, Zugriff 27.2.2019
* USDOS - US Department of State (28.6.2018): Trafficking in Persons Report 2018 - Country Narratives: A-C, S 89ff, https://www.state.gov/documents/organization/282800.pdf, Zugriff 28.2.2019
Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, Opposition:
Die Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit wird von der Verfassung garantiert, von der Regierung für oppositionelle politische Parteien jedoch beschnitten. Proteste und Demonstrationen müssen vorab genehmigt werden und die Regierung hat das Recht Versammlungen von mehr als vier Personen zu verbieten (USDOS 20.4.2018; vgl. AA 27.10.2017).
Es sind Fälle bekannt geworden, in denen politischen Gruppen, unter dem Vorwand der Gefährdung der öffentlichen Sicherheit gemäß § 144 Strafprozessgesetz, die Versammlungsfreiheit abgesprochen wurde (AA 27.10.2017). Bei politischen Versammlungen oder Demonstrationen kann es zu gewalttätigen Übergriffen seitens rivalisierender Parteiaktivisten oder der Sicherheitskräfte kommen (ÖB 12.2018). Die Regierung beendete in verschiedenen Fällen verbotene Versammlungen gewaltsam (AA 27.10.2017). Im Jahr 2017 wurden mehrere Versammlungen von verschiedenen politischen Parteien verboten und angegriffen (Odhikar 12.1.2018). Durch Verhaftungen von Parteiaktivisten versucht die Regierung Kundgebungen zu verhindern. Oft werden Demonstranten bei Zusammenstößen mit Sicherheitskräften verletzt, gelegentlich sogar getötet (FH 1.2018).
Die Gründung von Gewerkschaften wurde aufgrund einer Gesetzesreform 2015 erleichtert, jedoch sehen sich Gewerkschaftsführer Entlassungen und körperlicher Einschüchterung ausgesetzt. Ebenso sehen sich Arbeitsrechts-Organisationen, wie "Bangladesh Center for Workers' Solidarity" Belästigung ausgesetzt. Beschwerden wegen unsicherer Arbeitsbedingungen, besonders in der Bekleidungsindustrie, führen immer wieder zu Protesten. Im Zuge eines wochenlangen Streiks im Dezember 2016 wurden hunderte Arbeiter entlassen und zahlreiche Gewerkschaftsführer inhaftiert (FH 1.2018).
Die Regierung scheint in ihrer Macht gefestigt und es gibt politische Stabilität. Diese Stabilität wird jedoch durch häufige Zusammenstöße mit Oppositionsanhängern sowie durch Fraktionskämpfe innerhalb der Parteien auf lokaler Ebene bedroht. Die großen politischen Parteien haben starke Organisationsstrukturen in deren Basis und können über ihre Vorfeldorganisationen wie Studenten- und Berufsverbindungen mobilisieren. Alle politischen Parteien zeigen Tendenzen zu Klientelismus, der mithilft, die Parteibasen intakt zu halten. Politische Polarisierung, durch Nepotismus charakterisiert, führt zu einer Volatilität im Wahlverhalten. Parteien wie Jamaat Islami haben ideologische Verbindungen zu ihren Kadern und können diesen durch ihr umfangreiches wirtschaftliches Netzwerk Arbeitsplätze verschaffen (BTI 2018).
Die Mitgliedschaft oder die Unterstützung einer Oppositionspartei führt nicht per se zu einer Verfolgung durch die Regierung. Allerdings hat die Regierung seit dem Wahlboykott Anfang 2014 viele Oppositionspolitiker verhaften lassen. Allein im Januar 2015 sollen 7.000 Aktivisten verhaftet worden sein, wobei auch vor hochrangigen Politikern nicht Halt gemacht wurde. Verhaftungen und strafrechtliche Verfahren werden traditionell mit Vorwürfen wegen Korruption, Steuerhinterziehung oder Erpressung begründet. Hinzu kommen nun auch Vorwürfe wegen Anstiftung zu bzw. Durchführung von Brandanschlägen (AA 27.10.2017). In vielen Fällen sind die Vorwürfe konstruiert (BTI 2018).
Im Vorfeld der 11. Parlamentswahl in Bangladesch, welche am 30.12.2018 stattfand, wurden, nach Angaben der Opposition, seit Anfang November 2018 bis zu 21.000 ihrer Mitglieder und Aktivisten verhaftet. Mehrere Menschenrechtsgruppen haben seit Anfang 2018 einen dramatischen Anstieg von fingierten Klagen gegen Gegner der Regierungspartei festgestellt. Unter den Verhafteten befinden sich prominente Führer des Oppositionsbündnisses, wie Mainul Hosain wegen krimineller Diffamierung und Dr. Zaffrullah Chowdhury wegen Verrat, Erpressung und Fischdiebstahl (FIDH 9.1.2019).
Quellen:
* AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (27.10.2017):
Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Oktober 2017).
* BTI - Bertelsmann Stiftung (2018): Transformation Index (BTI) 2018 - Country Report Bangladesh,
https://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2018/pdf/BTI_2018_Bangladesh.pdf, Zugriff 5.3.2019