TE Bvwg Erkenntnis 2020/3/18 W137 2229583-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 18.03.2020
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

18.03.2020

Norm

BFA-VG §22a Abs1
BFA-VG §22a Abs3
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §76
FPG §76 Abs2 Z2
VwGVG §35

Spruch

W137 2229583-1/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Peter HAMMER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Sierra Leone, vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst - ARGE Rechtsberatung, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 04.03.2020, Zl. 563343003 - 200115595, sowie die Anhaltung in Schubhaft seit 09.03.2020 zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 22a Abs. 1 BFA-VG als unbegründet abgewiesen und die Anhaltung in Schubhaft seit 09.03.2020 für rechtmäßig erklärt.

II. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG iVm § 76 FPG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

III. Der Beschwerdeführer hat gemäß § 35 VwGVG dem Bund (Bundesminister für Inneres) den Verfahrensaufwand in Höhe von 426,20 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

IV. Der Antrag des Beschwerdeführers auf Ersatz des Verfahrensaufwands wird gemäß § 35 VwGVG abgewiesen.

B)

Die Revision ist gem. Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt

1. Der Beschwerdeführer ist nach eigenen Angaben Staatsangehöriger von Sierra Leone. Sein Antrag auf internationalen Schutz vom 16.08.2011 wurde vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt/BFA) mit Bescheid vom 23.11.2011 rechtmäßig abgewiesen und mit einer Rückkehrentscheidung verbunden. Gegen diese Entscheidung hatte der Beschwerdeführer kein Rechtsmittel ergriffen.

2. Mit Bescheid vom 09.02.2017 hat das Bundesamt gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung verbunden mit einem Aufenthaltsverbot (für die Dauer von 5 Jahren) erlassen. Auch diese Entscheidung erwuchs mangels Einbringung eines Rechtsmittels in Rechtskraft. Mit Bescheid vom 04.10.2017 wurde ein Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung einer Karte für Geduldete (rechtskräftig) abgewiesen.

3. Mit gerichtlichem Beschluss vom 27.01.2020 wurde die vorzeitige Entlassung des Beschwerdeführers aus der laufenden Strafhaft mit 09.03.2020 verfügt.

4. Am 12.02.2020 führte das Bundesamt eine niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers durch. Dabei gab er an, in Österreich operiert worden zu sein und in medikamentöser Behandlung zu stehen. Er sei mit einer spanischen Staatsbürgerin ( XXXX ) verheiratet und habe mit dieser zwei minderjährige Kinder. Seine Frau - bei der er auch wohne - habe die entsprechenden Bestätigungen. Er werde sich nach einer Entlassung bei seiner Frau amtlich melden.

Am 21.02.2020 erfolgte die zeugenschaftliche Befragung von Frau XXXX durch das Bundesamt. Dabei erklärte diese im Wesentlichen, mit dem Beschwerdeführer nicht verheiratet zu sein. Auch sei er nicht Vater ihrer mündig minderjährigen Kinder, von denen sie selbst getrennt lebe. Ihren konkreten Aufenthaltsort kenne sie nicht.

5. Mit Bescheid vom 04.03.2020 wurde die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung (nach Entlassung aus der Strafhaft) angeordnet. Begründet wurde die Fluchtgefahr im Wesentlichen mit Behinderung der Abschiebung (durch Aufenthalt im Verborgenen), der bestehenden Rückkehrentscheidung sowie der weitgehend fehlenden sozialen Verankerung und Integration des Beschwerdeführers im Bundesgebiet. Mit der Anordnung des gelinderen Mittels könne auch unter Berücksichtigung der Straffälligkeit des Beschwerdeführers nicht das Auslangen gefunden werden. Insgesamt erweise sich die Schubhaft angesichts der vorliegenden "ultima-ratio-Situation" auch als verhältnismäßig. Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am selben Tag durch persönliche Übergabe (gemeinsam mit der Verfahrensanordnung betreffend die Beigabe eines Rechtsberaters) in der Strafhaft zugestellt.

6. Am 09.03.2020 wurde der Beschwerdeführer aus der Strafhaft entlassen. Unmittelbar im Anschluss erfolgte die Festnahme und Effektuierung der Schubhaft. Dabei erfolgte auch eine ärztliche Untersuchung des Beschwerdeführers samt Feststellung der Haftfähigkeit. Am 13.03.2020 wurde der Beschwerdeführer aus Klagenfurt in das PAZ XXXX in Wien überstellt.

7. Ebenfalls am 13.03.2020 - nach der Aufnahme des Beschwerdeführers in Wien - langte beim Bundesverwaltungsgericht die nunmehr verfahrensgegenständliche Beschwerde (samt Vollmachtsbekanntgabe) ein. Darin wird im Wesentlichen vorgebracht, dass von einer Fluchtgefahr nicht ausgegangen werden könne, da intensive familiäre Bindungen - seine Lebensgefährtin würde ihm eine gesicherte Unterkunft zur Verfügung stellen - zum Bundesgebiet bestünden und dadurch auch ein gesicherter Wohnraum gegeben wäre. Darüber hinaus würden massive Zweifel schon an der grundsätzlichen Möglichkeit der Ausstellung eines Heimreisezertifikats für Sierra Leone bestehen und kommuniziere das Bundesamt in offenbarer Unsicherheit über den Herkunftsstaat auch noch mit weiteren Vertretungsbehörden.

Überdies könne der Beschwerdeführer im gelinderen Mittel die Betreuung durch den Verein Neustart und eine ambulante Therapie (aufgrund seines Suchtmittelkonsums) in Anspruch nehmen. Schließlich sei in die Verhältnismäßigkeit einzubeziehen, dass nicht ausgeschlossen werden könne, dass sich in der Schubhaft "Personen aus Hochrisikogebieten hinsichtlich Covid19" befinden. Somit wäre der Beschwerdeführer einem "unnötigen Risiko der Ansteckung" ausgesetzt.

Beantragt werde daher a) eine mündliche Verhandlung durchzuführen;

b) den angefochtenen Bescheid ersatzlos zu beheben und die bisherige Anhaltung als rechtswidrig zu beurteilen; c) auszusprechen, dass die Voraussetzungen für eine weitere Anhaltung nicht vorliegen; d) der Belangten Behörde den Ersatz der Aufwendungen aufzuerlegen.

8. Am 16.03.2020 langte der Verwaltungsakt beim Bundesverwaltungsgericht ein. Mit der Beschwerdevorlage verwies das Bundesamt in einer Stellungnahme vom selben Tag im Wesentlichen auf laufende Urgenzen an die Botschaft von Sierra Leone sowie jene von Ghana (als potenziellem Herkunftsstaat). Auch sei der Beschwerdeführer nie an der Wohnadresse seiner Freundin gemeldet gewesen. Überdies verwies das Bundesamt auf das Vorverhalten des Beschwerdeführers, insbesondere seine strafrechtlichen Verurteilungen.

Beantragt wurde die Abweisung der Beschwerde, die Feststellung der Rechtmäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft und die Verpflichtung des Beschwerdeführers zum Kostenersatz.

9. Am 17.03.2020 langte beim Bundesverwaltungsgericht eine Stellungnahme des Bundesamtes im Zusammenhang mit HRZ-Ausstellungen für Sierra Leone ein. Diese bedürften Identifizierungen durch eine Expertendelegation, was in Kooperation mit Deutschland organisiert werde. Eine solche Identifizierungsmission sei für September 2020 geplant gewesen.

10. Am 18.03.2020 langte die gegenständliche Beschwerde auf dem Postweg nochmals beim Bundesverwaltungsgericht ein.

Aufgrund der Aktenlage wird folgender Sachverhalt der gegenständlichen Entscheidung zugrunde gelegt:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Sierra Leone. Er verfügt über keine Personal- oder Reisedokumente. Ein Heimreisezertifikat (HRZ) für Sierra Leone wurde schon 2017 beantragt; in Kenntnis des Entlassungstermins aus der Strafhaft wurde vom Bundesamt diesbezüglich umgehend urgiert. Es liegt eine Zusage der Botschaft von Sierra Leone bezüglich einer Überprüfung der Identität des Beschwerdeführers und der allfälligen Ausstellung eines Heimreisezertifikats. Eine solche Abklärung war für September 2020 geplant und ist nach derzeitigem Stand zu diesem Zeitpunkt noch realistisch. Mit einer allfälligen Abschiebung kann dementsprechend innerhalb der gesetzlich zulässigen Anhaltedauer in Schubhaft gerechnet werden.

Der Beschwerdeführer ist nicht Asylwerber und verfügt über keinen faktischen Abschiebeschutz. Er unterliegt einer rechtskräftigen Rückkehrentscheidung und es besteht ein rechtskräftiges Einreiseverbot für die Dauer von 5 Jahren gegen ihn.

Der Beschwerdeführer wurde 2011 und 2012 wegen Suchtmitteldelikten strafrechtlich verurteilt. 2016 erfolgte eine teilbedingte Verurteilung wegen Diebstahls und 2018 eine Verurteilung wegen Suchtmitteldelikten und (qualifizierter) Körperverletzung zu 2 Jahren unbedingter Freiheitsstrafe (unter Widerruf des bedingt nachgesehenen Strafteils von 2016). Der Beschwerdeführer hat gegenüber Behörden - insbesondere in der Einvernahme bezüglich einer allfälligen Schubhaftanordnung - bewusst tatsachenwidrige Behauptungen gemacht. Er ist in besonderem Ausmaß nicht vertrauenswürdig.

Der Beschwerdeführer verfügt abseits seiner Freundin XXXX über keine substanziellen sozialen Beziehungen im Bundesgebiet. Er spricht zur alltäglichen Verständigung hinreichendes Deutsch. Er ist in Österreich seit 10.03.2018 ausschließlich in Justizanstalten gemeldet. An der Hauptwohnsitzadresse seiner Freundin war er nie gemeldet. In den fünf Jahren vor der angeführten Inhaftierung war er nur rund 31 Monate gemeldet - die letzten vier Monate lebte er erneut im Verborgenen. Er verfügt in Österreich über eine Unterkunftsmöglichkeit sowie Barmittel von knapp 1.200 Euro.

Der Beschwerdeführer ist nicht Vater der beiden Kinder seiner Freundin; dieser wurde bereits 2018 die Obsorge über die Kinder entzogen. Die Freundin lebt seit Juni 2013 in Österreich und ist als gewerbliche Prostituierte tätig. Bis 12.07.2017 verfügte sie ausschließlich über Nebenwohnsitzmeldungen in Laufhäusern und vergleichbaren Einrichtungen. Auch nach Begründung eines Hauptwohnsitzes in Klagenfurt bestanden bis 02.03.2020 laufende Nebenwohnsitzmeldungen in Laufhäusern und vergleichbaren Einrichtungen. An ihrem Hauptwohnsitz ist sie aus beruflichen Gründen nur gelegentlich aufhältig. Frau XXXX ist Alleinmieterin einer 2-Zimmer-Wohnung; jegliche Überlassung an Dritte ist ihr vertraglich untersagt.

Der Beschwerdeführer ist abseits einer latenten Suchtmittelproblematik grundsätzlich gesund und jedenfalls haftfähig. Es gibt keine Hinweise auf substanzielle gesundheitliche Probleme. Eine signifikant erhöhte Gefahr einer Infektion mit Covid-19 besteht im Polizeianhaltezentrum nicht. Die Freundin und potenzielle Unterkunftgeberin des Beschwerdeführers hat bis vor wenigen Tagen berufsbedingt ein Hochrisikoverhalten für Covid-19, Influenza und Krankheiten mit vergleichbaren Infektionswegen ausgeübt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Beweiswürdigung:

1.1. Der Verfahrensgang und der Sachverhalt ergeben sich aus dem Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des Bundesamtes zur Zl. 563343003 - 200115595 (aktuelle Schubhaft) sowie den weiteren Verwaltungsakten betreffend den Beschwerdeführer. Unstrittig sind die Feststellungen zum Asylverfahren des Beschwerdeführers sowie der zweiten Rückkehrentscheidung und dem Einreiseverbot. Aktenkundig sind die jüngsten Urgenzen bei der Botschaft von Sierra Leone und deren Bereitschaft zur Identitätsprüfung gemäß einer Verbalnote vom 12.02.2020. Dazu kommen die Ausführungen des Bundesamtes in der am 17.03.2020 übermittelten Stellungnahme.

Dass eine Identitätsprüfung vor Ostern nicht mehr durchgeführt werden kann, ergibt sich aus den europaweiten Mobilitätsbeschränkungen im Zusammenhang mit Covid-19 (Sierra Leone unterhält in Österreich keine Botschaft - zuständig ist jene in Berlin). Umgekehrt ist derzeit davon auszugehen, dass diese aufgrund der immensen gegenwärtigen Belastung für Privatpersonen (Schulschließungen, Einkommensverluste) und Wirtschaft realistisch nach Ostern wieder substanziell gelockert werden und eine Identitätsprüfung zum bereits avisierten Zeitpunkt September 2020 erfolgen kann.

Eine bereits jetzt bestehende faktische Unmöglichkeit der Ausstellung eines Heimreisezertifikats (wie in der Beschwerde behauptet) ist aus der dargestellten Aktenlage in keiner Form nachvollziehbar.

1.2. Die strafrechtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers sind aus einem rezenten Auszug aus dem Strafregister ersichtlich und im Übrigen auch unstrittig.

Das Bundesamt hat vor Anordnung der Schubhaft die Freundin des Beschwerdeführers als Zeugin befragt. Diese hat dabei ausdrücklich erklärt, dass sie mit dem Beschwerdeführer weder gemeinsame Kinder hat, noch mit ihm verheiratet ist. Auch die Beziehung besteht (in engerer Form) erst seit knapp drei Jahren, die Bekanntschaft seit vier Jahren - und keineswegs, wie vom Beschwerdeführer behauptet - seit rund 10 Jahren.

Ausdrücklich ist dabei festzuhalten, dass dies alles auch Inhalt des angefochtenen Bescheides gewesen ist - in der Beschwerde wurden diese Angaben der Frau XXXX auch in keiner Form in Zweifel gezogen.

Die fehlende Vertrauenswürdigkeit des Beschwerdeführers ergibt sich aus dem bisherigen Verhalten des Beschwerdeführers, insbesondere der bewusst tatsachenwidrigen Angaben des Beschwerdeführers zu seinem Privat- und Familienleben zwecks offenkundiger Vortäuschung einer intensiven Verankerung im Bundesgebiet, der zwischenzeitlichen Entziehung vor dem behördlichen Zugriff (durch Aufenthalt im Verborgenen) und den strafrechtlichen Verurteilungen.

1.3. Die Beziehung zu Frau XXXX ist unbestritten. Das Fehlen sonstiger substanzieller sozialer und beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet ergibt sich aus der Aktenlage. Familiäre Anknüpfungspunkte wurden vom Beschwerdeführer in Täuschungsabsicht behauptet, von der angeblichen Ehefrau ( XXXX ) jedoch widerlegt. Substanzielle Deutschkenntnisse wurden in der Beschwerde nicht behauptet; aus dem Akt sind sie jedoch in einem Umfang ersichtlich, der jedenfalls zur alltäglichen Kommunikation hinreichend ist. Im Verfahren sind auch keine legalen Beschäftigungsverhältnisse in den letzten drei Jahren hervorgekommen, die zu einer mittelfristigen Sicherung der eigenen Existenz in Österreich beitragen würden. Gegenwärtig verfügt der Beschwerdeführer nach längerer Strafhaft über Barmittel in Höhe von rund 1.200 Euro; die Unterkunftsmöglichkeit bei der Lebensgefährtin wird nicht in Zweifel gezogen. Die Feststellungen bezüglich der Wohnsitzmeldungen des Beschwerdeführers ergeben sich aus einer Nachschau im Zentralen Melderegister.

1.4. Die Feststellungen betreffend seine Freundin und deren Kinder ergeben sich aus der Aktenlage, insbesondere der zeugenschaftlichen Aussage von XXXX . Deren Richtigkeit wurde in der Beschwerde auch nicht in Zweifel gezogen. Unstrittig ist damit auch deren berufliche Tätigkeit in Österreich, die sich überdies aus den im Zentralen Melderegister aufgelisteten Wohnsitzmeldungen ergibt. Ihre Vermieterin (am Hauptwohnsitz) berichtete - ebenfalls aktenkundig und unbestritten - über längere Abwesenheiten. Die Feststellungen zur Wohnung ergeben sich aus dem vorgelegten Mietvertrag.

1.5. Substanzielle gesundheitliche Probleme des Beschwerdeführers wurden in der Beschwerde nicht behauptet und sind auch aus der Aktenlage nicht ersichtlich. Der Beschwerdeführer hatte seit rund zweieinhalb Jahren (in der Haft) nach eigenen Angaben keinen Zugang zu illegalen Drogen; es gibt keinen Hinweis auf ein dringliches oder gar stationäres Therapiebedürfnis. Aus dem oben Dargestellten ergibt sich die Haftfähigkeit des Beschwerdeführers, die bei Antritt der Schubhaft auch erneut bestätigt wurde. Überdies hat sich der Beschwerdeführer zuvor bereits längere Zeit in Strafhaft befunden und war in dieser Phase offenkundig haftfähig. Eine grundsätzliche Haftunfähigkeit wurde in der Beschwerde überdies nicht behauptet.

1.6. Ein erhöhtes Infektionsrisiko im Zusammenhang mit Covid-19 im Falle einer Anhaltung in Schubhaft wurde in der Beschwerde lediglich ohne nachvollziehbare Begründung in den Raum gestellt. Insbesondere wird auch nur pauschal in den Raum gestellt, dass "nicht ausgeschlossen werden kann, dass sich Personen aus Hochrisikogebieten hinsichtlich Covid-19 in der Schubhaft befinden". Es existieren aber aktuell keine Hinweise auf Infektionen mit Covid-19 im Bereich der Polizeianhaltezentren zumal ein wesentlicher Teil der dort angehaltenen Personen bereits deutlich vor dem Auftreten der ersten Fälle in Österreich in Schubhaft genommen worden ist.

Das Hochrisikoverhalten der Freundin des Beschwerdeführers im Zusammenhang mit Krankheiten, die durch Tröpfchen- und Schmierinfektionen übertragen werden, ergibt sich aus deren Tätigkeit als Prostituierte - auch noch während des Auftretens der ersten Infektionsfälle von Covid-19 in Österreich. Diese Tätigkeit ist naturgemäß mit intensivem Körperkontakt soweit dem Kontakt mit Körperflüssigkeiten der wechselnden Partner verbunden; weitgehend sichere Schutzmaßnahmen - wie etwa gegen bestimmte Geschlechtskrankheiten - bestehen bei den angeführten Infektionswegen für Prostituierte nicht.

2. Rechtliche Beurteilung

2.1. Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es gemäß § 27 VwGVG den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs.1 Z 3 und 4 VwGVG) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3 VwGVG) zu überprüfen. Gemäß § 9 Abs. 1 VwGVG hat die Beschwerde u.a. (Z 3) die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, sowie (Z 4) das Begehren zu enthalten. In den erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage zur Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51/2012, wurde zu § 27 VwGVG ausgeführt: "Der vorgeschlagene § 27 legt den Prüfungsumfang des Verwaltungsgerichtes fest. Anders als die Kognitionsbefugnis einer Berufungsbehörde (vgl. § 66 Abs. 4 AVG) soll die Kognitionsbefugnis des Verwaltungsgerichtes durch den Inhalt der Beschwerde beschränkt sein."

2.2. Der mit "Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft" betitelte § 22a des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, lautet:

"§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.

(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig."

Das Bundesverwaltungsgericht ist somit gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG für die Entscheidung der gegenständlichen Beschwerde zuständig.

Zu Spruchteil A)

2.3. Der mit "Schubhaft" betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, lautet:

"§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,

2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß."

2.4. Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der - aktuelle - Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).

3. Zur Frage der örtlichen Zuständigkeit

In der Beschwerde wird zum Aufenthaltsort des Beschwerdeführers "PAZ Klagenfurt" angeführt. Diese langte am 13.03.2020 um 15:18 Uhr beim Bundesverwaltungsgericht ein. Der Beschwerdeführer war aber bereits um 13:03 Uhr dieses Tages (dauerhaft) im PAZ Wien XXXX aufgenommen worden.

Gemäß § 22 Abs. 4 Z 2 der Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichts (GV-2020) richtet sich die Zuständigkeit (nach Zuweisungsgruppen) für derartige Beschwerden nach dem "Ort der Anhaltung in Schubhaft zum Zeitpunkt der Einbringung der Beschwerde". Dementsprechend fällt die Zuständigkeit für die Behandlung der gegenständlichen Beschwerde der Zuweisungsgruppe SCH-W zu.

4. Zur Frage der Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides und der Anhaltung in Schubhaft

4.1. Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung kann immer nur dann verhältnismäßig sein, wenn mit dem der Möglichkeit einer Abschiebung auch tatsächlich zu rechnen ist. Ergibt sich, dass diese fremdenpolizeiliche Maßnahme innerhalb der Schubhafthöchstdauer nicht durchführbar ist, so darf die Schubhaft nicht verhängt werden bzw. ist - wenn sich das erst später herausstellt - umgehend zu beenden (VwGH 28.08.2012, 2010/21/0517; vgl. VwGH 19.04.2012, 2009/21/0047).

Die "Fluchtgefahr" ist in Österreich im § 76 Abs. 3 FPG (oben unter Punkt II.2. wiedergegeben) gesetzlich definiert. Über den Beschwerdeführer wurde nach vorzeitiger Entlassung aus der Strafhaft die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung angeordnet.

4.2. Die belangte Behörde begründete die festgestellte Fluchtgefahr im Wesentlichen mit dem Aufenthalt im Verborgenen sowie dem Fehlen familiärer sowie substanzieller sozialer und beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet. Das Bundesamt stützte sich dabei erkennbar auf die Ziffern 1, 3 und 9 des § 76 Abs. 3 FPG. Dem Vorliegen der Kriterien der Ziffer 1 und 3 wurde in der Beschwerde nicht substanziell entgegengetreten; vielmehr erweist sich deren Vorliegen auch im Zusammenhang mit der Beschwerde und der Aktenlage als unstrittig.

4.3. Die belangte Behörde stützt den angefochtenen Bescheid auch auf § 76 Abs. 3 Z 9 FPG, wonach der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes zu berücksichtigen sind und kommt zutreffend zum Ergebnis, dass der Beschwerdeführer weder eine legale Erwerbstätigkeit ausübt, noch über familiäre sowie substanzielle soziale oder berufliche Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet verfügt. Die Beziehung zu seiner Freundin XXXX wurde erst rund acht Monate vor der Inhaftierung begründet. Eine gesicherte Unterkunft bei dieser ist anzunehmen; das Naheverhältnis ist hinreichend ausgeprägt, um den Beschwerdeführer nicht als "Dritten" im Sinne des Mietvertrags annehmen zu müssen. Die Barmittel des Beschwerdeführers reichen vor diesem Hintergrund zur Existenzsicherung für wenige Monate aus. Hingegen wurden keine substanziellen Integrationsschritte während des nunmehr rund achteinhalb Jahre andauernden Aufenthalts im Bundesgebiet vorgebracht - vielmehr ist die Integration für diesen Zeitraum auffallend gering ausgeprägt.

Das Bestehen familiärer Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet wurde vom Beschwerdeführer vor Anordnung der Schubhaft bewusst tatsachenwidrig behauptet. In der Beschwerde wurde diese Behauptung nicht mehr wiederholt.

Die Behörde geht auch richtigerweise von einer aufgrund strafrechtlicher Verurteilungen des Beschwerdeführers abgeleiteten mangelnden Vertrauenswürdigkeit und einem besonderen Interesse des Staates an der Sicherstellung der Abschiebung aus.

4.4. Auf Grund dieser Erwägungen ging das Bundesamt im Ergebnis zutreffend davon aus, dass im Falle des Beschwerdeführers insgesamt Fluchtgefahr in einem die Anhaltung in Schubhaft rechtfertigenden Ausmaß besteht.

Dem konnte auch mit dem Verweis auf das (nachvollziehbare) Interesse an einer (erneuten) Unterkunftnahme bei seiner Freundin nicht wirkungsvoll entgegengetreten werden. Entscheidend ist in diesem Zusammenhang, ob eine hinreichende Sicherheit besteht, dass sich der Beschwerdeführer zukünftig dem Zugriff der Behörden nicht entziehen würde. Davon kann angesichts seines Vorverhaltens und der daraus resultierenden mangelnden Vertrauenswürdigkeit jedoch nicht ausgegangen werden.

4.5. Auf Grund der festgestellten Fluchtgefahr konnte auch nicht mit der Anwendung gelinderer Mittel das Auslangen gefunden werden: Dem Bundesamt ist darin beizupflichten, dass sich im Falle des Beschwerdeführers weniger einschneidende Maßnahmen nicht wirksam anwenden lassen, da sich der Beschwerdeführer insbesondere durch sein vor Anordnung der Schubhaft gezeigtes kriminelles Verhalten und den regelmäßigen längerfristigen Aufenthalt im Verborgenen als nicht vertrauenswürdig erwiesen hat - was aber Voraussetzung für die Anordnung des gelinderen Mittels ist. Auf Grund dieser Umstände und der bestehenden Fluchtgefahr, überwogen daher - wie im angefochtenen Bescheid richtig dargelegt - die öffentlichen Interessen an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und eines geordneten Fremdenwesens die Interessen des Beschwerdeführers an der Abstandnahme von der Anordnung der Schubhaft und war diese als ultima-ratio-Maßnahme notwendig.

4.6. Das Bundesamt konnte aus den oben dargelegten Gründen zudem davon ausgehen, dass die Überstellung des Beschwerdeführers nach Sierra Leone in zumutbarer Frist möglich ist. Auch die absehbare Dauer der Schubhaft war nicht unverhältnismäßig: Mit der Durchführung der Überstellung war tatsächlich und innerhalb der gesetzlichen Fristen zu rechnen. Hinweise auf eine grundsätzliche Unmöglichkeit einer Abschiebung nach Sierra Leone bestehen nicht; unstrittig ist unabhängig davon der verhältnismäßig große Aufwand bei der HRZ-Erlangung.

4.7. Dem Bundesamt ist in diesem Zusammenhang auch zu Gute zu halten, dass die bereits avisierte Überprüfung durch eine Expertendelegation aus Sierra Leone ohne die deutlich vorzeitige Entlassung aus der Strafhaft mit 09.03.2020 problemlos während der Anhaltung in Strafhaft hätte erfolgen und abgeschlossen werden können. Das Bundesamt hat davon erst Ende Jänner 2020 erfahren und nachweislich umgehend urgiert.

Vor diesem Hintergrund ist der Vorwurf, das Bundesamt sei bisher untätig geblieben, auch nicht berechtigt. Dem Vertreter des Beschwerdeführers - immerhin auch als amtlich beigegebener Rechtsberater tätig - ist selbstverständlich bewusst, dass Heimreisezertifikate stets nur für einen kurzen Zeitraum und einen nahe bevorstehenden Zeitpunkt ausgestellt werden - keinesfalls jedoch als Blanko-Dokumente oder auf Vorrat. Es ist daher weder sinnvoll noch dem Bundesamt zumutbar, sich bereits mit Antritt einer längeren - hier immerhin dreijährigen - Freiheitsstrafe um ein HRZ zu bemühen, das noch während dieser Anhaltung seine Gültigkeit verliert. Vielmehr ist es ausreichend, die entsprechenden Maßnahmen so zu setzen, dass das HRZ zum Zeitpunkt der absehbaren Haftentlassung vorliegt oder zumindest kurzfristig ausgestellt werden kann. Kurzfristig vorgenommene vorzeitige Haftbeendigungen seitens der Justiz sind für das Bundesamt dabei nicht vorhersehbar und können ihm im Zusammenhang mit einer Untätigkeit auch nicht zum Vorwurf gemacht werden.

4.8. Überdies gab es bei Anordnung der Schubhaft keine erkennbaren Hinweise auf eine Haftunfähigkeit des Beschwerdeführers und wurde sie auch im Beschwerdeverfahren nicht behauptet. Dazu kommt, dass der Schubhaftbescheid auch bereits am 04.03.2020 erlassen worden ist - mithin zu einem Zeitpunkt, zu dem die gegenwärtigen Beschränkungen zur Reduktion von Infektionen mit Covid-19 keinesfalls absehbar waren, weshalb vom Bundesamt auf diese Problematik gar nicht eingegangen werden konnte.

4.9. Aus diesen Gründen ist die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid und die Anhaltung in Schubhaft ab 09.03.2020 abzuweisen.

5. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ist festzustellen, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen:

5.1. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht, sofern die Anhaltung noch andauert, jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

Der VwGH hat zum Fortsetzungsausspruch gemäß § 83 Abs. 4 erster Satz FPG in der bis 31.12.2013 geltenden Fassung ausgesprochen, dass der Unabhängige Verwaltungssenat (UVS) im Rahmen seines Ausspruchs gemäß § 83 Abs. 4 FPG aF nicht an die im Schubhaftbescheid herangezogenen Rechtsgrundlagen gebunden ist, sondern die Zulässigkeit der Fortsetzung der Schubhaft nach allen Richtungen zu prüfen hat; er ist auch nicht nur "ermächtigt", einen "weiteren bzw. neuen Anhaltegrund für die Fortsetzung der Schubhaft zu schaffen", sondern bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens zu einem positiven und (nur) bei deren Fehlen zu einem negativen Fortsetzungsausspruch verpflichtet. Verneint der UVS daher das Vorliegen der Voraussetzungen für die weitere Anhaltung in Schubhaft, so bedeutet dieser Ausspruch von Gesetzes wegen die Unzulässigkeit der (Fortsetzung der) Schubhaft auf Grund jeglichen zum Bescheiderlassungszeitpunkt geltenden Schubhafttatbestandes, unabhängig davon, ob der UVS dessen Voraussetzungen (erkennbar) geprüft und dies seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat (VwGH 15.12.2011, Zl. 2010/21/0292; 28.08.2012, Zl. 2010/21/0388 mwN). Diese Rechtsprechung des VwGH ist unverändert auf den Fortsetzungsausspruch des Bundesverwaltungsgerichtes nach der inhaltlich gleichlautenden Bestimmung des § 22a Abs. 3 BFA-VG übertragbar.

5.2. Für die Durchsetzung der Rückkehrentscheidung (Abschiebung) ist die Anwesenheit des Beschwerdeführers erforderlich. Es ist angesichts seines bisherigen Verhaltens jedoch davon auszugehen, dass er sich dem behördlichen Zugriff durch Untertauchen erneut entziehen würde und sich eine Gelegenheit dazu bietet. Da er zudem über keine feststellbaren beruflichen und - abgesehen von seiner Beziehung zu Frau XXXX - keine substanziellen sozialen Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet verfügt, ist nicht ersichtlich, was den Beschwerdeführer im Falle einer Entlassung aus der Schubhaft von einem Untertauchen abhalten sollte. Dies umso mehr, als ein Zusammenleben mit seiner Freundin vor der Strafhaft zwar glaubhaft ist, jedoch ohne amtliche Meldung seitens des Beschwerdeführers erfolgte und er sich somit gegenüber den Behörden im Verborgenen aufhielt. Überdies hat er sich durch sein sonstiges Vorverhalten - etwa die unstrittigen Straftaten und bewusst tatsachenwidrige Behauptungen gegenüber dem Bundesamt im Zusammenhang mit entscheidungsrelevanten Themen (hier: die Behauptung des Bestehens intensiver familiärer Anknüpfungspunkte in Gestalt einer langjährigen Ehe samt zwei gemeinsamen unmündigen Kindern) - als in einem besonders hohen Maße nicht vertrauenswürdig erwiesen hat.

5.3. Im gegenständlichen Fall sind die Kriterien der Ziffern 1 und 3 wie dargelegt weiterhin gegeben. Hinsichtlich Ziffer 9 wurde in der Beschwerde im Wesentlichen nur auf die Beziehung sowie die damit verbundene Unterkunft verwiesen. In diesem Zusammenhang ist überdies festzuhalten, dass schon nach dem Wortlaut der Bestimmung (einzelne) "soziale Anknüpfungspunkte" für sich alleine nicht ausreichen, der Anordnung einer Schubhaft entgegenzustehen. Vielmehr geht es um den "Grad der sozialen Verankerung in Österreich", wobei familiäre Beziehungen, eine legale Erwerbstätigkeit, Existenzmittel und gesicherter Wohnraum exemplarisch genannt werden. Im gegenständlichen Fall sind diese (sozialen) Anknüpfungspunkte allerdings nur teilweise gegeben und haben sich bereits nachweislich als ungeeignet erwiesen, den Beschwerdeführer von einem Aufenthalt im Verborgenen abzuhalten. Sie lagen nämlich bereits Monate vor der Inhaftierung 2018 vor - der Beschwerdeführer hat sich allerdings trotz bestehender Beziehung nicht an der Adresse seiner Freundin gemeldet und auch nicht das Bundesamt von seinem Aufenthaltsort in Kenntnis gesetzt. Die diesbezügliche Verpflichtung musste ihm allerdings aufgrund der Anzahl seiner asyl- und fremdenrechtlichen Verfahren (mit wechselnden Rechtsanwälten) während seiner langen Aufenthaltsdauer im Bundesgebiet jedenfalls seit 2017 bewusst gewesen sein.

In Zusammenschau mit den obigen Ausführungen besteht damit aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts kein Zweifel, dass im gegenständlichen Fall (weiterhin) eine zur Schubhaftanordnung hinreichende Fluchtgefahr seitens des Beschwerdeführers sowie ein hohes staatliches Interesse an der Sicherstellung einer (bereits durchsetzbaren) Abschiebung zu bejahen ist.

Aus diesen Erwägungen ergibt sich auch, dass im gegenständlichen Fall die Anordnung des gelinderen Mittels nicht ausreichend ist, um den Sicherungsbedarf zu erfüllen. Dies insbesondere aufgrund der oben dargestellten exzeptionell beeinträchtigten Vertrauenswürdigkeit des Beschwerdeführers, der noch vor einem Monat versuchte, dem Bundesamt ein bestehendes ausgeprägtes Familienleben im Bundesgebiet vorzutäuschen und zuvor mehrfach straffällig geworden war. Damit liegt auch die geforderte "ultima-ratio-Situation" für die Anordnung/Fortsetzung der Schubhaft vor und erweist sich diese zum gegenwärtigen Zeitpunkt - trotz der zweifelsfrei gegebenen sozialen Anknüpfungspunkte und der gegenwärtigen Selbsterhaltungsfähigkeit auch als verhältnismäßig.

5.4. Hinsichtlich der absehbaren Dauer der Schubhaft ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt davon auszugehen, dass diese in zumutbarer Zeit beendet werden kann.

Für die Annahme einer (zukünftigen) unverhältnismäßig langen Anhaltung gibt es gegenwärtig keinen Anhaltspunkt. Durch die dem Bundesamt erst seit Ende Jänner 2020 bekannte, relativ kurzfristige vorzeitige Entlassung aus der Strafhaft und die Komplexität der HRZ-Verfahren in Bezug auf Sierra Leone ist derzeit zwar von einer Schubhaft von zumindest sechs Monaten auszugehen. Daraus ergibt sich eine realistische Wahrscheinlichkeit einer Abschiebung noch im Verlauf des gegenwärtigen Kalenderjahres.

Diese Frist ist - auch unter Berücksichtigung der unstrittigen sozialen Anknüpfungspunkte - zwar vergleichsweise lang, allerdings unter Berücksichtigung der in besonderem Maß fehlenden Vertrauenswürdigkeit des Beschwerdeführers noch verhältnismäßig. Die massive Beeinträchtigung der Vertrauenswürdigkeit hat der Beschwerdeführer ausschließlich selbst zu verantworten und muss sie daher im Rahmen einer individuellen Verhältnismäßigkeitsabwägung auch entsprechend gegen sich gelten lassen.

Aus heutiger Sicht ist weiter davon auszugehen, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers jedenfalls innerhalb der gesetzlich zulässigen Anhaltedauer erfolgen kann.

5.5. An der Haftfähigkeit des Beschwerdeführers - der zuletzt 3 Jahre in Untersuchungs- und Strafhaft verbrachte - bestehen keine Zweifel. Die aktenkundigen gesundheitlichen Probleme erreichen keine Schwelle, die die derzeit absehbare Anhaltedauer in Schubhaft (unter diesem Aspekt) unverhältnismäßig erscheinen lassen würden. Das im Rahmen der Beschwerde in den Raum gestellte Problem einer potenziellen (erhöhten) Infektionsgefahr mit Covid-19 in der Schubhaft (beziehungsweise im Polizeianhaltezentrum) ist nicht nachvollziehbar begründet und letztlich rein spekulativ. Nur der Vollständigkeit halber ist festzuhalten, dass dieses Vorbringen im konkreten Fall auch deshalb besonders schwer nachvollziehbar erscheint, als sich seine Freundin und Unterkunftgeberin in den letzten Wochen berufsbedingt tatsächlich einem besonders hohen einschlägigen Infektionsrisiko ausgesetzt hat.

5.6. Es ist daher gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG festzustellen, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

6. Entfall einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn (Z 1) der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder (Z 2) die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist. Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. Das Verwaltungsgericht kann gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben, da der Sachverhalt auf Grund der Aktenlage und des Inhaltes der Beschwerde geklärt war und Widersprüchlichkeiten in Bezug auf die für die gegenständliche Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltselemente nicht vorlagen. Insbesondere wurde die in der Beschwerde vorgebrachte gesicherte Unterkunft der gegenständlichen Entscheidung zugrunde gelegt. Es wird im Übrigen auch nicht dargelegt, welche Sachverhaltselemente einer mündlichen Erörterung bedürften. Die Befragung von Frau XXXX wurde nicht ausdrücklich beantragt - eine zeugenschaftliche Befragung hat aber bereits im erstinstanzlichen Verfahren stattgefunden und es wurden die dabei getätigten Aussagen auch nie in Zweifel gezogen.

In der Beschwerde finden sich auch keine substanziellen Hinweise auf einen sonstigen möglicherweise unvollständig ermittelten entscheidungsrelevanten Sachverhalt. Der vorgebrachten Kooperationsbereitschaft steht das unstrittige Verhalten des Beschwerdeführers in den letzten Jahren (insbesondere vor seiner Inhaftierung im März 2018) gegenüber.

7. Kostenersatz

7.1. Gemäß § 22a Abs. 1a BFA-VG gelten für Beschwerden nach dieser Bestimmung die für Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist (für die Zeit vor Inkrafttreten des § 22a Abs. 1a BFA-VG s. VwGH 23.04.2015, Ro 2014/21/0077).

7.2. Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG hat die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt obsiegende Partei hat Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist gemäß Abs. 2 der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei. Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist gemäß Abs. 3 die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei. Die §§ 52 bis 54 VwGG sind gemäß Abs. 6 auf den Anspruch auf Aufwandersatz gemäß Abs. 1 sinngemäß anzuwenden.

Die belangte Behörde hat als (vollständig) obsiegende Partei Anspruch auf Kostenersatz im beantragten Umfang. Dem Beschwerdeführer gebührt als unterlegener Partei hingegen kein Kostenersatz.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

Dies liegt im gegenständlichen Fall nicht vor. Die Berücksichtigung eines unstrittigen oder zweifelsfrei belegten Vorverhaltens entspricht der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes.

Die Revision war daher nicht zuzulassen.

Schlagworte

Einreiseverbot, Fluchtgefahr, Fortsetzung der Schubhaft, öffentliche
Interessen, Pandemie, Rückkehrentscheidung, Schubhaft,
Sicherungsbedarf, strafrechtliche Verurteilung, Untertauchen,
Verhältnismäßigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W137.2229583.1.00

Zuletzt aktualisiert am

26.05.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten