Entscheidungsdatum
01.04.2020Norm
B-VG Art. 133 Abs4Spruch
G306 2221681-1/11E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dietmar MAURER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA.: Slowakei, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 26.06.2019, Zl. XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 04.02.2020, zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird als unbegründet a b g e w i e s e n .
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) wurde mit Urteil des LG
XXXX, Zl.: XXXX, vom XXXX.2018, wegen des Verbrechens der Vergewaltigung gemäß § 201 Abs. 1 StGB, zu einer Freiheitsstrafe von 30 Monaten, wovon 20 Monate bedingt nachgesehen wurden, verurteilt.
2. Anlässlich dieser Verurteilung und der Inhaftierung des BF wurde dieser mit Schreiben des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) vom 16.01.2019, über die Einleitung eines Aufenthaltsbeendigungsverfahrens und die in Aussicht genommene Erlassung eines Aufenthaltsverbotes in Kenntnis gesetzt. Gleichzeitig wurde der BF zu einer Stellungnahme binnen zwei Wochen aufgefordert.
3. Mit am 01.02.2019 per Post beim BFA eingebrachtem Schriftsatz gab der BF eine Stellungnahme ab.
4. Mit dem oben im Spruch genannten Bescheid des BFA, dem BF zugestellt am 28.06.2019, wurde gegen den BF gemäß § 67 Abs. 1 und 2 FPG ein auf 6 Jahre befristetes Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt I.), und dem BF gemäß § 70 Abs. 3 FPG ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat gewährt (Spruchpunkt II.).
5. Mit per E-Mail am 24.07.2019 beim BFA eingebrachtem Schriftsatz, erhob der BF durch seine seinerzeitige Rechtsvertretung (im Folgenden: RV), ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, Beschwerde gegen den im Spruch genannten Bescheid an das Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG).
Darin wurde neben der Anberaumung einer mündlichen Verhandlung, jeweils in eventu die ersatzlose Behebung des angefochtenen Bescheides, die Reduzierung der Aufenthaltsbefristung, die Zulassung der ordentlichen Revision, sowie die Zurückverweisung der Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde beantragt.
6. Die gegenständliche Beschwerde sowie die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden vom BFA, dem BVwG am 25.07.2019 vorgelegt.
7. Mit per Telefax am 14.11.2019 übermitteltem Schreiben, teilte die einstige RV gegenüber dem BVwG mit, dass diese die Vollmacht in Bezug auf den BF im gegenständlichen Verfahren zurücklegt.
8. Am 04.02.2020 fand eine mündliche Verhandlung an der Grazer Außenstelle des BVwG statt, an jener eine Vertreterin der belangten Behörde teilnahm.
Der BF wurde, in Ermanglung des Inkenntnisbringens einer Meldeadresse des BF, nachweislich durch Hinterlegung im Akt zur mündlichen Verhandlung geladen, blieb dieser jedoch unentschuldigt fern.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen (Sachverhalt):
Der BF führt die im Spruch angeführte Identität (Name und Geburtsdatum) und ist Staatsangehöriger der Republik Slowakei, ledig und kinderlos.
Der BF hielt sich seit 15.11.2011 im Bundesgebiet auf und verfügte bis zum 20.08.2019 über eine durchgehende Wohnsitzmeldung in Österreich.
Der BF wurde am XXXX.2019 in seinen Herkunftsstaat abgeschoben wo er sich seither aufhält und aktuell an der Adresse XXXX, aufrecht gemeldet ist. Der BF hat weder die belangte Behörde noch das erkennende Gericht über seinen Aufenthaltsort im Herkunftsstaat in Kenntnis gesetzt.
Der BF ist gesund und arbeitsfähig, und ging beginnend mit 19.12.2011 wiederholt Erwerbstätigkeiten in Österreich nach. Zuletzt war der BF als Arbeiter bei der Fa. XXXX, von 04.06.2018 bis 04.01.2019 beschäftigt.
Im Zeitraum 02.03.2013 bis 10.03.2019 bezog der BF wiederholt Leistungen aus der staatlichen Arbeitslosenversicherung. Ein Bezug von Sozialleistungen konnte nicht festgestellt werden.
Der BF ist - entgegen seinem konkreten Vorbringen - nicht im Besitz einer Wiedereinstellungszusage von der Fa. XXXX.
Der BF verfügt über keine familiären Anknüpfungspunkte in Österreich.
Soziale Beziehungen im Bundesgebiet bestehen, jedoch konnten deren Umfang sowie das diesbezügliche Vorleigen besonderer Nahe- und/oder Abhängigkeitsverhältnisse nicht festgestellt werden.
Der BF ist nicht im Besitz einer Anmeldebescheinigung und hat die Ausstellung einer solchen auch nie beantragt.
Der BF wurde mit Urteil des LG XXXX, Zl.: XXXX, vom XXXX.2018, RK XXXX.2018, wegen des Verbrechens der Vergewaltigung gemäß § 201 Abs. 1 StGB, zu einer Freiheitsstrafe von 30 Monaten, wovon 20 Monate bedingt nachgesehen wurden, verurteilt.
Der BF wurde für schuldig befunden, am XXXX.2017 in XXXX seine EX-Lebensgefährtin mit Gewalt zur Duldung einer dem Beischlaf gleichzusetzenden Handlung genötigt zu haben, indem er sie nackt zur Vornahme von Geschlechtsverkehr aufforderte und ihr nachdem sie sich weigerte das Leibchen und den BH herunterriss, sie auf die Couch schmiss, mit seinen Händen gegen ihren Kopf und auf ihr Gesäß schlug, Hose und Unterhose herunterriss, dabei weiterhin mit seiner Hand gegen ihren Körper schlug und ihr zwei Finger in ihre Scheide einführte, wobei der Angriff nur aufgrund der massiven Gegenwehr des Opfers beendet werden konnte. Zudem äußerte der BF seinem Opfer gegenüber, dass es nur ihm und nur ihm gehöre.
Das Opfer erlitt dabei zahlreiche Verletzungen, und zwar eine Schwellung und kleine Hämatome im Bereich der linken Wange, im Bereich des Unterkieferwinkels und im Bereich der auriculae, geringe auch periorbital beidseitige Hämatome im Bereich der oberen und unteren Lippe links, ca. einmal zwei Zentimeter und einmal eins oben, kleine Abschürfungen im Bereich der oberen und unteren Lippe, am Oberarm rechts einige Hämatome bis zwei Zentimeter groß, am Unterarm beidseits mehrere kleine Hämatome ca. zwei Zentimeter im Durchmesser ersichtlich. Auch Hämatome im Bereich des Gesäß beidseits waren vorhanden.
Der BF bekannte sich nur dahingehend schuldig, sein Opfer geschlagen und am Körper verletzt zu haben, er leugnete jedoch , diese mit Gewalt gegen ihren Willen zur Duldung einer dem Beischlaf gelichzusetzenden Handlung genötigt zu haben.
Mildernd wurde dabei der bisher ordentliche Lebenswandel sowie das teilweise Geständnis zur Beifügung der Körperverletzungen, erschwerend jedoch die Tathandlung gegenüber seiner ehemaligen Lebensgefährtin gewertet.
Es wird festgestellt, dass der BF das zuvor beschriebene Verhalten gesetzt und die Straftat begangen hat.
Eine gegen das zuvor zitierte Strafurteil vom BF erhobene Nichtigkeitsbeschwerde wurde mit Beschluss des OGH, Zl. XXXX, vom XXXX.2018, zurückgewiesen und eine Berufung des BF mit Urteil des OLG, Zl. XXXX, vom XXXX.2018 abgewiesen. In beiden Rechtsmitteln bestritt der BF die Begehung einer Vergewaltigung.
Mit Beschluss des LG XXXX als Vollzugsgericht, Zl. XXXX, vom XXXX.2019 wurde der BF am XXXX.2019 bedingt aus seiner Freiheitsstrafe unter Anordnung der Bewährungshilfe, welche am XXXX.2019 wieder aufgehoben wurde, entlassen.
Der BF wurde von XXXX.2019 bis XXXX.2019 in der Justizanstalt XXXX angehalten.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.
2.2. Die oben getroffenen Feststellungen beruhen auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten und einer abgehaltenen mündlichen Verhandlung durchgeführten Ermittlungsverfahrens und werden in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt:
2.2.1. Die strafgerichtliche Verurteilung des BF in Österreich, die näheren Ausführungen zur der vom BF begangen Straftat sowie die Feststellung, dass der BF diese begangen hat, beruhen auf dem Amtswissen des erkennenden Gerichts (Einsicht in das Strafregister der Republik Österreich) sowie einer Ausfertigung des oben zitierten Strafurteils des LG XXXX. Ferner beruhen die Zurückweisung der Nichtigkeitsbeschwerde sowie die Abweisung der Berufung des BF sowie die in den Rechtsmitteln jeweils negierte Verantwortung für die Vergewaltigung auf einer jeweiligen Ausfertigung der oben zitierten Entscheidungen des OGH und OLG XXXX.
Die bedingte Entlassung des BF aus seiner Freiheitsstrafe, die Anordnung der Bewährungshilfe und Aufhebung derselben beruhen ebenfalls auf einer aktuellen Einsichtnahme in das Strafregister der Republik Österreich.
Dem Zentralen Melderegister lassen sich die Wohnsitzmeldungen des BF in Österreich sowie die Anhaltung in der Justizanstalt entnehmen.
Die Abschiebung des BF wird im Zentralen Fremdenregister sowie in einer Bestätigung der die Abschiebung ausführenden Beamten des PAZ XXXX (siehe Beilage zum Verhandlungsprotokoll) dokumentiert. Ferner beruht der aktuelle Aufenthalt des BF sowie dessen Meldeadresse im Herkunftsstaat auf einem vom BFA anher übermittelten Erhebungsbericht der LPD XXXX, Gz.: XXXX, vom XXXX.2020 (siehe OZ 9). Das der BF von sich aus seinen Aufenthaltsort im Herkunftsstaat dem BFA oder dem BVwG mitgeteilt hätte, ist nicht aktenkundig. Dem Zentralen Fremdenregister lässt sich zudem entnehmen, dass der BF nicht im Besitz einer Anmeldebescheinigung ist und die Ausstellung einer solchen auch nie beantragt hat.
Die Nichtfeststellbarkeit des Bestehens besonderer Nahe- und/oder Abhängigkeitsverhältnisse in Bezug auf in Österreich bestehende Sozialkontakte, erschließt sich aus dem Nichtvorbringen eines diesbezüglich verifizierbaren Sachverhaltes seitens des BF. Der BF gab zwar an über einen undefinierbar großen Freundeskreis zu verfügen, brachte jedoch keine näheren verifizierbaren Angaben zu diesen (Personalien, Adresse, konkretes Verhältnis) vor und behauptete zudem zu keinem Zeitpunkt das Bestehen besonderer Beziehungen.
Die sonstigen oben getroffen Feststellungen beruhen auf den Feststellungen im angefochtenen Bescheid, jenen weder in der gegenständlichen Beschwerde noch sonst während des Beschwerdeverfahrens substantiiert entgegengetreten wurde.
Die Erwerbstätigkeiten des BF in Österreich sowie dessen wiederholter Bezug von Leistungen aus der staatlichen Arbeitslosenversicherung finden in einem aktuellen Sozialversicherungsauszug Niederschlag. Diesem lassen sich auch keine Anhaltspunkte für den Bezug von Sozialleistungen in Österreich entnehmen (vgl. VwGH 22.03.2009, 2009/18/0402: wonach Arbeitslosengeld eine Versicherungs- und keine Sozialleistung ist).
In der gegenständlichen Beschwerde bringt der BF vor, im Besitz einer Einstellungszusage der Fa. XXXX zu sein, ohne jedoch ein diesbezügliches Beweismittel in Vorlage gebracht zu haben. In einem per E-Mail am 07.11.2019 an das BFA übermittelten Schreiben, teilt die Fa. XXXX jedoch mit, dass gegenüber dem BF keine Einstellungszusage ausgesprochen wurde, und der BF nicht die Wahrheit spreche, wenn er das Bestehen einer solchen behaupte (siehe Beilage zum Verhandlungsprotokoll). In Ermangelung der Vorlage entsprechender Beweismittel, konnte sohin das Bestehen einer Einstellungszusagen nicht festgestellt werden.
Die sonstigen oben getroffenen Feststellungen beruhen auf den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, jenen weder in der gegenständlichen Beschwerde noch im gegenständlichen Beschwerdeverfahren entgegengetreten wurde.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A):
3.1. Zur Abweisung der Beschwerde:
3.1.1. Gemäß § 2 Abs. 4 Z 1 FPG gilt als Fremder, jener der die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt und gemäß Abs. 4 Z 8 leg cit als EWR-Bürger, jener Fremder, der Staatsangehöriger einer Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-Abkommen) ist.
Der BF als Staatsangehöriger von Slowakei ist sohin EWR-Bürger iSd.
3.1.2. Der mit "Aufenthaltsverbot" betitelte § 67 FPG lautet:
"§ 67. (1) Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige ist zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.
(2) Ein Aufenthaltsverbot kann, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden.
(3) Ein Aufenthaltsverbot kann unbefristet erlassen werden, wenn insbesondere
1. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;
2. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB);
3. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder
4. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.
(4) Bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes ist auf die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen. Die Frist des Aufenthaltsverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise.
(Anm.: Abs. 5 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)"
Der mit "Schutz des Privat- und Familienlebens" betitelte § 9 BFA-VG lautet:
"§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.
(Anm.: Abs. 4 aufgehoben durch Art. 4 Z 5, BGBl. I Nr. 56/2018)
(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.
(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt."
Der mit "Bescheinigung des Daueraufenthalts von EWR-Bürgern" betitelte § 53a NAG lautet wie folgt:
"§ 53a. (1) EWR-Bürger, denen das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht zukommt (§§ 51 und 52), erwerben unabhängig vom weiteren Vorliegen der Voraussetzungen gemäß §§ 51 oder 52 nach fünf Jahren rechtmäßigem und ununterbrochenem Aufenthalt im Bundesgebiet das Recht auf Daueraufenthalt. Ihnen ist auf Antrag nach Überprüfung der Aufenthaltsdauer unverzüglich eine Bescheinigung ihres Daueraufenthaltes auszustellen.
(2) Die Kontinuität des Aufenthalts im Bundesgebiet wird nicht unterbrochen von
1. Abwesenheiten von bis zu insgesamt sechs Monaten im Jahr;
2. Abwesenheiten zur Erfüllung militärischer Pflichten oder
3. durch eine einmalige Abwesenheit von höchstens zwölf aufeinander folgenden Monaten aus wichtigen Gründen wie Schwangerschaft und Entbindung, schwerer Krankheit, eines Studiums, einer Berufsausbildung oder einer beruflichen Entsendung.
(3) Abweichend von Abs. 1 erwerben EWR-Bürger gemäß § 51 Abs. 1 Z 1 vor Ablauf der Fünfjahresfrist das Recht auf Daueraufenthalt, wenn sie
1. zum Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Erwerbsleben das Regelpensionsalter erreicht haben, oder Arbeitnehmer sind, die ihre Erwerbstätigkeit im Rahmen einer Vorruhestandsregelung beenden, sofern sie diese Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet mindestens während der letzten zwölf Monate ausgeübt und sich seit mindestens drei Jahren ununterbrochen im Bundesgebiet aufgehalten haben;
2. sich seit mindestens zwei Jahren ununterbrochen im Bundesgebiet aufgehalten haben und ihre Erwerbstätigkeit infolge einer dauernden Arbeitsunfähigkeit aufgeben, wobei die Voraussetzung der Aufenthaltsdauer entfällt, wenn die Arbeitsunfähigkeit durch einen Arbeitsunfall oder eine Berufskrankheit eingetreten ist, auf Grund derer ein Anspruch auf Pension besteht, die ganz oder teilweise zu Lasten eines österreichischen Pensionsversicherungsträgers geht, oder
3. drei Jahre ununterbrochen im Bundesgebiet erwerbstätig und aufhältig waren und anschließend in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union erwerbstätig sind, ihren Wohnsitz im Bundesgebiet beibehalten und in der Regel mindestens einmal in der Woche dorthin zurückkehren;
Für den Erwerb des Rechts nach den Z 1 und 2 gelten die Zeiten der Erwerbstätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union als Zeiten der Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet. Zeiten gemäß § 51 Abs. 2 sind bei der Berechnung der Fristen zu berücksichtigen. Soweit der Ehegatte oder eingetragene Partner des EWR-Bürgers die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt oder diese nach Eheschließung oder Begründung der eingetragenen Partnerschaft mit dem EWR-Bürger verloren hat, entfallen die Voraussetzungen der Aufenthaltsdauer und der Dauer der Erwerbstätigkeit in Z 1 und 2.
(4) EWR-Bürger, die Angehörige von unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgern gemäß § 51 Abs. 1 Z 1 sind, erwerben ebenfalls das Daueraufenthaltsrecht, wenn der zusammenführende EWR-Bürger das Daueraufenthaltsrecht gemäß Abs. 3 vorzeitig erworben hat oder vor seinem Tod erworben hatte, sofern sie bereits bei Entstehung seines Daueraufenthaltsrechtes bei dem EWR-Bürger ihren ständigen Aufenthalt hatten.
(5) Ist der EWR-Bürger gemäß § 51 Abs. 1 Z 1 im Laufe seines Erwerbslebens verstorben, bevor er gemäß Abs. 3 das Recht auf Daueraufenthalt erworben hat, so erwerben seine Angehörigen, die selbst EWR-Bürger sind und die zum Zeitpunkt seines Todes bei ihm ihren ständigen Aufenthalt hatten, das Daueraufenthaltsrecht, wenn
1. sich der EWR-Bürger zum Zeitpunkt seines Todes seit mindestens zwei Jahren im Bundesgebiet ununterbrochen aufgehalten hat;
2. der EWR-Bürger infolge eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit verstorben ist, oder
3. der überlebende Ehegatte oder eingetragene Partner die österreichische Staatsangehörigkeit nach Eheschließung oder Begründung der eingetragenen Partnerschaft mit dem EWR-Bürger verloren hat."
Gemäß § 8 ZustG hat eine Partei, die während eines Verfahrens, von dem sie Kenntnis hat, ihre bisherige Abgabestelle ändert, dies der Behörde unverzüglich mitzuteilen.
Gemäß § 13 Abs. 1 BFA-VG hat der Fremde am Verfahren vor dem Bundesamt mitzuwirken.
3.1.3. Die Beschwerde gegen den Bescheid des BFA war aus folgenden Gründen abzuweisen:
3.1.3.1. Da vom BF, der aufgrund seiner slowakischen Staatsangehörigkeit in den persönlichen Anwendungsbereich von § 67 FPG fällt, - unter Berücksichtigung des Straftatzeitpunktes - die Voraussetzung eines durchgehenden rechtmäßigen Aufenthaltes im Bundesgebiet seit mehr als 5 iSd. § 53a NAG, jedoch nicht 10 Jahren erfüllt ist, kommt für diesen der Prüfungsmaßstab des § 66 Abs. 1 letzter Satzteil FPG (vgl. VwGH 22.01.2014, 2013/21/0135) für Unionsbürger zu Anwendung.
Gegen den BF als grundsätzlich unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürger ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbots sohin gemäß §§ 67 iVm. 66 Abs. 1 letzter Satzteil FPG nur zulässig, wenn auf Grund des persönlichen Verhaltens davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Ordnung oder Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet schwerwiegend gefährdet wäre. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahme begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig.
"Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist bei der Erstellung der für jedes Aufenthaltsverbot zu treffenden Gefährdungsprognose das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die jeweils anzuwendende Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist. Dabei ist nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen. Bei der nach § 67 Abs. 1 FPG zu erstellenden Gefährdungsprognose geht schon aus dem Gesetzeswortlaut klar hervor, dass auf das "persönliche Verhalten" des Fremden abzustellen ist und strafrechtliche Verurteilungen allein nicht ohne weiteres ein Aufenthaltsverbot begründen können (vgl. - noch zu § 86 FPG in der Fassung vor dem FrÄG 2011, der Vorgängerbestimmung des § 67 FPG - etwa die hg. Erkenntnisse vom 26. September 2007, Zl. 2007/21/0197, und vom 21. Februar 2013, Zl. 2012/23/0042, mwN)." (VwGH 25.04.2014, Ro 2014/21/0039)
Zudem gilt es festzuhalten, dass die fremdenpolizeilichen Beurteilungen eigenständig und unabhängig von den die des Strafgerichts für die Strafbemessung, die bedingte Strafnachsicht und den Aufschub des Strafvollzugs betreffenden Erwägungen zu treffen sind (vgl. Erkenntnis des VwGH v. 6.Juli 2010, Zl. 2010/22/0096) und es bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes/Einreiseverbotes in keiner Weise um eine Beurteilung der Schuld des Fremden an seinen Straftaten und auch nicht um eine Bestrafung geht. (vgl. Erkenntnis des VwGH vom 8. Juli 2004, 2001/21/0119).
Die Bestimmungen der § 67 Abs. 1 und 2 FrPolG 2005 und § 66 Abs. 1 FrPolG 2005, beide idF FrÄG 2011, sind vor dem Hintergrund der unionsrechtlichen Vorgaben der Richtlinie 2004/38/EG - Freizügigkeitsrichtlinie, deren Umsetzung sie dienen, zu verstehen. Demnach sind sie in ihrem Zusammenspiel dahin auszulegen, dass hinsichtlich Personen, die das Daueraufenthaltsrecht erworben haben, nicht nur bei der Ausweisung, sondern auch bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes der in § 66 Abs. 1 letzter Satzteil FrPolG 2005 idF FrÄG 2011 vorgesehene Gefährdungsmaßstab, der jenem in Art. 28 Abs. 2 der genannten Richtlinie entspricht, heranzuziehen ist (Hinweis E 13. Dezember 2012, 2012/21/0181; E 12. März 2013, 2012/18/0228). Dieser Maßstab liegt im abgestuften System der Gefährdungsprognosen über dem Gefährdungsmaßstab nach dem ersten und zweiten Satz des § 67 Abs. 1 FrPolG 2005 idF FrÄG 2011. (vgl. VwGH 22.01.2014, 2013/21/0135)
Aufenthaltsverbote nach § 67 FPG knüpfen tatbestandsmäßig nicht an einen (aktuellen) Inlandsaufenthalt an und sind somit auch dann möglich, wenn sich der betreffende Fremde (schon) im Ausland befindet. (vgl. VwGH 25.01.2018, Ra 2017/21/0237)
3.1.3.2. Der BF wurde unbestritten zuletzt wegen des Verbrechens der Vergewaltigung gemäß § 201 Abs. 1 StGB zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe von insgesamt 30 Monaten, davon 10 Monate unbedingt, verurteilt.
Das vom BF gezeigte Verhalten lässt vor dem Hintergrund der massiven Gewalteinwirkung auf sein Opfer mit der Zielsetzung entgegen dessen Willen eine dem Beischlaf gleichkommende sexuelle Handlung zu setzen, eine massive Herabsetzung der inneren Hemmschwelle und das Vorliegen einer hohen kriminelle Energie beim BF erkennen. So hat der BF unter permanenter Gewalteinwirkung auf sein Opfer teils in Form von Schlägen zur Duldung sexueller Handlungen, konkret das Einführen zweier Finger in die Vagina des Opfers, genötigt. Das Opfer des BF erlitt bei dem besagten Übergriff eine Vielzahl an Verletzungen und konnte nur allein aufgrund ihres anhaltenden vehementen Wiederstandes letztlich den BF abwehren und Schlimmeres verhindern. Das der BF von sich aus von seinem Opfer abgelassen hätte, konnte letztlich nicht festgestellt werden. Vielmehr lässt sich dem oben zitierten Strafurteil entnehmen, dass der BF zuvor sein Opfer aufforderte mit ihm Sex zu haben und als Reaktion auf dessen Weigerung mit Gewalt gegen dieses vorging. Dies legt nahe, dass der BF von seinem Opfer erst von sich aus abgelassen hätte, wenn er sein Ziel, mit diesem Geschlechtsverkehr zu haben, erreicht hätte. Das Verhalten des BF kann ferner auf dessen Neigung zur Eifersucht zurückgeführt werden, was sich letztlich durch seine Äußerung gegenüber dem Opfer im Tatzeitpunkt, dass es nur ihm gehöre, bestätigt.
Das Verhalten des BF lässt ein Fehlen einer Verbundenheit zu rechtsstaatlich geschützten Werten sowie Interessen und Rechten andere erkennen. Der Unwillen des BF trotz längerer Aufenthaltsnahme in Österreich fristgerecht die Ausstellung einer Anmeldebescheinigung gemäß § 53 Abs. 1 NAG zu beantragen sowie dem erkennenden Gericht seine aktuelle Adresse im Herkunfsstaat mitzuteilen, unterstreicht den Unwillen des BF sich an gültige Bestimmungen zu halten bzw. an hoheitlichen Verfahren mitzuwirken weiter.
Letztlich fand der BF im gesamten Verfahren, selbst in seiner Beschwerde, keine Worte hinsichtlich seiner Tat-Verantwortung, sodass der BF eine Reue oder gar Einsicht nicht zu vermitteln vermochte. Vielmehr hat der BF bis zuletzt in allen Rechtsmittelinstanzen die Vergewaltigung seines Opfer bestritten und brachte erstmals in der gegenständlichen Beschwerde vor, seine Tat zu bereuen und eine Gewalttherapie absolvieren zu wollen. Nähere Ausführungen hinsichtlich seiner Verantwortung oder Geständigkeit sowie Nachweise über den Beginn und den allfälligen Erfolg einer Therapie blieb der BF bis dato jedoch schuldig. Die bloße - erstmalige - Behauptung sich reuig zu zeigen, vermag vor dem Hintergrund der bisherigen beharrlichen Weigerung voll geständig zu sein, nicht überzeugen. Ferner brachte der BF - eine Wesensänderung nicht erkennen lassend - wahrheitswidrig vor, eine Einstellungszusage der Fa. XXXX erhalten zu haben.
Der seit der Straftat des BF vergangene vorfallfreie Zeitraum, vermag daran nichts zu ändern. Der BF hat diesen Zeitraum überwiegend in Strafhaft verbracht, und ist dieser zudem viel zu kurz um vor dem Hintergrund der vom BF gezeigten Gewaltbereitschaft und Eifersuchtsneigung, wobei der BF selbst die Notwendigkeit einer Gewalttherapie behauptete) allein aus der besagten kurzen vorfallfreien Zeit Rückschlüsse auf ein zukünftiges Wohlverhalten des BF ziehen zu können. (vgl. VwGH 13.07.2011, 2007/18/0785: wonach es zur Beurteilung einer Wesensänderung eines Wohlverhaltens in Freiheit bedarf).
Der VwGH hat wiederholt ausgeführt, dass der Verhinderung von Gewaltdelikten (VwGH 22.11.2017, Ra 2017/19/0474; 22.02.2017, Ra 2017/19/0043) eine große Bedeutung aufgrund deren schwerwiegenden Beeinträchtigung öffentlicher Interessen, zukomme. Ferner hat der VwGH klar gestellt, dass es sich bei Vergewaltigung um eine massive und besonders verwerfliche Straftat handelt, welche auf eine sehr schwerwiegende Gefährdung öffentlicher Interessen hinweist (vgl. VwGH VwGH 24.10.2019, Ra 2019/21/0232).
Das vom BF gezeigte Verhalten lässt sohin eine maßgebliche Gefährdung öffentlicher Interessen, insbesondere der öffentlichen Sicherheit und Ordnung erkennen und kann dem BF zudem keine positive Zukunftsprognose erstellt werden.
Ferner konnte auch im Hinblick auf § 9 BFA-VG, eingedenk des vom BF gezeigten Verhaltens, nicht von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes Abstand genommen werden.
Es konnten in Bezug auf den BF keine familiären Bezugspunkte in Österreich festgestellt werden. Auch im Hinblick auf die dem BF aufgrund seiner Aufenthaltsdauer zuzubilligenden sozialen Kontakte konnten keine besonderen Beziehungsverhältnisse festgestellt werden. Dem BF sind letztlich zwar dessen Erwerbstätigkeiten sowie langjähriger Aufenthalt in Österreich zu Gute zu halten, jedoch ist dem auch das vom BF gezeigte, insbesondere strafrechtswidrige, Verhalten gegenüberzustellen.
Angesichts des besagten und - insbesondere - in seiner Gesamtheit gravierenden Fehlverhaltens des BF ist davon auszugehen, dass die Erlassung eines gegen den BF gerichteten Aufenthaltsverbotes gemäß § 9 BFA-VG zulässig ist, ist es doch zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele, insbesondere der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Hinblick auf Verhinderung strafbarer Handlungen im Bereich der Gewalt- und Sexualdelikte dringend geboten.
Die öffentlichen Interessen an der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes sind demnach höher zu gewichten als die gegenläufigen privaten Interessen des BF. Das vom BF gesetzte Verhalten ist als schwerwiegend und geeignet die öffentlichen Interessen maßgeblich zu gefährden anzusehen, sodass die Voraussetzungen für die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes gemäß §§ 66 Abs. 1 letzter Satzteil iVm. 67 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG gegenständlich vorliegen, und unter den gegebenen Umständen die Erlassung eines solchen auch im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung nach § 9 BFA-VG als zulässig zu werten ist.
3.1.3.3. Auch was die gewählte Dauer des Aufenthaltsverbotes betrifft, bewegt sich diese innerhalb des dem Bundesamt zur Verfügung stehenden Rahmens. So sieht § 67 Abs. 2 FPG im vorliegenden Fall, insbesondere aufgrund der Verurteilung des BF zu einer teilbedngten Freiheitsstrafe von 30 Monaten - unter Beachtung der Einreiseverbotstatbestände des § 53 Abs. 3 Z 1 FPG (vgl. VwGH 06.09.2012, 2012/18/0032) - die Erlassung eines bis zu 10 Jahren befristeten Aufenthaltsverbotes als zulässig an.
Wirft man einen Blick auf die Verfehlungen des BF und deren Unwerten, insbesondere im Hinblick auf die vom BF gezeigte sexuell- und eifersuchtsmotivierte Gewalt, aber auch auf den vom BF aufgezeigten Unwillen sich an gültige Normen zu halten, so kann der Einschätzung des Bundesamtes nicht entgegengetreten werden, wenn dieses, bei aufrecht unbehandelter Gewalt- und Eifersuchtsneigung sowie in Ermangelung des Erkennens einer Reue und Bereitschaft zur Verantwortungsübernahme seitens des BF, die Verhängung eines auf 6 Jahre befristeten Aufenthaltsverbotes für zulässig erachtet.
3.1.4. Der mit "Ausreisepflicht und Durchsetzungsaufschub" betitelte § 70 FPG lautet wie folgt:
"§ 70. (1) Die Ausweisung und das Aufenthaltsverbot werden spätestens mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar; der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige hat dann unverzüglich auszureisen. Der Eintritt der Durchsetzbarkeit ist für die Dauer eines Freiheitsentzuges aufgeschoben, auf den wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung erkannt wurde.
(Anm.: Abs. 2 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)
(3) EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen ist bei der Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.
(4) Der Durchsetzungsaufschub ist zu widerrufen, wenn
1. nachträglich Tatsachen bekannt werden, die dessen Versagung gerechtfertigt hätten;
2. die Gründe für die Erteilung weggefallen sind oder
3. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige während seines weiteren Aufenthaltes im Bundesgebiet ein Verhalten setzt, das die sofortige Ausreise aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gebietet."
Dem BF wurde seitens der belangten Behörde gemäß § 70 Abs. 3 FPG ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat erteilt, sodass die Beschwerde in diesem Umfang mangels Beschwer des BF ebenfalls abzuweisen war.
Zu Spruchteil B):
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.
Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.
Schlagworte
Aufenthaltsverbot, Interessenabwägung, öffentliche Interessen,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:G306.2221681.1.00Zuletzt aktualisiert am
26.05.2020