TE Bvwg Beschluss 2019/4/18 W112 2184534-5

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Veröffentlicht am 18.04.2019
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Entscheidungsdatum

18.04.2019

Norm

AVG §76 Abs1
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §76
VwGVG §17

Spruch

W112 2184534-5/15E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin Mag. Elke DANNER als Einzelrichterin in der Beschwerdesache von XXXX , geb. XXXX , StA NIGERIA, vertreten durch XXXX , gegen die Anhaltung in Schubhaft nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung:

A) Gemäß § 76 Abs. 1 AVG iVm § 17 VwGVG wird dem Beschwerdeführer

der Ersatz der Barauslagen für den Dolmetscher XXXX für die Sprache ENGLISCH in der Verhandlung am 23.07.2018 iHv € 146,00 auferlegt.

Der Beschwerdeführer hat den Betrag von € 146,00 auf das Konto des Bundesverwaltungsgerichts, IBAN: AT840100000005010167, BIC:

BUNDATWW, binnen vier Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses bei sonstiger Exekution zu überweisen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

1. Der Beschwerdeführer erhob mit Schriftsatz vom 19.07.2018 Beschwerde gegen die Anhaltung in Schubhaft. Er beantragte, das Bundesverwaltungsgericht möge die in Beschwerde gezogene Schubhaft ab Verkündung des Erkenntnisses vom 09.07.2018 als rechtswidrig feststellen. Unter einem möge das Bundesverwaltungsgericht feststellen, dass zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen nicht vorliegen. Unter Hinweis auf § 35 VwGVG beantrage er ferner den Zuspruch von Eingabegebühr und Aufwandersatz im gesetzlichen Umfang, wobei die Eingabegebühr wohl als ersatzfähige Barauslage gemäß § 35 Abs. 4 Z 3 VwGVG anzusehen sei.

Das Bundesverwaltungsgericht führte am 25.07.2018 von 14:00 Uhr bis 16:10 Uhr eine mündliche Verhandlung unter Beiziehung des im Spruch genannten Dolmetschers für die Sprache ENGLISCH durch, da der Beschwerdeführer der deutschen Sprache nicht hinreichend mächtig war. In dem am 25.07.2018 mündlich verkündeten Erkenntnis behielt das Bundesverwaltungsgericht den Abspruch über den Barauslagenersatz einer gesonderten Entscheidung vor.

Die schriftliche Ausfertigung des Erkenntnisses wurde von keinem dazu Berechtigten beantragt. Das Bundesverwaltungsgericht fertigte das Erkenntnis am 13.09.2018 schriftlich aus.

2. Der Dolmetscher legte am 30.07.2018, hg. eingelangt am 31.07.2018, eine Kostennote iHv € 146, die nicht berichtigt werden musste. Mit Schriftsatz vom 20.09.2018 räumte das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer Parteiengehör zur Kostennote des Dolmetschers ein.

In seiner Stellungnahme vom 08.10.2018 führte der Beschwerdeführer aus, dass er auf dem Standpunkt stehe, dass er die Gebühren des Dolmetschers nicht zu tragen habe: Die mündliche Verhandlung sei weder beantragt, noch notwendig gewesen, denn es seien in Bezug auf die verfahrensgegenständliche Schubhaft ausschließlich Rechtsfragen besprochen worden, dies hätte auch in Schriftform mit dem Vertreter passieren können, diesfalls wären keine Dolmetschergebühren angefallen. Das Beschwerdeverfahren sei erfolgreich gewesen, das Gericht habe teilweise die Rechtswidrigkeit der erlittenen Haft erkannt, sowie festgestellt, dass die Voraussetzungen zur Aufrechthaltung der Schubhaft nicht vorlagen. Gemäß Art. 7 PersFr B-VG habe jedermann, der rechtswidrig festgenommen oder angehalten wurde, Anspruch auf volle Genugtuung einschließlich des Ersatzes nicht vermögensrechtlichen Schadens. Es sei daher nicht davon auszugehen, dass der österreichische Verfassungsgeber das Entstehen eines vermögensrechtlichen Schadens anordnen habe wollen. Angesichts dessen, dass die Gebühren sohin nicht von ihm zu tragen seien, sehe er auch keine Veranlassung zum Gebührenantrag selbst inhaltlich Stellung zu nehmen.

Mit Beschluss vom 26.11.2018 bestimmte das Bundesverwaltungsgericht die gebührenrechtlichen Ansprüche des Dolmetschers nachträglich gemäß § 17 VwGVG iVm §§ 53a Abs. 2, 53b AVG mit € 146,00. Das Bundesverwaltungsgericht wies die Dolmetschergebühr am 01.10.2018 an.

3. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem vorliegenden Gerichtsakt.

II. Erwägungen

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung, des Agrarverfahrensgesetzes und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A) Barauslagenersatz

Erwachsen der Behörde bei einer Amtshandlung Barauslagen, so hat dafür, sofern nach den Verwaltungsvorschriften nicht auch diese Auslagen von Amts wegen zu tragen sind, gemäß § 76 Abs. 1 AVG die Partei aufzukommen, die den verfahrenseinleitenden Antrag gestellt hat. Als Barauslagen gelten auch die Gebühren, die den Sachverständigen und Dolmetschern zustehen. Wurde jedoch die Amtshandlung durch das Verschulden eines anderen Beteiligten verursacht, so sind die Auslagen gemäß Abs. 2 von diesem zu tragen. Wurde die Amtshandlung von Amts wegen angeordnet, so belasten die Auslagen den Beteiligten dann, wenn sie durch sein Verschulden herbeigeführt worden sind. Treffen die Voraussetzungen der vorangehenden Absätze auf mehrere Beteiligte zu, so sind die Auslagen gemäß Abs. 3 auf die einzelnen Beteiligten angemessen zu verteilen. Ist eine Amtshandlung nicht ohne größere Barauslagen durchführbar, so kann die Partei, die den verfahrenseinleitenden Antrag gestellt hat, gemäß Abs. 4 zum Erlag eines entsprechenden Vorschusses verhalten werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 24.06.2003, 2001/01/0260, bejaht, dass diese Vorschrift auch im Maßnahmebeschwerdeverfahren anwendbar ist und der "Antragsteller" die Barauslagen zu tragen hat.

Der Beschwerdeführer stellte in der Beschwerde keinen Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung. § 76 Abs. 1 und 2 jeweils erster Satz AVG erfassen aber alle Amtshandlungen, die notwendige Voraussetzung für die Entscheidung über den verfahrenseinleitenden Antrag sind, unabhängig davon, ob der Antragsteller die Kosten verursachende Amtshandlung (zB ein Sachverständigengutachten oder einen Lokalaugenschein) ausdrücklich beantragt hat (Hengstschläger/Leeb, AVG § 76 Rz 50; vgl. auch VwGH 09.04.2013, 2011/04/0048).

Die mündliche Verhandlung war zur Ermittlung des maßgeblichen Sachverhalts erforderlich. Dass die mündliche Verhandlung ausschließlich ein Rechtsgespräch gewesen sei, findet in der Verhandlungsschrift keine Deckung; die Verhandlung diente fast ausschließlich der Befragung des Beschwerdeführers.

Die Begründung des Beschwerdeführers, er habe die Barauslagen nicht zu tragen, weil er teilweise obsiegt habe, verfängt schon deshalb nicht, weil nach der zu § 79a AVG ergangenen Rechtsprechung zum Kostenersatz im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt bei einem bloß teilweisen Obsiegen hinsichtlich von mehreren als Einheit zu wertenden Amtshandlungen ein Kostenersatz nicht stattfand (vgl. VwGH 31.01.2013, 2008/04/0216). Die Frage nach der Übertragung dieser Rechtsprechung auf § 35 VwGVG ist zu bejahen, weil § 79a AVG dem § 35 VwGVG 2014 entspricht (vgl. RV 2009 BlgNR XXIV GP, 8; VwGH 04.05.2015, Ra 2015/02/0070). Aufgrund der strukturellen Übereinstimmung der früheren, auf § 79a (alt) AVG beruhenden UVS-Aufwandersatzverordnung mit der VwG-Aufwandersatzverordnung ist auch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Anforderung an die Geltendmachung von Aufwandersatz nach der erstgenannten Verordnung auf die VwG-Aufwandersatzverordnung zu übertragen (VwGH 25.05.2016, Ra 2016/11/0042). Der Beschwerdeführer ist mit der Beschwerde gegen einen Teil der Anhaltung in Schubhaft unterlegen, somit nicht als vollständig obsiegend anzusehen (zB VwGH 24.01.2019, Ra 2018/21/0228).

Soweit der Beschwerdeführer im Übrigen auf dem Standpunkt steht, dass er die Gebühren des Dolmetschers nicht zu tragen habe, ist darauf hinzuweisen, dass er keinen Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe gestellt hat.

Dem Bundesverwaltungsgericht sind durch die Durchführung der mündlichen Verhandlung über die Beschwerde Dolmetschergebühren erwachsen. Der Dolmetscher verzeichnete € 146,00 an Gebühren, welche vom Bundesverwaltungsgericht nicht berichtigt werden mussten. Somit sind dem Bundesverwaltungsgericht € 146,00 an Barauslagen entstanden, die vom Beschwerdeführer dem Bundesverwaltungsgericht gemäß § 76 Abs. 1 AVG iVm § 17 VwGVG zu erstatten sind.

Zu B) Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist zulässig, weil es an einer Rechtsprechung zur Auferlegung des Barauslagenersatzes im Schubhaftverfahren durch das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 76 Abs. 1 AVG iVm § 17 VwGVG fehlt; eine solche besteht nur im Hinblick auf § 53 Abs. 4 BFA-VG und § 113 Abs. 1 Z 4 FPG (s. VwGH 19.05.2015, Ro 2014/21/0071) bzw. auf das Bescheidbeschwerdeverfahren (VwGH 12.10.2015, Ro 2015/22/0022).

Schlagworte

Barauslagen, Dolmetscher, Dolmetschergebühren - Neuberechnung,
Revision zulässig, Schubhaftverfahren

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W112.2184534.5.00

Zuletzt aktualisiert am

25.05.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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