Index
19/05 Menschenrechte;Norm
AsylG 1991 §6;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Robl,
Dr. Rosenmayr, Dr. Baur und Dr. Pelant als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Ogris, über die Beschwerde des AS in Wien, geboren am 4. März 1970, vertreten durch Dr. Herta Schmid, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Landskrongasse 5, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Burgenland vom 6. März 1997, Zl. Fr-102/97, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesministerium für Inneres) Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Burgenland (der belangten Behörde) wurde der Beschwerdeführer, ein indischer Staatsangehöriger gemäß § 17 Abs. 1 und § 19 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich ausgewiesen.
Begründend führte die belangte Behörde im wesentlichen aus, daß der Beschwerdeführer im Juni 1996 "illegal" nach Österreich eingereist sei und sich hier seither unrechtmäßig aufhalte. Seine Berufung gegen den erstinstanzlichen Ausweisungsbescheid habe ausschließlich Einwendungen im Zusammenhang mit seinem Asylverfahren zum Inhalt. Dieses Asylverfahren sei (jedoch) mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 9. Jänner 1997 negativ abgeschlossen worden. Zur Prüfung der Situation in der Heimat des Beschwerdeführers stehe ein eigenes Verfahren zur Verfügung (§ 54 FrG).
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und "desgleichen" wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte (erkennbar), die Beschwerde als unbegründet abzuweisen. Auf die Erstattung einer Gegenschrift wurde verzichtet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 17 Abs. 1 FrG sind Fremde mit Bescheid auszuweisen, wenn sie sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten; hiebei ist auf § 19 FrG Bedacht zu nehmen. Fremde halten sich nach § 15 Abs. 1 FrG rechtmäßig im Bundesgebiet auf, wenn sie unter Einhaltung der Bestimmungen des 2. Teiles und ohne die Grenzkontrolle zu umgehen eingereist sind (Z. 1) oder wenn ihnen eine Bewilligung gemäß § 1 des Aufenthaltsgesetzes oder von einer Sicherheitsbehörde ein Sichtvermerk erteilt wurde (Z. 2) oder solange ihnen Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz 1991, BGBl. Nr. 8/1992, zukommt (Z. 3).
Der Beschwerdeführer tritt zunächst der Auffassung der belangten Behörde entgegen, daß sein Aufenthalt in Österreich unrechtmäßig sei. Dabei läßt er allerdings die im angefochtenen Bescheid getroffene Feststellung unbekämpft, er sei im Juni 1996 "illegal" - was hier nur heißen kann: unter Umgehung der Grenzkontrolle (vgl. die Angaben des Beschwerdeführers vor der Bezirkshauptmannschaft Oberpullendorf vom 23. November 1996, auf die im angefochtenen Bescheid Bezug genommen wird) - ins Inland eingereist. Er stützt sich auch nicht auf eine Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz oder auf einen (ihm von einer Sicherheitsbehörde erteilten) Sichtvermerk, sondern macht lediglich - unter Wiedergabe des Berufungsvorbringens im Verwaltungsverfahren - geltend, daß ihm eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach § 7 Asylgesetz 1991 zukomme. Unbestritten läßt er im vorliegenden Zusammenhang allerdings die im Bescheid der belangten Behörde getroffene Feststellung, daß sein Asylantrag mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 9. Jänner 1997 in II. Instanz - und damit rechtskräftig - abgewiesen worden sei. Dem hält er nur entgegen, daß gegen den eben genannten Bescheid bereits eine Verwaltungsgerichtshofbeschwerde eingebracht "wird bzw. wurde". Eine diesbezügliche Datumsangabe unterbleibt, ebensowenig wird behauptet, daß dieser Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt worden sei (der Vollständigkeit halber sei jedoch angemerkt, daß die Beschwerde gegen den negativen Asylbescheid des Bundesministers für Inneres erst am 5. Juni 1997 eingebracht und zu Zl. 97/20/0328 protokolliert worden ist). Damit kam dem Beschwerdeführer aber jedenfalls im Zeitpunkt der Erlassung des hier in Frage stehenden Ausweisungsbescheides vom 6. März 1997 (das ist der 7. April 1997) keine vorläufige Aufenthaltsberechtigung zu:
Soweit er eine solche zunächst innegehabt haben sollte, ist sie nämlich mit Erlassung des das Asylverfahren negativ beendenden letztinstanzlichen Bescheides des Bundesministers für Inneres vom 9. Jänner 1997 (nach den Verwaltungsakten am 11. Jänner 1997) erloschen. Die dagegen erhobene Verwaltungsgerichtshofbeschwerde, auf die allein sich der Beschwerdeführer bezieht, vermag hieran nichts zu ändern. Auch die allfällige Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung (vom Beschwerdeführer aber gar nicht behauptet), könnte lediglich ex nunc, also mit Zustellung des betreffenden Beschlusses, Wirksamkeit entfalten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 8. Oktober 1997, Zl. 96/21/1066, m.w.N.). Im Ergebnis hielt sich der Beschwerdeführer daher im Zeitpunkt der Erlassung des den Gegenstand dieses verwaltungsgerichtlichen Verfahrens bildenden Ausweisungsbescheides auch unter Bedachtnahme auf § 7 Asylgesetz 1991 nicht rechtmäßig im Bundesgebiet auf. Die Ausweisung ist daher vorbehaltlich ihrer Zulässigkeit im Grunde des § 19 FrG zu Recht erlassen.
Daß die Behörde mit der Entscheidung über die Ausweisung nicht zugewartet hat, bis eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes über die gegen den den Asylantrag des Beschwerdeführers abweisenden Bescheid erhobene Beschwerde vorliegt, ist unerheblich (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Mai 1997, Zl. 97/18/0247). Ebenso unerheblich ist es, daß das Verfahren nach § 54 FrG (Verfahren zur Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers nach Indien) noch nicht rechtskräftig abgeschlossen wurde; § 54 Abs. 4 FrG normiert lediglich, daß bis zur rechtskräftigen Entscheidung keine Abschiebung in den betreffenden Staat vorgenommen werden darf. Das Ausweisungsverfahren wird dagegen durch ein Verfahren nach § 54 FrG nicht berührt, zumal mit der Ausweisung nicht abgesprochen wird, daß der Fremde in ein bestimmtes Land auszureisen habe oder allenfalls abgeschoben werde (vgl. das hg. Erkenntnis vom 12. Februar 1998, Zl. 97/21/0799). Daß "der Zweck dieses Verfahrens durch eine Ausweisung vereitelt wird", trifft vor diesem Hintergrund nicht zu. Damit gehen hier aber auch die Hinweise des Beschwerdeführers auf die behauptete, ihn betreffende Bedrohungs- bzw. Verfolgungssituation in seinem Heimatstaat ins Leere.
Eine Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vermeint der Beschwerdeführer darin zu erblicken, daß seine, in der Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid beantragte (ergänzende) Einvernahme nicht durchgeführt worden ist. Diese hätte ergeben, daß er in Österreich einen festen Wohnsitz besitze, über ein seinen Unterhalt deckendes Einkommen verfüge und eine Lebensgefährtin habe, die er zu ehelichen gedenke. Die von der belangten Behörde verhängte Ausweisung stelle daher einen maßgeblichen Eingriff in sein Privat- bzw. Familienleben dar, weshalb sie im Hinblick auf die §§ 19, 20 FrG unzulässig sei.
Dem ist zunächst zu entgegnen, daß sich für die Behörde nicht der geringste Anhaltspunkt (auch nicht aus der Berufung) ergeben hat, daß der Beschwerdeführer eine Lebensgemeinschaft eingegangen sei. Zumindest insoweit kann daher von einer Verletzung der amtswegigen Ermittlungspflicht nicht die Rede sein, einer nunmehrigen Berücksichtigung der behaupteten Lebensgemeinschaft steht das Neuerungsverbot entgegen (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 4. Mai 1994, Zl. 94/18/0199). Im übrigen lassen die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten Umstände in concreto aber allesamt die gegen ihn verfügte Ausweisung auch im Hinblick auf § 19 FrG nicht als rechtswidrig erscheinen. Denn nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes weist das hier maßgebliche öffentliche Interesse an einem geordneten Fremdenwesen (an der Einhaltung der den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften) aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) einen hohen Stellenwert auf (vgl. das hg. Erkenntnis vom 12. Februar 1998, Zl. 97/21/0779). Die geltend gemachten privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers müssen demgegenüber hier zurücktreten, zumal er sich im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides insgesamt erst rund neun Monate im Inland befand. Daß ihm allenfalls bis Jänner 1997 eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach § 7 Abs. 1 Asylgesetz 1991 zugekommen sein mag, ändert hieran nichts, weil die Rechtsordnung abgewiesenen Asylwerbern, die ihr asylrechtliches Aufenthaltsrecht verloren haben, grundsätzlich nicht die Möglichkeit einräumt, ihren Aufenthalt vom Inland aus zu legalisieren (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. April 1997, Zl. 96/21/0841). Gemäß § 6 Abs. 2 dritter Satz AufG i.d.F. BGBl. Nr. 351/1995 ist eine Antragstellung im Inland nämlich nur ausnahmsweise (u.a. im - hier nicht gegebenen - Fall des Verlustes des Asyls) zulässig.
Im Ergebnis liegt daher auch die behauptete Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften nicht vor, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1997210389.X00Im RIS seit
20.11.2000