TE Bvwg Erkenntnis 2019/4/29 W215 2013982-1

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Veröffentlicht am 29.04.2019
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Entscheidungsdatum

29.04.2019

Norm

AsylG 2005 §54 Abs1 Z2
AsylG 2005 §54 Abs2
AsylG 2005 §55 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58 Abs2
BFA-VG §9 Abs3
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §52
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

W215 2013982-1/21E

W215 2013986-1/14E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. STARK über die Beschwerden von 1) XXXX , geb. XXXX , und 2) XXXX , geb. XXXX , beide Staatsangehörigkeit Kirgisische Republik, gegen Spruchpunkt III. der Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.10.2014, Zahlen 1) 831728900-1758297 und 2) 831729004-1758289, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:

A)

I. Die Beschwerden gegen den ersten Satz des Spruchpunktes III. der Bescheide werden insoweit abgewiesen, als den Beschwerdeführern keine "Aufenthaltsberechtigungen besonderer Schutz" gemäß § 57 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG), in der Fassung BGBl. I Nr. 70/2015, erteilt werden.

II. Den Beschwerden wird hinsichtlich des zweiten und dritten Satzes des Spruchpunktes III. stattgegeben, eine Rückkehrentscheidung in Bezug auf den Herkunftsstaat Kirgisische Republik gemäß § 52 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017, in Verbindung mit § 9 Abs. 3 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG), in der Fassung BGBl. I Nr. 70/2015, auf Dauer für unzulässig erklärt und 1) XXXX und 2) XXXX gemäß § 54 Abs. 1 Z 2 und Abs. 2 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 87/2012, § 58 Abs. 2 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 70/2015, in Verbindung mit § 55 Abs. 1 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 87/2012, der Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung plus" für die Dauer von zwölf Monaten erteilt.

III. Den Beschwerden wird hinsichtlich des vierten Satzes des Spruchpunktes III. stattgegeben und dieser ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist jeweils gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz,

BGBl Nr. 1/1930 (B-VG), in der Fassung BGBl. I Nr. 51/2012, nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die Erstbeschwerdeführerin (P1) ist die Mutter und gesetzliche Vertreterin der minderjährigen Zweitbeschwerdeführerin (P2).

P1 und P2 verließen am 17.11.2013 ihren Herkunftsstaat und reisten schlepperunterstützt nach Österreich ein, wo sie am 24.11.2013 die gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz stellten.

In ihrer Erstbefragung am 24.11.2013 sowie ihrer Einvernahme am 07.10.2014 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gab P1 zu ihren Fluchtgründen zusammengefasst an, dass sie vor ihrem gewalttätigen Ex-Mann geflohen sei. Dieser habe P1 mehrfach misshandelt, vergewaltigt und mit dem Tode bedroht. Da sie in ständiger Angst vor ihm gelebt habe und ihr niemand habe helfen können, sei sie mit ihrer P2 geflüchtet. Für P2 würden dieselben Fluchtgründe gelten.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies mit Bescheiden vom 17.10.2014, Zahlen 1) 831728900-1758297 und 2) 831729004-1758289, die Anträge von P1 und P2 auf internationalen Schutz in Spruchpunkt I. gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten und in Spruchpunkt II. gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Kirgisistan ab. Den Beschwerdeführern wurde in Spruchpunkt III. gemäß §§ 57 und 55 AsylG ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, eine Rückkehrentscheidung gemäß

§ 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG und § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 3 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung der Beschwerdeführer gemäß § 46 FPG nach Kirgisistan zulässig sei. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Beschwerdeführer vor dem gewalttätigen Ex-Mann von P1 geflohen seien, ihnen in Kirgisistan aber unter Zugrundelegung ihres Vorbringens keine Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Ansichten drohe. Es fehle daher an einem der in der Flüchtlingskonvention genannten Gründe und habe ferner auch keine Bedrohung im Sinne des § 8 AsylG glaubhaft gemacht werden können. Auch aus ihrem Privatleben seien keine objektiven Gründe ersichtlich, die einer Ausweisung entgegenstehen würden.

Gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.10.2014, Zahlen 1) 831728900-1758297 und 2) 831729004-1758289, richteten sich gegenständliche fristgerecht am 31.10.2014 eingebrachte Beschwerden. Darin brachte P1 im Wesentlichen vor, dass die Behörde ein mangelhaftes Ermittlungsverfahren und aufgrund mangelhafter Beweiswürdigung unrichtige Feststellungen getroffen habe. P1 und P2 sei aufgrund der massiven Gewalt durch den Ex-Mann von P1 und der mangelnden Schutzwilligkeit des kirgisischen Staates Asyl bzw. aufgrund ihrer Vulnerabilität subsidiärer Schutz zuzuerkennen. Weiters gestalte sich auch die Erlassung einer Rückkehrentscheidung als unzulässig, da P1 und P2 sehr um ihre Integration bemüht seien.

2. Die Beschwerdevorlagen vom 07.11.2014 langten am 10.11.2014 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

Mit Beschwerdeergänzung vom 03.12.2014 legte P1 mehrere Unterlagen zu ihrem Fluchtvorbringen und zu ihrer Integration (Unterstützungsschreiben und Deutschkursbestätigung) vor.

Mit Schreiben vom 18.07.2018 legten P1 weitere Dokumente zu ihrer Integration vor (darunter Deutschkursteilnahmebestätigungen von P1,

XXXX von P2, Teilnahmebestätigungen an Lerntreffen, Urkunde über den

1. Preis von P2 bei einem XXXX ).

Zur Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes wurde für den 31.10.2018 eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht anberaumt, zu der P1, zugleich auch als gesetzliche Vertreterin für P2, in Begleitung ihres anwaltlichen Vertreters erschien. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hatte bereits mit der Beschwerdevorlage auf eine Verhandlungsteilnahme verzichtet und sich mit E-Mail vom 06.09.2018 für die Verhandlung entschuldigt. In der Verhandlung wurden die Quellen der zur Entscheidungsfindung herangezogenen Länderinformationen dargetan, auf deren Einsichtnahme und Ausfolgung P1 und ihr Vertreter verzichteten.

Im Zuge der mündlichen Verhandlung wurden zahlreiche Unterlagen zur Integration der Beschwerdeführer vorgelegt (darunter eine Einstellungszusage für P1, Bestätigung über ehrenamtliche Tätigkeit von P1 für das XXXX , Bericht der XXXX über P2, Teilnahmebestätigungen für P2 über Aktivitäten der örtlichen XXXX , Schreiben der XXXX über die Beschwerdeführer sowie zahlreiche Empfehlungsschreiben von Privatpersonen aus dem Ort).

Mit Schreiben ihres anwaltlichen Vertreters vom 20.11.2018 gab P1 an, ihre Beschwerden gegen Spruchpunkte I. und II. der angefochtenen Bescheide zurückzuziehen. Zu Spruchpunkt III. wurde umfangreiches Vorbringen erstattet und ersucht, von der Erlassung einer Rückkehrentscheidung auf Dauer Abstand zu nehmen. Der Stellungnahme beigelegt waren zahlreiche Empfehlungsschreiben und Fotos der Beschwerdeführer mit Freunden und bei diversen Aktivitäten, Zeichnungen und Briefe der Klassenkollegen von P2 sowie Bilder, die P1 bei ihren ehrenamtlichen Reinigungsdiensten für das XXXX zeigen.

Mit Schreiben vom 25.02.2019 und 11.04.2019 wurde das XXXX von P2, eine Bestätigung über die Aufnahme von P2 an einer XXXX sowie eine Auszeichnung von P2 für ihr XXXX vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die zulässigen Beschwerden erwogen:

1. Feststellungen:

1. P1 ist geschieden, alleinerziehende Mutter und gesetzliche Vertreterin von P2. Die Identität der Beschwerdeführer steht nicht fest. Sie sind Staatsangehörige der Kirgisischen Republik, gehören der kirgisischen Volksgruppe an und sind moslemischen Glaubens.

2. Mit Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.10.2014, Zahlen 1) 831728900-1758297 und 2) 831729004-1758289, wurden die Anträge der Beschwerdeführer vom 24.11.2013 auf internationalen Schutz in Spruchpunkt I. gemäß

§ 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten und in Spruchpunkt II. gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Kirgisistan abgewiesen. Den Beschwerdeführern wurde in Spruchpunkt III. gemäß §§ 57 und 55 AsylG ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, eine Rückkehrentscheidung gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG und § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 3 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung der Beschwerdeführer gemäß § 46 FPG nach Kirgisistan zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt.

Gegen die am 21.10.2014 zugestellten Bescheide wurde fristgerecht am 31.10.2014 Beschwerde erhoben. Nach der Beschwerdeverhandlung am 31.10.2018 zogen die Beschwerdeführer die Beschwerde gegen Spruchpunkte I. und II. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl zurück.

3. Die unbescholtenen Beschwerdeführer halten sich seit ihrer Asylantragstellung am 24.11.2013 durchgehend in Österreich auf und haben ihren Aufenthalt im Bundesgebiet zur umfassenden Integration genützt.

P1 besuchte zahlreiche Deutschkurse, legte bereits am XXXX die A2-Deutschprüfung ab und bemühte sich im Rahmen der mündlichen Verhandlung, viel Deutsch zu sprechen. Sie besucht seit Juni 2016 wöchentlich ein XXXX , um Kontakte zur einheimischen Bevölkerung zu knüpfen und ihre Sprachkenntnisse zu verbessern. Darüber hinaus ist P1 seit 18.06.2016 ehrenamtlich beim XXXX tätig, hilft bei der " XXXX " mit und führt diverse Reinigungstätigkeiten sowie Übersetzungsdienste durch. Aufgrund ihres freiwilligen Engagements und der Inanspruchnahme örtlicher Integrationsprojekte verfügt P1 über viele soziale Kontakte und Freundschaften zu Österreichern, die sie auch aktiv beim Erwerb der Sprache unterstützen. P1 und P2 beziehen seit ihrer Antragstellung zwar durchgehend Leistungen aus der Grundversorgung, jedoch konnte P1 eine Arbeitsplatzzusage in einem Hotel vorlegen, sodass davon auszugehen ist, dass sie in Zukunft für ihren und den Lebensunterhalt ihrer Tochter aufkommen kann.

P2 wurde nach dem Besuch des Kindergartens in Österreich eingeschult und besucht gegenwärtig die XXXX Klasse einer XXXX . Sie weist gute Schulnoten auf und verfügt für das kommende Schuljahr bereits über eine Aufnahmebestätigung für ein XXXX . Zur Verbesserung ihrer schulischen Leistungen besucht P2 zudem ein XXXX . Neben der Schule nimmt P2 seit fünf Jahren mit sehr guten Fortschritten am XXXX in der örtlichen XXXX teil, wo sie regelmäßig Auftritte absolviert und an XXXX im Sommer teilnimmt. Dabei konnte sie im Rahmen des jährlichen XXXX in zwei Jahren jeweils erste Preise in ihrer Altersgruppe XXXX . P2 ist in ihre Klassengemeinschaft voll integriert, nimmt an allen schulischen sowie vielen außerschulischen Aktivitäten teil und wird dabei umfassend von P1 unterstützt, welcher die Ausbildung ihrer Tochter sehr wichtig ist.

2. Beweiswürdigung:

1. Die Identität von P1 und P2 konnte mangels Vorlage eines kirgisischen Identitätsdokuments mit Lichtbild nicht festgestellt werden. Dass P1 die Mutter von P2 ist, ergibt sich aus ihren Angaben, die Scheidung ergibt sich aus den vorgelegten Unterlagen. Die Feststellungen zu Staatsangehörigkeit, Volksgruppenzugehörigkeit, Herkunft und Glauben (siehe Feststellungen 1.) beruhen auf den diesbezüglichen Angaben von P1.

2. Die Feststellungen zum bisherigen Verfahrensgang (siehe Feststellungen 2.) ergeben sich aus den gegenständlichen Akten des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl und des Bundesverwaltungsgerichts.

3. Die Feststellungen zur Situation von P1 und P2 in Österreich (siehe Feststellungen 3.) ergeben sich aus den Angaben von P1 in der Beschwerdeverhandlung sowie den im Beschwerdeverfahren zahlreich vorgelegten Integrationsunterlagen und Unterstützungsschreiben; siehe dazu weiter unten zu Spruchpunkt II.

3. Rechtliche Beurteilung:

Mit Schreiben ihres anwaltlichen Vertreters vom 20.11.2018 zogen die Beschwerdeführer die Beschwerde gegen Spruchpunkte I. und II. der Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl zurück, womit diese in Rechtskraft erwuchsen und nicht länger Gegenstand des Beschwerdeverfahrens sind.

Zu A)

Zu Spruchpunkt I.

Im ersten Satz des Spruchpunktes III. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG gewährt.

Wie bereits festgestellt, wurden mit Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl die Anträge auf internationalen Schutz der Beschwerdeführer gemäß § 3 Abs. 1 iVm

§ 2 Abs. 1 Z 13 AsylG und die Anträge hinsichtlich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Kirgisistan gemäß § 8 Abs. 1 iVm

§ 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen, weshalb das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 58 Abs. 1 Z 2 AsylG die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG von Amts wegen zu prüfen hatte und zu Recht davon ausging, dass die Voraussetzungen für die Erteilung diese Aufenthaltstitels nicht vorlagen.

Auch aktuell sind die Voraussetzungen nicht gegeben, weil der Aufenthalt der Beschwerdeführer weder seit mindestens einem Jahr gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG, in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017, geduldet ist, noch zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig ist, noch die Beschwerdeführer Opfer von Gewalt gemäß § 57 Abs. 1 Z 3 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 70/2015, wurden.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl entschied jedoch auch über die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 55 AsylG. Der Verwaltungsgerichtshof hat mittlerweile klargestellt, dass das Gesetz nunmehr keine Grundlage dafür bietet, in Fällen, in denen Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 Abs. 2 FPG erlassen werden, darüber hinaus noch von Amts wegen negativ über eine Titelentscheidung nach § 55 AsylG abzusprechen (VwGH 15.03.2016, Ra 2015/21/0174; 05.10.2016, Ra 2016/19/0158-6). Bezüglich § 55 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 56/2018, siehe weiter unten zu Spruchpunkt II.2.

Somit sind in Spruchpunkt I. dieses Erkenntnisses die Beschwerden gegen den ersten Satz des Spruchpunktes III. der Bescheide nur insoweit abzuweisen, als den Beschwerdeführern keine "Aufenthaltsberechtigungen besonderer Schutz" gemäß § 57 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 70/2015, erteilt werden.

Zu Spruchpunkt II.

Im zweiten und dritten Satz des Spruchpunktes III. der Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen die Beschwerdeführer Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebungen der Beschwerdeführer gemäß § 46 FPG nach Kirgisistan zulässig seien.

1. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017, iVm § 52 Abs. 2 Z 2 FPG, in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017, ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird.

Mit der Rückkehrentscheidung ist gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist (§ 52 Abs. 9 FPG, in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017).

Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist (§ 9 Abs. 1 BFA-VG).

Gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG ist der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind.

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig und in diesem Sinne auch verhältnismäßig ist.

Betreffend Eingriff in das Privat- und Familienleben der Beschwerdeführer ist Folgendes zu erwägen:

Bei den Beschwerdeführern kann man von einem ungewöhnlich stark ausgeprägten Privatleben in Österreich ausgehen, sodass die gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK gebotene Abwägung nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes zu Gunsten der Beschwerdeführer ausfällt und eine Ausweisung in diesem speziellen Fall einen unzulässigen Eingriff im Sinne des

Art. 8 Abs. 2 EMRK darstellen würde.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat in den Bescheiden vom 17.10.2014 zutreffend erkannt, dass die Angaben von P1 zu den Ausreisegründen nicht den Tatsachen entsprachen. P1 hat im Lauf des Beschwerdeverfahrens die Beschwerden gegen Spruchpunkt I. und II. der angefochtenen Bescheide zurückgezogen, was aufzeigt, dass P1 ihre unwahren Angaben im Asylverfahren nicht länger aufrechterhalten wollte, womit P1 ihr mittlerweile erworbenes Verständnis für die österreichische Rechtsordnung und ihren Respekt vor dieser zum Ausdruck brachte. P1 und P2 halten sich seit Stellung des Antrages auf internationalen Schutz am 23.11.2014 schon mehr als fünf Jahre im Bundesgebiet auf. Die lange Verfahrensdauer ist nicht der Sphäre der Beschwerdeführer zuzurechnen und stellt sich der Aufenthalt aufgrund der vorübergehenden Aufenthaltsberechtigungen nach dem Asylgesetz als rechtmäßig dar.

P1 und P2 haben ihren Aufenthalt im Bundesgebiet zur umfassenden Integration genutzt, die deutsche Sprache gelernt, Freundschaften geknüpft, an Integrationsprojekten der örtlichen Gemeinde teilgenommen und sich sehr um ehrenamtliches Engagement bemüht. Es wurden Konvolute von Schreiben der Nachbarn, Freunde und Lehrer zur Integration der Beschwerdeführer im Beschwerdeverfahren in Vorlage gebracht, in denen anhand vieler Beispiele der Fleiß und das Bemühen der Beschwerdeführer um ihre umfassende Integration hervorgehoben wurde.

So absolvierte P1 zahlreiche Deutschkurse, legte bereits am XXXX die A2-Deutschprüfung ab und besucht seit Juni 2016 wöchentlich ein Begegnungscafé, um Kontakte zur einheimischen Bevölkerung zu knüpfen und ihre Sprachkenntnisse zu verbessern. Darüber hinaus ist P1 ist seit 18.06.2016 ehrenamtlich beim XXXX tätig, hilft bei der " XXXX " mit und führt diverse Reinigungstätigkeiten sowie Übersetzungsdienste durch. Aufgrund ihres freiwilligen Engagements und der Inanspruchnahme örtlicher Integrationsprojekte verfügt P1 über viele soziale Kontakte und Freundschaften zu Österreichern, die sie auch aktiv beim Erwerb der Sprache unterstützen.

P2 wurde nach dem Besuch des Kindergartens in Österreich eingeschult, hat hier Lesen und Schreiben gelernt und besucht gegenwärtig die XXXX Klasse einer XXXX . Sie weist gute Schulnoten auf und verfügt für das kommende Schuljahr bereits über eine Aufnahmebestätigung für ein XXXX . Zur Verbesserung ihrer schulischen Leistungen besucht P2 ein XXXX . Neben der Schule nimmt P2 seit fünf Jahren mit sehr guten Fortschritten am XXXX in der örtlichen XXXX teil, wo sie regelmäßig Auftritte absolviert und an XXXX im Sommer teilnimmt. Dabei konnte sie im Rahmen des jährlichen XXXX in zwei Jahren jeweils erste Preise in ihrer Altersgruppe XXXX . P2 ist in ihre Klassengemeinschaft voll integriert, was auch die zahlreich vorgelegten Zeichnungen und Briefe ihrer Mitschüler belegen, in denen diese um einen positiven Ausgang des Verfahrens bitten. P2 nimmt weiters an allen schulischen sowie vielen außerschulischen Aktivitäten teil (darunter etwa auch am XXXX , obwohl sie dem XXXX angehört) und wird dabei umfassend von P1 unterstützt, welcher die Ausbildung ihrer Tochter sehr wichtig ist.

Es wird nicht verkannt, dass P1 und P2 seit ihrer Antragstellung durchgehend Leistungen aus der Grundversorgung beziehen, jedoch konnte P1 eine Arbeitsplatzzusage in einem Hotel vorlegen, sodass davon auszugehen ist, dass sie in Zukunft den Lebensunterhalt für sich und ihre Tochter bestreiten kann. Auch unter Berücksichtigung ihrer fortgeschrittenen Deutschkenntnisse, ihres ehrenamtlichen Engagements und ihrer vielen Kontakte, die wiederholt darauf hingewiesen haben, die alleinerziehende P1 tatkräftig beim Aufbau einer Existenz unterstützen zu wollen, ist anzunehmen, dass P1 in Zukunft dem Sozialsystem nicht zur Last fallen wird.

Zu den Bindungen zum Herkunftsstaat ist zu beachten, dass es sich bei P1 um eine geschiedene Frau und alleinerziehende Mutter handelt, die in der patriarchalen islamisch geprägten Gesellschaft in der Kirgisischen Republik bei der Bewältigung ihres Alltags als alleinerziehende Mutter auch aufgrund fehlender familiärer Unterstützung mit maßgeblichen Schwierigkeiten konfrontiert wäre. Zwar verfügt P1 noch über Familienangehörige in der Kirgisischen Republik, jedoch besteht zu diesen aufgrund der jahrelangen Abwesenheit kaum noch Kontakt. P2 war zum Zeitpunkt ihrer Ausreise gerade einmal XXXX Jahre alt und hat in Österreich mittlerweile mehr als die Hälfte ihres Lebens zugebracht und wurde hier prägend sozialisiert. Dass sie sich (noch) in einem anpassungsfähigen Alter befindet, fällt gegenständlich nicht ins Gewicht, da ihr eine Ausreise ohne ihre Mutter wegen des Eingriffs in das Recht auf Achtung des Familienlebens nicht zumutbar wäre.

Dem öffentlichen Interesse, eine über die Dauer des Asylverfahrens hinausgehende Aufenthaltsverfestigung von Personen, die sich bisher bloß auf Grund ihrer Asylantragstellung im Inland aufhalten durften, zu verhindern kommt aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu. Das Interesse der Beschwerdeführer an einem Verbleib im Bundesgebiet überwiegt nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes jedoch in den gegenständlichen Fällen unter Berücksichtigung aller Sachverhaltselemente die öffentlichen Interessen an einer Beendigung des Aufenthaltes. Der Eingriff in das Recht der Beschwerdeführer auf Fortführung ihres Privat- und Familienlebens in Österreich erscheint zum verfolgten legitimen Ziel im Fall der Beschwerdeführer mittlerweile unverhältnismäßig.

In den konkreten Fällen würde bei Rückkehrentscheidungen - auf Grund der sehr positiven Entwicklungen bzw. besonderen Integration seit Erlassung der erstinstanzlichen Bescheide - eine Verletzung des Privat- und Familienlebens der Beschwerdeführer drohen, die auf Umständen beruht, die nicht länger vorübergehender Natur sind, weshalb die Rückkehrentscheidungen in Bezug auf den Herkunftsstaat Kirgisische Republik gemäß

§ 52 FPG, in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017, iVm § 9 Abs. 3 BFA-VG, in der Fassung BGBl. I Nr. 70/2015, auf Dauer für unzulässig zu erklären sind.

2. Gemäß § 54 Abs. 1 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 87/2012, werden Drittstaatsangehörigen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt als:

1. "Aufenthaltsberechtigung plus", die zu einem Aufenthalt im Bundesgebiet und zur Ausübung einer selbständigen und unselbständigen Erwerbstätigkeit gemäß § 17 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG), BGBl. Nr. 218/1975 berechtigt,

2. "Aufenthaltsberechtigung", die zu einem Aufenthalt im Bundesgebiet und zur Ausübung einer selbständigen und einer unselbständigen Erwerbstätigkeit, für die eine entsprechende Berechtigung nach dem AuslBG Voraussetzung ist, berechtigt,

3. "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz", die zu einem Aufenthalt im Bundesgebiet und zur Ausübung einer selbständigen und einer unselbständigen Erwerbstätigkeit, für die eine entsprechende Berechtigung nach dem AuslBG Voraussetzung ist, berechtigt.

Aufenthaltstitel gemäß Abs. 1 sind für die Dauer von zwölf Monaten beginnend mit dem Ausstellungsdatum auszustellen. Aufenthaltstitel gemäß Abs. 1 Z 1 und 2 sind nicht verlängerbar (§ 54 Abs. 2 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 87/2012).

Gemäß § 58 Abs. 2 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 70/2015, ist die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 von Amts wegen zu prüfen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wird.

Gemäß § 55 Abs. 1 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 56/2018, ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn

1. dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und

2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen

die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955) erreicht wird.

Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen (§ 55 Abs. 2 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 87 /2012).

Gemäß § 9 Abs. 4 IntG, in der Fassung BGBl. I Nr. 86/2017, ist das Modul 1 der Integrationsvereinbarung erfüllt, wenn der Drittstaatsangehörige

1. einen Nachweis des Österreichischen Integrationsfonds über die erfolgreiche Absolvierung der Integrationsprüfung gemäß § 11 vorlegt,

2. einen gleichwertigen Nachweis gemäß § 11 Abs. 4 über die erfolgreiche Absolvierung der Integrationsprüfung vorlegt,

3. über einen Schulabschluss verfügt, der der allgemeinen Universitätsreife im Sinne des § 64 Abs. 1 Universitätsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 120/2002, oder einem Abschluss einer berufsbildenden mittleren Schule entspricht,

4. einen Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rot - Karte" gemäß § 41 Abs. 1 oder 2 NAG besitzt oder

5. als Inhaber eines Aufenthaltstitels "Niederlassungsbewilligung - Künstler" gemäß § 43a NAG eine künstlerische Tätigkeit in einer der unter § 2 Abs. 1 Z 1 bis 3 Kunstförderungsgesetz, BGBl. I Nr. 146/1988, genannten Kunstsparte ausübt; bei Zweifeln über das Vorliegen einer solchen Tätigkeit ist eine diesbezügliche Stellungnahme des zuständigen Bundesministers einzuholen.

Die Erfüllung des Moduls 2 (§ 10) beinhaltet das Modul 1.

Ausgenommen von der Erfüllungspflicht gemäß Abs. 1 sind Drittstaatsangehörige,

1. die zum Ende des Zeitraums der Erfüllungspflicht (Abs. 2) unmündig sein werden;

2. denen auf Grund ihres physischen oder psychischen Gesundheitszustands die Erfüllung nicht zugemutet werden kann; der Drittstaatsangehörige hat dies durch ein amtsärztliches Gutachten nachzuweisen;

3. wenn sie schriftlich erklären, dass ihr Aufenthalt die Dauer von 24 Monaten innerhalb von drei Jahren nicht überschreiten soll; diese Erklärung enthält den unwiderruflichen Verzicht auf die Stellung eines weiteren Verlängerungsantrags im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 11 NAG nach dem ersten Verlängerungsantrag (§ 9 Abs. 5 IntG).

Die Übergangsbestimmung gemäß § 81 Abs. 36 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, BGBl. I Nr. 100/2005 (NAG), in der Fassung BGBl. I Nr. 56/2018, lautet:

"Das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 IntG gilt als erfüllt, wenn Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 68/2017 vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 68/2017 erfüllt haben oder von der Erfüllung ausgenommen waren."

P1 verfügt über ein Zeugnis des ÖSD auf dem Niveau A2. Sie hat die Prüfung bereits am XXXX bestanden und sohin das Modul 1 der Integrationsvereinbarung vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Integrationsgesetzes mit 01.10.2017 erfüllt. Es reicht im gegenständlichen Fall sohin der Nachweis des Erwerbs von Kenntnissen der deutschen Sprache zur vertieften elementaren Sprachverwendung auf dem Sprachniveau A2 und ist die Vorlage eines Nachweises hinsichtlich der Vermittlung der grundlegenden Werte der Rechts- und Gesellschaftsordnung nicht erforderlich.

P2 ist XXXX Jahre alt und zum Ende des Zeitraums der Erfüllungspflicht unmündig, sodass sie gemäß § 9 Abs. 5 Z 1 IntG von der Erfüllungspflicht nach § 9 Abs. 1 IntG ausgenommen ist.

Es liegen sohin die Voraussetzungen des § 55 Abs. 1 Z 2 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 56/2018 iVm § 9 Abs. 4 IntG, in der Fassung BGBl. I Nr. 86/2017, iVm

§ 11 Abs. 2 IntG iVm § 81 Abs. 36 NAG, in der Fassung BGBl. I Nr. 56/2018, vor und sind P1 und P2 somit gemäß § 55 Abs. 1 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 56/2018, Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat den Beschwerdeführern den Aufenthaltstitel gemäß § 58 Abs. 7 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 87/2012, auszufolgen, welcher gemäß

§ 54 Abs. 2 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 87/2012, für die Dauer von zwölf Monaten beginnend mit dem Ausstellungsdatum auszustellen ist; die Beschwerdeführer haben hieran gemäß § 58 Abs. 11 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 87/2012, mitzuwirken.

Zu Spruchpunkt III.

Im vierten Satz von Spruchpunkt III. wurde ausgesprochen, dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt.

Gemäß § 55 Abs. 1 FPG, in der Fassung BGBl. I Nr. 38/2011, wird mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt. In den konkreten Fällen waren die Rückkehrentscheidungen auf Grund der seit Erlassung der Bescheide veränderten Verhältnisse zu beheben, weshalb auch der vierte Satz in Spruchpunkt III. der Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl ersatzlos zu beheben war.

Von einer Übersetzung des Spruchs und der Rechtsmittelbelehrung konnte gemäß

§ 12 Abs. 1 BFA-VG abgesehen werden, da das Bundesverwaltungsgericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, in der P1 ihre fortgeschrittenen Sprachkenntnisse unter Beweis gestellt hat, davon ausgeht, dass P1 die deutsche Sprache versteht.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985 (VwGG), in der Fassung BGBl. I Nr. 33/2013, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

In den konkreten Fällen ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG, in der Fassung BGBl. I Nr. 51/2012, nicht zulässig, weil die Entscheidungen nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängen, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. In der rechtlichen Beurteilung wurde eine ausführliche Interessenabwägung, mit Berücksichtigung der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, vorgenommen. Diese Erkenntnisse beschäftigen sich vor allem mit der Erforschung und Feststellung von Tatsachen und es ergaben sich im Lauf des Verfahrens keine Hinweise auf das Vorliegen von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Schlagworte

Aufenthaltsberechtigung plus, Behebung der Entscheidung,
Deutschkenntnisse, Integration, Voraussetzungen, Wegfall der Gründe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W215.2013982.1.00

Zuletzt aktualisiert am

25.05.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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