TE Bvwg Beschluss 2019/9/5 W179 2195611-2

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Veröffentlicht am 05.09.2019
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Entscheidungsdatum

05.09.2019

Norm

AsylG 2005 §12a Abs2 Z2
AsylG 2005 §22 Abs10
BFA-VG §22
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W179 2195611-2/4E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. iur. Eduard Hartwig PAULUS in dem von Amts wegen eingeleiteten Verfahren über die durch den mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX [gemeint XXXX ], GZ XXXX , erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 iVm § 22 Abs. 10 AsylG betreffend XXXX , geb XXXX , Staatsangehörigkeit XXXX , vertreten durch Dr. Ralf Heinrich HÖFLER, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Untere Viaduktgasse 6/6, beschlossen:

A)

Der angefochtene mündlich verkündete Bescheid erging nicht rechtmäßig und wird gemäß § 12a Abs. 2 Z 2 iVm § 22 Abs. 10 AsylG 2005 iVm § 22 BFA-VG aufgehoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Vorverfahren:

1.1. Der Asylwerber ist afghanischer Staatsangehöriger und stellte am XXXX unter Angabe der Religionszugehörigkeit " Islam" einen - ersten - Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

1.2. Mit dem zugehörigen ersten Bescheid der belangten Behörde vom XXXX wurde der Antrag des Beschwerdeführers (kurz: der BF) auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.), als auch bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG in Bezug auf den Herkunftsstaat XXXX abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem BF gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig ist (Spruchpunkt V.). Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde mit vierzehn Tagen festgelegt (Spruchpunkt VI).

1.3. Die gegen den ersten Bescheid erhobene Beschwerde wurde vom Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 11.03.2019, Zl. W276 2195611-1/11E, als unbegründet abgewiesen. Diese Entscheidung erwuchs - gegenüber dem Beschwerdeführer - am XXXX in Rechtskraft.

1.4. Der Verwaltungsgerichtshof wies die gegen das besagte Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts erhobene außerordentliche Revision mit Entscheidung vom 21. Mai 2019, Ra 2019/19/0146-4, als unzulässig zurück.

2. Gegenständliches Verfahren:

2.1. Am XXXX stellte der Antragsteller einen Folgeantrag auf internationalen Schutz in Österreich vor der zuständigen Landespolizeidirektion, diesmal unter Angabe der Religionszugehörigkeit "Christentum", gab jedoch an, dass seine bisherige Fluchtgründe die alten seien und sich nichts geändert habe.

2.2. Ebenso aktenkundig ist ein Schriftsatz des den BF vertretenden Rechtsanwaltes vom XXXX mit einem Folgeantrag auf internationalen Schutz unter Berufung auf das Abwenden des Beschwerdeführers vom islamischen Glaubensbekenntnis hin zum evangelischen Glauben. Zugleich ist diesem eine Bestätigung über die Teilnahme am Taufkurs in einer evangelischen Pfarrgemeinde beigeschlossen.

2.3. Der Beschwerdeführer wird mit Schreiben vom XXXX von der Behörde zur Einvernahme am XXXX geladen.

2.4. Mit Verfahrensanordnung vom selben Tage wird dem Beschwerdeführer von der belangten Behörde mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, den [erneuten) Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen, weil die Behörde davon ausgehe, dass eine entschiedene Sache im Sinne des § 68 AVG vorliege, weswegen beabsichtigt sei, den faktischen Abschiebeschutzes durch mündlichen Bescheid aufzuheben.

2.5. Mit E-Mail vom XXXX wird eine "Parteiengehörseinvernahme" [sic!] für den XXXX nochmals angekündigt, worauf der Rechtsvertreter mit E-Mail ebenso vom XXXX repliziert, es könne keine entschiedene Sache vorliegen, weil sich der Beschwerdeführer nicht auf die seinerzeitigen Fluchtgründe, sondern nun auf den Austritt aus der Islamische Glaubensgemeinschaft und seiner Hinwendung zum katholischen Glauben stütze.

2.6. In der laut Protokoll am XXXX [gemeint XXXX ] durchgeführten niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl brachte der Antragsteller - in Anwesenheit eines Dolmetschers und einer Vertrauensperson einer evangelischen Pfarrgemeinde - zusammengefasst vor, dass er inzwischen afghanischer Christ sei und im April XXXX endgültig getauft werde. Zum Beweis legt er eine Religionsaustrittserklärung vom XXXX hinsichtlich seines Austritts aus der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich vor, worüber die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich durchschriftlich verständigt wurde, zwei Bestätigungen einer evangelischen Pfarrgemeinde über die Teilnahme des Beschwerdeführers am Taufkurs, zugleich wird bestätigt, dass der Beschwerdeführer regelmäßig den Sonntagsgottesdienst besucht sowie bei der Vorbereitung und Durchführung von Veranstaltung der Gemeinde ehrenamtlich tätig ist, ebenso sind zahlreiche Fotos beigeschlossen, die die Teilnahme des Beschwerdeführers an den Veranstaltungen der Pfarrgemeinde belegen.

2.7. In der Folge wird mittels mündlich verkündetem Bescheid, welcher im Protokoll über die eben angeführte Einvernahme am XXXX [gemeint XXXX ] dokumentiert ist, der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 iVm § 22 Abs 10 AsylG 2005 aufgehoben. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl begründet dies nach Wiedergabe des Verfahrensganges im Wesentlichen damit, dass sich der maßgebliche Sachverhalt seit Rechtskraft des Vorverfahrens nicht geändert habe und der neu vorgebrachte Sachverhalt keinen glaubhaften Kern aufweise, weshalb der Neuantrag auf internationalen Schutz voraussichtlich wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sein wird.

2.8. Der gegenständliche Akt wurde dem Bundesverwaltungsgericht von der belangten Behörde aufgrund des § 12a Abs. 2 AsylG 2005 am XXXX (nachmittags) übermittelt. Die belangte Behörde wurde gemäß § 22 Abs. 2 BFA-VG über das Einlangen des Verwaltungsakts am selben Tag verständigt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1. Der Antragsteller ist Staatsangehöriger XXXX .

2. Der von der belangten Behörde erlassene negative Bescheid über den (Erst)Antrag des Antragstellers vom XXXX auf Gewährung internationalen Schutzes ist - nach Abweisung der dagegen beim Bundesverwaltungsgericht erhobenen Beschwerde - am XXXX gegenüber dem Beschwerdeführer in Rechtskraft erwachsen. Mit diesem Bescheid wurde zugleich eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG erlassen.

3. Im behördlichen als auch hiergerichtlichen Beschwerdeverfahren zum ersten Antrag auf internationalen Schutz vom XXXX (hiergerichtlich W276 21956 11-1) wurde bis zur Rechtskraft des zugrundeliegenden Erstbescheides als Fluchtgründe nicht ein Religionswechsel vom Islam zum Christentum angegeben, vielmehr wurde auch im damaligen Beschwerdeverfahren des Bundesverwaltungsgerichtes die Religionszugehörigkeit des Beschwerdeführers noch mit der Glaubensrichtung (schiitischer) Islam festgestellt.

4. Der Antragsteller stellte am XXXX einen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz vor einer Landespolizeidirektion und gab vor dieser bereits als seine Religionszugehörigkeit das Christentum an, wenngleich er dies als Fluchtgrund noch nicht ausführte.

5. Der Beschwerdeführer erklärte schriftlich am XXXX , somit jedenfalls vor dem gegenständlichen Folgeantrag, auf einem Magistratischen Bezirksamt seinen Austritt aus der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich und wurde dieser Religionsaustritt von der zuständigen Behörde mit Wirksamkeit desselben Tages zur Kenntnis genommen. Aus demselben Schreiben ergibt sich, dass die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich per E-Mail von diesem Austritt verständigt wurde.

6. Der Beschwerdeführer nimmt jedenfalls seit XXXX an einem Taufkurs der evangelischen Glaubenskirche und wiederholt (mit Außenwirkung) an Veranstaltungen einer näher bestimmten evangelischen Pfarrgemeinde teil, auch besucht er die Sonntagsgottesdienste in einer evangelischen Pfarre.

2. Beweiswürdigung:

1. Die Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers ist unstrittig.

2. Die Feststellungen zum Gang des ersten Asylverfahrens ergibt sich zweifelsfrei aus der Aktenlage; die Rechtskraft des im ersten Verfahren angefochtenen Bescheides erschließt sich aus dem aktenkundigen Rückschein zur Zustellung an den BF.

3. Dass der Beschwerdeführer im ersten behördlichen als auch ersten hiergerichtlichen Verfahren als Fluchtgrund nicht eine Konversion geltend machte, sondern vielmehr auch hiergerichtlich weiterhin die Religionszugehörigkeit zum Islam festgestellt wurde, erschließt sich zweifelsfrei aus den vorliegenden Akten.

4. Da beim aktenkundigen durch den Rechtsanwalt ausgefertigten Folgeantrag vom XXXX kein behördlicher Eingangsstempel ersichtlich und in die durchgängige Aktenseitennummerierung des Behördenaktes als späteres Schriftstück in Relation zum vor der Landespolizeidirektion am XXXX gestellten Folgeantrag ausgewiesen ist, geht das Bundesverwaltungsgericht hinsichtlich des Datums XXXX von einem redaktionellen Versehen des Rechtsvertreters und dem aktenkundigen rechtsrichtigen Datum des vor der zuständigen Landespolizeidirektion gestellten Folgeantrages mit XXXX aus. [Sollte der Folgeantrag tatsächlich bereist mit XXXX gestellt worden sein und deswegen dazu die Einvernahme vor der Landespolizeidirektion am XXXX erfolgt sein, ändert dies an den aktenkundigen Nachweisen, die eine geänderte Sachlage (zumindest in der Außenwirkung) als wahrscheinlich erscheinen lassen, nichts.]

5. Der Austritt des Beschwerdeführers aus der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich und die diesbezügliche schriftliche Information derselben erschließt sich aus dem zugehörigen aktenkundigen Schriftstück.

6. Dass der Beschwerdeführer jedenfalls seit XXXX einen Taufkurs besucht, ergibt sich aus der aktenkundigen Bestätigung der zuständigen Pfarrerin, ebenso seine Teilnahme an den Sonntagsgottesdiensten, welche sich ebenso aus den vorgelegten Fotos erschließen, gleichermaßen belegen die aktenkundigen Fotos die Teilnahme an externen Veranstaltungen der Pfarrgemeinde.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zuständigkeit

1. Da im gegenständlichen Fall das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Zuge eines Folgeantrages des Antragstellers gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 den faktischen Abschiebeschutz des Antragstellers aufgehoben hat, war diese Entscheidung gemäß § 22 BFA-VG vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen.

2. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das BVwG durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Weder das AsylG noch das FPG sehen eine Entscheidung durch Senate vor, sodass Einzelrichterzuständigkeit gegeben ist.

3.2. Zur anzuwendenden Rechtslage:

3. § 12a Abs. 1 und 2 sowie § 22 Abs. 10 Asylgesetz lauten

"Faktischer Abschiebeschutz bei Folgeanträgen

§ 12a. (1) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) nach einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG gestellt, kommt ihm ein faktischer Abschiebeschutz nicht zu, wenn

1.-gegen ihn eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG erlassen wurde,

2.-kein Fall des § 19 Abs. 2 BFA-VG vorliegt,

3.-im Fall des § 5 eine Zuständigkeit des anderen Staates weiterhin besteht oder dieser die Zuständigkeit weiterhin oder neuerlich anerkennt und sich seit der Entscheidung gemäß § 5 die Umstände im zuständigen anderen Staat im Hinblick auf Art. 3 EMRK nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit maßgeblich verschlechtert haben., und

4.-eine Abschiebung unter Berücksichtigung des Art. 8 EMRK (§ 9 Abs. 1 bis 2 BFA-VG) weiterhin zulässig ist.

(2) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) gestellt und liegt kein Fall des Abs. 1 vor, kann das Bundesamt den faktischen Abschiebeschutz des Fremden aufheben, wenn

1.-gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht,

2.-der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist, und

3.-die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Entscheidungen

§ 22. (10) Entscheidungen des Bundesamtes über die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 ergehen mündlich in Bescheidform. Die Beurkundung gemäß § 62 Abs. 2 AVG gilt auch als schriftliche Ausfertigung gemäß § 62 Abs. 3 AVG. Die Verwaltungsakten sind dem Bundesverwaltungsgericht unverzüglich zur Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG zu übermitteln. Diese gilt als Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht; dies ist in der Rechtsmittelbelehrung anzugeben. Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes hat das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG mit Beschluss zu entscheiden.

4. § 22 BFA-Verfahrensgesetz lautet:

"Überprüfung der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes

§ 22. (1) Eine Entscheidung des Bundesamtes, mit der der faktische Abschiebeschutz eines Fremden aufgehoben wurde (§ 12a Abs. 2 AsylG 2005), ist vom Bundesverwaltungsgericht unverzüglich einer Überprüfung zu unterziehen. Das Verfahren ist ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden. § 20 gilt sinngemäß. § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG ist nicht anzuwenden.

(2) Die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 und eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG sind mit der Erlassung der Entscheidung gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durchsetzbar. Mit der Durchführung der die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung umsetzenden Abschiebung gemäß § 46 FPG ist bis zum Ablauf des dritten Arbeitstages ab Einlangen der gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 zu übermittelnden Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuzuwarten. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Bundesamt unverzüglich vom Einlangen der Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung und von der im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 getroffenen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes zu verständigen.

(3) Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 hat das Bundesverwaltungsgericht binnen acht Wochen zu entscheiden."

3.3. Zu Spruchpunkt A) Faktischer Abschiebeschutz:

5. Eine der Voraussetzungen für die Aberkennung faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs. 2 Z 2 AsylG 2005, dass "der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist". Es ist also eine Prognose darüber zu treffen, ob der Antrag voraussichtlich (insbesondere wegen entschiedener Sache) zurückzuweisen sein wird.

6. Die Sachentscheidung über den Folgeantrag selbst ist nicht Gegenstand des Verfahrens (vgl. die in Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht, S 284, angeführten Gesetzesmaterialien zu § 22 BFA-VG).

7. Da der Beschwerdeführer, wie dargestellt, im Erstverfahren als Fluchtgrund nicht eine Konversion geltend machte, dies jedoch im Folgeverfahren nun vorbringt, und eine solche (zumindest vorerst) durch die festgestellte zwischenzeitig erfolgte Austrittserklärung samt durchschriftlicher Information an die Islamische Glaubensgemeinschaft und die Teilnahme an einem Taufkurs belegen kann, ebenso zahlreiche Fotos über die Teilnahme an Veranstaltungen der zuständigen evangelischen Pfarrgemeinde mit entsprechender Außenwirkung vorlegt, kann die zugehörige Prognoseentscheidung nicht dahingehend lauten, dass voraussichtlich von einer entschiedenen Sache auszugehen und keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist.

Vielmehr weisen das Vorbringen per se und die vorgelegten Unterlagen daraufhin, dass ein entscheidungsrelevanter geänderter Sachverhalt eine mögliche Verfolgung im Heimatland aus GFK-relevanten Gründen vorliegen könnte (!).

Im Lichte der aufgezeigten Erwägungen kann derzeit nicht hinreichend zuverlässig davon ausgegangen werden, dass der vorliegende Antrag wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sein wird. Somit ist jedenfalls eine der drei Voraussetzungen, unter denen der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG aufgehoben werden darf, derzeit nicht erfüllt.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden. Mit Aufhebung des vorliegenden Bescheides kommt dem Beschwerdeführer wieder faktischer Abschiebeschutz iSd § 12 Abs. 1 AsylG zu.

8. Die belangte Behörde wird im fortzusetzenden Folgeverfahren eine inhaltliche Entscheidung zu treffen haben, und sich hier (und nicht im Rahmen einer Prognoseentscheidung) mit der Frage auseinandersetzen, inwieweit die nach außen vertretene beabsichtigte Konversion tatsächlich (?) von einem dementsprechenden inneren Willensentschluss überzeugend getragen ist (zumal das BVwG eine solche Entscheidung im Rahmen des vorliegenden Verfahrens schon aus dem gegebenen engen Zeitrahmen und ohne eigene Ermittlungen nicht nachprüfen kann).

9. Gemäß § 22 Abs. 1 2. Satz BFA-VG war ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden.

3.4. Zu Spruchpunkt B) Revision:

10. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung und ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Da die in der vorliegenden Entscheidung maßgeblichen Rechtsfragen klar sind und keiner Auslegung bedürfen, geht das BVwG nicht vom Vorliegen einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG aus.

Schlagworte

Behebung der Entscheidung, Voraussetzungen, Wegfall der Gründe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W179.2195611.2.00

Zuletzt aktualisiert am

25.05.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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