TE Bvwg Erkenntnis 2019/9/13 W109 2151770-3

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 13.09.2019
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Entscheidungsdatum

13.09.2019

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AVG §68 Abs1
BFA-VG §21 Abs3
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W109 2151770-3/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. BÜCHELE über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX , Staatsangehörigkeit Afghanistan, vertreten durch RA Mag. Robert BITSCHE, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Erstaufnahmestelle Ost, vom 19.06.2019, Zl. XXXX , zu Recht:

A) Der Beschwerde wird gemäß § 21 Abs. 3 BFA-VG stattgegeben und der

angefochtene Bescheid behoben.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

1. Am 02.06.2015 stellte der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger und Angehöriger der Volksgruppe der Hazara, nach Einreise unter Umgehung der Grenzkontrollen in die Republik Österreich erstmals im Bundesgebiet einen Antrag auf internationalen Schutz.

Am 15.09.2016 gab der Beschwerdeführer bei der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl an, er habe gemeinsam mit einem Partner ein Geschäft besessen, in dem auch Dorfpolizisten verkehrt hätten. Die Taliban hätten den Beschwerdeführer entführt und ihm Kontakte zur Regierung, Drogen- und Alkoholschmuggel vorgeworfen. Bei einem Angriff auf den Talibanstützpunkt sei dem BF die Flucht gelungen.

Mit dem Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 10.03.2017, Zahl: XXXX , wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten sowie hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem Beschwerdeführer nicht erteilt. Gegen den Beschwerdeführer wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Afghanistan zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt.

Die dagegen fristgerecht eingebrachte Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 20.12.2018, GZ: W251 2151770-1/28E als unbegründet abgewiesen. Begründend führte das Bundesverwaltungsgericht aus, der Beschwerdeführer habe weder eine Bedrohung von Seiten der Taliban noch von Seiten seines ehemaligen Geschäftspartners glaubhaft machen können. Auch aufgrund seiner Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit als schiitischer Hazara würde dem Beschwerdeführer keine Verfolgung drohen. Bei einer Rückkehr in die Herkunftsprovinz Ghazni würde dem Beschwerdeführer aufgrund der allgemeinen Sicherheitslage ein Eingriff in seine körperliche Unversehrtheit drohen. Es sei ihm jedoch möglich und zumutbar, sich in Mazar-e Sharif anzusiedeln.

Mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 25.02.2019, E 161/2019-7, wurde die Behandlung der gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 20.12.2018 erhobenen Beschwerde abgelehnt und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

Mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 06.05.2019, Ra 2019/14/0192-4, wurde die gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 20.12.2018 erhobene außerordentliche Revision zurückgewiesen.

Am 21.05.2019 stellte der Beschwerdeführer den gegenständlichen Folgeantrag auf internationalen Schutz und gab im Rahmen der Erstbefragung am selben Tag zu seinen Fluchtgründen befragt an, er habe in den letzten Jahren seine Religion gewechselt und pflege mit dem in seiner Wohngemeinde ansässigen im Protokoll namentlich genannten Pfarrer laufenden Kontakt. Er mache eine Ausbildung als Gastronomiefachmann. Die Gründe, aus denen er Afghanistan verlassen habe, seien aufrecht.

Am 05.06.2019 wurde der Beschwerdeführer zu seinem neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz einvernommen und gab an, er stehe in einem Lehrverhältnis und könne nach dessen Beendigung im Betrieb weiterarbeiten. Außerdem helfe er seit vier Jahren freiwillig in der Kirche. Zu seinen Fluchtgründen befragt gab der Beschwerdeführer an, seine Fluchtgründe aus dem Vorverfahren seien aufrecht. Den erneuten Antrag stelle er, weil er sich seit ca. zwei Monaten entschieden habe, Christ zu werden und zu konvertieren. Er besuche einen Taufkurs, lese die Bibel und gehe auch manchmal in die evangelische Kirche. Getauft sei er noch nicht. Seinen Eltern habe er erzählt, dass er konvertieren wolle. Seither bestehe kein Kontakt, sie hätten gesagt, er sei nicht mehr ihr Kind. Christen würden im Herkunftsstaat gesteinigt und getötet. Dem Beschwerdeführer wurden auch einige inhaltliche Fragen zum Christentum gestellt und er brachte ein Bestätigungsschreiben eines XXXX Pfarrers sowie ein Empfehlungsschreiben des Diakons seiner katholischen Wohnsitzgemeinde in Vorlage. Außerdem zeigte der Beschwerdeführer ein Taufkursbuch und eine Bibel vor.

2. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 19.06.2019 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 21.05.2019 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf das Herkunftsland Afghanistan (Spruchpunkt II.) gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück, erteilte dem Beschwerdeführer kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG (Spruchpunkt III.), erließ § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG i.V.m.§ 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG (Spruchpunkt IV.) und stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchtpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1a FPG wurde keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt VI.). Begründend führte die belangte Behörde aus, das Vorbringen des Beschwerdeführers weise keinen glaubhaften Kern auf, ein neuer Sachverhalt liege nicht vor.

Am 05.07.2019 langte die vollumfängliche Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den oben dargestellten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl bei der belangten Behörde ein. Bei der vorgebrachten Konversion handle es sich um eine neue Tatsache und nicht um dieselben Fluchtgründe wie bei der ersten Asylantragstellung. Die Konversion sei glaubhaft und die Beweiswürdigung der belangten Behörde mangelhaft. Die Konversion sei auch asylrelevant, wozu aus Länderberichten zum Herkunftsstaat zitiert wird.

3. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 18.07.2019 wurde der Beschwerde die aufschiebende Wirkung gemäß § 17 Abs. 1 Z 1 BFA-VG von Amts wegen zuerkannt. Der Antrag des Beschwerdeführers auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wurde hingegen gemäß §§ 16, 17 BFA-VG zurückgewiesen, da die gerichtliche Überprüfung von Amts wegen stattzufinden habe.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich zweifelsfrei aus dem Akt zum gegenständlichen Verfahren sowie aus den Akten zu den Verfahren W251 2151770-1 und W175 2151770-2.

2. Rechtliche Beurteilung:

2.1. Nach § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wenn die Behörde nicht den Anlass zu einer Verfügung nach § 68 Abs. 2 bis 4 AVG findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

Einer neuen Sachentscheidung steht die Rechtskraft einer früheren in der gleichen Angelegenheit ergangenen Erledigung nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 68 Abs. 1 AVG nur dann nicht entgegen, wenn in den für die Entscheidung maßgebenden Umständen eine Änderung eingetreten ist. Die objektive (sachliche) Grenze dieser Wirkung der Rechtskraft wird durch die "entschiedene Sache", d.h. durch die Identität der Sache, über die formell rechtskräftig abgesprochen wurde, mit der im neuerlichen Abspruch erfassten bestimmt. Identität der Sache liegt dann vor, wenn einerseits weder in der für die Vorentscheidung maßgeblichen Rechtslage noch in den für die Beurteilung der in der Vorentscheidung als maßgebend erachteten tatsächlichen Umständen eine Änderung eingetreten ist (zuletzt VwGH 26.04.2019, Ra 2019/20/0174 m.w.N.).

Bei wiederholten Anträgen auf internationalen Schutz kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur eine solche behauptete Änderung des Sachverhalts die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung - nach etwa notwendigen amtswegigen Ermittlungen - berechtigen und verpflichten, wenn dieser Änderung rechtlich für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen Relevanz zukäme; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein. Die behauptete Sachverhaltsänderung muss zumindest einen "glaubhaften Kern" aufweisen, dem Asylrelevanz zukommt (zuletzt VwGH 05.04.2018, Ra 2018/19/0066 m.w.N.).

Die Beurteilung, ob die behauptete Sachverhaltsänderung einen "glaubhaften Kern" im Sinne der obigen Judikatur aufweist, hat im Rahmen der Beweiswürdigung zu erfolgen (VwGH 06.06.2019, Ra 2018/20/0432).

2.2. Dem entsprechend stellt die belangte Behörde zunächst fest, das Vorbringen wonach der Beschwerdeführer nun entschieden habe, seine Religion zu wechseln, weise keinen "glaubhaften Kern" auf und erwähnt diese Formulierung nochmals einleitend in ihrer Beweiswürdigung zum Konversionsvorbringen des Beschwerdeführers. In ihren weiteren beweiswürdigenden Ausführungen legt die Behörde allerdings nicht dar, inwiefern sie dem Vorbringen einen "glaubhaften Kern" völlig abspricht und dies ist auch nicht ohne weiteres ersichtlich.

Zunächst ist zur grundsätzlichen Asylrelevanz von Konversionen zum Christentum auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, der zufolge für die Asylrelevanz einer Konversion nicht entscheidend ist, ob der Religionswechsel bereits - durch die Taufe - erfolgte oder bloß beabsichtigt ist. Wesentlich ist viel mehr, ob der Fremde bei weiterer Ausübung seines (behaupteten) inneren Entschlusses, nach dem christlichen Glauben zu leben, im Falle seiner Rückkehr in seinen Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen müsste, aus diesem Grund mit die Intensität von Verfolgung erreichenden Sanktionen belegt zu werden. Die bloße Behauptung eines "Interesses am Christentum" reicht zur Geltendmachung einer asylrechtlich relevanten Konversion zum Christentum nicht aus (zuletzt VwGH 29.05.2019, Ra 2019/20/0230). Demnach kann einer Konversion des Beschwerdeführers nicht von vornherein die Asylrelevanz abgesprochen werden.

Umfasst von der Rechtskraft der über den Erstantrag absprechenden Entscheidung sind nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch behauptete Tatsachen, die bereits zur Zeit des ersten Asylverfahrens bestanden haben, die der Asylwerber jedoch nicht bereits im ersten Asylverfahren vorgebracht hat (zuletzt VwGH 27.05.2019, Ra 2018/14/0292 m.w.N.).

Zutreffend ist, dass der Beschwerdeführer angibt, sein Interesse am Christentum bestehe schon seit mehreren Jahren und er stehe schon länger mit Christen in Kontakt und sei regelmäßig in die Kirche gegangen. Aus der vorgelegten Bestätigung des Diakons der Katholischen Pfarre Mürzzuschlag ergibt sich allerdings, dass diese Besuche im Rahmen eines Begegnungscafés erfolgten und der Beschwerdeführer hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 30.05.2018 auch lediglich angegeben, er gehe immer donnerstags in die Kirche, allerdings hat er kein Konversionsvorbringen erstattet.

Einem bloßen Interesse am Christentum, wie es den Angaben des Beschwerdeführers zufolge bereits während des Erstverfahrens bestand, kommt jedoch im Sinne der oben zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes noch keine Asylrelevanz zu. Zur im Sinne der oben zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes asylrelevanten Konversion entschlossen hat sich der Beschwerdeführer seinen Angaben zufolge aber erst etwa im März oder April 2019 und damit nach Abschluss des Erstverfahrens. Demnach ist die nunmehr behauptete Konversion grundsätzlich nicht von der Rechtskraft des Erstbescheides umfasst und es bleibt Raum für einen "glaubhaften Kern".

Nun bringt der Beschwerdeführer nicht nur inhaltsleer vor, er habe sich zur Konversion entschlossen, sondern beantwortet der belangten Behörde in seiner niederschriftlichen Einvernahme am 05.06.2019 auch einige inhaltliche Fragen zum Glauben und schildert, wie es zu seinem Kontakt mit der XXXX und in der Folge zu seinem Entschluss gekommen ist. Weiter bringt er zwei Bestätigungsschreiben in Vorlage, aus denen hervorgeht, dass einige Zeugen zur Verfügung stünden, die zum Glaubensleben des Beschwerdeführers Auskunft geben können und wies der belangten Behörde ein Taufkursbuch und eine Bibel vor. Weiter begründet die belangte Behörde auch nicht nachvollziehbar, warum aus den vorgelegten Schriftstücken (gemeint sind wohl die beiden Bestätigungsschreiben) nicht ersichtlich ist, dass der Beschwerdeführer sich einem "gewissen Lösungsprozess" unterzogen habe und klassifiziert sie ohne weitere Begründung als bloße "Gefälligkeitsschreiben". Insbesondere das Empfehlungsschreiben des XXXX Paters streicht allerdings einen im Schreiben namentlich genannten "Glaubensbruder" als in engem Kontakt mit dem Beschwerdeführer und seinem Weg zum Glauben stehend hervor. Auch eine Auseinandersetzung mit den in Vorlage gebrachten Fotos, die den Beschwerdeführer unter anderem mit einem Christbaum sowie mit Nikolo und Krampus zeigen, findet nicht statt.

Zu den Ausführungen der belangten Behörde, denen zufolge niemand im Herkunftsstaat von der Konversion wisse und der Beschwerdeführer folglich keiner Gewalt ausgesetzt wäre, darf auf die von der belangten Behörde anzuwendende Rechtslage hingewiesen werde: Nach dem gemäß § 2 Abs. 1 Z 12 AsylG unmittelbar anwendbaren Art. 10 Abs. 1 lit. b) der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (gemäß § 2 Abs. 1 Z 9 AsylG "Statusrichtlinie") umfasst der Begriff der Religion insbesondere theistische, nichttheistische und atheistische Glaubensüberzeugungen, die Teilnahme bzw. Nichtteilnahme an religiösen Riten im privaten oder öffentlichen Bereich, allein oder in Gemeinschaft mit anderen, sonstige religiöse Betätigungen oder Meinungsäußerungen und Verhaltensweisen Einzelner oder einer Gemeinschaft, die sich auf eine religiöse Überzeugung stützen oder nach dieser vorgeschrieben sind.

Nach dem mit "Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit" übertitelten Art. 10 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC) umfasst dieses Recht die Freiheit, die Religion oder Weltanschauung zu wechseln, und die Freiheit, seine Religion oder Weltanschauung einzeln oder gemeinsam mit anderen öffentlich oder privat durch Gottesdienst, Unterricht, Bräuche und Riten zu bekennen.

Im Wesentlichen inhaltsgleich gewährt auch Art. 9 EMRK als in der EMRK gewährleistetes Grundrecht, die gemäß Art. 6 Abs. 3 Vertrag über die Europäische Union (EUV) als allgemeine Grundsätze Teil des Unionsrechts sind, Anspruch auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit.

Nach diesen normativen Vorgaben umfasst der Religionsbegriff des Art. 1 Abschnitt A, Z 2 GFK nicht nur die individuelle Glaubensfreiheit als Kern der Religionsfreiheit ("forum internum"), sondern auch das öffentliche Bekenntnis und die Freiheit zur Ausübung der Religion in den religiösen Vorschriften entsprechendem Verhalten ("forum externum"). Demnach ist es einem Asylwerber für den Rückkehrfall nicht zumutbar, seine Religion heimlich ausüben und seine innere Überzeugung verstecken zu müssen. Darauf, ob eine Konversion im Herkunftsstaat bereits bekannt ist, kommt es angesichts der eben dargestellten Rechtslage nicht an.

Folglich ist das Bundesverwaltungsgericht der Ansicht, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers hinreichend substantiiert und mit Beweismitteln bzw. (impliziten) Beweisanboten untermauert ist - mit denen sich die belangte Behörde im Übrigen nur teilweise auseinandergesetzt hat -, um von einem "glaubhaften Kern" im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu sprechen.

Der angefochtene Bescheid war daher spruchgemäß nach § 21 Abs. 3 BFA-VG zu beheben, wodurch das Verfahren zugelassen ist.

2.3. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes folgt die Verhandlungspflicht im Zulassungsverfahren - wozu auch Beschwerden gegen eine vor Zulassung des Verfahrens ausgesprochene Zurückweisung eines Antrages auf internationalen Schutz nach § 68 AVG zählen - besonderen Verfahrensvorschriften, nämlich § 21 Abs. 3 und Abs. 6a BFA-VG (zuletzt VwGH 03.04.2019, Ra 2019/20/0104).

Gemäß § 21 Abs. 6a BFA-VG kann das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen zurückweisende Entscheidungen im Zulassungsverfahren ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung entscheiden. Folglich konnte eine mündliche Verhandlung unterbleiben.

Vorweggenommen ist damit freilich noch nicht, dass das Konversionsvorbringen des Beschwerdeführers im von der belangten Behörde fortgesetzten nunmehr inhaltlich zu führenden Verfahren, in dessen Zuge etwa auch die namhaft gemachten Zeugen einzuvernehmen und der Beschwerdeführer - angesichts der seit seiner Einvernahme am 05.06.2019 verstrichenen Zeit - nochmals zu befragen sein wird, als glaubhaft zu beurteilen sein wird.

3. Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG abhängt. Angesichts der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Themenbereich "entschiedene Sache" nach § 68 Abs. 1 AVG im Allgemeinen (VwGH 26.04.2019, Ra 2019/20/0174) sowie speziell zu Folgeanträgen in Asylverfahren ("glaubhaften Kern": VwGH 05.04.2018, Ra 2018/19/0066, VwGH 06.06.2019, Ra 2018/20/0432; VwGH 27.05.2019, Ra 2018/14/0292), konnte das Bundesverwaltungsgericht einer einheitlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes folgen. Gleiches gilt für die Grundsätzlich Asylrelevanz von Konversionen (VwGH 29.05.2019, Ra 2019/20/0230), während sich klar aus der Rechtslage ergibt, dass das "forum externum" zum Schutzbereich unter dem GFK-Anknüpfungspunkt der Religion gehört. Auch hinsichtlich der Verhandlungspflicht im Zulassungsverfahren folgt das Bundesverwaltungsgerichts der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 03.04.2019, Ra 2019/20/0104)

Schlagworte

Behebung der Entscheidung, Voraussetzungen, Wegfall der Gründe,
Zulassungsverfahren

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W109.2151770.3.01

Zuletzt aktualisiert am

25.05.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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