TE Bvwg Erkenntnis 2019/11/26 W195 2205193-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 26.11.2019
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Entscheidungsdatum

26.11.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §2 Abs1 Z13
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2

Spruch

W195 2205193-1/12E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Vizepräsidenten Dr. Michael SACHS als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch XXXX gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am XXXX zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

I.1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), ein Staatsangehöriger von Bangladesch, stellte am 18.10.2017 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Im Rahmen einer am Tag der Antragstellung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes erfolgten niederschriftlichen Erstbefragung gab der BF zu seinen Fluchtgründen an, als im Jahr 2008 die neue Regierung an die Macht gelangt sei, sei er in der neunten Klasse gewesen. Durch einen Onkel sei er motiviert worden, politisch tätig zu werden. Er habe mit dem Onkel verschiedene Plakate aufgehängt und Broschüren verteilt und so für eine Partei geworben. Im Jahr 2009 sei er nach XXXX gezogen um dort eine Ausbildung zu machen. In XXXX habe er sich dann erstmals verstärkt für diese Partei eingesetzt. Zu dieser Zeit sei XXXX der derselben Partei wie der BF angehört habe, der Präsident seines Distrikts in XXXX gewesen; dieser sei auch der Nachbar des BF gewesen. Neben dem Studium habe sich der BF tagtäglich für die Partei eingesetzt, er sei zu zu verschiedenen Demonstrationen, Meetings etc. gegangen. Als Leute in XXXX erfahren hätten, dass der BF derselben Partei angehöre wie der Präsident und auch aktiv mit ihm mitarbeite, habe er immer mehr Probleme mit seinen politischen Gegnern und der Bevölkerung bekommen. Als 2014 eine andere Partei an die Macht gekommen sei, habe der BF auch noch Probleme mit der Polizei bekommen. Er sei inhaftiert und verschiedener Straftaten beschuldigt worden. Er sei von der Polizei und den politischen Gegnern bedroht worden und habe sich nicht mehr für seine Partei einsetzen können.

I.2. Am 20.04.2018 wurde der BF vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) niederschriftlich einvernommen.

Dabei aufgefordert, seine persönlichen Fluchtgründe darzulegen, führte der BF aus, er könne sich erinnern, als sein Vater eine Truhe mit Wertgegenständen habe öffnen wollen und sein Onkel und sein Cousin väterlicherseits ihn mit einem Stock und einer Harpune geschlagen hätten. Nachdem sich sein Vater dann beim Bürgermeister der Ortschaft beschwert habe, habe sein Onkel väterlicherseits das Urteil nicht angenommen, weil "sie" so machthabend gewesen wären. Der BF sei zu der Zeit noch klein gewesen, er könne sich an drei bis vier Vorfälle ähnlich wie diese erinnern. Seine Tante väterlicherseits und sein Vater hätten zusammen drei Teiche gepachtet. Seine Tante väterlicherseits habe in XXXX und sein Vater im Dorf gelebt. Es sei dann zu einem Streit bezüglich dem Fischverkauf gekommen. Seine Tante und sein Onkel väterlicherseits hätten sich zusammengeschlossen und den Kontakt zu seinem Vater abgebrochen. Nach etwa sechs oder acht Monaten seien alle Fische von ihrem großen Teich gestorben. Seine Tante und sein Onkel hätten dann das Wasser von diesem Teich testen lassen und Gift gefunden. Sie hätten den Vater des BF verdächtigt, das Gift hineingetan zu haben. Es wäre zu einem großen Streit und zu einer Schlägerei gekommen. Im Zuge der Schlägerei habe der Cousin des BF mit einem "Mangobaumast" seinen Vater an der Hüfte verletzt. Sein Vater sei zu Boden gefallen und die Nachbarn hätten ihn dann zum Dorfarzt gebracht. Nach etwa zwei bis drei Wochen Behandlung sei er gesund geworden. An einem Morgen, am 15. August, habe der Vater des BF im Bauch Schmerzen verspürt, weswegen er zu Bett gegangen sei. Er sei von 06:00 Uhr bis 10:00 Uhr in der Früh am Zittern gewesen. Als sie am Weg ins Spital gewesen seien, sei er verstorben. Sie hätten ihren Onkel väterlicherseits verdächtigt, dass er dies aus Rache wegen der Vergiftung der Fische verursacht habe. Es sei zu einem großen Streit gekommen. Seitdem bekäme die Familie des BF nicht, was ihr zustehe. Der Onkel überlasse ihnen ihre rechtmäßigen Besitztümer nicht. Im Jahr 2008 habe es in Bangladesch eine Übergangsregierung gegeben, seither habe sich der BF als enger Unterstützer der BNP angeschlossen. Er sei damals in der zehnten Klasse gewesen. Zu der Zeit habe man dem BF etwas Geld gegeben, wenn er zu Demonstrationen von ihnen gegangen sei oder Plakate aufgehängt habe, weswegen er noch mehr motiviert gewesen sei. Im Jahr 2009 habe der BF den Grundschulabschluss gemacht und sei nach XXXX , gegangen. Er habe dort bei seiner großen Schwester gewohnt. Ihr Nachbar sei der stellvertretende Vorsitzende der Ward, namens XXXX , gewesen. Mit seiner Hilfe sei der BF 2010 ein Mitglied der XXXX der BNP geworden. XXXX sei ein "Wohnsitzender" in XXXX , er habe den BF viele Arbeiten machen lassen. Der BF habe immer spätestens von 21:00 Uhr bis 23:00 Uhr Plakate aufgehängt, habe viele Leute mobilisiert oder an viele Leute Plakate verschickt. Er habe an vielen Treffen und Demonstrationen teilgenommen. Als die Awami-League die Verfassung ändern habe wollen, sei der BF zu vielen Demonstrationen gerufen worden. Im Zuge dieser Demonstrationen habe ihn die Polizei einige Male mitgenommen. Der Offizier vom Dienst der Polizeistation XXXX sei Herr XXXX gewesen, der den BF einige Male festgenommen habe, ihn eine kurze Hose anziehen lassen habe und ihn geschlagen habe. Er habe nicht zugelassen, wenn er zu Treffen oder Demonstrationen oder sogar auf die Straße gegangen sei. Er habe ihn auf arge Weise beschimpft. Einmal habe die Polizei versucht, den stellvertretenden Vorsitzenden der Jamaat Islami, XXXX , festzunehmen. Sie haben sein Haus umzingelt, aber er sei zu dieser Zeit nicht zu Hause gewesen. Der BF habe dies gesehen und es ihm gesagt. Eine andere Person habe bemerkt, dass der BF diese Nachricht dem Bruder XXXX weitergegeben habe. Diese Person habe es der der Polizei gesagt. XXXX sei geflohen und die Polizei habe ihn festgenommen. Der BF sei den ganzen Tag in der Polizeistation gewesen und sei geschlagen worden. Am nächsten Morgen habe ihn seine Schwester abgeholt, nachdem sie der Polizei Geld bezahlt habe. Seines Wissens seien XXXX und XXXX seit 2015 auf der Flucht. 2015 habe der BF nach Beenden seines Diplomabschlusses im Jahr 2014 eine Stelle bei der XXXX bekommen. Diese Firma sei in XXXX , gewesen. Wenn spät in der Nacht die Ladungen eingetroffen seien, habe er bei der Firma übernachtet und ansonsten in seiner nahegelegenen Unterkunft. Seit 2015 habe der BF eine Liebesbeziehung mit XXXX , seiner Cousine väterlicherseits. Sie hätten aber bereits davor Kontakt gehabt. Ihre beiden Familien hätten von ihnen nichts gewusst, es habe nur ein Freund Kenntnis von der Beziehung gehabt. Sie habe zwei ältere Brüder gehabt, einer sei im Polizeiverwaltungsbezirk in XXXX Vorsitzender der Awami League gewesen und der andere Bruder sei bei der XXXX gewesen. Der BF hätte seine Cousine zwei- oder dreimal im Monat gesehen. In seiner Arbeit habe es den Werbesekretär der XXXX , gegeben. Dieser habe die Poster, die der BF in der Nacht aufgehängt habe, entfernt und seine Poster aufgehängt. Er habe ihnen in ihrer Arbeitsstätte Schwierigkeiten gemacht, indem er Marihuana, Fencidrill oder Java verkauft habe. Er habe auch Alkohol verkauft und diesen getrunken, obwohl das in Bangladesch verboten sei. Wenn der BF ihn darum gebeten habe, das nicht in seiner Arbeitsstätte zu machen und wegzugehen, habe er, weil er machthabend war, den BF und seine Mitarbeiter geschlagen. Er habe auch die Unterkunftszimmer der Arbeitsstätte beschädigt, weswegen die Arbeiter nicht arbeiten hätten können. Der BF habe fünf Mitarbeiter unter sich gehabt. XXXX habe den BF bedroht, falls er diese Sachen im Büro oder der Polizeistation weitergeben würde, würde er ihn töten. Wegen der Todesdrohungen habe der BF dies der Polizei und den diensthöheren Leuten nicht bekanntgegeben. Eines Tages habe der große Bruder von XXXX den BF und XXXX in einem Geschäft gesehen. Nachdem er sie gesehen hat, habe er, da er bei der Awami League sei, den BF "verschiedenst" bedroht und ihn aufgefordert, die Beziehung zu beenden. Da der BF nicht aufgehört habe, habe er den BF durch andere Leute schlagen lassen. Nachdem er am 10.05. das österreichische Visum bekommen habe, habe er dies XXXX bekanntgegeben. Sie hätten manchmal ein Zimmer gemietet und gemeinsam die Nacht verbracht. Sie habe zuhause immer gesagt, dass sie zu einer Freundin ginge. Eines Tages habe der Bruder von XXXX das mitbekommen, weil er den Verdacht gehabt habe. Er sei mit Leuten in die Mietunterkunft in XXXX , wo er sie in flagranti erwischt habe, weswegen er sie dann mitgenommen habe. Der andere, mittlere Bruder, sei mit XXXX befreundet gewesen. XXXX und XXXX hätten den BF durch vier oder fünf Personen schlagen lassen. Sie hätten ihn getreten, mit den Fäusten geschlagen und ihn mit den Stöcken verletzt. Sein Nachbar habe ihn in das Spital mitgenommen. Nach ca. zehn oder zwölf Tagen sei er entlassen worden, er sei zehn bis zwölf Stunden bewusstlos gewesen. Seine Familienangehörigen hätten ihn abgeholt und er sei direkt in sein Dorf zurückgekehrt. Da er nach Österreich kommen habe wollen, weil er ja das Visum bekommen habe, habe er sich noch mit seiner Mutter treffen wollen. In Bangladesch habe es zu dieser Zeit das Fest EID gegeben. Im Zuge dessen habe es ein Cricketspiel gegeben. Der Onkel mütterlicherseits von XXXX habe die Sache zwischen dem BF und ihr mitbekommen. Er und sein mittlerer Bruder seien nach dem Cricketspiel auf dem Weg nach Hause gewesen. Der BF habe gesehen, wie sein Onkel mit einem Stock und einem Baumast seine Mutter geschlagen habe. Weil er dann sentimental geworden sei, habe er mit dem Cricketschläger seinen Onkel am Nacken geschlagen. Dieser sei dann "umgekehrt und zu Boden gefallen". Seine Mutter habe dem BF und seinem mittleren Bruder das Ticketgeld gegeben, um nach XXXX zu fliehen, "damit uns die örtlichen Leute [gemeint: nicht] erwischen". In XXXX habe er dann eine schriftliche Beschwerde bezüglich XXXX mit Beweisen an die Firma geschickt. Er habe auch gleich gekündigt. Der BF habe mit seinem Mobiltelefon Fotos gemacht, wie er Karten gespielt habe und beim "[S]üchteln" gewesen sei. Der BF habe über einen Arbeitskollegen erfahren, dass rechtliche Schritte gegen ihn gesetzt würden. Nachdem der BF nach Österreich gekommen sei, habe er telefonisch von seiner Mutter erfahren, dass das Haus seiner Familie von seinem Onkel und seinem Cousin zerstört worden wäre, sowie auch ihre Bäume abgeschnitten und verkauft worden wären. Er habe dann auch noch über seinen mittleren Bruder erfahren, dass die Familie von XXXX und XXXX verschiedene Beschuldigungen an die Polizeistation weitergegeben haben, dass der BF sie angeblich mit Waffen bedroht hätte und sie hätten auch Schutzgeld gewollt. Der BF hätte auch angeblich zweimal versucht, XXXX umzubringen. Dass der BF nach Österreich gekommen sei, wisse seine Familie, XXXX und ein Freund, sonst niemand. Da er mit XXXX spreche, habe er erfahren, dass ihr Bruder beim Militär versuche, über die RAB (Sondereinheit der Polizei) bzw. die Polizei, den BF "im Kreuzfeuer" erschießen zu lassen und gegen ihn falsche Anzeigen "fingiert". Wegen all dieser Probleme sei sein mittlerer Bruder mit einem Visum nach Malaysien geflohen.

Der BF habe noch etwas vergessen. Als sie in flagranti erwischt worden seien, sei ausgemacht gewesen, dass XXXX jemanden heirate. Der BF habe aus Eifersucht einige intime Fotos von ihm und seiner Freundin dieser Person geschickt. Folglich sei es nicht zu der Heirat gekommen. Die Person habe diese Fotos anschließend ihrem Bruder gezeigt, weswegen ihre Familie den BF töten wolle. Falls der BF nach Bangladesch zurückkehren würde, würde ihn entweder der Bruder, die Familie von XXXX die Polizei oder die RAB umbringen.

Und letzte Woche habe der BF von seiner Mutter erfahren, dass zu seiner Schwester in XXXX , bei der er gewohnt habe, drei bis vier Polizisten gekommen seien, um den BF zu suchen.

Seine Familie habe sich in diese ganze Sache involvieren lassen, weswegen sie der Polizei gesagt habe, dass sie über mich nichts wüsste. Jeder denke, der BF wäre noch in Bangladesch.

Der BF sei in der Politik tätig gewesen, weswegen man ihm leicht eine falsche Anzeige "anhängen" habe können. Das sei ja zur Polizei gegangen und in Bangladesch sei überall die Polizei. Tatsächlich habe er ja keine Verbrechen begangen. Weil die Familie wütend auf den BF gewesen sei und sein Cousin sowie sein Onkel machthabend und Politiker bei der AL seien, könnten sie den BF umbringen lassen, falls er zurückkehre. Und weil er die Ehre der Familie des Mädchens verletzt habe und Familienmitglieder in Verwaltungseinheiten seien, könnten sie ihn über die RAB oder die Polizei umbringen lassen. Und wegen des Problems mit XXXX und der Beschwerde, weswegen die Firma rechtliche Schritte gegen ihn gesetzt habe und sein Drogenhandel zunichte gegangen sei, sei er wütend auf den BF und wolle ihn töten oder "zumindest behindert machen". XXXX habe sein Heimatdorf in XXXX woher auch die XXXX stamme. Er habe deswegen auch gute Lobbyingbeziehungen zu Parlamentsmitgliedern und Ministern.

I.3 Nach der Einvernahme wurden dem BFA ein Konvolut an Länderberichten per E-Mail übermittelt, wobei ein Fallbezug nicht erkannt werden kann, sowie weitere Schriftstücke, diejenigen, die in bengalischer Sprache abgefasst sind, ließ das BFA übersetzen.

I.4. Mit dem angefochtenen und im Spruch bezeichneten Bescheid vom XXXX , wies das BFA den Antrag des BF auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Bangladesch (Spruchpunkt II.) ab. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 wurde dem BF nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Darüber hinaus wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung nach Bangladesch gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.) und ausgesprochen, dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt VI.).

Die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz bezüglich des Status eines Asylberechtigten begründete das BFA im Wesentlichen damit, der BF habe eine Verfolgung in Bangladesch nicht glaubhaft machen können, weswegen dem BF nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit die Gefahr, aus den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen verfolgt zu werden, drohe. Unter Berücksichtigung der individuellen (persönlichen) Umstände des BF sei nicht davon auszugehen, dass der BF im Falle einer Rückkehr in sein Heimatland in eine ausweglose Situation gerate, weswegen auch keine Anhaltspunkte für die Gewährung subsidiären Schutzes vorliegen würden. Ebenso wenig lägen Anhaltspunkte für die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" vor und zudem würden die öffentlichen Interessen an einem geordneten Vollzug des Fremdenwesens gegenüber den privaten Interessen des BF an einem Verbleib im Bundesgebiet überwiegen, weswegen eine Rückkehrentscheidung zu erlassen sei. Die Abschiebung des BF sei als zulässig zu bewerten.

I.5. Mit Schriftsatz vom 03.09.2018 wurde dieser Bescheid des BFA seitens des - damals noch durch die XXXX vertretenen - BF wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung und Verletzung von Verfahrensvorschriften zur Gänze angefochten.

Nach Wiedergabe des bisherigen Verfahrensverlaufes und des behaupteten Sachverhaltes wurde dabei zusammengefasst begründend ausgeführt, der Bescheid sei infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften rechtswidrig. Das Ermittlungsverfahren sei insofern mangelhaft, als eine sorgfältige Ermittlung des Sachverhaltes nicht stattgefunden habe. Das BFA sei seiner Ermittlungspflicht und seiner Pflicht zur materiellen Wahrheitsfindung nur partiell nachgekommen. Die Länderfeststellungen seien Mangelhaft bzw. nicht ausreichend berücksichtigt worden. Die vom BF vorgelegten Beweismittel seien seitens des BFA nicht hinreichend ins Verfahren einbezogen worden. Der BF habe sein Fluchtvorbringen glaubhaft gemacht und die Beweiswürdigung des BFA sei unrichtig. Schließlich bringt die Beschwerde mit näherer Begründung vor, die rechtliche Beurteilung durch das BFA sei unrichtig. Die Beschwerde stellt den Antrag auf Durchführung einer Beschwerdeverhandlung.

I.6. Mit Schreiben vom 04.09.2018 legte das BFA die Beschwerde und die Akten des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

I.7. Mit E-Mail vom 07.11.2018 legte das BFA dem Bundesverwaltungsgericht ein Schreiben der Bezirkshauptmannschaft (im Weiteren: BH) XXXX vom XXXX vor, aus dem hervorgeht, dass der BF das Gewerbe "Hausbetreuung, bestehend in der Durchführung einfacher Reinigungstätigkeiten einschließlich objektbezogener einfacher Wartungstätigkeiten" am Standort XXXX angemeldet hat.

I.8. Mit Schreiben vom 04.11.2019 wurde zur Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht geladen und damit dem BF auch das aktuelle Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Bangladesch zur allfälligen Stellungnahme bis längstens im Rahmen der für den XXXX angesetzten mündlichen Beschwerdeverhandlung, übermittelt.

I.9. Am XXXX führte das Bundesverwaltungsgericht in Anwesenheit eines Dolmetschers für die Sprache Bengali und des ausgewiesenen Rechtsvertreters des BF eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung durch, im Zuge derer der BF ausführlich u.a. zu seinen Fluchtgründen, seinen Rückkehrbefürchtungen, seinen Familienverhältnissen und seinen Lebensverhältnissen in Österreich befragt wurde.

Der gesunde BF lebt nach Anmeldung eines freien Gewerbes (Hausbetreuung, Reinigung) von den Einkünften als Selbständiger; gemeldet ist der derzeit in XXXX , nachdem er ursprünglich in Wien und Burgenland seinen Wohnsitz hatte. Seine Freizeit verbringt er mit Freunden unterschiedlichster Nationalität, etwa am Bahnhof in XXXX oder in einer Diskothek. Ehrenamtlich war er bei der Diakonie tätig. Eine Beziehung, Verwandte oder Kinder habe er in Österreich nicht. Seine Deutschkenntnisse sind zwar gering, aber ausreichend, um sich verständlich zu machen.

Zu seinen Fluchtgründen befragt führte der BF sehr langatmig aus, dass er aus politischen Gründen Bangladesch verlassen habe. Zusammengefasst legte er dar, dass er seit Jahren bei der Chattro Dal gewesen sei und hatte "nie eine hohe Funktion in der Politik" inne. Er habe jedoch den örtlichen Sekretär unterstützt. Durch seine unterstützende Tätigkeit sei er in den Fokkus der gegnerischen Awami League geraten und habe ihn die Polizei öfters verhaftet. Auch ein Arbeitskollege, über den sich der BF aus verschiedensten Gründen in der Firma beschwert haben, habe ihn politisch verfolgt. Da ihn dieser Arbeitskollege "verfolgt" habe, habe er ihn seiner Firma gekündigt und sei wieder in sein Dorf gegangen.

Ein weiteres Konfliktfeld sei seine Beziehung zu seiner Cousine XXXX gewesen. Diese Beziehung war ursprünglich geheim und führte zu großen familiären Konflikten, weil XXXX einem anderen Mann versprochen worden war. Durch die Beziehung zu dem BF haben sich die betroffenen Familien (endgültig) verfeindet. Er würde XXXX , zu der er weiterhin intensiven telefonischen Kontakt habe, gerne nach Österreich bringen.

Als weiteren Grund seiner Flucht führte der BF aus, dass es einen Familienkonflikt gegeben habe. Als er bei einem Cricketspiel bemerkte, dass seine Mutter mit seinem Onkel väterlicherseits stritt habe er diesen mit einem Schläger am Nacken geschlagen. Daraufhin habe er sich verstecken müssen, weil er polizeilich gesucht wurde.

Zu seinem Aufenthalt in Österreich befragt gab der BF an, dass er zwar mit einem Studentenvisum legal eingereist sei, die für das Studium erforderliche Sprachprüfung jedoch nicht absolviert habe. Deshalb habe er begonnen selbständig zu arbeiten.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

II.1. Feststellungen:

II.1.1. Zur Person des BF, seinen Familienverhältnissen und seinen

Lebensumständen in Österreich:

Der volljährige BF ist Staatsangehöriger von Bangladesch und der Volksgruppe der Bengalen sowie der sunnitischen Glaubensgemeinschaft zugehörig. Seine Muttersprache ist Bengali (Erstbefragung AS 5 und Personendatenermittlung AS 87 ff.). Seine Identität steht fest (AS 45 ff.).

Der BF ist im Ort XXXX geboren (AS 5; AS 87). Er hat in seinem Heimatland für 14 Jahre die Schule besucht (AS 5, 91) und vor seiner Ausreise aus Bangladesch als Ingenieur gearbeitet, der Lkw-Ladungen mit Zement angenommen hat und an die Arbeiter weitergeleitet hat. Er hat berechnet, wie viele Baustoffe benötigt werden und manchmal auch mit einer Software Gebäude konstruiert (AS 131).

Der BF ist ledig und hat keine Kinder (AS 87 ff.). Die Mutter, drei Schwestern und zwei Brüder des BF halten sich in Bangladesch auf (AS 89 f.). Zwischen dem BF und seinen Verwandten besteht aufrechter regelmäßiger Kontakt. Kontakt besteht auch mit seiner Freundin XXXX , welche ebenfalls in Bangladesch lebt.

Der BF ist im Juli 2017 legal mit einem Visum Typ D in das Bundesgebiet eingereist (AS 99). Er ist zwar in die staatliche Grundversorgung einbezogen, wobei der letzte Leistungsbezug im Februar 2019 war. Der BF hat das Gewerbe "Hausbetreuung, bestehend in der Durchführung einfacher Reinigungstätigkeiten einschließlich objektbezogener einfacher Wartungstätigkeiten" am Standort XXXX angemeldet (Schreiben der BH XXXX ), wohnt und arbeitet nunmehr in XXXX . Er ist in Vereinen und sonstigen Organisationen tätig.

In Österreich besteht keine Beziehung und leben auch keine Verwandten; Kinder sind keine vorhanden.

Der BF hat in XXXX zwei Deutschkurse (Niveau A1) besucht (AS 119 ff.) und er hat einen Deutschkurs auf der Volkshochschule in XXXX besucht (AS 113, 209). Der BF verfügt über geringe Deutschkenntnisse. Er ist strafrechtlich unbescholten.

Der BF ist gesund. Er nimmt keine Medikamente (AS 127 ff.).

Die Aussagen des BF zu seinem Privat- und Familienleben wurden im Rahmen der Verhandlung vor dem BVwG im Wesentlichen gleichartig wiedergegeben.

I.1.2. Zum Fluchtvorbringen des BF:

Nicht festgestellt werden kann eine konkrete politische Verfolgung des BF in Bangladesch.

Festgestellt wird, dass der BF keine hohe politische Funktion hatte. Dass der BF Sympathisant oder Mitglied der BNP oder in anderer Weise politisch aktiv war, kann nicht als zwingender Grund einer politischen Verfolgung festgestellt werden.

Misshandlungen der Mutter oder des Vaters des BF durch den Onkel des BF werden ebenfalls nicht festgestellt. Es kann weiters nicht festgestellt werden, dass der BF eine Beziehung zu seiner Cousine XXXX hatte, deren Familie diese Beziehung nicht goutierte und der BF deshalb verfolgt worden wäre.

Es wird ebenfalls nicht festgestellt, dass es zwischen dem BF und seinem Onkel oder seinem Cousin derart schwere Streitigkeiten gab, dass der BF derentwegen sein Herkunftsland verlassen musste. Auch nicht festgestellt werden kann, dass gegen den BF Anzeigen eingebracht wurden und der BF von den bengalischen Behörden aus politischen gesucht würde.

II.1.3. Zur maßgeblichen Lage in Bangladesch:

Politische Lage:

Bangladesch - offizielle Bezeichnung Volksrepublik Bangladesch (People' s Republic of Bangladesh / Ga?aprajatantri Ba?lades) ist seit 1991 eine parlamentarische Demokratie (GIZ 12.2018a). Das Land befindet sich größtenteils in der Deltaebene, die durch die Mündung der Flüsse Ganges und Brahmaputra in den Golf von Bengalen (Indischer Ozean) gebildet wird. Nachbarstaaten sind Indien (Westen, Norden und Osten) und Myanmar (Südosten). Die Hauptstadt ist Dhaka (ca. 20 Millionen Einwohner). Auf einer Fläche von ca. 148.000 km² (CIA 21.2.2019) leben etwa 159 bis 165 Millionen Einwohner (CIA 21.2.2019; vgl. GIZ 1.2019, AA 12.2018a). Bangladesch ist mit 1.127 Einwohnern pro Quadratkilometer der am dichtest besiedelte Flächenstaat der Welt (zum Vergleich: Österreich 104 Einwohner pro km²) (WPR o.D.; vgl. AA 12.2018a).

Das Staatsoberhaupt ist der Präsident, der vom Parlament alle fünf Jahre gewählt wird. Eine einmalige Wiederwahl ist möglich. Er übt größtenteils zeremonielle Funktionen aus, während die Macht in den Händen des Premierministers als Regierungschef liegt. Dieser wird von der stärksten im Parlament vertretenen Partei nominiert und vom Präsidenten formell ernannt. Der Premierminister ernennt die Regierungsmitglieder, die vom Präsidenten bestätigt werden. Nach Ende der fünfjährigen Legislaturperiode bildet der Präsident unter seiner Führung eine unabhängige Übergangsregierung, deren verfassungsmäßige Aufgabe es ist, innerhalb von 90 Tagen die Voraussetzungen für Neuwahlen zu schaffen (ÖB 12.2018; vgl. GIZ 12.2018a). Zusätzlich obliegt dem Premierminister die Kontrolle der Geheimdienste, der Streitkräfte und der paramilitärischen Einheiten (GIZ 12.2018a).

Das Parlament (National Parliament oder Jatiya Sangsad) besteht aus einer Kammer mit 300, in Einzelwahlkreisen auf fünf Jahre direkt gewählten, Abgeordneten (ÖB 12.2018) mit zusätzlichen 50 Sitzen, die nur für Frauen reserviert sind (AA 27.10.2017; vgl. GIZ 12.2018). Diese werden nicht direkt durch eine Wahl vergeben, sondern die Parteien, die es ins Parlament schaffen, nominiert (GIZ 12.2018a). Das Parlament tagt nicht während der Amtszeit der Übergangsregierung. Das Mehrheitswahlrecht führt zu stabilen Mehrheiten im Parlament und hat die Herausbildung der Bangladesch Nationalist Party (BNP) und der Awami League (AL) als dominierende und konkurrierende Parteien begünstigt. Während die konservative BNP Verbündete bei den islamistischen Parteien wie der Jamaat-e-Islami (JI) hat, bekommt die AL traditionell Unterstützung von linken und säkularen Parteien, wie der Arbeiterpartei, der liberaldemokratischen Partei, der national-sozialen Partei Jatiyo Samajtantrik Dal und jüngst auch von der Jatiya Partei, unter dem ehemaligen Militärdiktator Hossain Mohammad Ershad (ÖB 12.2018).

Das politische Leben wird seit 1991 durch die beiden größten Parteien, die "Awami League" (AL) und "Bangladesh Nationalist Party" (BNP) bestimmt. Klientelismus und Korruption sind weit verbreitet. Gewerkschaften, Studentenorganisationen, Polizei und Verwaltung sind parteipolitisch durchdrungen (AA 12.2018). Beide Parteien haben keine demokratische interne Struktur und werden von Familien geführt, die Bangladesch seit der Unabhängigkeit geprägt haben (FH 1.2018).

Seit 2009 ist Sheikh Hasina von der Awami League (AL) Premierministerin (GIZ 12.2018a; vgl. ÖB 12.2018). Im Jänner 2019 wurde Sheikh Hasina für ihre vierte Amtszeit, die dritte Amtszeit in Folge, als Premierministerin angelobt. Im Februar 2019 gab sie bekannt, dass sie nach dieser Amtszeit an die "junge Generation" übergeben wolle (DW 14.2.2019).

Bei den elften bangladeschischen Parlamentswahlen vom 30.12.2018 erzielte die "Große Allianz" um die regierende AL einen Erdrutschsieg mit 96 % der Stimmen und 289 der 300 zur Wahl stehenden Parlamentssitze (Guardian 30.12.2018; vgl. BN24 31.12.2018, DT 27.1.2019, DS 10.1.2019), wobei in zwei Wahlkreisen aufgrund von Gewalt (DS 10.1.2019) bzw. dem Tod eines Kandidaten Nachwahlen notwendig waren (DT 27.1.2019).

Es gibt Berichte über Wahlmanipulation. Die Opposition verurteilte die Wahl als "Farce" und fordert die Annullierung des Ergebnisses und Neuwahlen. Die Regierungspartei weist die Manipulationsvorwürfe und Neuwahlforderungen zurück und nennt die Wahl "völlig frei und unabhängig" (BBC 31.12.2018). In einer vorläufigen Bewertung erklärten Wahlbeobachter der SAARC (South Asian Association for Regional Cooperation), dass die Wahl "viel freier und fairer" ablief als die vorherigen (Hindu 1.1.2019). Bereits im Vorfeld der Wahl kam es zu Gewalt zwischen rivalisierenden Anhängern und zu harten Vorgehen der Regierung (BBC 31.12.2018; vgl. Hindu 1.1.2019). Von Oktober bis Anfang Dezember 2018 fanden wiederholt Fälle willkürlicher Verhaftungen und Inhaftierungen von Demonstranten und politischen Oppositionellen sowie von Gewalttaten und Einschüchterungen durch Mitglieder der Studenten- und Jugendabteilung der Regierungspartei statt. (HRW 13.12.2018). Am Wahltag waren rund 600.000 Sicherheitskräfte, darunter Armee und paramilitärische Truppen, im Einsatz, um die Gewalt einzudämmen (Guardian 30.12.2018). Am Wahltag wurden mindestens 17 Menschen bei Zusammenstößen zwischen Anhängern der regierenden Partei und der Opposition getötet (Reuters 1.1.2019).

2014 trat die BNP aus Protest gegen Verfahrensfehler bei der Organisation der Wahlen nicht zur Wahl an und forderte die Bevölkerung, ihre eigenen Parteimitglieder und Wähler zu einem Generalstreik (Hartal) auf. Eine der wichtigsten BNP-Vertreter der Opposition war und ist die ehemalige Premierministerin und amtierende BNP-Parteivorsitzende Khaleda Zia. Sie wurde im Februar 2018 wegen Veruntreuung zu einer Haftstrafe von fünf Jahren verurteilt (GIZ 12.2018a) und durfte bei den Parlamentswahlen am 30.12.2018 nicht als Kandidatin antreten (DT 8.12.2018). Die oppositionelle BNP hat aufgrund ihrer starken gesellschaftlichen Verankerung das Potential, durch Generalstreiks großen außerparlamentarischen Druck zu erzeugen (GIZ 12.2018a).

Infolge der Dominanz der AL und der fehlenden innerparteiischen Demokratie hat de facto die exekutive Spitze das ausschließliche Sagen bei Gesetzesentwürfen. Wie schon die Vorgängerregierungen baut auch die gegenwärtige AL-Regierung ihre Netzwerke in Verwaltung, Rechtswesen und Militär aus. Verschärfend kommt hinzu, dass die BNP als vormals größte Oppositionspartei nach ihrem Wahlboykott am 5.1.2014 überhaupt nicht mehr im Parlament vertreten war (GIZ 12.2018a) und bei den Parlamentswahlen am 30.12.2018 nur sechs Mandate erzielen konnte (BI 31.12.2018; vgl. DS 10.1.2019).

Durch Verfassungsänderung von Juni 1988 wurde der Islam zur Staatsreligion erklärt, bei gleichzeitiger verfassungsrechtlicher Verankerung des Rechts auf friedliche Ausübung anderer Religionen. Auch Säkularismus ist Staatsprinzip und genießt Verfassungsrang (AA 27.10.2017). Die verfassungsändernde Mehrheit der AL im Parlament führt zu einer enormen Machtkonzentration. Gesetzesinitiativen schränken den Spielraum der Zivilgesellschaft weiter ein. Die derzeitige Regierung hat es sich zum Ziel gemacht, Verbrechen des Unabhängigkeitskrieges von 1971 juristisch aufzuarbeiten. Angeklagt sind damalige Kollaborateure der pakistanischen Streitkräfte, von denen viele bis zur letzten innerparteilichen Wahl in führenden Positionen der islamistischen JI waren. Die Prozesse und (häufig Todes-) Urteile öffnen alte Wunden und führen zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen säkularen und islamistischen Kräften (AA 12.2018).

Bei den am 30.12.2015 in 234 Stadtbezirken durchgeführten Kommunalwahlen in Bangladesch ist die regierende AL in 176 Bezirken als Siegerin hervorgegangen (NETZ 2.1.2016). Die kommenden Kommunalwahlen werden an fünf verschiedenen Wahltagen zwischen 10.3. und 18.6.2019 stattfinden (bdnews24 3.2.2019). Am ersten Wahltermin wurden in den 78 Upazilas eine geringe Wahlbeteiligung beobachtet. Die Wahl wird von der BNP und einigen anderen Parteien boykottiert (DS 10.3.2019).

Der Verwaltungsaufbau von Bangladesch ist zentralstaatlich: Das Land ist in acht Regionen (Divisions), 64 Bezirke (Districts), 501 Landkreise bzw. Großstädte (Upazilas / City Corporations), 4.876 Gemeindeverbände (Union Councils / Municipalities) und circa 87.000 Dorfgemeinden gegliedert (AA 12.2018; vgl. ÖB 12.2018). Im Gebiet der Chittagong Hill Tracts gilt eine besondere Verwaltung, die der lokalen (indigenen), nicht-bengalischen Bevölkerung verstärkte Mitwirkungsmöglichkeiten einräumen soll (ÖB 12.2018).

Quellen:

* AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (12.2018):

Bangladesch - Innenpolitik,

https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/bangladesch-node/-/206322, Zugriff 7.3.2019

* AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (27.10.2017):

Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Oktober 2017).

* BBC (31.12.2018): Bangladesh election: PM Sheikh Hasina wins landslide in disputed vote,

https://www.bbc.com/news/world-asia-46718393, Zugriff 7.3.2019

* bdnews24 (3.2.2019): 87 Upazila councils go to election on Mar 10 in first phase,

https://bdnews24.com/bangladesh/2019/02/03/87-upazila-councils-go-to-election-on-mar-10-in-first-phase, Zugriff 7.3.2019

* BI - Bangla Insider (31.12.2018): final results of 11th parliamentary elction of Bangladesh 2018, https://en.banglainsider.com/bangladesh/4469/FINAL-RESULTS-OF-11th-PARLIAMENTARY-ELECTION-OF-BANGLADESH-2018, Zugriff 3.1.2019

* BN24 - Bangla News 24 (31.12.2018): Grand alliance wins 288 seats, https://www.banglanews24.com/english/national/article/73191/Grand-alliance-wins-288-seats, Zugriff 7.3.2019

* DS - Daily Star, the (10.1.2019): BNP's Sattar bags B'baria-2, https://www.thedailystar.net/bangladesh-national-election-2018/bangladesh-re-election-3-centres-brahmanbaria-2-constituency-going-peacefully-1685053, Zugriff 11.3.2019

* DS - Daily Star, the (10.3.2019): First phase upazila polls end, counting starts,

https://www.thedailystar.net/country/news/election-78-upazilas-begins-1712992, Zugriff 11.3.2019

* DT - Dhaka Tribune (27.1.2019): Ruling party's Dr Younus Ali Sarker wins Gaibandha 3

by-polls,https://www.dhakatribune.com/bangladesh/election/2019/01/27/voting-in-gaibandha-3-by-polls-underway, Zugriff 11.3.2019

* DT - Dhaka Tribune (8.12.2018): EC rejects Khaleda Zia's candidature by majority decision, https://www.dhakatribune.com/bangladesh/election/2018/12/08/khaleda-zia-s-appeal-remains-pending, Zugriff 7.3.2019

* DW - Deutsche Welle (14.2.2019): Bangladesh PM Sheikh Hasina hints at last term as prime minister, https://www.dw.com/en/bangladesh-pm-sheikh-hasina-hints-at-last-term-as-prime-minister/a-47513555, Zugriff 7.3.2019

* FH - Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2018 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/1442339.html, Zugriff 28.2.2019

* GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (12.2018a): Bangladesch - Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/bangladesch/geschichte-staat/, Zugriff 7.3.2019

* GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (1.2019): Bangladesch - Überblick, https://www.liportal.de/bangladesch/ueberblick/, Zugriff 11.3.2019

* Guardian, The (30.12.2018): Bangladesh PM Hasina wins thumping victory in elections opposition reject as 'farcical', https://www.theguardian.com/world/2018/dec/30/bangladesh-election-polls-open-after-campaign-marred-by-violence, Zugriff 7.3.2019

* Hindu, The (1.1.2019): Hasina's triumph: on Bangladesh election results,

https://www.thehindu.com/opinion/editorial/hasinas-triumph/article25874907.ece, Zugriff 7.3.2019

* NETZ - Partnerschaft für Entwicklung und Gerechtigkeit e.V. (2.1.2016): Bangladesch Aktuell, http://bangladesch.org/bangladesch/aktuell/detailansicht/news/detail/News/kommunalwahlen/cHash/781fa29261a9302cfb84107680f22794.html, Zugriff 7.3.2019

* ÖB DEL - Österreichische Botschaft Neu Delhi (12.2018):

Asylländerbericht Bangladesch [Arbeitsversion].

* Reuters (1.1.2019): Western powers call for probe into Bangladesh election irregularities, violence, https://www.reuters.com/article/us-bangladesh-election/western-powers-call-for-probe-into-bangladesh-election-irregularities-violence-idUSKCN1OV1PK, Zugriff 7.3.2019

* RW - Human Rights Watch (13.12.2018): Bangladesh: Crackdown as Elections Loom, https://www.ecoi.net/de/dokument/1454483.html, Zugriff 7.3.2019

* WPR - World Population Review (o.D.): World Countries by Population Density 2019,

http://worldpopulationreview.com/countries/countries-by-density/. Zugriff 7.3.2019

Sicherheitslage:

Der Hass zwischen den politischen Parteien, insbesondere Awami League und die Bangladesch National Party, ist für den größten Teil an Gewalt im Land verantwortlich (ACLED 9.11.2018; vgl. FH 1.2018). Beide Parteien sind - gemeinsam mit unidentifizierten bewaffneten Gruppen - in Vandalismus und gewalttätige Auseinandersetzungen verwickelt und greifen auch friedliche Zivilisten an (ACLED 9.11.2018).

Von nichtstaatlichen Akteuren (insbesondere Opposition, Islamisten, Studenten) geht nach wie vor in vielen Fällen Gewalt aus. Die öffentliche Sicherheit ist fragil. Das staatliche Gewaltmonopol wird durchbrochen. Es kommt häufig zu Morden und gewalttätigen Auseinandersetzungen aufgrund politischer (auch innerparteilicher) oder krimineller Rivalitäten. Eine Aufklärung erfolgt selten. Politische Auseinandersetzungen werden von allen Lagern - mit einem teilweise massiven Aufgebot an Menschen und unter Rekrutierung von Studenten- und Jugendorganisationen - auf der Straße ausgetragen (AA 27.10.2017). Spontane Streiks und Kundgebungen können jederzeit stattfinden (BMEIA 14.12.2018; vgl. AA 25.2.2019), dabei können Kämpfe zwischen Sicherheitsbehörden und Demonstranten, Brandstiftung, Gewalt und Vandalismus unvorhergesehen auftreten (UKHO 28.2.2019).

Gewalt gegen Zivilisten oder staatliche Kräfte durch Rebellen macht einen relativ kleinen Anteil an allen Gewaltereignissen aus. Es gibt radikale islamistische Gruppen wie die Mujahideen Bangladesh (JMB) und Ansarullah Bangla Team (ABT). Sowohl der Islamische Staat (IS) und Al Qaeda in the Indian Subcontinent (AQIS) geben an, in Bangladesch aktiv zu sein, was von der Regierung jedoch dementiert wird (ACLED 9.11.2018). Im März 2017 kam es zu drei Selbstmordattentaten mit Todesfolge, zu denen sich der Islamische Staat bekannte (BMEIA 14.12.2018, vgl. USDOS 20.4.2018).

Extremistische Gruppen führen Angriffe auf Angehörige vulnerabler Gruppen durch (USDOS 20.4.2018; vgl. AI 22.2.2017; AA 27.10.2017). In vielen Fällen ist nicht eindeutig differenzierbar, ob religiöse Motive oder säkulare Interessen, wie z. B. Racheakte oder Landraub, Grund für die Vorfälle sind. In vielen Fällen wird den Sicherheitsbehörden vorgeworfen, nicht oder zu spät reagiert zu haben, vereinzelt sogar an Gewaltakten aktiv teilgenommen zu haben (AA 27.10.2017).

In der Division Chittagong, insbesondere im Gebiet der Chittagong Hill Tracts (Bezirke Rangamati, Khagrachari und Bandarban) kommt es zu bewaffneten Unruhen und kriminellen Übergriffen (BMEIA 14.12.2018; vgl. AA 25.2.2019; UKHO 28.2.2019). Im Juni 2017 griff eine aufgebrachte Menschenmenge indigene Bewohner der Stadt Langadu im Bezirk Rangamati Hill an und tötete dabei mindestens eine Person. Außerdem wurden Hunderte Häuser niedergebrannt. Berichten zufolge unternahmen Polizisten und Soldaten nichts, um die indigenen Bewohner zu schützen (AI 23.5.2018). Im südöstlichen Verwaltungsbezirk Cox's Bazar der Division Chittagong, hat es zuletzt in bzw. in der Nähe von Flüchtlingslagern vereinzelt gewalttätige Zwischenfälle gegeben. Am 21. Februar 2019 wurden dabei auch ausländische Journalisten angegriffen (AA 25.2.2019).

An der Grenze zu Indien kommt es gelegentlich zu Schusswechseln zwischen indischen und bangladeschischen Grenzwächtern. Regelmäßig werden Menschen getötet, die versuchen, illegal die Grenze zu überqueren (UKHO 28.2.2019).

In der Monsunzeit von Mitte Juni bis Mitte Oktober muss mit Überschwemmungen gerechnet werden, im südlichen Landesdrittel von Oktober bis November und Mitte April bis Mitte Mai grundsätzlich auch mit Wirbelstürmen (AA 25.2.2019). Regelmäßig wiederkehrende Überschwemmungen sowie die Erosion von Flussufern führen zu einer umfangreichen Binnenmigration (AA 27.10.2017). Die Kriminalität hat ist hoch, insbesondere Raubüberfälle (BMEIA 14.12.2018).

Quellen:

* AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (25.2.2019):

Bangladesch: Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/bangladesch-node/bangladeschsicherheit/206292, Zugriff 27.2.2019

* AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (27.10.2017):

Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Oktober 2017).

* ACLED - Armed Conflict Location & Event Data Project (9.11.2018):

The Anatomy of Violence in Bangladesh, https://www.acleddata.com/2018/11/09/the-anatomy-of-violence-in-bangladesh/, Zugriff 6.3.2019

* AI - Amnesty International (23.5.2018): Bangladesch 2017/18, https://www.amnesty.de/jahresbericht/2018/bangladesch, Zugriff 5.3.2019

* BMEIA - Bundesministerium Europa, Integration und Äußeres (14.12.2018): Bangladesch - Reiseinformation, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/bangladesch/, Zugriff 6.3.2019

* FH - Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2018 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/1442339.html, Zugriff 28.2.2019

* ÖB - Österreichische Botschaft Neu Delhi (12.2018):

Asylländerbericht Bangladesch [Arbeitsversion].

* UKHO - UK Home Office (28.2.2019): Foreign travel advice Bangladesh - Safety and security, https://www.gov.uk/foreign-travel-advice/bangladesh/safety-and-security, Zugriff 6.3.2019

* USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430114.html, Zugriff 27.2.2019

Rechtsschutz/Justizwesen:

Das Gerichtssystem besteht aus zwei Instanzen, den untergeordneten Gerichten (Magistrates, Session- und District Judges) und dem Obersten Gerichtshof. Beide verhandeln Zivil- und Strafrechtssachen. Das Rechtssystem beruht weitgehend auf dem englischen "Common Law". Der Oberste Gerichtshof besteht aus zwei Abteilungen, dem "High Court", der Verfassungsfragen verhandelt und als Berufungsinstanz zu den erstinstanzlichen Gerichten fungiert, sowie dem "Appellate Court", dessen Entscheidungen für alle übrigen Gerichte bindend sind. Die Richter beider Abteilungen werden gemäß der Verfassung vom Präsidenten ernannt (ÖB 12.2018).

Die Unabhängigkeit der Richter wird von der Verfassung garantiert. In der Praxis unterstellt allerdings eine schon lange geltende temporäre Bestimmung der Verfassung die erstinstanzlichen Richter der Exekutive. Auch ihre Ernennung und Remuneration ist Sache der Exekutive. Demgegenüber haben die Richter des Obersten Gerichtshofs des Öfteren ihre Unabhängigkeit demonstriert und gegen die Regierung entschieden (ÖB 12.2018). Gemäß einer Verfassungsänderung hat das Parlament seit 2014 das Recht, oberste Richter abzusetzen (USDOS 20.4.2018).

Auf Grundlage mehrerer Gesetze ("Public Safety Act", "Law and Order Disruption Crimes Speedy Trial Act", "Women and Children Repression Prevention Act", "Special Powers Act") wurden Sondertribunale errichtet, die Fälle innerhalb eines festgesetzten Zeitrahmens erledigen müssen. Es fehlen allerdings Vorschriften für den Fall, dass sie dieser Verpflichtung nicht nachkommen. Diese "Speedy Trial" Tribunale haben Medienberichten zufolge in den vergangenen Jahren ca. 200 Personen zum Tode verurteilt (ÖB 12.2018).

Wie die meisten Beobachter von Bangladesch übereinstimmend angeben, stellen Korruption, Ineffizienz der Justiz, gezielte Gewalt gegen Richter und ein gewaltiger Rückstau an offenen Fällen große Probleme dar (ÖB 12.2018). Gerichtsverfahren sind durch eine überlange Verfahrensdauer geprägt, was viele Angeklagten bei der Inanspruchnahme ihres Rechts auf ein faires Verfahren hindert. Weiters kommt es zu Zeugenbeeinflussung und Einschüchterung von Opfern (USDOS 20.4.2018; vgl. FH 1.2018). Strafanzeigen gegen Mitglieder der regierenden Partei werden regelmäßig zurückgezogen (FH 1.2018). Die schiere Zahl der gegen die politische Opposition eingeleiteten Klagen im Vorfeld zur 11. Parlamentswahl vom 30.12.2018, deutet auf ein ungehindertes Spielfeld und die Kontrolle der Regierungspartei über die Justiz- und Sicherheitsinstitutionen hin (FIDH 9.1.2019).

Zwei Drittel aller Streitfälle erreichen nicht das formelle Justizsystem, sondern werden von informellen Dorfgerichten oder bedeutenden Persönlichkeiten der lokalen Gemeinschaften entschieden. Diese behandeln meist Fälle betreffend Familienrecht, Unterhalt, Zweitehen, Mitgiftstreitigkeiten und Landeigentum. Obwohl diese "Gerichte" eine durch Tradition legitimierte, schnellere und günstigere Alternative zu ordentlichen Gerichten darstellen, sind sie hinsichtlich der Einflussnahmemöglichkeiten durch lokal bedeutsame Persönlichkeiten sowie der gesellschaftliche Stellung von Frauen nicht unproblematisch. Die islamische Scharia ist zwar nicht formell als Gesetz eingeführt, spielt aber insbesondere in den Bereichen des Zivilrechts (Erbschaft, Grunderwerb, Heirat und Scheidung etc.) eine große Rolle (ÖB 12.2018).

Quellen:

* FH - Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2018 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/1442339.html, Zugriff 28.2.2019

* FIDH - International Federation for Human Rights (Hg.) (9.1.2019):

Joint statement [by AHRC - Asian Human Rights Commission; ANFREL - Asian Network for Free Elections; GNDEM - Global Network of Domestic Election Monitors; FIDH - International Federation for Human Rights; CMEV - Centre for Monitoring Election Violence, Sri Lanka] on the undemocratic electoral environment in Bangladesh, https://www.fidh.org/en/region/asia/bangladesh/joint-statement-on-the-undemocratic-electoral-environment-in, Zugriff 6.3.2019

* ÖB - Österreichische Botschaft Neu Delhi (12.2018):

Asylländerbericht Bangladesch [Arbeitsversion].

* USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430114.html, Zugriff 27.2.2019

Sicherheitsbehörden:

Die Polizei ist beim Ministerium für Inneres angesiedelt und hat das Mandat die innere Sicherheit und Recht und Ordnung aufrecht zu erhalten. Die Armee, die dem Büro des Ministerpräsidenten untersteht, ist für die äußere Sicherheit zuständig, kann aber auch für innerstaatliche Sicherheitsaufgaben herangezogen werden. Zivile Stellen hatten weiterhin effektive Kontrolle über die Streitkräfte und andere Sicherheitsbehörden. Die Regierung verfügt über Mechanismen, Missbrauch und Korruption zu untersuchen und zu bestrafen; sie werden aber nicht immer angewandt (USDOS 20.4.2018).

Das Wirken der Polizei ist gekennzeichnet durch einen Mangel an Ressourcen inklusive mangelhafter Infrastruktur, Mangel an Personal, Ausbildung und Arbeitsmaterialien, Ineffizienz und Korruption (AA 27.10.2017). Misstrauen gegenüber der Polizei und anderen Sicherheitsdiensten hält viele Bürger davon ab, Unterstützung zu suchen oder Verbrechen anzuzeigen. Die Regierung unternahm Schritte, um in der Polizei Professionalität, Disziplin, Ausbildung und Reaktionsfähigkeit zu verbessern und die Korruption zu verringern. Die Polizei hat Regeln für angemessene Gewaltausübung in ihre Grundausbildung einbezogen, um bürgernahe Polizeiarbeit umsetzen zu können (USDOS 20.4.2018). Trotz dieser Bemühungen kommt es weiterhin zu Machtmissbrauch und unangebrachter Gewaltanwendung von Sicherheitskräften, insbesondere durch die Rapid Action Batallions (RAPs), die in weiterer Folge ungestraft bleiben (ÖB 12.2018).

Es gibt Hinweise auf willkürliche Festnahmen durch die Polizeikräfte, obwohl dies gesetzlich verboten ist, sowie auf willkürliche Nutzung der gesetzlich erlaubten präventiven Festnahmen. Die Festnahme ohne Angabe von Gründen ist für bis zu 30 Tagen zur Verhinderung von Taten, die die nationale Sicherheit, Verteidigung, Souveränität, öffentliche Ordnung oder auch wirtschaftliche Interessen des Landes gefährden, erlaubt. Die Arretierten haben kein Recht auf einen Verteidiger. Die hauptsächlich Betroffenen sind Aktivisten der politischen Parteien und NGO-Vertreter, die Kritik an der Regierung üben. Nach wie vor problematisch ist auch die in vielen Fällen unverhältnismäßig lange Untersuchungshaft. Als Gründe hierfür werden bürokratische Ineffizienz, limitierte Ressourcen und Korruption genannt. Gegenwärtig geht man von über 2 Millionen ausständigen Zivil- und Strafverfahren aus (ÖB 12.2018).

Die Sicherheitskräfte lassen Personen weiterhin routinemäßig "verschwinden". Bei den Opfern handelte es sich zumeist um Anhänger der Opposition. Folter und andere Misshandlungen waren noch immer weit verbreitet, die Behörden gingen entsprechenden Anzeigen jedoch nur selten nach (AI 23.5.2018; siehe auch Abschnitt 6.). Betroffene sehen aus Angst vor Vergeltung in der Regel davon ab, Mitglieder der Sicherheitsbehörden wegen Menschenrechtsvergehen anzuzeigen, so dass diese straflos bleiben (AA 27.10.2017).

Die Sicherheitsbehörden bestehen zum Hauptteil aus der dem Innenministerium unterstellten "Bangladesch Police", die ca. 116.000 Mann zählt. Zur Unterstützung der Polizei stehen weitere Einheiten zur Verfügung (ÖB 12.2018):

Rapid Action Batallions (RABs): Es gibt 14 RABs mit insgesamt ca.

8.500 Mann, die ebenfalls dem Innenministerium unterstellt sind. Ihre Aufgabe ist der Kampf gegen bewaffnete kriminelle Organisationen. Die RABs sind hauptsächlich in urbanen Zentren stationiert, rekrutieren sich hauptsächlich aus Polizei und Armee, sind gut ausgebildet und mit moderner Ausrüstung versehen (ÖB 12.2018; vgl. RAB o.D.). Ihnen werden schwere menschenrechtliche Verstöße wie z. B. extralegale Tötungen zugeschrieben (AA 27.10.2017). Die RABs verfolgen eine aggressive Strategie gegen bewaffnete "Gang"-Mitglieder, was zu zahlreichen Toten durch Schießereien führt. Sie werden auch bei Demonstrationen eingesetzt, wobei exzessive Gewalt, Gummigeschosse aber auch scharfe Munition gegen Demonstranten zum Einsatz kam, welche wiederholt Todesopfer forderten. Es kam trotz zahlreicher Verhaftungen noch zu keiner Verurteilung wegen außergerichtlicher Tötungen, Folter oder willkürlicher Verhaftungen gegen Mitglieder der RABs (ÖB 12.2018). Trotz Vorwürfen von Verstößen, einschließlich einer Audioaufzeichnung einer außergerichtlichen Hinrichtung durch Mitglieder des RAB, haben die Behörden es versäumt, die Verantwortlichen auszuforschen und zu verfolgen (HRW 17.1.2019).

Bangladesh Ansar: Gegründet im Jahr 1948 und ebenfalls dem Innenministerium unterstellt, gibt es aktuell ca. 23.000 leichtbewaffnete Ansars, die zur Unterstützung der Polizei im ländlichen Raum eingesetzt werden und auch Zivilschutz-Aufgaben übernehmen (ÖB 12.2018).

Bangladesh Rifles (BDRs): Diese ca. 40.000 Mann starke paramilitärische Truppe untersteht dem Home Ministry, wird aber hauptsächlich von Armee-Offizieren geführt und dient in erster Linie dem Grenzschutz. Die BDRs sind auch für die Verhinderung von Schmuggel und Menschenhandel zuständig (ÖB 12.2018).

Village Defence Parties (VDP): Gegründet 1976, sollte es in jedem Dorf des Landes je ein männliches und weibliches "Platoon" à 32 Personen geben, die der Unterstützung der Polizei bei der Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung sowie der Unterstützung der zivilen Behörden bei sozialen und wirtschaftlichen Wiederaufbauprogrammen und bei Naturkatastrophen dienen sollen. In Städten gibt es analog dazu sog. Town Defence Parties (ÖB 12.2018).

Special Branch of Police (SB) ist beauftragt, die nationale Sicherheit zu gewährleisten, erfüllt die Funktion, nachrichtendienstliche Informationen zu sammeln und ist mit der Spionageabwehr betraut. Die SB ist überall in Bangladesch vertreten und besitzt die Fähigkeit, innerhalb und außerhalb des Landes zu agieren (AA 27.10.2017).

Die Zivilbehörden haben eine effektive Kontrolle über das Militär und die Regierung verfügt über die notwendigen Mechanismen, um Missbrauch und Korruption zu ahnden. Allerdings macht sie hiervon immer weniger Gebrauch. Faktisch hat der Sicherheitsapparat ein Eigenleben entwickelt, das kaum mehr von der Regierung kontrolliert wird (AA 27.10.2017).

Quellen:

* AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (27.10.2017):

Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Oktober 2017).

* HRW - Human Rights Watch (17.1.2019): World Report 2019 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2002245.html, Zugriff 7.3.2019

* ÖB - Österreichische Botschaft Neu Delhi (12.2018):

Asylländerbericht Bangladesch [Arbeitsversion].

* RAB - Rapid Action Battalion Bangladesh (o.D.): Contact Us, http://www.rab.gov.bd/english/contact-us/, Zugriff 11..2019

* USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430114.html, Zugriff 27.2.2019

Allgemeine Menschenrechtslage:

Bangladesch hat bisher mehrere UN Menschenrechtskonventionen ratifiziert, ist diesen beigetreten oder hat sie akzeptiert (ÖB 12.2018; vgl. UNHROHC o.D.). Die Verfassung von Bangladesch in der seit 17. Mai 2004 geltenden Fassung listet in Teil III, Artikel 26 bis 47A, einen umfassenden Katalog an Grundrechten auf. Artikel 102 aus Teil VI, Kapitel 1 der Verfassung regelt die Durchsetzung der Grundrechte durch die High Court Abteilung des Obersten Gerichtshofes. Jeder Person, die sich in ihren verfassungsmäßigen Grundrechten verletzt fühlt, steht der direkte Weg zum "High Court" offen. Die "National Human Rights Commission" wurde im Dezember 2007 unter dem "National Human Rights Commission Ordinance" von 2007 eingerichtet, hat aber noch keine nennenswerte Aktivität entfaltet (ÖB 12.2018).

Teils finden Menschenrechtsverletzungen auch unter Duldung und aktiver Mitwirkung der Polizei und und anderer Sicherheitskräfte statt (GIZ 12.2018a). Dazu zählen außergerichtliche Tötungen, Verschwinden lassen von Personen, willkürliche Festnahmen und Verhaftungen und Folter (USDOS 20.4.2018). Im Jahr 2017 sollen nach Angaben der bangladeschischen Menschenrechtsorganisation Odhikar 117 Personen durch Sicherheitskräfte getötet, 13 Personen dabei zu Tode gefoltert bzw. geprügelt worden sein (Odhikar 12.1.2018). Die Regierung verhaftete laut neuesten Berichten bis zu 2000 Mitglieder der RABs wegen diverser Vergehen. Obwohl die RABs in den letzten Jahren hunderte Tötungen bzw. mutmaßliche Morde verübt haben, kam es noch zu keiner Verurteilung wegen außergerichtlicher Tötungen, Folter oder willkürlicher Verhaftungen (ÖB 12.2018, siehe auch Abschnitt 5).

Zu den bedeutendsten Menschenrechtsproblemen zählen weiters, auch aufgrund des Fehlens von Rechenschaftspflicht, Einschränkungen der Bürgerrechte inklusive der Rede- und Pressefreiheit, der Aktivitäten von NGOs, ein Mangel an Freiheit, um an politischen Prozessen teilzunehmen, Korruption, Gewalt und Diskriminierung basierend auf Geschlecht, Religion, Kaste, Stamm, inklusive indigener Personen, sexueller Orientierung und Genderidentität. Auch Menschenhandel, Einschränkungen der Arbeitnehmerrechte und schlimme Formen der Kinderarbeit sind weiterhin ernsthafte Probleme (USDOS 20.4.2018).

Die meisten NGOs können uneingeschränkt arbeiten, jedoch werden Gruppen, die als übermäßig regierungskritisch gelten, überwacht und schikaniert und ihnen werden regelmäßig notwendige behördliche Genehmigungen verweigert (FH 1.2018; für mehr Informationen zu NGOs siehe Abschnitt 8).

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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