Entscheidungsdatum
16.12.2019Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
W195 2195275-1/31E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Vizepräsidenten Dr. Michael SACHS als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. XXXX , vertreten durch den XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom XXXX , nach Durchführung mündlicher Verhandlungen am XXXX , am XXXX und am XXXX zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
I.1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), ein Staatsangehöriger von Bangladesch, stellte am 04.01.2017 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Im Rahmen einer am selben Tag vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes erfolgten niederschriftlichen Erstbefragung gab der BF an, dass er vor acht Monaten sein Heimatland verlassen habe, da er homosexuell sei und aus diesem Grund in Bangladesch diskriminiert würde. Homosexuelle würden ausgelacht und verabscheut und er sei deshalb bereits öfters geschlagen worden. Es gebe keine Sicherheit für ihn in Bangladesch, weshalb er gezwungen gewesen sei zu flüchten. Im Falle einer Rückkehr drohe ihm eine Verfolgung durch die Justizbehörden seines Heimatlandes, außerdem befürchte er umgebracht zu werden.
I.2. Am 21.03.2018 wurde der BF vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) niederschriftlich einvernommen.
Aufgefordert, die wesentlichen Gründe für seine Ausreise aus Bangladesch darzulegen, verwies der BF auf seine Homosexualität und führte aus, dass er im Jahr 1997 im College erstmals bemerkt habe homosexuell zu sein und damals erste sexuelle Kontakte zu einem Mann gehabt hätte. Im März 2001 habe er auf der Universität in XXXX einen Mann kennen gelernt und mit diesem eine dreijährige (Liebes-)Beziehung geführt. Ihr Umfeld habe nicht akzeptieren können, dass zwei Männer eine so enge Beziehung hätten. Als diese Beziehung geendet habe, habe er sich aus Angst, ausgeschlossen zu werden, niemanden anvertrauen können. Homosexuelle würden gesellschaftlich diskriminiert. Nach islamischen Recht drohe ihnen die Todesstrafe bzw. die Verbrennung. Auch drohe eine gesetzliche Strafe von bis zu zehn Jahren Haft oder gar die Todesstrafe. Nach Abschluss seines Master-Lehrgangs im Jahr 2008 habe er eine Arbeit in XXXX aufgenommen. Wenig später sei er nach XXXX versetzt worden, wo er eine sexuelle Beziehung zu einem Arbeitskollegen eingegangen sei. Als die Firmenleitung von Gerüchten um diese Beziehung erfahren habe, seien sie beide zu einer Sitzung gerufen und geschlagen worden. Der Beschwerdeführer hätte sich jedoch geweigert, seine sexuelle Orientierung preiszugeben. Deshalb habe er seinen Arbeitsplatz verloren. Während des folgenden Jahres sei er arbeitslos gewesen und habe er bei verschiedenen Verwandten gelebt. Diesen sei er aufgrund seines Verhaltens als "nicht normal" bzw. "Halbfrau" aufgefallen und hatten sie zu ihm gesagt, er sollte sich "wie ein Mann benehmen, sonst würde er zunichtegemacht werden". Aus Scham sei er deshalb wieder nach Hause gegangen, wo er sich einsam gefühlt habe und nicht mehr leben wollte. Ende 2008 bzw. Anfang 2009 habe er eine Arbeitsstelle in XXXX angetreten, welche er nach nur kurzer Zeit aufgrund seines femininen Verhaltens verloren habe. Anfang des Jahres 2010 sei er aus diesem Grund abermals nach Hause zurückgekehrt und habe bei seiner Familie gelebt. Er sei von seinen Familienmitgliedern ermahnt worden, sich endlich "wie ein Mann zu verhalten, ansonsten werde er von der Gesellschaft ausgeschlossen" und sterben. Im März 2010 habe er eine Anstellung in XXXX angenommen, wo er abermals auffiel, weil er sich wie eine Frau verhalten würde, und sei er später aus diesem Grund nach XXXX transferiert worden. Anfang 2011 sei er eine sexuelle Beziehung mit einem jungen Mann eingegangen. Im Juli 2014 sei der BF von seinen Mitbewohnern bei sexuellen Handlungen mit diesem jungen Mann gesehen worden. Hierauf sei der BF von diversen Personen geschlagen und mit gesellschaftlichem Ausschluss sowie mit der Todesstrafe bedroht worden. Das Hauptbüro hätte hiervon erfahren und ihn heimlich entlassen. Auch in der Ortschaft, in der seine Familie lebte, sei der Vorfall bekannt geworden. Der Imam hätte ihn ausgeschlossen und auch Mitgliedern seiner Familie sei mit Ausschluss gedroht worden. Ende 2014 bzw. Anfang 2015 hätten Mitglieder der XXXX ihn mit dem Tod bedroht. Hierauf sei er nach XXXX gegangen und habe circa im Mai 2016 Bangladesch verlassen.
Auf entsprechendes Nachfragen gab der BF an, dass zwei Mitglieder der XXXX , während er in einer Moschee gebetet habe, an ihn herangetreten wären und zu ihm gesagt hätten, dass es egal sei, ob er bete oder nicht. Es werde nicht zählen. Wenn er bete, zerstöre er das Gebet aller anderen. Er sei der Teufel, wenn ihn jemand töte, öffne sich für diesen die Tür zum Paradies.
In Österreich beschränkten sich die Kontakte des BF zur homosexuellen Szene darauf, dass er die " XXXX " besuche, wo er sich mit Freunden treffe.
I.3. Mit dem angefochtenen Bescheid vom XXXX , wies das BFA den Antrag des BF auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Bangladesch (Spruchpunkt II.) ab. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 wurde dem BF nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Darüber hinaus wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung nach Bangladesch gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.) und ausgesprochen, dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt VI.).
Die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz bezüglich des Status eines Asylberechtigten begründete das BFA im Wesentlichen damit, dass dem Vorbringen des BF keine besonderen Umstände entnommen werden hätten können, aus denen hervorgehe, dass er in Bangladesch einer unmittelbaren oder mittelbaren staatlichen Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention ausgesetzt gewesen sei bzw. im Falle einer Rückkehr in sein Heimatland einer solchen ausgesetzt wäre. Insbesondere sprach das BFA dabei den Ausführungen des BF die Glaubwürdigkeit ab, insbesondere sei sein Vorbringen vage, abstrakt, unglaubwürdig und widersprüchlich gewesen. Unter Berücksichtigung der individuellen (persönlichen) Umstände des BF sei nicht davon auszugehen, dass der BF im Falle einer Rückkehr in sein Heimatland in eine ausweglose Situation gerate, weswegen auch keine Anhaltspunkte für die Gewährung subsidiären Schutzes vorliegen würden. Insbesondere handle es sich beim BF um einen jungen und arbeitsfähigen Mann mit familiären Anknüpfungspunkten in Bangladesch. Ebenso wenig lägen Anhaltspunkte für die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" vor und würden zudem die öffentlichen Interessen an einem geordneten Vollzug des Fremdenwesens gegenüber den privaten Interessen des BF an einem Verbleib im Bundesgebiet überwiegen, weswegen eine Rückkehrentscheidung zu erlassen sei. Die Abschiebung des BF sei als zulässig zu bewerten.
I.4. Mit Schriftsatz vom 11.05.2018 wurde der Bescheid des BFA vom 10.04.2018 seitens des BF wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, unrichtiger rechtlicher Beurteilung und mangelnder Beweiswürdigung angefochten.
Begründend wurde dabei zusammengefasst ausgeführt, dass dem BF in Bangladesch aufgrund seiner sexuellen Orientierung eine Verfolgung drohe. Homosexuelle würden in Bangladesch eine soziale Gruppe darstellen, deren Mitglieder von der sie umgebenden Gesellschaft als andersartig betrachtet werden würden. Aus der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes gehe hervor, dass von einem Asylwerber nicht erwartet werden könne, seine Homosexualität in seinem Herkunftsland geheim zu halten. Im konkreten Fall liege eine Verfolgung aufgrund der Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe vor. Unter Berücksichtigung der Länderberichte sei das Vorbringen des BF als plausibel zu bewerten, was in weiterer Folge zu der rechtlichen Beurteilung führen müsse, dass die Fluchtgründe des BF von Asylrelevanz seien. Das von Seiten des BFA geführte Ermittlungsverfahrens sowie die folgende Beweiswürdigung seien mangelhaft, insbesondere sei eine eingebrachte Stellungnahme unberücksichtigt geblieben. Bei gesetzmäßiger Führung des Ermittlungsverfahrens sowie mangelfreier Beweiswürdigung hätte dem BF die Flüchtlingseigenschaft bzw. in eventu subsidiärer Schutz zuerkannt werden müssen.
I.5. Mit Datum vom 14.05.2018 legte das BFA die Beschwerde und die Akten des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.
I.6. Mit Schreiben vom 25.09.2018 übermittelte das Bundesverwaltungsgericht dem BF das aktuelle Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Bangladesch zur allfälligen Stellungnahme bis längstens im Rahmen der für den 19.10.2018 angesetzten mündlichen Beschwerdeverhandlung.
I.7. Mit Datum vom 17.10.2018 übermittelte der BF ein (ergänzendes) Schreiben, mit welchem er ergänzende Beweismittel vorlegte.
I.8. Am 19.10.2018 und 15.11.2018 führte das Bundesverwaltungsgericht in Anwesenheit eines Dolmetschers für die Sprache Bengali und des ausgewiesenen Rechtsvertreters des BF eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung durch, im Zuge derer der BF ausführlich u.a. zu seinen Fluchtgründen, seinen Rückkehrbefürchtungen, seinen Familienverhältnissen und seinen Lebensverhältnissen in Österreich befragt und auch der Zeuge XXXX einvernommen wurde.
I.9. Am 30.11.2018 wurde namens des BF eine ergänzende Stellungnahme eingebracht sowie beantragt, das Ermittlungsverfahren gemäß § 39 Abs. 4 iVm 45 Abs. 4 AVG fortzusetzen.
I.10. Mit Entscheidung des BVwG vom 05.12.2018, W195 2195275-1/11E, wurde der Beschwerde keine Folge gegeben und die erstinstanzliche Entscheidung bestätigt. Dagegen wendete sich die ao. Revision des BF. Der VwGH hob das genannte Erkenntnis mit Entscheidung vom 25.06.2019, Ra 2019/19/0032-8, wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften auf.
I.11 Das BVwG hat daraufhin mit Ladung vom 04.11.2019 eine neuerliche Verhandlung für den 29.11.2019 anberaumt, wobei dieser Ladung die aktuelle Version des Länderberichtes Bangladesch (Marz 2019) beigelegt wurde. Am Beginn dieser Verhandlung wurde das Erkenntnis des VwGH eingehend erörtert.
In der Begründung des Erkenntnisses des VwGH wird insbesondere dargelegt, dass das Verwaltungsgericht die Verpflichtung habe, das maßgeblichen Sachverhalt von Amts wegen vollständig zu ermitteln. Im vorliegenden Fall habe sich das BVwG nicht ausreichend mit den Fluchtgründen betreffend die sexuelle Orientierung des BF auseinandergesetzt. Die an den BF gerichteten Fragen würden sich lediglich auf die Beziehung zu dem einvernommenen Zeugen beschränken. Darüber hinaus habe sich das BVwG nicht mit dem vorgelegten Mitgliederausweis der XXXX und dessen Beweiswert für die vom Revisionswerber behauptete Homosexualität auseinandergesetzt. Schließlich sei zur Gänze eine schriftliche Stellungnahme eines weiteren angeblichen Geschlechtspartners des Revisionswerbers übergangen worden. Auch die Verifizierung einer bei der Polizei im Herkunftsort des Revisionswerbers eingebrachten Beschwerde wegen dessen (behaupteter) Homosexualität sei als entbehrlich erachtet worden und unberücksichtigt geblieben. Die Annahme des BVwG, wonach eine konkrete strafrechtliche Gefährdung für Homosexuelle im Herkunftsstaat nicht bestünde und daher selbst unter Zugrundelegung einer solchen sexuellen Ausrichtung des Revisionswerbers keine andere Entscheidung zu treffen wäre, vermochte das angefochtene Erkenntnis schon im Hinblick auf die unterbliebene Ermittlung betreffend die bei der Polizei im Herkunftsort gegen den Revisionswerber eingebrachte Beschwerde und das damit erfolgte Vorbringen einer Strafverfolgung nicht zu tragen.
Im Rahmen dieser Verhandlung vor dem BVwG wurden die nach Ansicht des VwGH offenen Punkte abgearbeitet.
Zuvor jedoch wurde festgehalten, welche Änderungen sich seit der letzten Verhandlung ergeben hätten. Der BF übergab daraufhin weitere Unterlagen, nämlich sieben Seiten, alle in bengalischer Sprache, betreffend sein behauptetes Strafverfahren in Bangladesch wegen seiner sexuellen Orientierung. Darüber hinaus seien angeblich weitere Dokumente postalisch unterwegs.
Hinsichtlich seiner beruflichen Tätigkeiten legte der BF einen Versicherungsauszug der österreichischen Sozialversicherung vor. Er sei als Selbständiger gemeldet und unternehme Zustellfahrten (Lieferservice).
Als weiteres Dokument wurde eine Bestätigung über die Mitgliedschaft und die Inanspruchnahme des XXXX Veranstaltungs- und Informationsangebotes vom 22.11.2019, gezeichnet von " XXXX , Geschäftsführung", vorgelegt.
Schlussendlich legte der BF eine Bestätigung des Besuches eines Deutschkurses A2 vor; über Nachfrage teilte der BF mit, dass er zwar den Kurs besucht, die Prüfung jedoch nicht bestanden habe.
Durch Vorlage von fünf Fotographien wurde die Teilnahme des BF an der Gay-Parade im Juni 2019 dokumentiert.
Befragt zu seinem Gesundheitszustand führte der BF aus, dass er Schmerzen in der Hand habe, dies jedoch nicht therapieren lasse. Der Arzt hätte gemeint, er soll eine Operation machen, aber der BF habe Angst davor.
Befragt, welche Änderungen sich seit der letzten Entscheidung ergeben hätten, teilte der BF mit, er sei psychisch zusammengebrochen und leide an der Unsicherheit. Er hätte Angst, nach Bangladesch zurückgeschickt zu werden und dass er dort ins Gefängnis komme, weshalb er auch Selbstmordgedanken gehabt hätte. Er befürchtete, dass er in seinem Traumland Österreich nicht mehr leben könnte.
Hinsichtlich seiner Deutschkenntnisse musste in der Verhandlung festgestellt werden, dass mit dem BF eine Konversation in deutscher Sprache schwer möglich ist, da der Sprachwortschatz sehr begrenzt ist. Die Verständlichkeit der Antworten erfolgte nicht in vollen Sätzen und man musste den Antworten mit großer Aufmerksamkeit begegnen.
Der BF habe keine Kinder. Befragt zu einer Beziehung führte der BF aus, dass er einen Freund habe, aber dieser sei kein "Boyfriend". Er habe eine sexuelle Beziehung, aber keine Partnerschaft. Dieser sexuelle Freund habe einen Partner, der in Bangladesch sei und auf diesen Freund warte.
Der BF habe noch andere sexuelle Beziehungen; er habe auch schon in Bangladesch sexuelle Beziehungen zu männlichen Personen gehabt, nämlich zu fünf bis sechs Personen.
Zu seiner Familie in Bangladesch habe er keinen Kontakt, lediglich mit dem Schwager. Dieser habe ihm die Unterlagen über das behauptete Strafverfahren organisiert. Für die Unterlagen - das Verfahren selbst würde ja nichts kosten - habe der Schwager 2000 bis 1000 Taka, vielleicht 5000 Taka bezahlt, aber der Schwager würde es dem BF nicht sagen, weil der Schwager reich sei und es in seiner Verantwortung einfach mache.
Aus Bangladesch werde der BF, seit er hier selbständig arbeite, nicht unterstützt. In seiner Freizeit gehe er zur XXXX und nehme an verschiedenen Kulturprogrammen teil, wie zB der Regenbogenparade. Er gehe auch zur " XXXX " und ins " XXXX ", beides Orte für männliche gleichgeschlechtliche Sexualkontakte, wie der bei der Verhandlung anwesende Vertreter von XXXX unterstützend ausführte. Der BF versuche homosexuelle Personen zu treffen um Freunde zu gewinnen. Diese Freunde seien von allen Ländern und er unterhalte sich mit ihnen ein wenig auf Deutsch, sonst auf Englisch.
In weiterer Folge vertiefte und konzentrierte sich die Einvernahme auf die vom VwGH angesprochenen Punkte.
Befragt, wie sich die behauptete Homosexualität bereits in Bangladesch geäußert habe, erzählte der BF dem Grunde nach die gleiche Geschichte, wie er sie bereits in seiner Einvernahme vor dem BFA am 21.03.2018 darlegte.
Zusammengefasst führte er aus, dass er bereits ab seiner Zeit auf dem College, von 1997 weg, immer dann, "wenn er schöne Männer sah, ... Sex mit ihnen haben oder sie lieben" wollte. In dieser Zeit hatte er mit einem Mann gleichgeschlechtlichen Sex.
2001, als er auf der Universität in XXXX war, hatte er einen Freund namens XXXX . Mit diesem wohnte er zusammen und hatte Sex. Die Freunde auf dem College hätten sich gewundert und sie als "Zwillingszusammenschluss" betitelt. Es seien die anderen eifersüchtig gewesen und hätten sich gefragt, wie zwei Männer so zusammen sein konnten. Sie hätten auch Scherze gemacht, ihnen nachgerufen und der BF habe sich immer schlecht und erniedrigt gefühlt. Nach drei Jahren hätten sie das College mit dem Bachelor-Abschluss beendet. Sein Freund sei sodann auf eine andere Universität gegangen, um ein Masterstudium fortzusetzen.
Der BF habe sich sehr einsam gefühlt, denn er konnte ja mit niemandem darüber reden, dass sein "Ehemann" weggegangen sei. Homosexualität habe weniger Wert als eine Schlampe oder ein Hund und sei mit Strafe bedroht. Man könnte dafür auch gelyncht werden.
Er sei nach Abschluss seines Masterstudiums im Jahr 2008 für zwei Monate nach Hause in sein Dorf gegangen. Seine Familie habe bemerkt, dass er "nicht normal" sei. Danach sei er nach XXXX zurückgekehrt. Er habe dort eine Arbeitsstelle angenommen. Wegen der Zufriedenheit mit seiner Leistung habe man ihn nach XXXX versetzt. Eines Tages habe er mit einem Arbeitskollegen nach einem Abendessen, bei dem auch Alkohol konsumiert worden sei, Sex gehabt; sie hätten verschlafen, seien am nächsten Abend dann von Kollegen und dem Chef bedroht worden, um zu gestehen, dass sie Sex miteinander gehabt hätten, was sie aber nicht bestätigten. Trotzdem seien sie gefeuert worden.
Daraufhin sei der BF wieder in sein Dorf gegangen. Er habe Verwandtenbesuche gemacht, jedoch hätten sich die Verwandten beim Vater des BF "beschwert, weil ich ein mädchenhaftes Verhalten hatte". Bei einem Familientreffen habe ihn der Vater mitgeteilt, dass er sein mädchenhaftes Verhalten ablegen sollte, ansonsten er aus der Familie ausgestoßen werden würde. Er habe jedoch sein Verhalten nicht geändert.
Der BF gab danach an, zum Jahreswechsel 2008/2009 bei " XXXX " in XXXX gearbeitet zu haben, korrigierte dies jedoch unmittelbar in seiner Aussage.
Hingegen habe der BF im Dezember 2008 einen Job bei " XXXX " in XXXX erhalten. Er habe dort für 14 Monate als Verkaufsassistent gearbeitet. Er hatte während dieser Arbeit "kein gutes Verhalten", er hatte "ein mädchenhaftes Verhalten". Der Boss habe ihn daraufhin gekündigt.
Er sei dann wieder in sein Heimatdorf zurückgegangen. Er habe Verwandtenbesuche gemacht, diese hätten sich über sein mädchenhaftes Verhalten beschwert, worauf hin - nach einem Familientreffen - er aufgefordert wurde, sich zu ändern. Er sei dann drei bis vier Monate zu Hause und arbeitslos gewesen.
Im Mai 2010 habe der BF eine Arbeit bei " XXXX " als Kassier in der Stadt XXXX erhalten. Immer, wenn ein attraktiver Mann zu ihm gekommen sei habe er versucht dessen Hand zu berühren und er "wollte diesen küssen". Er habe "unnötige Verzögerungen veranstaltet". Er hätte wieder "ein mädchenhaftes Verhalten" an den Tag gelegt.
Am 16. Dezember 2010, dem "Siegestag", habe er ihm Rahmen einer Kulturveranstaltung eine Schauspiel-Rolle übernommen. In einer Pause beim gemeinsamen urinieren in einem Park habe er einen Kollegen aufgefordert, in seine Wohnung zu kommen, wobei sie danach Sex gehabt hätten.
Hinsichtlich seines Verhaltens bei der Arbeit habe der Boss den BF wegen Beschwerden über ihn ermahnt. Die Firma habe ihn in weiterer Folge für drei Monate nach XXXX , zwei Stunden von XXXX entfernt, geschickt. Eines Morgens ging es dem BF nicht so gut, so dass er seinem befreundeten Arbeitskollegen ersuchte, dem Boss zu sagen, dass er nicht kommen könne. Der Arbeitskollege sei sodann gegen 10 Uhr 30 zu ihm gekommen und sie seien gemeinsam auf den Markt gegangen. Nach dem Einkauf seien sie nach Hause gegangen, hätten gekocht und Sex gehabt.
Sie hätten damit gerechnet, dass die anderen Arbeitskollegen in der Arbeit seien. Aber es hätten Arbeitskollegen plötzlich die Tür eingeschlagen, und hätten sie im nackten Zustand erwischt. Sie seien verprügelt worden. Der Boss sei angerufen worden, und habe dieser mitgeteilt, dass er den BF in der Stadt nicht mehr sehen wollte; die Firma hätte zwecks Strafe "rechtliche Maßnahmen einleiten oder mich religionsbedingt umbringen lassen" können; der Boss habe dies aber nicht gemacht, um ihre Firma zu retten.
Mittlerweile sei es Juli 2014 gewesen. Er habe somit die Arbeit verloren und sei für 15 Monate nach XXXX gegangen und nicht mehr nach Hause. Er habe sich dann entschlossen nicht in Bangladesch zu bleiben und habe im Internet erfahren, dass Wien eine Stadt ist, wo Homosexuelle Sicherheit erhalten. Über Bekannte habe er einen Schlepper gefunden, er sei "dann mit dem Schlepper hierhergekommen, es war Dezember 2014, 2015".
In Shatkira habe er nicht gearbeitet, er sei somit arbeitslos gewesen und habe vom ersparten Geld gelebt.
Befragt, was der BF in seinen Schilderungen unter "mädchenhaftes Verhalten" verstehe, führte dieser aus, dass er, wenn ein Kunde kam, er ihn so festgehalten und "Dings" gemacht habe. Näher befragt gab der BF an, dass er "wenn er gegangen sei, immer etwas schief gegangen" sei. Wenn ein schöner Kunde kam, habe er "die Hand ausgestreckt und versucht ihn zu küssen oder ihn begonnen am Bein zu massieren oder habe versucht von unten so bis hinauf zu gehen". Männer würden das nicht machen, das seien "ja eigentlich Mädchensachen". Deswegen seien die Kunden immer genervt gewesen. Er habe "immer eine Schwäche in mir, wie Mädchen immer eine Schwäche haben oder wie Mädchen immer pflegen, habe ich auch immer, wie sie, einen Ehemann massieren oder pflegen, versucht, es ebenfalls zu machen." Manchmal habe er Kunden am Kopf oder am Körper berührt oder gedrückt.
Er habe dies bei schönen Menschen gemacht. Bei Fremden habe er versucht, sie vorher kennenzulernen.
Einen homosexuellen Mann würde der BF "bei den Augen" erkennen. Homosexuelle "haben etwas anders die Augen und den Mund. Das erkennt man einfach. Wenn man sie so berührt bekommen sie Gefühle." Wenn man einen nichthomosexuellen Mann im Penisbereich oder am Oberschenkel oder am Gesäß berühre oder massiere, dann bekommen sie keine Gefühle, Homosexuelle schon. Der BF würde homosexuelle Männer ansprechen und ihnen Dinge tun, sie an verschiedenen Teilen berühren oder Beine und Hände massieren wollen. Ein nichthomosexueller Mann würde nicht über Sex sprechen oder nur indirekt über Sex sprechen. Nichthomosexuelle Männer würden dies gar nicht hören wollen.
1997, auf dem College, hätte er erstmals Sex mit einem Mann gehabt. Ab 25. Mai 2001 habe er sich als homosexueller Mann gefühlt. Über seine Gefühle habe er lediglich mit seinen Sexualpartnern gesprochen. Mit seiner Familie habe er nicht darüber gesprochen, auch nicht mit nichthomosexuellen Männern oder Freunden.
Homosexuelle Beziehungen habe er in Bangladesch zwischen 2001 und 2014, somit zumindest 13 Jahre lang, gehabt, wobei er seine zusätzlichen sexuellen Erfahrungen am vierjährigen College nicht dazu zählen würde.
Er wüsste nunmehr, dass er sein ganzes Leben hindurch einen Mann brauchen würde.
In weiterer Folge wurde in der Verhandlung vor dem BVwG der nächste Punkt, nämlich die Beziehung des BF zum Verein XXXX , behandelt.
Hinsichtlich seiner Mitgliedschaft zur XXXX befragt gab der BF an seit 2018 Mitglied zu sein. Vor Juni 2018 habe er die XXXX nicht gekannt. Er sei zu einer XXXX Veranstaltung gegangen und habe erfahren, dass XXXX eine Homosexuelleninstitution sei.
Er habe im Internet recherchiert und sei zur XXXX gegangen. Er habe keinen Mitgliedschaftsbeitrag bezahlt. Es sei kostenlos, sie würden kein Geld nehmen.
Hinsichtlich der Vereinsstatuten - die Regeln und Pflichten der Mitglieder - würde er nicht Bescheid wissen. Er gehe nur zu Veranstaltungen.
Nachgefragt, sagte der BF aus "Nein, über Regeln hat mir keiner was gesagt." Er wisse auch nicht, dass er eine Mitgliedergebühr zahlen müsse. Er wisse zwar, dass es verschiedene Funktionen gäbe, aber er kenne die Funktionäre nicht. Er wisse, dass die Organisation zwei Bosse habe. Einen Mann und eine Frau, letztere benannte er auch phonetisch. Über die Pflichten eines Vereinsmitgliedes wisse er lediglich, dass man helfen müsse, wenn man zu einer Veranstaltung eingeladen werde. Man dürfe immer nur die Wahrheit präsentieren, dürfe nicht "Dings" machen und "man muss homosexuell sein". Hinsichtlich des Schiedsgerichtes bei Streitigkeiten der Vereinsmitglieder untereinander sowie hinsichtlich der Rechnungsprüfung konnte der BF keine sachgerechten Angaben machen.
Auf die Frage, ob die Mitgliedschaft eine Bestätigung für seine Homosexualität sei, antwortete der BF "Ja, natürlich". Er denke auch, dass XXXX "nur ein Verein für Homosexuelle" sei.
Ein Aufnahmepapier habe er unterschrieben, es sei auf Deutsch gewesen, lesen konnte er es nicht, aber man habe ihm "die Gesetze und die Regeln" erklärt, er könne sich jedoch nicht mehr erinnern.
Abschließend bestätigte der BF, dass er "nie Geld hergegeben" habe.
Der Vertreter des BF beantragte sodann die Geschäftsführerin des BF als Zeugin einzuvernehmen. Beweisthema sei die sexuelle Orientierung des BF, weil sie eigene relevante Wahrnehmungen habe.
In weiterer Folge wurde in der Verhandlung vor dem BVwG der nächste Punkt, nämlich die behauptete Strafverfolgung des BF, behandelt.
Befragt hinsichtlich des behaupteten Strafverfahrens in Bangladesch verwies der BF auf die Anfangs der Verhandlung dem Gericht vorgelegten sieben Seiten in bengalischer Sprache.
Gegen den Beschwerdeführer sei, so der BF, ein Haftbefehl ausgestellt worden, wenn er ins Land zurückkehren müsste. Er würde verhaftet werden, eine 10-jährige oder sogar eine lebenslängliche Gefängnisstrafe erhalten.
Er würde zusätzliche Unterlagen von seinem Schwager erhalten, innerhalb der nächsten zwei bis vier Tage, es könne aber auch sein, dass es morgen oder übermorgen ankomme. Nachgefragt musste der BF zugeben, dass der Schwager die Dokumente noch nicht einmal weggeschickt habe, "denn vom öffentlichen Notar dauert es immer so lange, bis er es bescheinigt". Letztlich stellte sich heraus, dass die Dokumente noch nicht existieren.
Der Beschwerdeführervertreter beantragte, dass das Beweisverfahren noch nicht geschlossen werde, um Originalurkunden nachreichen zu können. Im Übrigen verwies der Vertreter des BF auf die UNHCR-Richtlinien, welche auch am 19.10.2018 vorgelegt worden seien. Weiters verwies er zur Entscheidung des EMRG vom 22.10.1981, 7525/76.
In weiterer Folge wurde in der Verhandlung vor dem BVwG der nächste Punkt, nämlich die Erörterung der schriftlichen Stellungnahme durch den Zeugen XXXX , behandelt.
Der vorsitzende Richter hielt fest, dass der vom BF namhaft gemachte Zeuge XXXX mit RSb-Brief vom 04.11.2019 an die im Akt einliegende Adresse in 1070 Wien geladen worden sei. Der Brief sei mit dem Vermerk "laut Information wohnhaft in 1100 Wien" retourniert worden. Eine Abfrage im zentralen Melderegister habe jedoch die Richtigkeit der angegebenen Adresse in 1070 Wien bestätigt. Deshalb sei der Zeuge zusätzlich auch durch Aushang an der Amtstafel (vom 11.11.2019 bis 26.11.2019) geladen worden. Eine am Tag der Verhandlung neuerliche Abfrage aus dem zentralen Melderegister habe keine andere Adresse als die in 1070 Wien hervorgebracht.
Festgestellt wurde somit, dass der vom BF namhaft gemachte Zeuge zwar rechtens geladen wurde (sowohl direkt an die Meldeadresse als auch über Aushang an der Amtstafel), dieser Zeuge jedoch nicht erschienen ist. Eine weitere Erörterung der seinerzeitigen schriftlichen Stellungnahme erübrigte sich somit.
Danach erklärte der Richter den Schluss des Beweis- und Ermittlungsverfahrens.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
II.1. Feststellungen:
II.1.1. Zur Person des BF, seinen Familienverhältnissen und seinen
Lebensumständen in Österreich:
Der volljährige BF ist Staatsangehöriger von Bangladesch und Angehöriger der Volksgruppe der Bengalen sowie der sunnitischen Glaubensgemeinschaft zugehörig. Seine Muttersprache ist Bengali.
Der BF ist in der Stadt XXXX geboren und aufgewachsen. Er hat in seinem Heimatland die Grundschule und zwei Jahre lang ein College besucht. Anschließend hat er fünf Jahre an der Universität studiert und den Master-Lehrgang in Accounting (Buchhaltung) abgeschlossen. Vor seiner Ausreise aus Bangladesch war der BF ohne Beschäftigung.
Die Eltern des BF und seine drei Schwestern halten sich in Bangladesch auf. Diese befinden sich in einer sehr guten finanziellen Lage. Ein Bruder des BF lebt in XXXX .
Der BF ist im Jänner 2017 nicht legal in das Bundesgebiet eingereist. Er ist derzeit als selbständiger Bote erwerbstätig. Der BF behauptet in Österreich Mitglied des Vereins " XXXX " zu sein, engagierte sich jedoch während seines bisherigen Aufenthaltes nicht in einem nennenswerten Ausmaß ehrenamtlich. Er verfügt im Bundesgebiet über keine relevanten privaten Anknüpfungspunkte. Der BF verfügt über einen (sehr) begrenzten deutschen Sprachwortschatz. Er ist strafrechtlich unbescholten.
Der BF hat keine Familienangehörigen im Bundesgebiet. Es besteht weder eine Lebensgemeinschaft des BF in Österreich noch gibt es in Österreich geborene Kinder des BF.
Der BF ist gesund, hat jedoch Schmerzen in der Hand; eine empfohlene Operation lehnt der BF ab.
II.1.2. Zum Fluchtvorbringen des BF:
Es wird festgestellt, dass der BF behauptet, homosexuell zu sein.
Festgestellt wird, dass die Glaubwürdigkeit des BF hinsichtlich seines Fluchtgrundes und seiner Fluchtgeschichte nicht gegeben ist.
Festgestellt wird, dass der BF im Rahmen von drei Verhandlungen vor dem BVwG am 19.10.2018, am 15.11.2018 sowie am 26.11.2019, den Eindruck hinterließ, eine einstudierte Fluchtgeschichte erfunden zu haben, um einen Asylaufenthaltstitel in Österreich zu erhalten.
Festgestellt wird, dass der BF versuchte durch platte Vorurteile seine behauptete Homosexualität zu beweisen. So behauptet der BF, einen homosexuellen Mann "an den Augen und den Mund" zu erkennen sowie dass er durch ein "mädchenhaftes Verhalten", welches auf ein sehr einseitiges, als typischerweise "schwaches" und "dienendes" Rollenbild abstellt, in Bangladesch auffällig gewesen sei.
Es wird festgestellt, dass der BF behauptet seit seiner Collegezeit, somit über einen Zeitraum von 17 Jahren in Bangladesch homosexuelle Erfahrungen gemacht zu haben, davon zumindest 14 Jahre in Rahmen von homosexuellen Beziehungen mit fünf bis sechs Personen seine behauptete Homosexualität gelebt zu haben.
Festgestellt wird, dass der BF wegen diverser Verfehlungen am Arbeitsplatz in Bangladesch öfters gekündigt wurde und zwischenzeitig regelmäßig arbeitslos war sowie die letzten eineinhalb Jahre in Bangladesch vom Ersparten lebte.
Es wird festgestellt, dass ein Mann, mit dem der BF behauptet derzeit zeitweilig gemeinsame Sexualität zu leben, einen festen "Partner" in Bangladesch hat.
Es wird festgestellt, dass der BF hinsichtlich seiner Mitgliedschaft bei der XXXX vermeint, dass dies eine Bestätigung seiner Homosexualität sei, weil dieser Verein nur für Homosexuelle da sei. Es wird festgestellt, dass der BF im Juni 2018 einen Aufnahmeantrag zur Mitgliedschaft der XXXX unterschrieben hat, den er nicht lesen konnte und ihm dieser Aufnahmeantrag offensichtlich nicht ausreichend erklärt worden war, sodass dem BF die sich daraus ergebenden Rechte und Pflichten nicht geläufig sind sowie auch die Zielgruppen des Vereines nicht bekannt sind.
Es kann nicht festgestellt werden, dass der BF auf Grund einer behaupteten homosexuellen Orientierung in seinem Herkunftsland einer konkret gegen seine Person gerichteten staatlichen Bedrohung oder Verfolgung von staatlichen Repräsentanten ausgesetzt gewesen ist oder ihm im Falle seiner Rückkehr eine Bedrohung oder Verfolgung droht.
Es wird festgestellt, dass dem BF gegebenenfalls eine innerstaatliche Fluchtalternative offen stünde.
Es wird festgestellt, dass der BF seiner Mitwirkungspflicht zur Feststellung des von ihm behaupteten Sachverhaltes nicht nachgekommen ist und Dokumente, von denen er behauptet, dass sie verfügbar wären, nicht zeitgerecht vorgelegt hat, bzw. diese Dokumente noch nicht einmal existieren.
Es wird festgestellt, dass der BF versucht durch verspätete und unzweckmäßige Beweisanträge das Verfahren zu verzögern.
Es wird festgestellt, dass ein vom BF namhaft gemachter Zeuge hinsichtlich seiner behaupteten Homosexualität trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht erschienen ist.
Neben der behaupteten Verfolgungsgefährdung auf Grund einer homosexuellen Orientierung brachte der BF im Verfahren keine weiteren Gründe vor, auf Grund derer er in seinem Heimatland eine Verfolgung bzw. Gefährdung zu befürchten hätte.
II.1.3. Zur maßgeblichen Lage in Bangladesch:
Politische Lage:
Bangladesch - offizielle Bezeichnung Volksrepublik Bangladesch (People' s Republic of Bangladesh / Ga?aprajatantri Ba?lades) ist seit 1991 eine parlamentarische Demokratie (GIZ 12.2018a). Das Land befindet sich größtenteils in der Deltaebene, die durch die Mündung der Flüsse Ganges und Brahmaputra in den Golf von Bengalen (Indischer Ozean) gebildet wird. Nachbarstaaten sind Indien (Westen, Norden und Osten) und Myanmar (Südosten). Die Hauptstadt ist Dhaka (ca. 20 Millionen Einwohner). Auf einer Fläche von ca. 148.000 km² (CIA 21.2.2019) leben etwa 159 bis 165 Millionen Einwohner (CIA 21.2.2019; vgl. GIZ 1.2019, AA 12.2018a). Bangladesch ist mit 1.127 Einwohnern pro Quadratkilometer der am dichtest besiedelte Flächenstaat der Welt (zum Vergleich: Österreich 104 Einwohner pro km²) (WPR o.D.; vgl. AA 12.2018a).
Das Staatsoberhaupt ist der Präsident, der vom Parlament alle fünf Jahre gewählt wird. Eine einmalige Wiederwahl ist möglich. Er übt größtenteils zeremonielle Funktionen aus, während die Macht in den Händen des Premierministers als Regierungschef liegt. Dieser wird von der stärksten im Parlament vertretenen Partei nominiert und vom Präsidenten formell ernannt. Der Premierminister ernennt die Regierungsmitglieder, die vom Präsidenten bestätigt werden. Nach Ende der fünfjährigen Legislaturperiode bildet der Präsident unter seiner Führung eine unabhängige Übergangsregierung, deren verfassungsmäßige Aufgabe es ist, innerhalb von 90 Tagen die Voraussetzungen für Neuwahlen zu schaffen (ÖB 12.2018; vgl. GIZ 12.2018a). Zusätzlich obliegt dem Premierminister die Kontrolle der Geheimdienste, der Streitkräfte und der paramilitärischen Einheiten (GIZ 12.2018a).
Das Parlament (National Parliament oder Jatiya Sangsad) besteht aus einer Kammer mit 300, in Einzelwahlkreisen auf fünf Jahre direkt gewählten, Abgeordneten (ÖB 12.2018) mit zusätzlichen 50 Sitzen, die nur für Frauen reserviert sind (AA 27.10.2017; vgl. GIZ 12.2018). Diese werden nicht direkt durch eine Wahl vergeben, sondern die Parteien, die es ins Parlament schaffen, nominiert (GIZ 12.2018a). Das Parlament tagt nicht während der Amtszeit der Übergangsregierung. Das Mehrheitswahlrecht führt zu stabilen Mehrheiten im Parlament und hat die Herausbildung der Bangladesch Nationalist Party (BNP) und der Awami League (AL) als dominierende und konkurrierende Parteien begünstigt. Während die konservative BNP Verbündete bei den islamistischen Parteien wie der Jamaat-e-Islami (JI) hat, bekommt die AL traditionell Unterstützung von linken und säkularen Parteien, wie der Arbeiterpartei, der liberaldemokratischen Partei, der national-sozialen Partei Jatiyo Samajtantrik Dal und jüngst auch von der Jatiya Partei, unter dem ehemaligen Militärdiktator Hossain Mohammad Ershad (ÖB 12.2018).
Das politische Leben wird seit 1991 durch die beiden größten Parteien, die "Awami League" (AL) und "Bangladesh Nationalist Party" (BNP) bestimmt. Klientelismus und Korruption sind weit verbreitet. Gewerkschaften, Studentenorganisationen, Polizei und Verwaltung sind parteipolitisch durchdrungen (AA 12.2018). Beide Parteien haben keine demokratische interne Struktur und werden von Familien geführt, die Bangladesch seit der Unabhängigkeit geprägt haben (FH 1.2018).
Seit 2009 ist Sheikh Hasina von der Awami League (AL) Premierministerin (GIZ 12.2018a; vgl. ÖB 12.2018). Im Jänner 2019 wurde Sheikh Hasina für ihre vierte Amtszeit, die dritte Amtszeit in Folge, als Premierministerin angelobt. Im Februar 2019 gab sie bekannt, dass sie nach dieser Amtszeit an die "junge Generation" übergeben wolle (DW 14.2.2019).
Bei den elften bangladeschischen Parlamentswahlen vom 30.12.2018 erzielte die "Große Allianz" um die regierende AL einen Erdrutschsieg mit 96 % der Stimmen und 289 der 300 zur Wahl stehenden Parlamentssitze (Guardian 30.12.2018; vgl. BN24 31.12.2018, DT 27.1.2019, DS 10.1.2019), wobei in zwei Wahlkreisen aufgrund von Gewalt (DS 10.1.2019) bzw. dem Tod eines Kandidaten Nachwahlen notwendig waren (DT 27.1.2019).
Es gibt Berichte über Wahlmanipulation. Die Opposition verurteilte die Wahl als "Farce" und fordert die Annullierung des Ergebnisses und Neuwahlen. Die Regierungspartei weist die Manipulationsvorwürfe und Neuwahlforderungen zurück und nennt die Wahl "völlig frei und unabhängig" (BBC 31.12.2018). In einer vorläufigen Bewertung erklärten Wahlbeobachter der SAARC (South Asian Association for Regional Cooperation), dass die Wahl "viel freier und fairer" ablief als die vorherigen (Hindu 1.1.2019). Bereits im Vorfeld der Wahl kam es zu Gewalt zwischen rivalisierenden Anhängern und zu harten Vorgehen der Regierung (BBC 31.12.2018; vgl. Hindu 1.1.2019). Von Oktober bis Anfang Dezember 2018 fanden wiederholt Fälle willkürlicher Verhaftungen und Inhaftierungen von Demonstranten und politischen Oppositionellen sowie von Gewalttaten und Einschüchterungen durch Mitglieder der Studenten- und Jugendabteilung der Regierungspartei statt. (HRW 13.12.2018). Am Wahltag waren rund 600.000 Sicherheitskräfte, darunter Armee und paramilitärische Truppen, im Einsatz, um die Gewalt einzudämmen (Guardian 30.12.2018). Am Wahltag wurden mindestens 17 Menschen bei Zusammenstößen zwischen Anhängern der regierenden Partei und der Opposition getötet (Reuters 1.1.2019).
2014 trat die BNP aus Protest gegen Verfahrensfehler bei der Organisation der Wahlen nicht zur Wahl an und forderte die Bevölkerung, ihre eigenen Parteimitglieder und Wähler zu einem Generalstreik (Hartal) auf. Eine der wichtigsten BNP-Vertreter der Opposition war und ist die ehemalige Premierministerin und amtierende BNP-Parteivorsitzende Khaleda Zia. Sie wurde im Februar 2018 wegen Veruntreuung zu einer Haftstrafe von fünf Jahren verurteilt (GIZ 12.2018a) und durfte bei den Parlamentswahlen am 30.12.2018 nicht als Kandidatin antreten (DT 8.12.2018). Die oppositionelle BNP hat aufgrund ihrer starken gesellschaftlichen Verankerung das Potential, durch Generalstreiks großen außerparlamentarischen Druck zu erzeugen (GIZ 12.2018a).
Infolge der Dominanz der AL und der fehlenden innerparteiischen Demokratie hat de facto die exekutive Spitze das ausschließliche Sagen bei Gesetzesentwürfen. Wie schon die Vorgängerregierungen baut auch die gegenwärtige AL-Regierung ihre Netzwerke in Verwaltung, Rechtswesen und Militär aus. Verschärfend kommt hinzu, dass die BNP als vormals größte Oppositionspartei nach ihrem Wahlboykott am 5.1.2014 überhaupt nicht mehr im Parlament vertreten war (GIZ 12.2018a) und bei den Parlamentswahlen am 30.12.2018 nur sechs Mandate erzielen konnte (BI 31.12.2018; vgl. DS 10.1.2019).
Durch Verfassungsänderung von Juni 1988 wurde der Islam zur Staatsreligion erklärt, bei gleichzeitiger verfassungsrechtlicher Verankerung des Rechts auf friedliche Ausübung anderer Religionen. Auch Säkularismus ist Staatsprinzip und genießt Verfassungsrang (AA 27.10.2017). Die verfassungsändernde Mehrheit der AL im Parlament führt zu einer enormen Machtkonzentration. Gesetzesinitiativen schränken den Spielraum der Zivilgesellschaft weiter ein. Die derzeitige Regierung hat es sich zum Ziel gemacht, Verbrechen des Unabhängigkeitskrieges von 1971 juristisch aufzuarbeiten. Angeklagt sind damalige Kollaborateure der pakistanischen Streitkräfte, von denen viele bis zur letzten innerparteilichen Wahl in führenden Positionen der islamistischen JI waren. Die Prozesse und (häufig Todes-) Urteile öffnen alte Wunden und führen zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen säkularen und islamistischen Kräften (AA 12.2018).
Bei den am 30.12.2015 in 234 Stadtbezirken durchgeführten Kommunalwahlen in Bangladesch ist die regierende AL in 176 Bezirken als Siegerin hervorgegangen (NETZ 2.1.2016). Die kommenden Kommunalwahlen werden an fünf verschiedenen Wahltagen zwischen 10.3. und 18.6.2019 stattfinden (bdnews24 3.2.2019). Am ersten Wahltermin wurden in den 78 Upazilas eine geringe Wahlbeteiligung beobachtet. Die Wahl wird von der BNP und einigen anderen Parteien boykottiert (DS 10.3.2019).
Der Verwaltungsaufbau von Bangladesch ist zentralstaatlich: Das Land ist in acht Regionen (Divisions), 64 Bezirke (Districts), 501 Landkreise bzw. Großstädte (Upazilas / City Corporations), 4.876 Gemeindeverbände (Union Councils / Municipalities) und circa 87.000 Dorfgemeinden gegliedert (AA 12.2018; vgl. ÖB 12.2018). Im Gebiet der Chittagong Hill Tracts gilt eine besondere Verwaltung, die der lokalen (indigenen), nicht-bengalischen Bevölkerung verstärkte Mitwirkungsmöglichkeiten einräumen soll (ÖB 12.2018).
Quellen:
* AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (12.2018):
Bangladesch - Innenpolitik,
https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/bangladesch-node/-/206322, Zugriff 7.3.2019
* AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (27.10.2017):
Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Oktober 2017).
* BBC (31.12.2018): Bangladesh election: PM Sheikh Hasina wins landslide in disputed vote,
https://www.bbc.com/news/world-asia-46718393, Zugriff 7.3.2019
* bdnews24 (3.2.2019): 87 Upazila councils go to election on Mar 10 in first phase,
https://bdnews24.com/bangladesh/2019/02/03/87-upazila-councils-go-to-election-on-mar-10-in-first-phase, Zugriff 7.3.2019
* BI - Bangla Insider (31.12.2018): final results of 11th parliamentary elction of Bangladesh 2018, https://en.banglainsider.com/bangladesh/4469/FINAL-RESULTS-OF-11th-PARLIAMENTARY-ELECTION-OF-BANGLADESH-2018, Zugriff 3.1.2019
* BN24 - Bangla News 24 (31.12.2018): Grand alliance wins 288 seats, https://www.banglanews24.com/english/national/article/73191/Grand-alliance-wins-288-seats, Zugriff 7.3.2019
* DS - Daily Star, the (10.1.2019): BNP's Sattar bags B'baria-2, https://www.thedailystar.net/bangladesh-national-election-2018/bangladesh-re-election-3-centres-brahmanbaria-2-constituency-going-peacefully-1685053, Zugriff 11.3.2019
* DS - Daily Star, the (10.3.2019): First phase upazila polls end, counting starts,
https://www.thedailystar.net/country/news/election-78-upazilas-begins-1712992, Zugriff 11.3.2019
* DT - Dhaka Tribune (27.1.2019): Ruling party's Dr Younus Ali Sarker wins Gaibandha 3
by-polls,https://www.dhakatribune.com/bangladesh/election/2019/01/27/voting-in-gaibandha-3-by-polls-underway, Zugriff 11.3.2019
* DT - Dhaka Tribune (8.12.2018): EC rejects Khaleda Zia's candidature by majority decision, https://www.dhakatribune.com/bangladesh/election/2018/12/08/khaleda-zia-s-appeal-remains-pending, Zugriff 7.3.2019
* DW - Deutsche Welle (14.2.2019): Bangladesh PM Sheikh Hasina hints at last term as prime minister, https://www.dw.com/en/bangladesh-pm-sheikh-hasina-hints-at-last-term-as-prime-minister/a-47513555, Zugriff 7.3.2019
* FH - Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2018 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/1442339.html, Zugriff 28.2.2019
* GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (12.2018a): Bangladesch - Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/bangladesch/geschichte-staat/, Zugriff 7.3.2019
* GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (1.2019): Bangladesch - Überblick, https://www.liportal.de/bangladesch/ueberblick/, Zugriff 11.3.2019
* Guardian, The (30.12.2018): Bangladesh PM Hasina wins thumping victory in elections opposition reject as 'farcical', https://www.theguardian.com/world/2018/dec/30/bangladesh-election-polls-open-after-campaign-marred-by-violence, Zugriff 7.3.2019
* Hindu, The (1.1.2019): Hasina's triumph: on Bangladesh election results,
https://www.thehindu.com/opinion/editorial/hasinas-triumph/article25874907.ece, Zugriff 7.3.2019
* NETZ - Partnerschaft für Entwicklung und Gerechtigkeit e.V. (2.1.2016): Bangladesch Aktuell, http://bangladesch.org/bangladesch/aktuell/detailansicht/news/detail/News/kommunalwahlen/cHash/781fa29261a9302cfb84107680f22794.html, Zugriff 7.3.2019
* ÖB DEL - Österreichische Botschaft Neu Delhi (12.2018):
Asylländerbericht Bangladesch [Arbeitsversion].
* Reuters (1.1.2019): Western powers call for probe into Bangladesh election irregularities, violence, https://www.reuters.com/article/us-bangladesh-election/western-powers-call-for-probe-into-bangladesh-election-irregularities-violence-idUSKCN1OV1PK, Zugriff 7.3.2019
* RW - Human Rights Watch (13.12.2018): Bangladesh: Crackdown as Elections Loom, https://www.ecoi.net/de/dokument/1454483.html, Zugriff 7.3.2019
* WPR - World Population Review (o.D.): World Countries by Population Density 2019,
http://worldpopulationreview.com/countries/countries-by-density/. Zugriff 7.3.2019
Sicherheitslage:
Der Hass zwischen den politischen Parteien, insbesondere Awami League und die Bangladesch National Party, ist für den größten Teil an Gewalt im Land verantwortlich (ACLED 9.11.2018; vgl. FH 1.2018). Beide Parteien sind - gemeinsam mit unidentifizierten bewaffneten Gruppen - in Vandalismus und gewalttätige Auseinandersetzungen verwickelt und greifen auch friedliche Zivilisten an (ACLED 9.11.2018).
Von nichtstaatlichen Akteuren (insbesondere Opposition, Islamisten, Studenten) geht nach wie vor in vielen Fällen Gewalt aus. Die öffentliche Sicherheit ist fragil. Das staatliche Gewaltmonopol wird durchbrochen. Es kommt häufig zu Morden und gewalttätigen Auseinandersetzungen aufgrund politischer (auch innerparteilicher) oder krimineller Rivalitäten. Eine Aufklärung erfolgt selten. Politische Auseinandersetzungen werden von allen Lagern - mit einem teilweise massiven Aufgebot an Menschen und unter Rekrutierung von Studenten- und Jugendorganisationen - auf der Straße ausgetragen (AA 27.10.2017). Spontane Streiks und Kundgebungen können jederzeit stattfinden (BMEIA 14.12.2018; vgl. AA 25.2.2019), dabei können Kämpfe zwischen Sicherheitsbehörden und Demonstranten, Brandstiftung, Gewalt und Vandalismus unvorhergesehen auftreten (UKHO 28.2.2019).
Gewalt gegen Zivilisten oder staatliche Kräfte durch Rebellen macht einen relativ kleinen Anteil an allen Gewaltereignissen aus. Es gibt radikale islamistische Gruppen wie die Mujahideen Bangladesh (JMB) und Ansarullah Bangla Team (ABT). Sowohl der Islamische Staat (IS) und Al Qaeda in the Indian Subcontinent (AQIS) geben an, in Bangladesch aktiv zu sein, was von der Regierung jedoch dementiert wird (ACLED 9.11.2018). Im März 2017 kam es zu drei Selbstmordattentaten mit Todesfolge, zu denen sich der Islamische Staat bekannte (BMEIA 14.12.2018, vgl. USDOS 20.4.2018).
Extremistische Gruppen führen Angriffe auf Angehörige vulnerabler Gruppen durch (USDOS 20.4.2018; vgl. AI 22.2.2017; AA 27.10.2017). In vielen Fällen ist nicht eindeutig differenzierbar, ob religiöse Motive oder säkulare Interessen, wie z. B. Racheakte oder Landraub, Grund für die Vorfälle sind. In vielen Fällen wird den Sicherheitsbehörden vorgeworfen, nicht oder zu spät reagiert zu haben, vereinzelt sogar an Gewaltakten aktiv teilgenommen zu haben (AA 27.10.2017).
In der Division Chittagong, insbesondere im Gebiet der Chittagong Hill Tracts (Bezirke Rangamati, Khagrachari und Bandarban) kommt es zu bewaffneten Unruhen und kriminellen Übergriffen (BMEIA 14.12.2018; vgl. AA 25.2.2019; UKHO 28.2.2019). Im Juni 2017 griff eine aufgebrachte Menschenmenge indigene Bewohner der Stadt Langadu im Bezirk Rangamati Hill an und tötete dabei mindestens eine Person. Außerdem wurden Hunderte Häuser niedergebrannt. Berichten zufolge unternahmen Polizisten und Soldaten nichts, um die indigenen Bewohner zu schützen (AI 23.5.2018). Im südöstlichen Verwaltungsbezirk Cox's Bazar der Division Chittagong, hat es zuletzt in bzw. in der Nähe von Flüchtlingslagern vereinzelt gewalttätige Zwischenfälle gegeben. Am 21. Februar 2019 wurden dabei auch ausländische Journalisten angegriffen (AA 25.2.2019).
An der Grenze zu Indien kommt es gelegentlich zu Schusswechseln zwischen indischen und bangladeschischen Grenzwächtern. Regelmäßig werden Menschen getötet, die versuchen, illegal die Grenze zu überqueren (UKHO 28.2.2019).
In der Monsunzeit von Mitte Juni bis Mitte Oktober muss mit Überschwemmungen gerechnet werden, im südlichen Landesdrittel von Oktober bis November und Mitte April bis Mitte Mai grundsätzlich auch mit Wirbelstürmen (AA 25.2.2019). Regelmäßig wiederkehrende Überschwemmungen sowie die Erosion von Flussufern führen zu einer umfangreichen Binnenmigration (AA 27.10.2017). Die Kriminalität hat ist hoch, insbesondere Raubüberfälle (BMEIA 14.12.2018).
Quellen:
* AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (25.2.2019):
Bangladesch: Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/bangladesch-node/bangladeschsicherheit/206292, Zugriff 27.2.2019
* AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (27.10.2017):
Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Oktober 2017).
* ACLED - Armed Conflict Location & Event Data Project (9.11.2018):
The Anatomy of Violence in Bangladesh, https://www.acleddata.com/2018/11/09/the-anatomy-of-violence-in-bangladesh/, Zugriff 6.3.2019
* AI - Amnesty International (23.5.2018): Bangladesch 2017/18, https://www.amnesty.de/jahresbericht/2018/bangladesch, Zugriff 5.3.2019
* BMEIA - Bundesministerium Europa, Integration und Äußeres (14.12.2018): Bangladesch - Reiseinformation, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/bangladesch/, Zugriff 6.3.2019
* FH - Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2018 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/1442339.html, Zugriff 28.2.2019
* ÖB - Österreichische Botschaft Neu Delhi (12.2018):
Asylländerbericht Bangladesch [Arbeitsversion].
* UKHO - UK Home Office (28.2.2019): Foreign travel advice Bangladesh - Safety and security, https://www.gov.uk/foreign-travel-advice/bangladesh/safety-and-security, Zugriff 6.3.2019
* USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430114.html, Zugriff 27.2.2019
Rechtsschutz/Justizwesen:
Das Gerichtssystem besteht aus zwei Instanzen, den untergeordneten Gerichten (Magistrates, Session- und District Judges) und dem Obersten Gerichtshof. Beide verhandeln Zivil- und Strafrechtssachen. Das Rechtssystem beruht weitgehend auf dem englischen "Common Law". Der Oberste Gerichtshof besteht aus zwei Abteilungen, dem "High Court", der Verfassungsfragen verhandelt und als Berufungsinstanz zu den erstinstanzlichen Gerichten fungiert, sowie dem "Appellate Court", dessen Entscheidungen für alle übrigen Gerichte bindend sind. Die Richter beider Abteilungen werden gemäß der Verfassung vom Präsidenten ernannt (ÖB 12.2018).
Die Unabhängigkeit der Richter wird von der Verfassung garantiert. In der Praxis unterstellt allerdings eine schon lange geltende temporäre Bestimmung der Verfassung die erstinstanzlichen Richter der Exekutive. Auch ihre Ernennung und Remuneration ist Sache der Exekutive. Demgegenüber haben die Richter des Obersten Gerichtshofs des Öfteren ihre Unabhängigkeit demonstriert und gegen die Regierung entschieden (ÖB 12.2018). Gemäß einer Verfassungsänderung hat das Parlament seit 2014 das Recht, oberste Richter abzusetzen (USDOS 20.4.2018).
Auf Grundlage mehrerer Gesetze ("Public Safety Act", "Law and Order Disruption Crimes Speedy Trial Act", "Women and Children Repression Prevention Act", "Special Powers Act") wurden Sondertribunale errichtet, die Fälle innerhalb eines festgesetzten Zeitrahmens erledigen müssen. Es fehlen allerdings Vorschriften für den Fall, dass sie dieser Verpflichtung nicht nachkommen. Diese "Speedy Trial" Tribunale haben Medienberichten zufolge in den vergangenen Jahren ca. 200 Personen zum Tode verurteilt (ÖB 12.2018).
Wie die meisten Beobachter von Bangladesch übereinstimmend angeben, stellen Korruption, Ineffizienz der Justiz, gezielte Gewalt gegen Richter und ein gewaltiger Rückstau an offenen Fällen große Probleme dar (ÖB 12.2018). Gerichtsverfahren sind durch eine überlange Verfahrensdauer geprägt, was viele Angeklagten bei der Inanspruchnahme ihres Rechts auf ein faires Verfahren hindert. Weiters kommt es zu Zeugenbeeinflussung und Einschüchterung von Opfern (USDOS 20.4.2018; vgl. FH 1.2018). Strafanzeigen gegen Mitglieder der regierenden Partei werden regelmäßig zurückgezogen (FH 1.2018). Die schiere Zahl der gegen die politische Opposition eingeleiteten Klagen im Vorfeld zur 11. Parlamentswahl vom 30.12.2018, deutet auf ein ungehindertes Spielfeld und die Kontrolle der Regierungspartei über die Justiz- und Sicherheitsinstitutionen