TE Bvwg Erkenntnis 2019/12/23 W214 2182071-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 23.12.2019
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Entscheidungsdatum

23.12.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W214 2182071-1/21E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Eva SOUHRADA-KIRCHMAYER über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX ,

StA. Iran, vertreten durch: RA Mag. Dr. Bernhard ROSENKRANZ, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.11.2017, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen

Verhandlung zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein iranischer Staatsangehöriger und Zugehöriger der Volksgruppe der Araber, stellte am XXXX 12.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Bei der Erstbefragung am

XXXX 12.2015 gab der Beschwerdeführer an, am XXXX 11.2015 vom Flughafen Teheran legal in die Türkei ausgereist zu sein und anschließend von Istanbul teils schlepperunterstützt über griechische Inseln, Mazedonien, Serbien, Kroatien und Slowenien illegal in das österreichische Bundesgebiet eingereist zu sein.

Weiters gab er an, seine Heimat aus ethnischen Gründen verlassen zu haben, seine Familie und er würden der Volksgruppe der Araber angehören, sie würden aus diesem Grund im Iran diskriminiert und seien auch schon in der Vergangenheit diskriminiert worden, da seine Kinder keine Schulen besuchen hätten dürfen, er keinen Beruf, vor allem keinen staatlichen, ausüben habe können und sie nicht einmal intern in der Familie Arabisch hätten sprechen können. Auf Grund ihrer Sprache und Volksgruppe seien sie im Iran immer ausgelacht, ausgegrenzt und erniedrigt worden. Er habe beschlossen den Iran zu verlassen, damit diese Erniedrigung ein Ende habe.

Am XXXX 10.2017 wurde der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (belangte Behörde vor dem Bundesverwaltungsgericht) im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Farsi niederschriftlich einvernommen. Der Beschwerdeführer legte im Zuge der Einvernahme seine iranische Personenstandsurkunde, seinen iranischen Personalausweis vor, einen Taufschein der Persian Church Cyrus vom 21.01.2017 sowie eine Bestätigung des Magistrat XXXX über den Austritt aus der islamischen Glaubensgemeinschaft vom 06.10.2017 vor.

Der Beschwerdeführer gab an, verheiratet zu sein und im Iran zuletzt mit seiner Ehefrau und seinen beiden minderjährigen Kindern in der Stadt XXXX zusammengelebt zu haben. Er habe ca. 2 bis 3 Mal die Woche per WhatsApp Kontakt zu seiner Familie und zu seinem Vater. Die Familie lebe momentan bei den Eltern seiner Ehefrau in der Stadt

XXXX

Im Iran habe er 11 Jahre lang die Schule besucht und anschließend als Tischler gearbeitet. Er habe acht Jahre lang ein Tischlereigeschäft gehabt, dieses habe er vor der Ausreise verkauft, die Familie lebe von den Ersparnissen und werde auch von seinem Vater und Schwiegervater unterstützt. Seine Frau habe zweitweise als Friseurin gearbeitet. Die Familie habe vorgehabt gemeinsam zu reisen, dies habe aber nicht geklappt. Seine Kinder würden aktuell die Volksschule in XXXX besuchen.

Nach den Fluchtgründen befragt führte der Beschwerdeführer aus, dass sich seit der Erstbefragung weitere Fluchtgründe ergeben hätten.

Seine Probleme hätten begonnen, als er 18 Jahre alt geworden sei. Er habe in einer traditionellen, islamtreuen, arabischen Familie gelebt und sei mit seiner Familie in Konflikt geraten, da er eine eigene Meinung gehabt habe, die sein Vater nicht akzeptieren habe können. Seine Meinung sei nicht mit dem Islam vereinbar gewesen, er habe nicht an den Islam geglaubt, er habe aber auch Angst gehabt und sei vorsichtig gewesen, um seiner Familie nicht zu schaden. Er habe eine Person gesucht, mit der er über seine Meinung reden könne und während einer Reise seine spätere Ehefrau kennengelernt, die ähnliche Gedanken wie er gehabt habe. Es sei für sie dann schwieriger geworden, als die Kinder in die Schule gekommen seien, da sie diese auf religiöse Dinge in der Schule hätten vorbereiten müssen. Sie hätten dies nicht gerne gemacht, aber es habe keine andere Lösung gegeben. Wegen dieser beschränkten Freiheit, hätten er und seine Frau entschieden ins Ausland zu gehen und nach einer Möglichkeit zu suchen, frei zu leben. Er habe eine bessere Zukunft für seine Kinder wollen und dass diese selbst Entscheidungen treffen können. Araber würden im Iran diskriminiert, er habe nur in XXXX leben können. Er sei mit dem Islam nicht einverstanden gewesen, dies sei zwischen Arabern sehr gefährlich. Der Islam sei eine Religion der Gewalt, er habe nicht wollen, dass seine Kinder in der Schule dasselbe erleben wie er. Er habe sich im Iran nicht über andere Religionen informieren und auch nicht den Glauben wechseln können.

Weiter befragt gab der Beschwerdeführer an, im Iran weder strafgerichtlich verfolgt bzw. verurteilt worden zu sein, es habe niemals eine konkrete Verfolgung seiner Person aufgrund seiner Religion oder Volksgruppenzugehörigkeit gegeben. Auch seine Familie im Iran werde nicht bedroht. Er habe von Anfang an nach Österreich reisen wollen, weil zwei oder drei Freunde in Österreich leben würden, einer habe bereits die Staatsbürgerschaft. Sie hätten ihm erzählt, dass er in Österreich nach acht Monaten einen Aufenthaltstitel bekomme, dafür aber einen Grund vorbringen müsse, wie etwa politische Aktivität, Verfolgung oder religiöse Probleme.

Mittlerweile sei er Christ geworden, nach seiner Erstbefragung, als er etwa einen Monat in Österreich gewesen sei, sei er erstmals mit dem Christentum in Kontakt gekommen, er sei mit einem Freund zur Baptistengemeinde gegangen. Dieser Freund und der Pastor der Gemeinde hätten sein Interesse am Christentum geweckt, ein Schlüsselerlebnis habe es nicht gegeben, es habe sich langsam entwickelt. Seine Taufe habe im Jänner 2017 in XXXX stattgefunden, vor der Taufe habe man ihm nur den Sinn der Taufe erklärt. Zwischen dem Erstkontakt zur Cyrus Kirche, von welcher er getauft worden sei, und der Taufe selbst sei eine Woche vergangen, vor der Taufe habe er sich nicht bereits über einen längeren Zeitraum mit dem Christentum beschäftigt gehabt, er sei lediglich sehr selten in der Baptistengemeinde in XXXX gewesen. Er habe sich unbedingt taufen lassen wollen, damit er ein reines Gewissen habe, dass er Christ sei. Die Baptistengemeinde habe ihn nicht so schnell taufen wollen, weil sie ihn erst besser kennenlernen hätten wollen, deswegen habe er sich entschieden, sich von der Cyrus Kirche taufen zu lassen. Die Taufe bedeute Befreiung von den Sünden und Vergebung. Jetzt lebe er in XXXX und habe einen besseren Kontakt zur Baptistenkirche, er gehe jeden Sonntag zur Kirche und habe einen Kurs über den protestantischen Glauben (ATI) absolviert. Zu Mitgliedern der Cyrus Kirche habe er nur noch sehr selten über Facebook und Skype Kontakt. Vom Islam habe er sich abgewandt, da der Islam eine Religion der Gewalt und des Zwangs sei. Man müsse im Islam viele Sachen tun und darauf hoffen, dass man im nächsten Leben etwas (dafür) bekomme, es gebe keine Zusicherungen, nur Versprechungen. Die Frauenrechte im Islam seien ungerecht, da es Bekleidungsvorschriften gebe und eine Frau nur einen Ehemann haben dürfe, umgekehrt aber Männer vier Frauen heiraten dürften. Im Islam seien viele Sachen verboten, die Behörde richte sich die Religion so, wie es ihr passe. Man dürfe vom Islam nicht konvertieren, dann gelte man als Gotteslästerer und werde mit dem Tode bestraft.

Am Christentum fasziniere ihn, dass es die Religion der Liebe sei, es gebe keine Gewalt. Ab dem Zeitpunkt an, ab dem er an das Christentum geglaubt habe, habe er das Gefühl gehabt, dass er seinen Weg gefunden habe. Er kenne seinen Gott und seinen Weg. In Österreich lebe er seinen Glauben aus, indem er am Sonntag zum Gottesdienst gehe und bete. Wenn er soweit sei, wolle er auch missionieren, dies sei im Christentum sehr wichtig.

Seine Frau habe er nicht in die Entscheidung zum Christentum zu konvertieren einbezogen, er habe ihr aber Bescheid gesagt und sie habe damit kein Problem. Im Iran habe er sonst niemandem von seiner Konversion erzählt, da er Angst um seine Familie habe. Bei einer Rückkehr würde er aufgrund seiner Konversion hingerichtet werden, der iranische Geheimdienst wisse mit Sicherheit über seine Konversion Bescheid, da seine Taufe gefilmt und auf Facebook gestellt worden sei.

Dem Beschwerdeführer wurden bei der Einvernahme eine Reihe von Fragen zum Christentum und Protestantismus gestellt, von denen er einige Fragen richtig oder fast richtig beantwortete. Einige Fragen konnte er nicht beantworten.

Am 31.10.2017 legte der Beschwerdeführer eine kirchliche Bestätigung der Baptistengemeinde XXXX vom XXXX 10.2017 sowie Screenshots der Facebook Seite "Koreskerk", auf denen Fotos seiner Taufe zu sehen seien vor.

2. Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz sowie auf Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ab (Spruchpunkt I. und II.), erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III.), erließ eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.), stellte fest, dass die Abschiebung in den Iran zulässig sei (Spruchpunkt V.) und setzte eine Frist von zwei Wochen für die freiwillige Ausreise ab Rechtskraft der Entscheidung (Spruchpunkt VI.).

Die belangte Behörde stellte neben allgemeinen herkunftsbezogenen Länderfeststellungen und der Identität des Beschwerdeführers fest, dass der Beschwerdeführer iranischer Staatsangehöriger und Zugehöriger der Volksgruppe Araber sei. Er sei verheiratet und habe zwei Kinder. Weiters wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer sich am 21.01.2018 in der "Persian Church Cyrus" einer Taufe unterzogen habe, bei seiner Konversion handle es sich um eine Scheinkonversion zum Christentum, womit kein subjektiver Nachfluchtgrund vorliege.

Nicht festgestellt werden konnte von der belangten Behörde, dass der Beschwerdeführer im Iran einer aktuellen und unmittelbaren persönlichen sowie konkreten Gefährdung, Bedrohung oder Verfolgung ausgesetzt sei. Der Beschwerdeführer sei im Iran weder aus politischen noch aus religiösen Gründen oder wegen der Zugehörigkeit zu einer Volksgruppe verfolgt worden.

Auch eine Gefährdung im Falle einer Rückkehr könne nicht festgestellt werden. Insbesondere habe nicht festgestellt werden können, dass der Beschwerdeführer aus innerer Überzeugung zum Christentum konvertiert sei.

Zum Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers wurde festgehalten, dass der Beschwerdeführer von der Grundversorgung lebe und die deutsche Sprache auf sehr schlechtem Niveau beherrsche. Er verfüge über kein schützenswertes Privat- und Familienleben in Österreich, besitze aber familiäre Anknüpfungspunkte im Iran.

Beweiswürdigend führte die belangte Behörde aus, dass der Beschwerdeführer in seiner Erstbefragung vom XXXX 12.2015 zu keinem Zeitpunkt angegeben habe, dass er Interesse am christlichen Glauben habe. Er habe vielmehr angegeben, muslimisch-schiitischen Glaubens zu sein. Bei der Taufe des Beschwerdeführers habe es sich um einen formalen Akt gehandelt, um die Chancen auf Asylgewährung zu erhöhen. Eine feste innere Überzeugung lasse sich nicht aus dem formalen Akt der Taufe herleiten. Das Vorgehen betreffend die Taufe zeige, dass es dem Beschwerdeführer nicht um den christlichen Glauben gehe, sondern dass er zielgerichtet auf ein positives Asylverfahren hingewirkt habe. Zum Kontakt mit der Cyrus Kirche sei es erst eine Woche vor der Taufe gekommen, sodass von keinem soliden und tiefgründigen Taufunterricht ausgegangen werden könne, was der Beschwerdeführer auch selbst bestätigt habe. Hätte er Beschwerdeführer tatsächlich das Bedürfnis gehabt, sich von seiner bisherigen Religion zu lösen und sich dem Christentum zuzuwenden, hätte er nicht die Art der "Schnelltaufe" gewählt. Der Beschwerdeführer habe auch angegeben, sich vor der Taufe nicht so ganz mit dem Christentum auseinandergesetzt zu haben. Religiöse Glaubensansichten und weitere religiöse Ziele bzw. Vorbringen, die auf eine tiefe und innere Überzeugung schließen lassen könnten, habe der Beschwerdeführer nicht glaubhaft vorbringen können, insgesamt habe er die Fragen über das Christentum und die Glaubensgemeinschaft nur sehr spärlich beantworten können. Gerade bei Personen, die einen Glauben erst kürzlich angenommen hätten, könne davon ausgegangen werden, dass ein gewisses "Mehrinteresse" bzw. "religiöser Elan" vorhanden sei. Aufgrund der festgestellten Scheinkonversion sei davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer im Fall einer Rückkehr nicht in das Blickfeld der Behörden geraten würde. Es übersteige die faktischen Möglichkeiten der iranischen Behörden Taufen im Ausland zu beobachten bzw. zu registrieren oder Fotos auf Facebook gezielt Personen zuzuordnen.

Auch das Erfordernis der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten wurde von der belangten Behörde verneint, grundsätzlich bestünden bezüglich Iran keine Anhaltspunkte dafür, dass dort gegenwärtig eine extreme Gefahrenlage herrsche, durch die praktisch jeder der konkreten Gefahr einer Verletzung der durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte ausgesetzt wäre. Es sei dem Beschwerdeführer zuzumuten, im Falle einer Rückkehr einer Erwerbstätigkeit nachzugehen und sich seinen Lebensunterhalt zu sichern.

Da die Gründe für eine Aufenthaltsberechtigung gemäß § 57 AsylG nicht vorlägen, wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen ebenfalls nicht erteilt.

Weiters erließ die belangte Behörde eine Rückkehrentscheidung und führte hierzu aus, dass diese zulässig sei, da der Beschwerdeführer dadurch nicht in seinem Recht auf Familienleben oder Privatleben verletzt sei. In Abwägung sei dem Interesse der Öffentlichkeit an einem geordneten Vollzug des Fremdenwesens und der öffentlichen Ordnung und Sicherheit mehr Gewicht einzuräumen als den bloß privaten Interessen des Beschwerdeführers, weshalb die Rückkehrentscheidung nach § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG zulässig sei. Die Abschiebung in den Iran sei auch zulässig, da keine Hinderungsgründe des § 50 FPG vorlägen und habe die Ausreise des Beschwerdeführers binnen 14 Tagen ab Rechtskraft des Bescheides zu erfolgen (§ 55 FPG).

3. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht und führte aus, dass er schon als junger Mensch mit der islamischen Religion im Iran nicht einverstanden gewesen sei. Er wolle seinen Kindern ein Leben, wie er es geführt habe, nicht zumuten und habe schon im Iran nach anderen Lebensweisen gesucht. Da er zudem Angehöriger der arabischen Volksgruppe sei, habe er ein Leben in Unfreiheit und Diskriminierung führen müssen. Er habe in Europa im christlichen Glauben Halt gefunden, er habe sich von der Cyrus Kirche taufen lassen und Anschluss bei der baptistischen Gemeinde in XXXX gesucht. Er besuche dort die Gottesdienste, weshalb den Muslimen in XXXX der Religionswechsel bekannt sei. Er müsse damit rechnen, dass dieser Umstand den iranischen Sicherheitsbehörden bekannt werde und er im Fall seiner Rückkehr asylrelevant verfolgt würde.

4. Die Beschwerde wurde von der belangten Behörde- ohne von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung Gebrauch zu machen - dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

5. Am 26.06.2019 fand eine mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht im Beisein des Beschwerdeführers und eines Dolmetschers für die Sprache Farsi statt. Der Beschwerdeführer legte in der mündlichen Verhandlung eine Ergänzung zur kirchlichen Bestätigung der Baptistengemeinde XXXX vom 24.06.2019, eine Kursbesuchsbestätigung "Brückenkurs" der VHS XXXX vom 14.05.2019, sowie Gerichtsdokumente aus dem Iran betreffend die Scheidung von seiner Ehefrau vor.

Der Beschwerdeführer gab an, dass ihn seine Ehefrau auf Scheidung geklagt habe, nachdem er den negativen Bescheid erhalten und ihr die schlechte Nachricht übermittelt habe. Die gute Nachricht sei gewesen, dass er Christ geworden sei, er habe sie missionieren wollen, was sie jedoch abgelehnt habe. Weil er Christ geworden sei, habe sie sich scheiden lassen. Über Vorhalt der Niederschrift der Einvernahme vor der belangten Behörde, dass nach den dortigen Angaben des Beschwerdeführers seine Frau schon länger von der Konversion gewusst habe, gab der Beschwerdeführer an, ihr erst nach dem Erhalt des negativen Bescheides davon erzählt zu haben. Er habe auch nicht gesagt, dass er nach drei Monaten Christ geworden sei.

Seine Familie lebe nach wie vor im Iran, mit seinem Vater habe er zuletzt vor zwei oder drei Wochen Kontakt gehabt. In Österreich gehe er keiner Erwerbstätigkeit nach, er helfe aber etwa Nachbarn gelegentlich bei Tischlerarbeiten.

Im Iran sei er Muslim gewesen, nach seinem 15. Lebensjahr habe er aber den Islam gehasst und alles versucht, um dem Islam fern zu sein. Deswegen habe er geheiratet, seine nunmehrige Exfrau und er hätten beschlossen, dass sie ohne den Islam ein besseres Leben hätten. Er glaube, dass seine Exfrau kein Verständnis für seine Konversion habe, da XXXX eine sehr religiöse Stadt sei und seine Exfrau wegen seiner Abwesenheit anderen Einflüssen ausgesetzt sei.

In Österreich gehe er jeden Sonntag in die Kirche, zu Hause bete er und lese in der Bibel. Er sei seit 2017 Christ, das genaue Datum wisse er nicht. Als er nach Österreich gekommen sei, habe er an nichts geglaubt, er habe in einem Flüchtlingscamp gelebt, dorthin seien Leute gekommen, die ihn und andere missioniert hätten. Er habe immer einen liebevolleren Gott erleben und finden wollen. Der Pastor der Baptistengemeinde haben sie daraufhin in die Kirche eingeladen, diese sei aber weit weg gewesen, sodass der Pastor sie mit dem Auto dorthin gebracht hätte. Er habe dann so schnell wie möglich aus dem Islam austreten und sehr schnell getauft werden wollen. Bei der Baptistenkirche sei es ein langer Prozess gewesen, weshalb er sich an die Cyrus Kirche gewandt habe. Das sei der Weg gewesen, wo er gerettet worden sei und dass die Sünden vergeben würden. Es sei für ihn wichtig Christ zu sein, da das Christentum einem das ewige Leben verleihe. Christsein im Alltag bedeute, dass man seine Mitmenschen mit Liebe behandle und jeden Tag nach dem Aufstehen Gott danke. Seit 2017 oder 2018 gehe er regelmäßig in die Kirche, er gehöre dem protestantischen Zweig an, die katholische Kirche habe Ähnlichkeiten mit dem Islam, da es einen Papst gebe, der sich als Vertreter von Jesus Christus sehe. Bei den Baptisten hätten sie selbst direkt Kontakt mit Jesus Christus. Er helfe in der Kirche bei der Reinigung und Bewirtung mit, seit einem Monat sei er auch für die Tonanlage zuständig. Bilder seiner Taufe würden sich auf Facebook befinden, die iranischen Behörden könnten Zugang zu den Bildern bekommen und ihn über Gesichtserkennung erkennen. Seine Exfrau habe ihn denunziert, dass er Christ geworden sei und habe er eine Ladung von den iranischen Behörden erhalten. Er würde den Islam niemals wiederwählen, das Christentum habe sein Leben verändert, er habe jetzt eine ordentliche Lebensführung. Vom christlichen Glauben habe er noch niemanden überzeugt, seine Frau habe von ihm nicht missioniert werden wollen und er müsse zuerst mit seinem Leben beginnen.

In der mündlichen Verhandlung wurde auch der Pastor der Baptistengemeinde XXXX , einvernommen. Er gab an, den Beschwerdeführer seit Anfang 2016 zu kennen, dieser komme seit etwa Mitte 2017 fast jede Woche zum Gottesdienst. In der Gemeinde sei der Beschwerdeführer seit ca. 6 Monaten im Kaffeeteam und seit kurzem auch in der Tontechnik beschäftigt. Die Taufe durch die Cyrus Kirche sei gültig, wenn der Beschwerdeführer damals an Jesus geglaubt habe, dies habe der Beschwerdeführer ihm gegenüber bejaht. Der Beschwerdeführer habe mit ihm auch über die Möglichkeit einer neuerlichen Taufe nach der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht gesprochen. In der Gemeinde wirke der Beschwerdeführer sehr seriös in Bezug auf seine Hinwendung zum Christentum, er habe auch die Bibelschule abgeschlossen, was von ernsthaftem Interesse zeuge. Außerhalb der Gemeinde habe der Zeuge aber wenig Einblick. Der Beschwerdeführer vertrete vehement die Meinung, aufgrund seines Glaubens nicht mehr in den Iran zurückkehren zu können, obwohl er seine Kinder vermisse.

6. Dem Beschwerdeführer wurden mit Schreiben vom 07.08.2019 das aktuelle Länderinformationsblatt des BFA betreffend Iran übermittelt. Dazu lange keine Stellungnahme ein.

7. Die vom Beschwerdeführer vorgelegten Scheidungsdokumente wurden im Juli 2019 einer Übersetzung und Echtheitsüberprüfung zugeführt. Dazu wurde mit Schreiben vom 01.10.2019 mitgeteilt, dass keine Echtheitsbeurteilung möglich sei. Dazu gab der Beschwerdeführer keine Stellungnahme ab.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der unter Punkt I. ausgeführte Verfahrensgang wird als maßgeblich festgestellt.

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers und zum Fluchtvorbringen

Der Beschwerdeführer ist iranischer Staatsangehöriger und Zugehöriger der arabischen Volksgruppe. Er trägt den im Spruch angeführten Namen und das im Spruchkopf genannte Geburtsdatum. Der Beschwerdeführer wurde als Moslem (Schiit) geboren; mittlerweile bezeichnet er sich als evangelischer Christ. Der Beschwerdeführer ist geschieden und hat zwei minderjährige Kinder. Er wurde im Iran in der Stadt XXXX geboren und war zuletzt in der Stadt XXXX wohnhaft. Er hat 11 Jahre lang die Schule im Iran besucht und anschließend, bis etwa drei Monate vor seiner Ausreise, acht Jahre lang als Tischler in seinem eigenen Betrieb gearbeitet. Mit dem Verdienst konnte der Beschwerdeführer seinen Lebensunterhalt und den seiner Familie ohne Probleme bestreiten. Der Beschwerdeführer ist Ende November/Anfang Dezember 2015 illegal in das österreichische Bundesgebiet eingereist und hat am XXXX 12.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt.

Im Herkunftsstaat leben noch die Exfrau, die Kinder, sowie die Eltern und Geschwister (ein Bruder und zwei Schwestern) des Beschwerdeführers. Zu seinem Vater hat der Beschwerdeführer Kontakt. In Österreich leben keine Verwandten des Beschwerdeführers.

Der Beschwerdeführer geht keiner legalen Arbeit nach und ist nicht selbsterhaltungsfähig. Seit der Antragstellung befand sich der Beschwerdeführer lediglich aufgrund einer vorübergehenden Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz durchgängig rechtmäßig im Bundesgebiet. Der Beschwerdeführer bezieht Leistungen aus der Grundversorgung des Bundes. Der Beschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig. Er beherrscht die Sprachen Arabisch (Muttersprache) und Farsi (sehr gut) und hat Deutschkenntnisse. Der Beschwerdeführer hat keine Freunde oder Bekannte in Österreich, zu denen ein Abhängigkeitsverhältnis oder eine über ein herkömmliches Freundschaftsverhältnis hinausgehende Bindung besteht. Der Beschwerdeführer hat im Jahr 2019 den "Brückenkurs" der Volkshochschule XXXX besucht.

Der Beschwerdeführer ist am 19.12.2017 zur GZ XXXX des Bezirksgerichtes XXXX wegen §§ 15 Abs. 1, 127 StGB zu einer unbedingten Geldstrafe in Höhe von EUR 200,00 für den Fall der Uneinbringlichkeit zu 25 Tagen Ersatzfreiheitsstrafe verurteilt worden. Im Oktober 2019 wurden beim Beschwerdeführer 2,5g Cannabiskraut sichergestellt.

Nach seiner Einreise in das österreichische Bundesgebiet kam der Beschwerdeführer über einen iranischen Freund und den Pastor der Baptistengemeinde XXXX , welcher im Flüchtlingscamp, in dem der Beschwerdeführer gelebt hat, missioniert hat, mit dem Christentum in Berührung. Der Pastor der Baptistengemeinde XXXX hat den Beschwerdeführer und andere Asylwerber unregelmäßig mit dem Auto zur Kirche gebracht. Am 21.01.2017 wurde der Beschwerdeführer von der Cyrus Kirche getauft, ein Taufunterricht hat nicht stattgefunden.

Der Beschwerdeführer besucht seit 2017 regelmäßig den farsisprachigen Gottesdienst der Baptistengemeinde XXXX und hat die Bibelschule des International Training Institute (ITI) abgeschlossen. Er hilft in seiner Kirchengemeinde im Kaffee-Team und bei der Tontechnik. Darüber hinaus ist der Beschwerdeführer weder ehrenamtlich tätig noch erwerbstätig. Abgesehen von der Teilnahme an den Gottesdiensten ist der Beschwerdeführer in keinen Vereinen oder Organisationen aktiv.

Der Beschwerdeführer hat Grundkenntnisse vom Christentum und den Grundlagen des evangelischen Glaubens.

Der Beschwerdeführer war im Iran keiner aktuellen, unmittelbaren persönlichen und konkreten Verfolgung, Bedrohung oder sonstigen Gefährdung ausgesetzt und wäre auch im Falle seiner Rückkehr dorthin mit nicht maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer solchen ausgesetzt.

Dazu im Einzelnen:

Der Beschwerdeführer ist aus seinem Herkunftsstaat nicht geflohen, er wurde dort nicht verfolgt und nicht bedroht. Namentlich wurde er nie von Behörden in seinem Herkunftsstaat verfolgt; es gab keine Übergriffe oder Misshandlungen durch Vertreter von Behörden.

Der Beschwerdeführer war in seinem Herkunftsstaat weder aus Gründen der Religion noch aus anderen Gründen (einer aktuellen, unmittelbaren persönlichen und konkreten Gefahr von) intensiven staatlichen Übergriffen oder intensiven Übergriffen von Privatpersonen ausgesetzt. Er hatte weder wegen seiner Volksgruppenzugehörigkeit noch wegen seiner politischen Gesinnung und auch nicht wegen seiner Religion Probleme.

Der Beschwerdeführer hatte sich vor seiner Ausreise aus dem Iran nicht mit dem christlichen Glauben auseinandergesetzt, ihn nicht praktiziert und auch nicht beschlossen, Christ zu werden.

Der Beschwerdeführer hat in den letzten zwei Jahren zwar ein gewisses Interesse am Christentum entwickelt, er ist aber nicht aus innerer Überzeugung zum Christentum konvertiert und der christliche Glaube ist nicht wesentlicher Bestandteil der Identität des Beschwerdeführers. Es ist daher auch nicht davon auszugehen, dass sich der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat weiterhin mit dem christlichen Glauben befassen oder nach dem christlichen Glauben leben oder sich privat oder öffentlich zum christlichen Glauben bekennen würde. Der Beschwerdeführer missioniert nicht und würde in seinem Herkunftsstaat auch nicht christlich missionieren.

Die Behörden im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers haben von der - nicht aus inneren Überzeugung geschehenen - Konversion keine Kenntnis und es ist auch nicht davon auszugehen, dass sie vom christlichen Engagement und der Taufe des Beschwerdeführers im Falle der Rückkehr in den Iran Kenntnis erlangen würden.

Selbst für den Fall, dass andere Angehörige, das übrige soziale Umfeld, sonstige Privatpersonen oder die Behörden im Herkunftsstaat von den religiösen Aktivitäten des Beschwerdeführers in Österreich Kenntnis haben oder erlangen sollten, liefe der Beschwerdeführer nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Gefahr, im Zusammenhang mit der behaupteten Konversion zum Christentum oder wegen eines allenfalls unterstellten Glaubensabfalls bei einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat intensiven Übergriffen durch den Staat, andere Bevölkerungsteile oder sonstige Privatpersonen ausgesetzt zu sein.

Fest steht, dass der Beschwerdeführer nicht aus innerer Überzeugung zum Christentum konvertiert ist. Ebenso steht fest, dass dem Beschwerdeführer im Falle der Rückkehr in den Iran aufgrund seiner behaupteten Konversion zum christlichen Glauben keine Lebensgefahr oder Eingriff in seine körperliche Integrität durch Mitglieder der Regierung oder durch andere Personen drohen würde.

Fest steht, dass der Beschwerdeführer im Iran keiner unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe bzw. einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen wäre sowie im Falle seiner Rückkehr in keine existenzgefährdende Notsituation geraten würde oder als Zivilperson keiner ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines innerstaatlichen oder internationalen Konfliktes ausgesetzt wäre.

1.2. Zur hier relevanten Situation im Iran

1. Politische Lage

Die komplexen Strukturen politischer Macht in der Islamischen Republik Iran sind sowohl von republikanischen als auch autoritären Elementen gekennzeichnet. Höchste politische Instanz ist der "Oberste Führer der Islamischen Revolution" [auch Oberster Rechtsgelehrter, Oberster Führer oder Revolutionsführer], Ayatollah Seyed Ali Hosseini Khamenei, der als Ausdruck des Herrschaftsprinzips des "velayat-e faqih" (Vormundschaft des Islamischen Rechtsgelehrten) über eine verfassungsmäßig verankerte Richtlinienkompetenz verfügt, Oberbefehlshaber der Streitkräfte ist und das letzte Wort in politischen Grundsatz- und ggf. auch Detailfragen hat. Er wird von einer vom Volk auf acht Jahre gewählten Klerikerversammlung (Expertenrat) auf unbefristete Zeit bestimmt (AA 15.2.2019a, vgl. BTI 2018, ÖB Teheran 12.2018) und kann diesen theoretisch auch absetzen (ÖB Teheran 12.2018). Das Herrschaftsprinzips des "velayat-e faqih" besagt, dass nur ein herausragender Religionsgelehrter in der Lage sei, eine legitime Regierung zu führen bis der 12. Imam, die eschatologische Heilsfigur des schiitischen Islam, am Ende der Zeit zurückkehren und ein Zeitalter des Friedens und der Gerechtigkeit einleiten werde. Dieser Rechtsgelehrte ist das Staatsoberhaupt Irans mit dem Titel "Revolutionsführer" (GIZ 3.2019a).

Das iranische Regierungssystem ist ein semipräsidentielles, d.h. an der Spitze der Regierung steht der vom Volk für vier Jahre direkt gewählte Präsident (Amtsinhaber seit 2013 Hassan Rohani, wiedergewählt: Mai 2017). Er steht der Regierung vor, deren Kabinett er ernennt. Die Kabinettsmitglieder müssen allerdings vom Parlament bestätigt werden. Der Präsident ist der Leiter der Exekutive. Zudem repräsentiert er den Staat nach außen und unterzeichnet internationale Verträge. Dennoch ist seine faktische Macht beschränkt, da der Revolutionsführer in allen Fragen das letzte Wort hat bzw. haben kann (GIZ 3.2019a).

Der Revolutionsführer ist wesentlich mächtiger als der Präsident, ihm unterstehen u.a. die Revolutionsgarden (Pasdaran oder IRGC) inklusive der mehrere Millionen Mitglieder umfassenden, paramilitärischen Basij-Milizen und die gesamte Judikative. Für die entscheidenden Fragen ist letztlich der Oberste Führer verantwortlich (ÖB Teheran 12.2018). Obwohl der Revolutionsführer oberste Entscheidungsinstanz und Schiedsrichter ist, kann er zentrale Entscheidungen nicht gegen wichtige Machtzentren treffen. Politische Gruppierungen bilden sich um Personen oder Verwandtschaftsbeziehungen oder die Zugehörigkeit zu bestimmten Gruppen (z.B. Klerus). Diese Zugehörigkeiten und Allianzen unterliegen dabei einem ständigen Wandel (AA 12.1.2019).

Ebenfalls alle vier Jahre gewählt wird die Islamische Beratende Versammlung oder Majles, ein Einkammerparlament mit 290 Abgeordneten, das gewisse legislative Kompetenzen hat und Ministern das Vertrauen entziehen kann (ÖB Teheran 12.2018).

Der Wächterrat (12 Mitglieder, sechs davon vom Obersten Führer ernannte Geistliche, sechs von der Judikative bestimmte Juristen) hat mit einem Verfassungsgerichtshof vergleichbare Kompetenzen (Gesetzeskontrolle), ist jedoch insgesamt wesentlich mächtiger als ein westliches Verfassungsgericht. Ihm obliegt u.a. auch die Genehmigung von Kandidaten bei Wahlen (ÖB Teheran 12.2018, vgl. AA 15.2.2019a, FH 4.2.2019, BTI 2018). Der Wächterrat ist somit das zentrale Mittel zur Machtausübung des Revolutionsführers (GIZ 3.2019a).

Der Expertenrat wählt und überwacht den Revolutionsführer auf Basis der Verfassung. Die 86 Mitglieder des Expertenrats werden alle acht Jahre vom Volk direkt gewählt. Für die Zulassung der Kandidaten ist der Wächterrat zuständig (WZ 11.1.2017).

Der Schlichtungsrat besteht aus 35 Mitgliedern, die vom Revolutionsführer unter Mitgliedern der Regierung, des Wächterrats, des Militärs und seinen persönlichen Vertrauten ernannt werden. Er hat zum einen die Aufgabe, im Streitfall zwischen verschiedenen Institutionen der Regierung zu vermitteln, zum anderen hat er festzustellen, was die langfristigen "Interessen des Systems" sind. Diese sind unter allen Umständen zu wahren. Der Systemstabilität wird in der Islamischen Republik alles untergeordnet. Falls nötig, können so in der Islamischen Republik etwa auch Gesetze verabschiedet werden, die der Scharia widersprechen, solange sie den Interessen des Systems dienen (GIZ 3.2019a).

Die Basis des Wahlsystems der Islamischen Republik sind die Wahlberechtigten, also jeder iranische Bürger ab 16 Jahren. Das Volk wählt das Parlament, den Präsidenten sowie den Expertenrat (GIZ 3.2019a, vgl. AA 15.2.2019a) in geheimen und direkten Wahlen (AA 12.1.2019). Das System der Islamischen Republik kennt keine politischen Parteien. Theoretisch tritt jeder Kandidat für sich alleine an. In der Praxis gibt es jedoch Zusammenschlüsse von Abgeordneten, die westlichen Vorstellungen von Parteien recht nahe kommen (GIZ 3.2019a, vgl. AA 15.2.2019a). Am 26. Februar 2016 fanden die letzten Wahlen zum Expertenrat und die erste Runde der Parlamentswahlen statt. In den Stichwahlen vom 29. April 2016 wurde über 68 verbliebene Mandate der 290 Sitze des Parlaments abgestimmt. Aus den Wahlen gingen jene Kandidaten gestärkt hervor, die das Wiener Atomabkommen und die Lockerung der Wirtschaftssanktionen nach dem "Implementation Day" am 16. Januar 2016 unterstützen. Zahlreiche Kandidaten waren im Vorfeld durch den Wächterrat von einer Teilnahme an der Wahl ausgeschlossen worden. Nur 73 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 9 von 89

Kandidaten schafften die Wiederwahl. Im neuen Parlament sind 17 weibliche Abgeordnete vertreten (AA15.2.2019a).

Das iranische Wahlsystem entspricht nicht internationalen demokratischen Standards. Der Wächterrat, der von konservativen Hardlinern und schlussendlich auch vom Obersten Rechtsgelehrten Khamenei kontrolliert wird, durchleuchtet alle Kandidaten für das Parlament, die Präsidentschaft und den Expertenrat. Üblicherweise werden Kandidaten, die nicht als Insider oder nicht vollkommen loyal zum religiösen System gelten, nicht zu Wahlen zugelassen. Bei Präsidentschaftswahlen werden auch Frauen aussortiert. Das Resultat ist, dass die iranischen Wähler nur aus einem begrenzten und aussortierten Pool an Kandidaten wählen können (FH 4.2.2019). Von den 1.499 Männern und 137 Frauen, die sich im Rahmen der Präsidentschaftswahl 2017 für die Kandidatur zum Präsidentenamt registrierten, wurden sechs männliche Kandidaten vom Wächterrat zugelassen. Die Wahlen an sich liefen im Prinzip frei und fair ab, unabhängige Wahlbeobachter waren aber nicht zugelassen. Ablauf, Durchführung sowie Kontroll- und Überprüfungsmechanismen der Wahlen sind in technischer Hinsicht grundsätzlich gut konzipiert (AA 12.1.2019).

Die Erwartung, dass durch den 2015 erfolgten Abschluss des Atomabkommens (JCPOA) Reformkräfte im Iran gestärkt würden, hat sich in den Parlamentswahlen im Februar bzw. April (Stichwahl) 2016 erfüllt. Die Reformer und Moderaten konnten starke Zugewinne erreichen, so gingen erstmals alle Parlamentssitze für die Provinz Teheran an das Lager der Reformer. Auf Reformbestrebungen bzw. die wirtschaftliche Öffnung des Landes durch die Regierung Rohanis wird von Hardlinern in Justiz und politischen Institutionen mit verstärktem Vorgehen gegen "unislamisches" oder konterrevolutionäres Verhalten reagiert. Es kann daher auch nicht von einer wirklichen Verbesserung der Menschenrechtslage gesprochen werden. Ein positiver Schritt Ende 2017 war die Aufhebung der Todesstrafe für die meisten Drogendelikte, was im ersten Halbjahr 2018 zu einer signifikanten Reduktion der vollstreckten Todesurteile (-60%) führte. Jedoch gab es 2018 mit der Einschränkung des Zugangs zu unabhängigen Anwälten in "politischen" Fällen und der zunehmenden Verfolgung von Umweltaktivisten auch zwei eindeutig negative Entwicklungen (ÖB Teheran 12.2019).

Reformorientierte Regimekritiker sind weiterhin starken Repressionen ausgesetzt und unterstützen im Wesentlichen den im politischen Zentrum des Systems angesiedelten Präsidenten Rohani (AA 12.1.2019).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (15.2.2019a): Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/iran-node/-/202450, Zugriff 30.4.2019

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AA - Auswärtiges Amt (12.1.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Iran, https://www.ecoi.net/en/file/local/1457257/4598_1548938794_auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-islamischen-republik-iran-stand-november-2018-12-01-2019.pdf, Zugriff 30.4.2019

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BTI - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018 Country Report - Iran, http://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2018/pdf/BTI_2018_Iran.pdf, Zugriff 30.4.2019

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FH - Freedom House (4.2.2019): Freedom in the World 2019 - Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/2006369.html, Zugriff 31.5.2019

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GIZ - Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (3.2019a):

Geschichte und Staat Iran,

https://www.liportal.de/iran/geschichte-staat/, Zugriff 30.4.2019

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ÖB - Österreichische Botschaften (12.2018): Asylländerbericht Iran,

https://www.ecoi.net/en/file/local/2007543/Asyll%C3%A4nderbericht+2018.pdf, Zugriff 30.4.2019

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WZ - Wiener Zeitung (11.1.2017): Das politische System des Iran, https://www.wienerzeitung.at/archiv/iran-2017/iran-hintergrund/524691-Das-politische-System-des-Iran.html?em_no_split=1, Zugriff 30.4.2019

2. Sicherheitslage

Den komplexen Verhältnissen in der Region muss stets Rechnung getragen werden. Bestimmte Ereignisse und Konflikte in Nachbarländern können sich auf die Sicherheitslage im Iran auswirken.

Latente Spannungen im Land haben wiederholt zu Kundgebungen geführt, besonders im Zusammenhang mit (religiösen) Lokalfeiertagen und Gedenktagen. Dabei ist es in verschiedenen iranischen Städten bisweilen zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen den Sicherheitskräften und Demonstranten gekommen, die Todesopfer und Verletzte gefordert haben, wie beispielsweise Ende Dezember 2017 und im Januar 2018 (EDA 11.6.2019).

Das Risiko von Anschlägen besteht im ganzen Land. Am 22. September 2018 forderte ein Attentat auf eine Militärparade in Ahvaz (Provinz Khuzestan) zahlreiche Todesopfer und Verletzte. Am 7. Juni 2017 wurden in Teheran Attentate auf das Parlament und auf das Mausoleum von Ayatollah Khomeini verübt. Sie haben über zehn Todesopfer und zahlreiche Verletzte gefordert. In den Grenzprovinzen im Osten und Westen werden die Sicherheitskräfte immer wieder Ziel von bewaffneten Überfällen und Anschlägen (EDA 11.6.2019, vgl. AA 11.6.2019b). In Iran kommt es, meistens in Minderheitenregionen, unregelmäßig zu Zwischenfällen mit terroristischem Hintergrund. Seit den Pariser Anschlägen vom November 2015 haben iranische Behörden die allgemeinen Sicherheitsmaßnahmen im Grenzbereich zu Irak und zu Pakistan, aber auch in der Hauptstadt Teheran, erhöht (AA 11.6.2019b). Im ganzen Land, besonders außerhalb von Teheran, kann es immer wieder zu politisch motivierten Kundgebungen mit einem hohen Aufgebot an Sicherheitskräften kommen (BMEIA 11.6.2019).

In der Provinz Sistan-Belutschistan (Südosten, Grenze zu Pakistan/Afghanistan) kommt es regelmäßig zu Konflikten zwischen iranischen Sicherheitskräften und bewaffneten Gruppierungen.

Die Bewegungsfreiheit ist eingeschränkt und es gibt vermehrte Sicherheits- und Personenkontrollen. Wiederholt wurden Ausländer in der Region festgehalten und längeren Verhören unterzogen. Eine Weiterreise war in manchen Fällen nur noch mit iranischer Polizeieskorte möglich. Dies geschah vor dem Hintergrund von seit Jahren häufig auftretenden Fällen bewaffneter Angriffe auf iranische Sicherheitskräfte in der Region (AA 20.6.2018b). Die Grenzzone Afghanistan, östliches Kerman und Sistan-Belutschistan stehen teilweise unter dem Einfluss von Drogenhändlerorganisationen sowie von extremistischen Organisationen. Sie haben wiederholt Anschläge verübt und setzen teilweise Landminen auf Überlandstraßen ein. Es kann hier jederzeit zu bewaffneten Auseinandersetzungen mit Sicherheitskräften kommen (EDA 11.6.2019).

In der Provinz Kurdistan und der ebenfalls von Kurden bewohnten Provinz West-Aserbaidschan gibt es wiederholt Anschläge gegen Sicherheitskräfte, lokale Repräsentanten der Justiz und des Klerus. In diesem Zusammenhang haben Sicherheitskräfte ihr Vorgehen gegen kurdische Separatistengruppen und Kontrollen mit Checkpoints noch einmal verstärkt. Seit März 2011 gab es in der Region wieder verstärkt bewaffnete Zusammenstöße zwischen iranischen Sicherheitskräften und kurdischen Separatistenorganisationen wie PJAK und DPIK, mit Todesopfern auf beiden Seiten. Insbesondere die Grenzregionen zum Irak und die Region um die Stadt Sardasht waren betroffen. Trotz eines im September 2011 vereinbarten Waffenstillstandes kam es im Jahr 2015 und verstärkt im Sommer 2016 zu gewaltsamen Konflikten. In bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen iranischen Sicherheitskräften und Angehörigen der DPIK im September 2016 nahe der Stadt Sardasht wurden zehn Personen und drei Revolutionsgardisten getötet. Seit Juni 2016 kam es in der Region zu mehreren derartigen Vorfällen. Bereits 2015 hatte es nahe der Stadt Khoy, im iranisch-türkischen Grenzgebiet (Provinz West-Aserbaidschan), Zusammenstöße mit mehreren Todesopfern gegeben. Seit 2015 kommt es nach iranischen Angaben in der Provinz Khuzestan und in anderen Landesteilen, auch in Teheran, wiederholt zu Verhaftungen von Personen, die mit dem sogenannten Islamischen Staat in Verbindung stehen und Terroranschläge in Iran geplant haben sollen (AA 11.6.2019b). Im iranisch-irakischen Grenzgebiet sind zahlreiche Minenfelder vorhanden (in der Regel Sperrzonen). Die unsichere Lage und die Konflikte in Irak verursachen Spannungen im Grenzgebiet. Gelegentlich kommt es zu Schusswechseln zwischen aufständischen Gruppierungen und den Sicherheitskräften. Bisweilen kommt es auch im Grenzgebiet zur Türkei zu Schusswechseln zwischen militanten Gruppierungen und den iranischen Sicherheitskräften. (EDA 11.6.2019). Schmuggler, die zwischen dem iranischen und irakischen Kurdistan verkehren, werden mitunter erschossen, auch wenn sie unbewaffnet sind (ÖB Teheran 12.2018).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (11.6.2019b): Iran: Reise- und Sicherheitshinweise,

https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/iran-node/iransicherheit/202396, Zugriff 11.6.2019

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BMeiA - Bundesminsterium für europäische und internationale Angelegenheiten (11.6.2019): Reiseinformation Iran, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/iran/ , Zugriff 11.6.2019

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EDA - Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (11.6.2019): Reisehinweise Iran, https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/vertretungen-und-reisehinweise/iran/reisehinweise-fuerdeniran.html, Zugriff 11.6.2019

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ÖB - Österreichische Botschaften (12.2018): Asylländerbericht Iran,

https://www.ecoi.net/en/file/local/2007543/Asyll%C3%A4nderbericht+2018.pdf, Zugriff 11.6.2019

3. Rechtsschutz / Justizwesen

Seit 1979 ist Iran eine Islamische Republik, in welcher versucht wird, demokratische und islamische Elemente miteinander zu verbinden. Die iranische Verfassung besagt, dass alle Gesetze sowie die Verfassung auf islamischen Grundsätzen beruhen müssen. Mit einer demokratischen Verfassung im europäischen Sinne kann sie daher nicht verglichen werden (ÖB Teheran 12.2018). Das in der iranischen Verfassung enthaltene Gebot der Gewaltentrennung ist praktisch stark eingeschränkt. Der Revolutionsführer ernennt für jeweils fünf Jahre den sogenannten Chef der Judikative. Dieser ist laut Art.157 der Verfassung die höchste Autorität in allen Fragen der Justiz; der Justizminister hat demgegenüber vorwiegend Verwaltungskompetenzen. Die Unabhängigkeit der Gerichte ist in der Verfassung festgeschrieben, unterliegt jedoch Begrenzungen. Immer wieder wird deutlich, dass Exekutivorgane, v.a. der Sicherheitsapparat, trotz des formalen Verbots, in Einzelfällen massiven Einfluss auf die Urteilsfindung und die Strafzumessung nehmen. Zudem ist zu beobachten, dass fast alle Entscheidungen der verschiedenen Staatsgewalten bei Bedarf informell durch den Revolutionsführer und seine Mitarbeiter beeinflusst und gesteuert werden können. Auch ist das Justizwesen nicht frei von Korruption. Nach belastbaren Aussagen von Rechtsanwälten ist ca. ein Drittel der Richter bei entsprechender Gegenleistung zu einem Entgegenkommen bereit. In Iran gibt es eine als unabhängige Organisation aufgestellte Rechtsanwaltskammer ("Iranian Bar Association"; IBA). Allerdings sind die Anwälte der IBA staatlichem Druck und Einschüchterungsmaßnahmen, insbesondere in politischen Verfahren, ausgesetzt. Die Liste der Verteidiger in politischen Verfahren ist auf 20 Anwälte beschränkt worden, die z. T. dem Regime nahe stehen (AA 12.1.2019). Das Justizsystem wird als Instrument benutzt, um Regimekritiker und Oppositionelle zum Schweigen zu bringen (FH 4.2.2019)

Obwohl das Beschwerderecht rechtlich garantiert ist, ist es in der Praxis eingeschränkt, insbesondere bei Fällen, die die nationale Sicherheit oder Drogenvergehen betreffen (BTI 2018).

Richter werden nach religiösen Kriterien ernannt. Internationale Beobachter kritisieren weiterhin den Mangel an Unabhängigkeit des Justizsystems und der Richter und, dass die Verfahren internationale Standards der Fairness nicht erfüllen (US DOS 13.3.2019). Iranische Gerichte, insbesondere die Revolutionsgerichte, verletzen immer wieder die Regeln für faire Gerichtsverfahren. Geständnisse, die wahrscheinlich unter Anwendung von Folter erlangt wurden, werden als Beweis vor Gericht verwendet (HRW 17.1.2019). Die Behörden setzen sich ständig über die Bestimmungen hinweg, welche die Strafprozessordnung von 2015 für ein ordnungsgemäßes Verfahren vorsieht, wie das Recht auf einen Rechtsbeistand unmittelbar nach der Festnahme und während der Untersuchungshaft (AI 22.2.2018, vgl. HRW 17.1.2019).

In der Normenhierarchie der Rechtsordnung Irans steht die Scharia an oberster Stelle. Darunter stehen die Verfassung und das übrige kodifizierte Recht. Die Richter sind nach der Verfassung angehalten, bei der Rechtsanwendung zuerst auf Grundlage des kodifizierten Rechts zu entscheiden. Im Zweifelsfall kann jedoch gemäß den Art. 167 und 170 der iranischen Verfassung die Scharia vorrangig angewendet werden (AA 9.12.2015, vgl. US DOS 29.5.2018).

In der Strafjustiz existieren mehrere voneinander getrennte Gerichtszweige. Die beiden wichtigsten sind die ordentlichen Strafgerichte und die Revolutionsgerichte. Daneben sind die Pressegerichte für Taten von Journalisten, Herausgebern und Verlegern zuständig. Die "Sondergerichte für die Geistlichkeit" sollen abweichende Meinungen unter schiitischen Geistlichen untersuchen und ihre Urheber bestrafen. Sie unterstehen direkt dem Revolutionsführer und sind organisatorisch außerhalb der Judikative angesiedelt (AA 9.12.2015, vgl. BTI 2018).

Die Zuständigkeit der Revolutionsgerichte beschränkt sich auf folgende Delikte:

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Straftaten betreffend die innere und äußere Sicherheit des Landes, bewaffneter Kampf gegen das Regime, Verbrechen unter Einsatz von Waffen, insbesondere "Feindschaft zu Gott" und "Korruption auf Erden";

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Anschläge auf politische Personen oder Einrichtungen;

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Beleidigung des Gründers der Islamischen Republik Iran und des jeweiligen Revolutionsführers;

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Spionage für fremde Mächte;

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Rauschgiftdelikte, Alkoholdelikte und Schmuggel;

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Bestechung, Korruption, Unterschlagung öffentlicher Mittel und Verschwendung von Volksvermögen (AA 9.12.2015).

Gerichtsverfahren, vor allem Verhandlungen vor Revolutionsgerichten, finden nach wie vor unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt und sind extrem kurz. Manchmal dauert ein Verfahren nur wenige Minuten (AI 22.2.2018).

Die iranische Strafrechtspraxis unterscheidet sich stark von jener der europäischen Staaten: Körperstrafen sowie die Todesstrafe werden verhängt (ÖB Teheran 12.2018, vgl. AA 12.1.2019). Nach Art. 278 iStGB können in bestimmten Fällen des Diebstahls Amputationen von Gliedmaßen - auch für Ersttäter - vom Gericht angeordnet werden (AA 12.1.2019). Amputation eines beispielsweise Fingers bei Diebstahl fällt unter Vergeltungsstrafen ("Qisas"), ebenso wie die Blendung, die auch noch immer angewendet werden kann. Durch Erhalt eines Abstandsgeldes ("Diya") kann der ursprünglich Verletzte jedoch auf die Anwendung einer Blendung verzichten (ÖB Teheran 12.2018).

Aussagen hinsichtlich einer einheitlichen Strafverfolgungs- und Strafzumessungspraxis sind nur eingeschränkt möglich, da diese sic

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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